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RdF 2011, 153
Aigner 

Auf dem Weg zu mehr Verbrauchervertrauen im Finanzwesen

Nur wer gut und gewissenhaft informiert ist, kann investieren, ohne sich zu ruinieren.

Abbildung 1

Als vor mehr als zwei Jahren die Finanzkrise über uns hereinbrach, haben viele Anlegerinnen und Anleger einen beträchtlichen Teil ihrer Ersparnisse verloren. Ihr Vertrauen in den Finanzmarkt war und ist erschüttert. In Briefen, E-Mails und Gesprächen hat mir eine beeindruckende Zahl von Betroffenen geschildert, wie groß ihre Sorgen, ihr Ärger und ihre Verluste sind. Sie haben aber auch ihre Hoffnung und Forderung an die Politik geäußert, die Anlegerrechte zu stärken.

Mein Leitsatz als Verbraucherministerin lautet: Anlegerschutz ist Verbraucherschutz. Deswegen habe ich vor zwei Jahren die “Qualitätsoffensive Verbraucherfinanzen” ins Leben gerufen. Sie bildet den politischen Rahmen, um das Vertrauen der Verbraucher in die Produkte und Akteure des Finanzmarktes wiederherzustellen. Denn Vertrauen ist die eigentliche Währung im Finanzwesen. Im Zuge der Qualitätsoffensive habe ich konkrete Maßnahmen angekündigt und sie zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen in der Bundesregierung auch umgesetzt.

Heute ist die Pflicht zur Erstellung eines Beratungsprotokolls geltendes Recht. Verbraucher können schwarz auf weiß nachlesen, welche Anlageempfehlung erteilt und aus welchen Gründen ihnen das Finanzprodukt empfohlen wurde. Das Protokoll verschafft Anlegern zudem eine wichtige Beweiserleichterung in künftigen Schadensersatzprozessen. Darüber hinaus haben wir die Verjährungsfrist bei Falschberatungen auf bis zu zehn Jahre ausgedehnt. Weitere Verbesserungen haben wir vor kurzem auf den Weg gebracht. Im Frühjahr 2011 haben Bundestag und Bundesrat das Anlegerschutz- und Funktionsverbesserungsgesetz verabschiedet. Eine tragende Säule des Gesetzes ist das Produktinformationsblatt für Wertpapiere (vgl. dazu Vollmuth/Evenkamp, RdF 2011, 8). Ähnlich wie bei einem Beipackzettel werden Anbieter dazu verpflichtet, Kunden knapp und verständlich über die Kosten, Risiken und Kapitalerträge eines Finanzproduktes zu informieren. Denn nur wer gut und gewissenhaft informiert ist, kann investieren, ohne sich zu ruinieren. Eine zweite Säule ist die verbesserte Kontrolle der Anlageberater. Das Gesetz schreibt vor, dass Anlageberater sachkundig und zuverlässig sein müssen. Ferner besteht nunmehr eine Registrierungspflicht für Anlageberater bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht. Banken müssen Kundenbeschwerden über einzelne schwarze Schafe melden, damit die Bundesanstalt in begründeten Fällen Bußgelder verhängen und Berater aus der Kundenberatung verbannen kann. Mit diesen Verbesserungen ist das Gesetz ein Meilenstein für den wirtschaftlichen Verbraucherschutz in Deutschland.

Wir gehen aber noch einen entscheidenden Schritt weiter. Der Gesetzentwurf zur Novellierung des Finanzanlagenvermittler- und Vermögensanlagenrechts (vgl. dazu demnächst den Beitrag von Lüdicke/Schott in RdF Heft 4/2011) wurde am 6.4.2011 vom Kabinett beschlossen und in das parlamentarische Verfahren eingebracht. Wie die Berater der Banken müssen sich nun auch die freien Vermittler von Investmentfonds und Produkten des Grauen Kapitalmarktes auf deutlich strengere Anforderungen einstellen. Bei Produkten des Grauen Kapitalmarktes verschärfen wir die Pflichtangaben in Prospekten, führen ebenfalls Produktinformationsblätter ein und regeln den Vertrieb. Eine weitere Möglichkeit zur Verbesserung des Anlegerschutzes sehe ich in der gesetzlichen Verankerung der Honorarberatung. Diese Beratungsform ist eine interessante Alternative für Anleger, da sie Interessenkonflikte der Berater weitgehend ausschließen kann. Provisionen Dritter sind bei der Honorarberatung tabu. Ich möchte daher die Honorarberatung in einem eigenen Gesetz regeln, damit sie für alle Anlageformen offen ist – auch für Aktien, Anleihen und Schatzbriefe.

Diese vielfältigen Maßnahmen schaffen Vertrauen bei den Verbrauchern – und das kommt auch der Finanzwirtschaft zu Gute. Wenn wir wollen, dass Anleger umfassend und umsichtig beraten werden, dann brauchen wir besondere Berater, die fachlich und rechtlich auf dem aktuellsten Stand sind. Diese Zeitschrift bietet hierfür eine gute Grundlage, denn sie stellt die einschlägige Gesetzgebung und Rechtsprechung praxisorientiert dar und bietet eine Plattform für den intensiven fachlichen Austausch.

Ilse Aigner, Bundesministerin für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz, Berlin

 
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