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ZHR 187 (2023), 166-208
Bachmann 

Zielsetzung und Governance von Unternehmen im Lichte der Klimaverantwortung

Von Gregor Bachmann*

Dass die Herkules-Aufgabe der CO2-Reduktion nicht allein privater Initiative überlassen bleiben kann, sondern einen gesetzlichen Rahmen erfordert, ist heute Konsens. Die Diskussion konzentriert sich dabei auf das öffentliche Recht. In diesem Text möchte ich der bislang kaum vertieften Frage nachgehen, welchen Beitrag das Gesellschaftsrecht dazu leisten kann. Entgegen einer verschiedentlich geäußerten, durch den Entwurf eines EU-Rechtsakts zur unternehmerischen Klimaverantwortung befeuerten Auffassung steht diesem kein Paradigmenwechsel ins Haus. Dennoch muss sich das Gesellschaftsrecht grundsätzliche Fragen ebenso gefallen lassen wie solche nach konkretem Handlungsbedarf für den Gesetzgeber oder einzelne Organe.

Inhalt

I.

Einleitung

167

II.

Fundament

168

1.

Prämissen

169

a)

Naturwissenschaftliche Prämissen

169

b)

Ethische Prämisse

169

2.

Bestandsaufnahme

170

a)

Normative Vorgaben

170

b)

Normative Erwartungen

172

c)

Unternehmerische Praxis

172

3.

Gesellschaftsrechtliches “Reinheitsgebot”

173

a)

Tradierte versus “moderne” Sicht

173

b)

Grund und Grenzen des Reinheitsgebots

174

c)

Anwendung auf das Problem des Klimawandels

176

III.

Klimaschutz als unternehmerische Zielsetzung

177

1.

Klimaschutz und Unternehmensziel

177

a)

Wem dient die Korporation?

177

b)

Die Bedeutungslosigkeit der Debatte

178

c)

Das Formalziel der Aktiengesellschaft: Rendite

179

d)

Aber: Nicht auf Kosten anderer

180

ZHR 187 (2023) S. 166 (167)

e)

“Unternehmensinteresse” im Aktiengesetz fixieren?

181

f)

Zielkonflikte

183

2.

Klimaschutz und Unternehmensgegenstand

184

a)

Freiwilliger Klimaschutz im Unternehmensgegenstand

184

b)

Pflicht zur Änderung des Unternehmensgegenstands?

185

3.

Klimaschutz als Strategie

186

a)

Keine Zustimmung der Hauptversammlung erforderlich

186

b)

Verbindlichkeit der Strategie

187

IV.

Klimafreundliche Governance

188

1.

Organbesetzung

188

a)

Klimabewusste Hauptversammlung

188

b)

Nachhaltigkeitsexpertise in Vorstand und Aufsichtsrat

189

c)

Der “Feind” im Aufsichtsrat?

189

d)

Informeller Stakeholder-Einfluss

192

e)

Institutionalisierte Stakeholder-Repräsentanz?

192

2.

Organpflichten

195

a)

Legalitätspflicht

195

b)

Nachhaltigkeitspflicht

196

3.

Organhaftung

199

a)

Keine Verschärfung durch neue Klima-Pflichten

199

b)

Mehrarbeit für Vorstand und Aufsichtsrat

200

c)

Kein Reformbedarf bei der Business Judgement Rule

200

d)

Inanspruchnahme ehemaliger Organmitglieder

201

4.

Hauptversammlung

203

a)

Say on Climate

203

b)

Hauptversammlung als Protest-Forum?

205

V.

Zusammenfassung in Thesen

207

I. Einleitung

Klimaschutz ist von einer gesellschaftlichen und naturwissenschaftlichen Herausforderung zu einer solchen des Rechts geworden. Spätestens seit dem spektakulären Klima-Beschluss des BVerfG1 steht fest, dass die Politik sich nicht damit begnügen kann, allgemeine Klimaschutzziele vorzuschreiben, sondern dass das Recht präzise Vorgaben zu machen hat, wer was tun muss, um (wenigstens) die völkerrechtlich verbindlichen Ziele zur CO2-Begrenzung zu erreichen. Gefordert ist damit auch das Privatrecht, das seinem Selbstverständnis nach dem individuellen Interessenausgleich verpflichtet ist, dabei aber das Freisein von Drittbelastungen – etwa (aber nicht nur) in Gestalt unerbetener Immissionen – stets mitdenkt.2

Dieser Beitrag stellt deshalb ein privatrechtliches Teilgebiet auf den Prüfstand, das gleich in doppelter Weise als Adressat klimarelevanter Vorgaben prädestiniert erscheint: das Gesellschaftsrecht. Angesprochen ist es zum einen, ZHR 187 (2023) S. 166 (168) weil “Klimasünder” praktisch immer als Gesellschaft inkorporiert sind, zum anderen, weil im Aktienrecht seit jeher die Frage diskutiert wird, ob die Korporation nur dem Interesse ihrer “Vertragspartner” (also der Gesellschafter) oder auch dem der Allgemeinheit verpflichtet ist.3 Die im Folgenden zu beantwortenden Fragen lauten: Wo ist das Gesellschaftsrecht gefordert? Welchen Beitrag können oder müssen seine Akteure leisten, um den Anforderungen des Klimaschutzes und ihren rechtlichen oder faktischen Folgewirkungen gerecht zu werden?

Erste Texte haben das Terrain bereits erkundet,4 weshalb hier auf einen weiteren “Rundflug” verzichtet wird. Stattdessen soll der Scheinwerfer gleich auf Fragestellungen gerichtet werden, die eine vertieftere Betrachtung verdienen. Um dem begrenzten Raum Tribut zu zollen, ist eine thematische Eingrenzung vonnöten. Der Beitrag nimmt allein die AG und ihre Organe in den Blick.5 Er lässt einige Aspekte, wiewohl aus klimaschützender Perspektive durchaus interessant (etwa die Vergütung der Organe), bewusst außen vor.6 Ob neue oder wiederentdeckte Rechtsformen (z.B. die Genossenschaft) das bessere Rechtskleid für nachhaltiges Wirtschaften bieten,7 soll ebenfalls auf sich beruhen, weil – diese Prognose darf gewagt werden – die AG als Kapitalsammelstelle und Innovationsvehikel auch und gerade in Zeiten des Klimaschutzes weiterhin gefragt sein wird. Schließlich müssen Auslandssachverhalte ausgeblendet bleiben.8 Dass internationale Lösungen vorzugswürdig sind, ist bekannt, befreit aber nicht von der Notwendigkeit, das eigene Recht unter die Lupe zu nehmen.

II. Fundament

Zuerst müssen einige Vorfragen beantwortet werden. Nach Fixierung der Prämissen (unten 1.) erfolgt dazu eine Bestandsaufnahme (unten 2.). Wichtig ist die Diskussion des gesellschaftsrechtlichen “Reinheitsgebots”, welches einer Indienstnahme des Verbandsrechts für klimaschützende Zwecke von vornherein den Weg sperren könnte (unten 3.).

ZHR 187 (2023) S. 166 (169)

1. Prämissen

Die nachfolgenden Aussagen stellen keine Thesen dar (für welche der Verf. keine Fachkompetenz in Anspruch nehmen kann), sondern bilden die Basis der anschließenden rechtlichen Überlegungen. Sollten die Prämissen falsch sein, verliert der rechtliche Part nicht seine Bedeutung; denn solange die Mehrheit der Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft (inklusive der Nachfrager) von der Richtigkeit der Prämissen überzeugt ist, wirken diese handlungsleitend und müssen daher vom Recht reflektiert werden.

a) Naturwissenschaftliche Prämissen

Die erste Prämisse lautet, dass der Klimawandel existiert und zu einer Aufheizung der Erde führt. Ihre völlige Unbewohnbarkeit ist nicht zu erwarten;9 dennoch werden die Folgen dramatisch sein. Um nur einen Aspekt zu nennen: Den Autoren einer unlängst in der Fachzeitschrift “Advances in Atmospheric Science” veröffentlichten Studie zufolge werden sich die Ozeane weiter unbarmherzig aufwärmen, “solange die Emissionen von Treibhausgasen nicht auf Netto-Null sinken”.10 Hierin steckt zugleich die zweite Prämisse: Der Klimawandel ist menschengemacht und hat seine wesentliche Ursache in der Emission sog. Treibhausgase (insbes. CO2).11 Folgerichtig ist das zentrale Ziel aller Klimaschutzbemühungen die radikale CO2-Reduktion.

b) Ethische Prämisse

An die naturwissenschaftlichen Prämissen schließt sich unmittelbar eine ethische an. Wenn der Klimawandel von Menschen gebremst werden kann, dann muss die Menschheit ihn auch bremsen. Hintergrund ist die Idee der Verantwortung für künftige Generationen, denen die heutige Generation einen lebenswerten Planeten zu hinterlassen hat. Die Aussage ist nicht selbstverständlich, wird hier aber ebenfalls als Prämisse akzeptiert.12 Sie spiegelt sich nicht nur in der viel zitierten Definition von “Nachhaltigkeit” der Brundtland-Kommission13 und im Klimabeschluss des BVerfG, sondern prägt auch mo- ZHR 187 (2023) S. 166 (170) derne Konzepte “starker” Nachhaltigkeit. Danach ist die Schonung der natürlichen Ressourcen kein relatives Ziel (unter mehreren), sondern eines, das jedem wirtschaftlichen Handeln eine absolute Schranke in Gestalt des Erhalts eines lebenswerten Planeten setzt (planetary boundaries).14

2. Bestandsaufnahme

Anders als in der ESG-Literatur z.T. Glauben gemacht wird, startet man beim Thema Unternehmensrecht und Nachhaltigkeit nicht bei null.15 Das verschiedentlich gezeichnete (Zerr-)Bild einer kapitalistischen Rechts- und Wirtschaftsordnung, die auf erbarmungslose Profitmaximierung gerichtet ist, stimmte jedenfalls für Deutschland noch nie.16 Leitschnur der Aktiengesellschaft war und ist hier seit jeher das Unternehmensinteresse, verstanden als “Verpflichtung von Vorstand und Aufsichtsrat, im Einklang mit den Prinzipien der sozialen Marktwirtschaft unter Berücksichtigung der Belange der Aktionäre, der Belegschaft und der sonstigen mit dem Unternehmen verbundenen Gruppen (Stakeholder) für den Bestand des Unternehmens und seine nachhaltige Wertschöpfung zu sorgen” (DCGK Präambel und Grundsatz 1 S. 1).17 Hieran anknüpfend hat sich speziell mit Blick auf den Klimaschutz manches getan, wie der folgende Überblick zeigt.

a) Normative Vorgaben

Das AktG spricht den Gedanken der Nachhaltigkeit in § 87 Abs. 1 S. 2 AktG an, wenn es gebietet, die Vergütungsstruktur auf eine “nachhaltige und langfristige Entwicklung der Gesellschaft” auszurichten. Der DCGK nimmt neben der “sozialen Marktwirtschaft” und dem “Leitbild des ehrbaren Kaufmanns” ebenfalls auf Nachhaltigkeit Bezug. In die neueste Fassung (2022) wurden dazu mehrere Empfehlungen aufgenommen, welche den Begriff zwar nicht definieren, jedoch – ebenso wie § 87 Abs. 1 S. 2 AktG – davon ausgehen, dass damit auch ökologische Zielsetzungen verbunden sind.18 Ohne den Klimaschutz ausdrücklich zu adressieren, wird er im DCGK zweifellos mitgedacht.

ZHR 187 (2023) S. 166 (171)

Noch deutlicher ist die Ende 2022 verabschiedete und bis 2024 in nationales Recht umzusetzende EU-Richtlinie zur Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD).19 Große Unternehmen müssen danach berichten, wie sie sicherstellen wollen, dass ihr Geschäftsmodell und ihre Strategie mit der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C und mit dem im Europäischen Klimagesetz20 verankerten Ziel der Verwirklichung der Klimaneutralität bis 2050 vereinbar sind. Dabei sind die zeitgebundenen Nachhaltigkeitsziele, die sich das Unternehmen gesetzt hat, ggf. einschließlich der absoluten Ziele für die Verringerung der Treibhausgasemissionen mindestens für 2030 und 2050 sowie die Fortschritte, die das Unternehmen im Hinblick auf die Erreichung dieser Ziele erzielt hat, zu beschreiben.21

In der Literatur räsoniert man darüber, ob es sich dabei noch um eine Berichtspflicht oder schon um eine (heimliche) Verhaltenspflicht handelt.22 Dieselbe Frage wurde vor fünf Jahren zur Vorgänger-Richtlinie auf dem ZGR-Symposion 2018 erörtert. Damals war sie im ersten Sinne zu beantworten.23 Heute kippt die Meinung, weil die Neufassung der Richtlinie keinen Comply-or Explain-Vorbehalt mehr vorsieht. Praktisch ist die Frage von geringer Bedeutung, da es kein Unternehmen wagen wird, zur Klimastrategie “Fehlanzeige” zu melden. Spätestens wenn das europäische Lieferkettengesetz in Gestalt der momentan als Entwurf vorliegenden EU-Richtlinie zu nachhaltigkeitsbezogenen Sorgfaltspflichten (CSDD-E)24 verabschiedet sein wird, erledigt sich die Diskussion. Denn die CSDD stellt in Art. 15 der Entwurfsfassung eine mit der Berichtspflicht der CSRD deckungsgleiche Verpflichtung zur Ausrichtung des Geschäftsmodelles und der Unternehmensstrategie auf die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C und das Ziel der Klimaneutralität bis 2050 auf und nimmt dazu die Geschäftsleiter in die Pflicht.25

ZHR 187 (2023) S. 166 (172)

b) Normative Erwartungen

Die zitierten regulatorischen Vorgaben decken sich mit Erwartungen, die heute nicht nur von Wählern, NGOs und politischen Institutionen, sondern auch von institutionellen Anlegern, Stimmrechtsberatern und Aktionärsvereinigungen artikuliert werden.26 Exemplarisch mögen die Abstimmungsempfehlungen der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) stehen, welche mit Versagung der Entlastung drohen, wenn “keine oder keine hinreichend nachvollziehbare Erklärung zur Klimastrategie bzw. deren mangelhafte/verspätete Umsetzung” zu erkennen ist oder wenn die Klimastrategie “nicht ausreichend ambitioniert” erscheint.27 Der Deutsche Fondsverband BVI kündigt “Nein”-Stimmen bei “fehlender Benennung eines für ESG-Fragen zuständigen Mitglieds des Exekutivorgans”, bei “Verstößen gegen allgemein anerkannte Social Responsible Investment (SRI) bzw. Environmental Social Governance (ESG) Richtlinien” und bei einem Mangel an “expliziten ESG-Faktoren in der kurz- bzw. langfristigen Zielerreichung” der Vorstandsvergütung an.28

c) Unternehmerische Praxis

Es verwundert nicht, dass die unternehmerische Praxis bemüht ist, diesen Erwartungen gerecht zu werden, ja ihnen teilweise vorausgeeilt ist. Den Internet-Auftritten sowie den Nachhaltigkeitsberichten von Emittenten (hier im doppelten Sinne) lässt sich entnehmen, dass Unternehmen schon vor Inkrafttreten der oben zitierten Regelwerke begonnen haben, CO2-Reduktionspläne mit konkreten, z.T. durchaus ehrgeizigen Zeit- und Zielvorgaben zu entwickeln.29 Einige haben sich dazu der Race to Zero-Kampagne der Vereinten Nationen angeschlossen.30 Wieviel davon “sich kollektiv und medial verstärkendes Narrativ ist, was wirtschaftsethisch motiviert ist und was sich simpler ökonomischer Logik verdankt”, ist unklar.31 Berichte von NGOs streuen ZHR 187 (2023) S. 166 (173) Zweifel, ob die verkündeten Maßnahmen und Ziele immer tauglich bzw. seriös sind.32 Ohne deren Validität hier prüfen zu können, wird man den damit verbundenen Appell unterstützen wollen, die freiwilligen Initiativen durch staatliches Recht zu flankieren.

Auch in der Governance bewegt sich etwas. Der Energieversorger EON – um nur ein Beispiel zu nennen – hat die Funktion eines Chief Sustainability Officers (CSO) etabliert und sie prominent mit dem Vorstandsvorsitzenden besetzt.33 Daneben wurde ein Nachhaltigkeitsrat (Sustainability Council) eingerichtet, in dem neben dem Vorstand Mitglieder weiterer Führungsebenen vertreten sind. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass sich diese und ähnliche Maßnahmen zu einer Best Practice entwickeln werden.

3. Gesellschaftsrechtliches “Reinheitsgebot”

Die Frage, was das Gesellschaftsrecht für den Klimaschutz leisten kann, wäre müßig, wenn Gesellschaftsrecht von vornherein nicht dazu geeignet wäre, zur Umsetzung allgemeinpolitischer Anliegen beizutragen. Das Problem wurde in allgemeiner Form auf dem ZGR-Symposion 2022 angeschnitten,34 allerdings ohne dass dort eine klare Antwort gefunden wurde, weshalb es erneut zur Diskussion gestellt gehört. Dabei geht es nicht um die tatsächliche Frage, ob der Gesetzgeber politische Anliegen in das Gesellschaftsrecht hineinträgt (was er bisweilen tut),35 sondern um die normative, ob er es tun sollte.

a) Tradierte versus “moderne” Sicht

“Reinheitsgebote” werden im Gesellschaftsrecht verschiedentlich thematisiert.36 Im hiesigen Kontext geht es um eine tradierte Sichtweise, nach der das Gesellschaftsrecht als neutrales Organisationsrecht frei von gesellschaftspolitischen Anliegen bleiben sollte. Regeln, die allgemeine gesellschaftspolitische Zielsetzungen verfolgen, gehören danach “nicht mehr zur Corporate Gover- ZHR 187 (2023) S. 166 (174) nance”.37 Das Postulat krankt daran, dass es zumeist als Axiom präsentiert wird, das offenbar keiner weiteren Erklärung bedarf.

Den Vorwurf der Begründungsarmut muss sich aber auch eine gegenteilige, “moderne” Sicht gefallen lassen. Sie plädiert dafür, die nachhaltigkeitsfördernde Regulierung nicht dem öffentlichen Recht zu überlassen, sondern ESG-Belange “stärker in die Governance von Unternehmen zu integrieren”.38 Unternehmensrecht könne “durchaus als nützliches Vehikel für die Transformation hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft dienen”.39 Doch wie hat man sich das vorzustellen? Mit dem schlichten (wenngleich richtigen) Hinweis auf die “kaum zu unterschätzende Rolle, die Unternehmen für das Wohl und Wehe der nachhaltigen Entwicklung spielen”,40 ist es sicher nicht getan. Auch die schillernde Figur des “Unternehmensinteresses”, der Vertreter dieser Sichtweise eine Schlüsselrolle zuweisen,41 liefert für die Verabschiedung vom “Reinheitsgebot” keinen triftigen Grund.

b) Grund und Grenzen des Reinheitsgebots

Will man der Frage nach der Leistungsfähigkeit des Gesellschaftsrechts für Nachhaltigkeit im Allgemeinen und für den Klimaschutz im Besonderen auf den Grund gehen, ist das Augenmerk auf die soziale Funktion der AG und damit auf ihre volkswirtschaftliche Bedeutung zu lenken. Schützenhilfe erfährt die tradierte Sicht dabei von einem Standardwerk zur ökonomischen Fundierung des Aktienrechts. Dort heißt es: “To view pollution or other social questions as governance matters is to miss the point.”42 Das Buch fußt auf einer Chicago-School geprägten Sichtweise, die der Maximierung des Shareholder Value Vorrang einräumt. Damit gerät es in Gefahr, als eine einem überholten Götzen huldigende Doktrin beiseitegeschoben zu werden, gilt ein Stakeholder-orientierter Ansatz doch heute vielfach als zeitgemäßer und wird er gerade ZHR 187 (2023) S. 166 (175) von denjenigen bemüht, die sich einem nachhaltigkeitsbezogenen Unternehmensrecht verschrieben haben.43

Das Ausspielen des Stakeholder-Ansatzes gegen den Shareholder-Ansatz führt aber hier wie auch sonst nicht weiter. Geht man von der – durch Finanzkrise, Klimawandel sowie allfällige Pleiten und Skandale unberührten44 – Annahme aus, dass die ökonomische Funktion der AG darin besteht, Risikokapital in wohlfahrtsfördernde Aktivitäten zu transferieren und auf diese Weise zu einer effizienten Faktorallokation beizutragen, dann muss die Binnenstruktur der AG so gestaltet sein, dass dieser Prozess möglichst ohne Reibungsverluste vonstattengehen kann. Diese Vorgabe ist vom Rechtssetzer zu respektieren. Im Bild gesprochen: Einer gut geölten Maschine sollte kein Sand ins Getriebe gestreut werden, nur damit ihr Betrieb keinen Schaden stiftet.

Regulierung, die Drittinteressen Rechnung tragen will, muss deshalb in erster Linie äußere Vorgaben machen, und zwar in Gestalt von Ver- bzw. Geboten, Abgaben sowie der Einräumung sog. property rights. Diese werden von der im Wettbewerb stehenden “Maschine” (= Unternehmung) in ihr Kalkül einbezogen.45 Negative Externalitäten werden auf diese Weise internalisiert, so dass “Gewinn” nicht durch Ausbeutung anderer generiert wird.46 Der Effizienzvorteil dieses Regulierungsansatzes besteht darin, dass die Frage, wie die Unternehmung auf “Preiserhöhungen” reagiert, nicht vom – strukturell überforderten – staatlichen Bürokraten entschieden wird, sondern von den idealerweise mit entsprechenden Anreizen ausgestatteten Entscheidungsträgern innerhalb des Unternehmens. Das ist, was hier nicht weiter vertieft werden kann, volkswirtschaftlich vorteilhaft.

Dies bedeutet nicht, dass ein Eingreifen in die Struktur der Korporation nicht im Einzelfall sinnvoll oder sogar geboten sein kann.47 Will man etwa kurzfristig den Frauenanteil in Aufsichtsräten erhöhen, ist dies anders gar nicht machbar als durch einen Eingriff in das Aktienrecht. Geht es um die Stabilität des Finanzsystems, mag es erforderlich sein, (zeitweilig) aktienrecht- ZHR 187 (2023) S. 166 (176) liche Mechanismen außer Kraft zu setzen.48 Grundsätzlich ist indes die privatrechtliche Eigenlogik des Unternehmensrechts zu respektieren. Wer es für Zwecke der Nachhaltigkeit dienstbar machen will, muss daher zunächst ein Modell entwickeln, welches diese Eigenlogik reflektiert, um sodann gezielt Vorschläge unterbreiten zu können, wo und mit welchen Mitteln ggf. in diesen Mechanismus eingegriffen oder es für ESG-Zwecke eingespannt werden kann. Diese Aufgabe ist nicht gering zu schätzen. Für das allgemeine Zivilrecht liegt eine entsprechende Studie inzwischen vor,49 für das Unternehmensrecht ist sie noch zu leisten.50

c) Anwendung auf das Problem des Klimawandels

Mit Blick auf den Klimawandel mag die Versuchung groß sein, Eingriffe in das Unternehmensrecht schlicht mit der Gefährdung des Planeten (planetary boundaries) zu rechtfertigen. Wenn die Existenzgefährdung der einzelnen Gesellschaft es erlaubt, die Haftungsbeschränkung (und damit ein elementares Merkmal der Korporation) zu überwinden,51 und wenn die Existenzgefahr für das Finanzsystem es darüber hinaus gestattet, gleich mehrere Grundprinzipien des Aktienrechts außer Kraft zu setzen,52 liefert dann nicht die Bedrohung unserer Erde a fortiori die Befugnis, in das Aktienrecht hineinzuregieren?

Nach dem Gesagten ist klar, dass die Antwort negativ ausfällt. Eingriffe müssen punktuell erfolgen, etwa um die Entscheidungsträger für bestimmte Fragestellungen zu sensibilisieren. Weil es zur Eigenlogik der Korporation gehört, dass sie als juristische Person selbst keinen Willen bilden kann, sondern auf einen rechtlich strukturierten Willensbildungsprozess angewiesen ist,53 kann es z.B. sinnvoll sein, der Gesellschaft ein “korporatives Gewissen” einzubauen. Ein historisches Beispiel dafür bildet in Deutschland die Mitbestimmung. Wer auf dieser Linie weiterdenken will, darf sich indes nicht mit dem wohlfeilen Plädoyer für die stärkere Berücksichtigung von Stakeholder-Interessen begnügen, sondern muss konkrete Regelungsvorschläge unterbreiten und sich dabei auch mit der bekannten Kritik an der (zwingenden) Mitbestim- ZHR 187 (2023) S. 166 (177) mung auseinandersetzen. Auf diese Frage wird beim Thema der Organbesetzung zurückzukommen sein.

Vorläufig genügt die Einsicht, dass es sich bei klimaschützenden Vorgaben, namentlich den Geboten zur CO2-Reduktion, um Außenregulierung handelt, die mit dem “Reinheitsgebot” nicht ins Gehege kommt. Entgegen einem oberflächlichen Eindruck gilt das auch für die im Entwurf der CSDD enthaltenen Gebote, wonach die Unternehmensleitung das Geschäftsmodell und die Strategie auf die Erreichung bestimmter CO2-Ziele einzustellen hat. Zwar kommen sie im Gewande einer gesellschaftsrechtlichen Vorgabe daher, doch unterscheiden sie sich in der Sache nicht von einem von außen an die Gesellschaft herangetragenen Gebot. Eine einfache Kontrollüberlegung belegt das: Auch die öffentlich-rechtliche Vorgabe, gewisse Emissionswerte nicht zu überschreiten oder bestimmte Produkte (z.B. “Verbrenner”) nicht mehr herzustellen, zwingt den Vorstand einer AG dazu, das Geschäftsmodell und die Strategie neu zu justieren. Entscheidend ist, dass der Weg dorthin nicht vom Gesetz befohlen, sondern von den privaten Akteuren selbst zu gestalten ist.

III. Klimaschutz als unternehmerische Zielsetzung

Nach Klärung der Grundlagen können wir uns nun der Frage zuwenden, wie sich das Postulat des Klimaschutzes zur unternehmerischen Zielsetzung verhält. Im deutschen Gesellschaftsrecht unterscheidet man dabei herkömmlich zwischen Unternehmensziel, Unternehmensgegenstand und Unternehmensstrategie. Bildlich lässt sich dies in Gestalt einer Pyramide veranschaulichen, an deren Spitze das Unternehmensziel steht. Die Unterscheidung ist wichtig, weil für die verschiedenen Stufen unterschiedliche Kompetenzzuweisungen bestehen. Nachfolgend sollen die drei Ebenen daraufhin untersucht werden, ob und ggf. welche Anpassungen das Gebot des Klimaschutzes hier erforderlich macht.

1. Klimaschutz und Unternehmensziel

a) Wem dient die Korporation?

Nicht erst seit Corporate Social Responsibility (CSR) zur Modeformel avancierte, diskutiert man darüber, wem gegenüber die Aktiengesellschaft in Diensten steht.54 Sind es lediglich die Aktionäre, deren Vermögenszuwachs zu maximieren ist? Sind es zusätzlich die Arbeitnehmer sowie ggf. sonstige Stakeholder? Oder ist es gar (auch) die Allgemeinheit? In den Sozialwissenschaften und in der sozialwissenschaftlich geprägten angelsächsischen Debatte wird dieser Diskurs unter der oben bereits angerissenen Frontstellung Shareholder- ZHR 187 (2023) S. 166 (178) vs. Stakeholder-Ansatz geführt.55 In Deutschland kulminiert sie juristisch in der Diskussion um das sog. Unternehmensinteresse und um die Fortgeltung der Gemeinwohlklausel des AktG 1937. Die Diskussion ist bekannt und muss hier nicht nachgezeichnet werden.56 Neuen Auftrieb erhielt sie zuletzt unter dem Schlagwort “Purpose”.57 Die dahintersteckende, in der angelsächsischen Managementlehre ventilierte Idee, der Korporation einen über die Gewinnmaximierung hinausgehenden Zweck zu verpassen, bietet dem kontinentalen Leser indes nichts Neues und mag deshalb auf sich beruhen.58 Wichtiger ist der Befund, dass die Debatte um den Zweck der AG neuerdings wieder zum Leben erweckt wird, weil manche darin einen Schlüssel zur Förderung von Nachhaltigkeit im Allgemeinen und Klimaschutz im Besonderen sehen.59

b) Die Bedeutungslosigkeit der Debatte

Nüchtern betrachtet ist die große Theoriedebatte ein Scheingefecht. Es steht außer Streit, dass der Vorstand dazu angehalten ist, Gewinn zu erwirtschaften, und ebenso unstreitig ist es, dass er dabei nicht nur die geltenden Gesetze einzuhalten hat (Legalitätspflicht), sondern Drittinteressen jedenfalls dann berücksichtigen darf, wenn dies irgendwie im (weit verstandenen) wirtschaftlichen Interesse der Gesellschaft liegt.60 Offen ist, ob er Drittinteressen auch berücksichtigen darf, wenn sich das in keiner Weise (also weder mittelbar noch langfristig) auf das Wohlergehen der Gesellschaft auswirkt.61 Dies dürfte ein theoretischer Fall bleiben.62 Offen ist ferner, ob der Vorstand Drittinteressen jenseits des zwingenden Rechts nicht nur berücksichtigen darf, sondern auch muss. Konsequente Vertreter eines Stakeholder-orientierten Ansatzes dürften dazu neigen, die Frage zu bejahen, wie es im Ansatz (“ehrbarer Kauf- ZHR 187 (2023) S. 166 (179) mann”) der Kodex tut. Folgt man dem, böte sich hier ein Einfallstor, um den Klimaschutz über den Hebel des Gesellschaftsrechts zu forcieren.

Tatsächlich ist die Frage nach der Pflicht zur Berücksichtigung von Stakeholder-Belangen müßig.63 Das zeigt sich, wenn man sie von der Rechtsfolgenseite her betrachtet. Vernachlässigt der Vorstand seine (arguendo unterstellte) Pflicht zur Berücksichtigung von Drittinteressen, weil er dadurch die Rendite für die Aktionäre steigern kann, hat das für ihn rechtlich keine Konsequenzen. Aktionäre könnten ihm die Entlastung verweigern oder beim Aufsichtsrat auf Abberufung drängen. Das wird aber nicht geschehen, weil sich die Mehrheit der Aktionäre an dem erzielten Gewinn erfreuen wird. Ungeachtet dessen kann die Entlastung unabhängig davon verweigert werden, ob der Vorstand seine Pflichten erfüllt hat.64 Eine Schadensersatzklage (§ 148 AktG) kommt schon mangels Schadens nicht in Betracht. Zähne erhielte der Stakeholder-Ansatz, wenn man Dritten (z.B. Klimaschützern) echte Teilhaberechte einräumte. So weit wollen aber offenbar selbst die Vertreter eines “nachhaltigen” Unternehmensrechts nicht gehen.65

c) Das Formalziel der Aktiengesellschaft: Rendite

Um nicht missverstanden zu werden: Die vorstehenden Ausführungen sind nicht als Plädoyer für kompromisslose Shareholder Primacy zu verstehen (wenngleich es gute Gründe gibt, den Vorstand in erster Linie auf die Interessen der Aktionäre zu verpflichten).66 Wichtig ist jedoch, der in ESG-Zirkeln verbreiteten Sicht entgegenzutreten, die Ausrichtung von Unternehmen auf Gewinnerzielung sei ein Hemmschuh für die Bekämpfung des Klimawandels (siehe dazu III. 1. d). Richtigerweise besteht das Formalziel der AG auch unter der Ägide eines “starken” Nachhaltigkeitspostulats darin, marktgerechte Renditen zu erwirtschaften.67 Das kann nicht anders sein, weil eine im Wettbe- ZHR 187 (2023) S. 166 (180) werb stehende AG, die dieses Ziel vernachlässigt, kein Risikokapital erhalten wird, welches sie aber für (z.B. klimafreundliche) Innovationen und Investitionen benötigt.68 Die Alternative – die Ersetzung der AG durch staatsfinanzierte Kombinate – steht, auch aus historischen Gründen, nicht ernsthaft zur Debatte.69

Dass Ertragswertsteigerung nicht mit Marktwertmaximierung identisch ist, mag hier auf sich beruhen.70 Auch dass Aktionärsinteressen divergieren können, ist richtig, aber ebenso wenig ein stichhaltiger Einwand wie der (wiederum richtige) Hinweis, dass viele institutionelle Anleger heute eine nachhaltige Anlagestrategie verfolgen.71 Denn wenn es zum Schwur kommt, bekennen sich auch institutionelle Anleger umstandslos zum Renditeziel, wie anekdotische Evidenz aus den USA zeigt: Konfrontiert mit der Drohung, kein Geschäft mehr in Texas machen zu dürfen, ruderten namhafte Vermögensverwalter (u.a. BlackRock) mit der Ankündigung, nur noch in “grüne” Gesellschaften investieren zu wollen, kleinlaut zurück.72 Trotz unterschiedlichen Risikoappetits und Erwartungshorizonts sind am Ende eben (fast) alle, die in eine nicht-gemeinnützige AG investieren, an einer kompetitiven Rendite interessiert.

d) Aber: Nicht auf Kosten anderer

Eine wichtige, bisweilen übersehene oder jedenfalls nicht ausgesprochene Einschränkung ist zu machen. Im Einklang mit wohlfahrtsökonomischen Einsichten (Stichwort: Internalisierung externer Effekte) steht das Ziel der Renditeerwirtschaftung auch juristisch gesehen unter dem Vorbehalt, dass es nicht auf Kosten anderer verwirklicht wird. Das hemmungslose Ausquetschen oder Übervorteilen der Stakeholder (Kunden, Mitarbeiter, Lieferanten), um die Kapitalrendite auf die Spitze zu treiben, ist deshalb – abgesehen davon, dass ein solches Konzept schon betriebswirtschaftlich meist nicht aufgehen wird – auch rechtlich bedenklich.

ZHR 187 (2023) S. 166 (181)

Dies ist klar, soweit es darum geht, die staatlichen Ge- und Verbote einzuhalten (Legalitätspflicht).73 Es gilt aber im Prinzip auch darüber hinaus. Zwar spricht das deutsche Privatrecht diese Nebenbedingung nicht explizit aus, setzt sie aber doch in einer Reihe von Normen mehr oder weniger voraus, etwa in § 812 BGB oder in den §§ 823 ff. BGB. In Anlehnung an Holle, der gezeigt hat, dass sich die gesellschaftsrechtliche Legalitätspflicht mit einer Parallele zu § 134 BGB begründen lässt,74 kann dazu § 138 BGB herangezogen werden, der – wie übrigens auch § 1 GWB – drittbelastenden Rechtsgeschäften unter bestimmten Voraussetzungen die Wirksamkeit versagt, weil die Verwirklichung von Präferenzen durch Tausch nur vordergründig privatautonom (ökonomisch: pareto-optimal) ist, wenn sie in Wahrheit auf Kosten anderer geht.75

Ohne diese Gedanken hier vertiefen zu können,76 muss die Klarstellung genügen, dass mit der Einschränkung “nicht auf Kosten anderer” kein separates Ziel (etwa: “diene nicht nur den Aktionären, sondern auch anderen”), sondern eine immanente Schranke angesprochen ist (“verursache keine Externalitäten”). Dies zu betonen, erscheint mir wichtig, weil in der Debatte um Gemeinwohlbindung und “Unternehmensinteresse” meist nicht klar getrennt wird zwischen einer Minderung von Gewinn, die auf der hier angesprochenen Vermeidung von Drittbelastungen (z.B. Ausbeutung natürlicher oder humaner Ressourcen) beruht, und derjenigen, die in altruistischer Freigiebigkeit (juristisches Standardbeispiel: Unternehmensspenden) wurzelt.77 Erstere ist geboten, Letztere nicht.

e) “Unternehmensinteresse” im Aktiengesetz fixieren?

Damit kommen wir zur Frage, ob das “Unternehmensinteresse” als Leitschnur des Organhandelns im Gesetz verankert werden sollte. Verschiedene Autorinnen haben sich zuletzt dafür stark gemacht, um so den Gedanken der sozialen Verantwortung zu stärken.78 Auch Mittwoch plädiert in ihrer Habilitationsschrift “Nachhaltigkeit im Unternehmensrecht” in diesem Sinne und liefert zugleich eine Formulierungshilfe. Das Ziel unternehmerischen Wirkens ZHR 187 (2023) S. 166 (182) und damit das Unternehmensinteresse soll danach “auf eine nachhaltige Wertschöpfung innerhalb der planetaren Grenzen ausgerichtet” sein.79

Zu diesen und ähnlichen Vorschlägen ist zunächst zu sagen, dass sie nicht neu sind. Schon die vor einem halben Jahrhundert (1972) vom Bundesministerium der Justiz eingesetzte Unternehmensrechtskommission, der – im Unterschied zum “Sustainable Finance Beirat” unserer Tage – namhafte Gesellschaftsrechtler angehörten,80 hat sich in ihrer jahrelangen Arbeit intensiv mit der Figur des Unternehmensinteresses beschäftigt. Dabei war man sich einig, dass die Organe der AG – wie es bis heute der h.M. entspricht81 – auf das Unternehmensinteresse verpflichtet sind und bei Missachtung desselben potenziell haften.82 Darüber, was unter dem “Unternehmensinteresse” genau zu verstehen sei und welche Funktion ihm zukomme, konnte indes kein Einvernehmen erzielt werden.83 Dies dürfte mitursächlich dafür gewesen sein, dass der von Teilen der Kommission befürwortete Weg, das Unternehmensinteresse zu kodifizieren, keine Mehrheit fand.84

Mag sich auch der Fokus der Debatte seither vom “S” (Social) hin zum “E” (Environment) verschoben haben,85 ist das Grundproblem doch unverändert. Die Figur des Unternehmensinteresses ist zu unscharf, als dass sich darunter subsumieren ließe.86 Daran ändert der Versuch einer nachhaltigkeitsorientierten Definition nichts. Dass der Vorstand sich um eine “nachhaltige Wertschöpfung” bemühen muss, sagt ihm bereits der Kodex und weiß er auch so; dass er sich dabei “innerhalb der planetaren Grenzen” bewegen muss, bleibt eine Worthülse. Wie bereits zum Stakeholder-Ansatz gilt auch hier, dass ohne die Verhängung konkreter Sanktionen für die Verfehlung bestimmter Ziele keine verhaltenssteuernde Wirkung zu erwarten ist.87 Alternativ müssten Dritten (Stakeholdern) einklagbare (Mitgliedschafts-)Rechte eingeräumt werden. Diese “Büchse der Pandora” hat aber bislang keine Rechtsordnung geöff- ZHR 187 (2023) S. 166 (183) net.88 Die “normative Verdichtung” von Gemeinwohlbelangen, die manche neuerdings beobachten,89 wird den Vorstand i.Ü. auch ohne Eingriffe in das AktG zur Beachtung von CSR/ESG-Belangen anhalten. Wer mehr bewegen will, muss deshalb das Außenrecht reformieren.90 Gesellschaftsrechtlich kann dessen Wirkung durch Instrumente wie die variable Vergütung oder die Haftung verstärkt oder unterstützt werden.91 Dafür genügt es aber nicht, im Gesetz auf ein vages “Unternehmensinteresse” oder “planetare Grenzen” Bezug zu nehmen.92 Vielmehr müssen messbare Ziele und klare Tatbestände (z.B. CO2-Reduktionen) definiert werden. Das geschieht sinnvollerweise nicht auf Ebene des Unternehmensinteresses, sondern darunter.

f) Zielkonflikte

Abschließend ist auf das Problem der Zielkonflikte hinzuweisen, das entsteht, wenn man der Aktiengesellschaft neben Gewinnmaximierung sonstige Ziele zuweist. Der Widerstreit zwischen Profitstreben und Rücksichtnahme auf soziale oder ökologische Belange ist oft genug beschrieben worden.93 In jüngerer Zeit betont man, dass es auch innerhalb von E&S zu Konflikten kommen kann, etwa wenn Klimaschutzmaßnahmen zum Verlust von Arbeitsplätzen führen.94 Auf diese Frage wird zurückzukommen sein.95 Konflikte sind aber auch innerhalb ein und desselben Ziels, namentlich beim Umweltschutz, möglich, wenn z.B. die klimafreundliche Produktion andernorts höheren CO2-Ausstoß generiert.96 Für die gesellschaftsrechtliche Frage, wie diese Konflikte aufzulösen sind, hält das AktG seit jeher eine prozedurale Antwort bereit: Es weist das Austarieren einem Gremium (Vorstand) zu, das seinerseits ZHR 187 (2023) S. 166 (184) in ein Geflecht von Governance-Regeln eingebunden ist. Auch darauf werde ich zu sprechen kommen.97

2. Klimaschutz und Unternehmensgegenstand

Unterhalb des Unternehmensziels ist der Unternehmensgegenstand angesiedelt, der in der Satzung anzugeben ist (§ 23 Abs. 3 Nr. 2 AktG) und das Mittel umschreibt, mit dem das Unternehmensziel (Rendite) erreicht werden soll. Während die Änderung des Ziels analog § 33 Abs. 1 S. 2 BGB Einstimmigkeit voraussetzt (und damit eine theoretische Option bleibt), genügt für die Änderung des Gegenstands mangels abweichender Satzungsbestimmung eine Dreiviertelmehrheit (vgl. § 179 Abs. 2 AktG). Das wirft die Frage auf, ob klimaschützende Aussagen in den Unternehmensgegenstand aufgenommen werden können oder sogar müssen.

a) Freiwilliger Klimaschutz im Unternehmensgegenstand

Grundsätzlich ist es möglich, den Unternehmensgegenstand so zu beschreiben oder einzuschränken, dass Nachhaltigkeitsaspekte Berücksichtigung finden.98 Dies mag das Haftungsrisiko der Geschäftsführung begrenzen, wenn sie solche Aspekte verfolgt. In diesem Rahmen sind auch Klauseln denkbar, die klimaschädliche Aktivitäten ausklammern.99 Auch wenn damit Ertragseinbußen vorprogrammiert sein sollten, bedarf es dafür keiner einstimmigen Entscheidung der Hauptversammlung.100 Zu beachten sind allerdings die Grenzen der Satzungsfreiheit, die daher rühren, dass die Festlegung der Unternehmensstrategie zwingend in die Hand des Vorstands gelegt ist, der hierüber “unter eigener Verantwortung” entscheidet (§ 76 Abs. 1 AktG).101 Eingrenzungen des Unternehmensgegenstands dürfen daher nicht so kleinteilig ausfallen, dass damit in die Planungshoheit des Vorstands eingegriffen wird. Ein satzungsmäßiges Verbot der Produktion von Autos bestimmter Marken dürfte demgemäß unzulässig sein.102

Wo genau die Grenze verläuft, muss hier nicht erörtert werden. Denn auch wenn sich vereinzelt Satzungsbestimmungen mit – meist vagem – Bezug zur Nachhaltigkeit finden lassen,103 sind sie doch eher spärlich ge- ZHR 187 (2023) S. 166 (185) sät.104 Verbindliche jährliche CO2-Reduktionsziele dürften jedenfalls mit der Leitungsautonomie des Vorstands kaum vereinbar sein.105 Satzungsregeln sind daher “in den wenigsten Fällen das geeignete Mittel”, um effektiv zur Begrenzung von CO2 beizutragen.106

b) Pflicht zur Änderung des Unternehmensgegenstands?

Bislang nicht erörtert wird die Frage, ob es eine Pflicht gibt, den Unternehmensgegenstand zu ändern, wenn der bisherige das Klima gefährdet. Die Frage mag akademisch erscheinen, gewinnt aber an Relevanz, wenn man an die Produktion von Kraftfahrzeugen oder die Gasförderung denkt, die per se klimafeindlich sind.107 Wer sich konsequent für ein an den “planetaren Grenzen” orientiertes Unternehmensinteresse ausspricht,108 müsste die Frage im Grunde bejahen, ja unter Umständen noch weiter gehen und eine Pflicht zur Auflösung der Gesellschaft in Betracht ziehen. Dass der Gedanke nicht völlig fernliegend ist, zeigt § 396 AktG, der die gerichtliche Auflösung einer AG zulässt, falls diese das Gemeinwohl gefährdet.

Bei näherem Betrachten stellt sich die Situation weniger dramatisch dar. Vorstand und Aufsichtsrat sind nach geltendem Recht gehalten, das Geschäftsmodell zu überdenken, wenn es auf Dauer in Konflikt mit gesetzlichen Vorgaben, Erwartungen der Investoren und/oder dem Renditeziel der Gesellschaft gerät. Bei Verabschiedung der CSDD wird ihnen dies ins Stammbuch geschrieben, denn diese gebietet, das Geschäftsmodell unter dem Gesichtspunkt der Klimaverträglichkeit unter die Lupe zu nehmen.109 Nehmen sie diese Pflicht ernst, werden sie frühzeitig über die Umstellung oder Preisgabe bestimmter Geschäftsfelder nachdenken müssen. Solange sich mit dem (ggf. modifizierten) Geschäftsmodell auf legalem Wege weiter Gewinne erzielen lassen, kann es – vorbehaltlich einer abweichenden, freiwilligen Entscheidung der Hauptversammlung – beibehalten werden. Erst wenn dauerhaft keine Erträge mehr zu erwarten sind, verdichtet sich das Recht zur Auflösung der Gesellschaft (§ 262 Abs. 1 Nr. 2 AktG) zu einer entsprechenden Pflicht.110 Nehmen Vorstände und Aufsichtsräte die Pflicht, rechtzeitig und vorausschauend ZHR 187 (2023) S. 166 (186) – also auch mit Blick auf noch zu erwartende Entwicklungen! – die Geschäftspolitik zu ändern, nicht ernst, droht ihnen allerdings später die Haftung.111

3. Klimaschutz als Strategie

Unter dem Unternehmensgegenstand steht die Unternehmensstrategie. Mit ihr werden die Weichen dafür gestellt, auf welchem Wege der Unternehmensgegenstand zu verwirklichen ist. Die Zuständigkeit dafür liegt beim Vorstand, der sich dazu mit dem Aufsichtsrat abstimmt (DCGK Grundsatz 2). Der Kodex empfiehlt, bei der Festlegung der Unternehmensstrategie neben den langfristigen wirtschaftlichen Zielen auch ökologische und soziale Ziele angemessen zu berücksichtigen (DCGK Empf. A.1 S. 2). Korrespondierend soll die Unternehmensplanung nachhaltigkeitsbezogene Ziele umfassen (DCGK Empf. A.1 S. 3).112 Dem folgend haben viele Unternehmen solche Ziele formuliert und ist zu erwarten, dass weitere folgen werden.113

a) Keine Zustimmung der Hauptversammlung erforderlich

Juristisch stellen sich mit Blick auf die Klimastrategie zwei Fragen: Die erste, am Ende dieses Beitrags nochmals aufzugreifende, lautet: Wann ist die Hauptversammlung einzuschalten? Dies ist dann der Fall, wenn die vorgesehene Strategie zur CO2-Reduktion den Unternehmensgegenstand tangiert und daher eine Satzungsänderung erfordert (§ 179 Abs. 1 AktG), oder wenn zu ihrer Umsetzung Strukturmaßnahmen erforderlich sind (z.B. Carve-outs), die ein Plazet der Aktionäre benötigen, sei es nach dem Gesetz (§ 179a AktG, §§ 182 ff. UmwG), sei es nach den sog. Holzmüller/Gelatine-Grundsätzen.114

Weitergehend plädiert man in der Literatur für eine ungeschriebene Hauptversammlungskompetenz bei großvolumigen CSR-Investitionen.115 Hieran anknüpfend wird neuerdings eine Befassung der Hauptversammlung in “extremen Szenarien” verlangt, in denen die ESG-Strategie des Vorstands auf eine “radikale Umstellung des Geschäftsmodells” abzielt.116 Als Beispiel wird der Mineralölkonzern genannt, der seine Produktion kurzfristig auf die Produktion erneuerbarer Energien umstellt und massive Deinvestitionen aus profitablen Geschäftsbereichen plant. “Graduelle Anpassungen” zur Verwirklichung ZHR 187 (2023) S. 166 (187) von Klimaschutzzielen (CO2-Neutralität) soll der Vorstand dagegen aus eigener Kraft beschließen können.117

Es ist zuzugeben, dass wegen der Nähe zur Satzungsänderung und der Veränderung des Risikoprofils in den genannten Extremfällen sowohl juristisch als auch ökonomisch einiges für die zwingende Befassung der Aktionäre spricht.118 Dennoch ist sie abzulehnen. Der Entwurf der CSDD verlangt keine Aktionärsbeteiligung,119 und das deutsche Recht steht ungeschriebenen Hauptversammlungskompetenzen – aus gutem Grund – reserviert gegenüber. Wie die jahrzehntelange Misere um das “richtige” Verständnis des Holzmüller-Urteils anschaulich illustriert hat, benötigt eine Hauptversammlungskompetenz klare, ex-ante verifizierbare Tatbestandsmerkmale. Die “radikale Umstellung des Geschäftsmodells” ist dafür zu unscharf. Deshalb sollte es de lege lata bei den gesetzlich vorgegebenen und den in Analogie dazu entwickelten Hauptversammlungszuständigkeiten bleiben. Ein gut beratener Vorstand wird in einschlägigen Fällen ohnehin nach § 119 Abs. 2 AktG die Hauptversammlung befragen.120

b) Verbindlichkeit der Strategie

Die zweite Frage ist die nach der Verbindlichkeit einer verlautbarten Strategie. Hier ist zwischen interner und externer Bindung zu unterscheiden.121 Intern ist die Bindung zu bejahen, denn der Vorstand übt die Funktion des Arbeitgebers aus, womit alle Arbeitnehmer der Gesellschaft kraft Direktionsrechts an seine Vorgaben gebunden sind. Problematisch ist die Verbindlichkeit nach außen. Sie wird akut, wenn zu Marketing-Zwecken eine Klimapolitik verlautbart, aber in Wahrheit nicht umgesetzt wird (Stichwort: Greenwashing).122 Dann drohen der Gesellschaft und mittelbar ihren Organen Sanktionen wegen fehlerhafter Marktinformation. Weil der Themenkreis schon andernorts behandelt wurde, soll das hier nicht vertieft werden.123

ZHR 187 (2023) S. 166 (188)

IV. Klimafreundliche Governance

Wechseln wir nun von der Ebene des Unternehmensziels zu konkreten Fragestellungen der Corporate Governance. Wie eingangs gesagt, können dabei nicht sämtliche Fragen aufgegriffen werden, die sich in diesem Zusammenhang stellen. Der Fokus wird auf die interne Governance und hier wiederum auf die Zusammensetzung und Pflichtenbindung von Vorstand und Aufsichtsrat gerichtet. Fragen der externen Governance müssen aus Raumgründen ausgeklammert bleiben.124

1. Organbesetzung

Ein erster Ansatz für eine klimaförderliche Corporate Governance kann darin bestehen, das Bewusstsein und die Kompetenz für klimarelevante Fragestellungen sowie allgemein für Nachhaltigkeitsfragen innerhalb der den Willen der Gesellschaft bildenden Gesellschaftsorgane zu stärken. Dabei ist die Möglichkeit, Organe freiwillig mit solcher Kompetenz anzureichern, von derjenigen zu unterscheiden, für eine gesetzlich vorgeschriebene Präsenz von Stakeholdern zu sorgen.

a) Klimabewusste Hauptversammlung

Was zunächst die – weiter unten zu behandelnde – Hauptversammlung angeht, besteht insofern kein Handlungsbedarf, als es dieser selbstredend freisteht, im Rahmen ihrer Kompetenzen klimafreundliche Beschlüsse zu fassen (z.B. Wahl klimabewusster Aufsichtsräte).125 Zu diesem Zweck können sich Klimaaktivisten durch Erwerb von Aktien Zugang zu derselben verschaffen. Bekanntlich vermittelt bereits der Besitz einer einzigen Aktie dem Aktionär nicht nur das Recht zur Teilhabe an der Hauptversammlung, sondern auch das Rede- und Auskunftsrecht sowie das Recht zur Anfechtung der dort gefassten Beschlüsse. Das 2005 geschaffene Aktionärsforum (§ 127a AktG) eröffnet Kleinaktionären zudem die Möglichkeit, andere Aktionäre zur konzertierten Aktion aufzufordern.

Echte Dominanz in der Hauptversammlung verschafft allerdings nur eine entsprechend hohe Beteiligung, zu deren Finanzierung NGOs nicht in der Lage sind. Um das zu ändern, müsste der Staat mittelbar oder unmittelbar große Aktienpakete erwerben. Diese Option, die bislang auf insolvenzgefährdete Gesellschaften mit Infrastruktur- bzw. Systemrelevanz (Beispiel: Commerzbank, Lufthansa) begrenzt ist, soll hier nicht weiter vertieft werden. Sie würde ZHR 187 (2023) S. 166 (189) den Schritt weg von einer privaten zu einer staatsgelenkten Wirtschaft bedeuten. Lohnenswerter erscheint es, das Schmieden von Aktionärsallianzen zu erleichtern, etwa durch Entschärfung der Acting-in-Concert-Zurechnung.

b) Nachhaltigkeitsexpertise in Vorstand und Aufsichtsrat

Der Kodex erinnert den Aufsichtsrat seit 2022 daran, dass die von ihm zu leistende Überwachung und Beratung “insbesondere auch Nachhaltigkeitsfragen” erfasst (Grundsatz 6). Folgerichtig soll das Kompetenzprofil des Aufsichtsrats “auch Expertise zu den für das Unternehmen bedeutsamen Nachhaltigkeitsfragen umfassen” (Empf. C.1 S. 3).126 Stimmrechtsvertreter und institutionelle Anleger erwarten das und Unternehmen beherzigen es. Die Kodex-Empfehlung in zwingendes Recht zu gießen, wie es der Sustainable Finance Beirat vorgeschlagen hat,127 ist angesichts dessen überflüssig. Ebenso wenig muss dem Aufsichtsrat vorgeschrieben werden, einen Nachhaltigkeitsausschuss einzurichten; diese Frage kann getrost seiner autonomen Entscheidung anheimgegeben werden.128 Auch für den Vorstand bedarf es keiner gesetzlichen Vorgaben. Unternehmen sind bereits freiwillig dazu übergegangen, die Funktion eines CSO und/oder Nachhaltigkeitsausschüsse einzurichten.129 In ihre organisatorische Freiheit, wo und wie sie dies tun, sollte mit Rücksicht auf branchen- und unternehmensspezifische Besonderheiten nicht hineinregiert werden.

c) Der “Feind” im Aufsichtsrat?

Als freiwilliges, privatautonomes Mittel, um klimaschützende Aktivitäten “von innen” heraus zu fördern, ist an die Wahl oder Entsendung klimabewusster Aufsichtsratsmitglieder zu denken. Sie kann für Aktionäre ein probates Mittel sein, um ihrer Präferenz nach “sauber” verdientem Geld innerhalb der AG Gehör zu verschaffen. Dass es sich dabei nicht nur um eine theoretische Option handelt, belegt der Fall Julia Willie Hamburg. Frau Hamburg, eine bekennende Befürworterin der Verkehrswende, leidenschaftliche Radfahrerin und zugleich Politikerin von Bündnis 90/Die Grünen, ist 2022 vom Land Niedersachsen im Rahmen seines Entsendungsrechts (§ 101 Abs. 2 AktG) in den Aufsichtsrat der VW AG entsandt worden. Dies löste heftigen Protest bei der Aktionärsvereinigung DSW aus, welche die Ansicht vertrat, dass die autofeindliche Einstellung von Frau Hamburg dem Gesellschaftswohl abträglich ZHR 187 (2023) S. 166 (190) sei, und die deshalb damit drohte, nach § 103 Abs. 3 S. 3 AktG einen Antrag auf Abberufung aus wichtigem Grund zu stellen.

Publizistisch erwies sich die Attacke der DSW als Eigentor, reagierten Presse und Öffentlichkeit darauf doch verbreitet mit Unverständnis.130 Auch steht sie in merkwürdigem Kontrast zu den von der DSW im gleichen Jahr verlautbarten Abstimmungsrichtlinien, die dem Aufsichtsrat mit Versagung der Entlastung drohen, wenn seine Klimastrategie “nicht ausreichend ambitioniert” ist.131 Doch wie ist der Angriff juristisch zu würdigen? Tatsächlich gibt es einen Präzedenzfall, in dem ein entsandtes Aufsichtsratsmitglied vom Gericht auf Antrag einer Aktionärsminderheit “wegen Verletzung bedeutender Unternehmensinteressen” nach § 103 Abs. 3 S. 3 AktG abberufen wurde. Gemeint ist der Fall des schleswig-holsteinischen Energieministers Günther Jansen, der in den achtziger Jahren von der Stadt Hamburg in den Aufsichtsrat der Hamburger Elektrizitätswerke (HEW) entsandt worden war. Weil Jansen als “überzeugter und engagierter Kernenergiegegner” in seiner politischen Tätigkeit “mit Entschiedenheit” das Ziel des baldigen Kernenergie-Ausstiegs verfolgte, sei es – so das OLG Hamburg im Jahr 1990 – für die HEW, welche den Großteil ihrer Energie aus Kernenergie gewinnen, “unzumutbar, daß er ihre Geschicke im Aufsichtsrat mitgestalten soll”.132

Allerdings hob das OLG im gleichen Atemzug hervor, dass der bloße Umstand, dass ein Mitglied des Aufsichtsrats Gegner der Kernenergienutzung sei, seine Abberufung nicht rechtfertige. Zwar könne der Betreffende sich insoweit nicht auf ein dem Anlegerinteresse an Ertragserzielung gegenüberzustellendes “Gemeinwohl” berufen. Maßgeblich sei vielmehr das “Unternehmensinteresse”, welches dem Aufsichtsrat jedoch nicht vorgegeben, sondern “aufgegeben” sei, weshalb eine “interessenpluralistische” Zusammensetzung des Aufsichtsrats durchaus typisch und legitim sei.133 Für unzumutbar hielt das OLG die Mitgliedschaft des Betreffenden im Aufsichtsrat allein mit Blick auf die Umstände des konkreten Falles: Die HEW hatten in der jüngeren Vergangenheit in erheblichem Umfang in Kernkraftwerke investiert, deren Anteil an der Stromerzeugung 79 % betrug. Ein mittelfristiger Ausstieg aus der Kernenergie, wie ihn Jansen politisch betrieb, hätte bei HEW zu “ganz erheblichen Vermögenseinbußen” in Milliardenhöhe geführt.134 Das ZHR 187 (2023) S. 166 (191) Wirken Jansens stehe daher “eindeutig in einem durchaus als krass zu bezeichnenden Gegensatz zum gesellschaftlichen Interesse an der fortbestehenden Möglichkeit der Kernenergienutzung”.135

Die Differenzierung des OLG Hamburg überzeugt und taugt m.E. weiterhin als Leitschnur. Ob die Abberufung eines Aufsichtsratsmitglieds aus wichtigem Grund dabei voraussetzt, dass dieses “schlechthin untragbar” ist oder ob auch weniger gravierende Gründe genügen, mag man – mit dem OLG – auf sich beruhen lassen.136 Entscheidend ist, dass es im Sinne des Unternehmensinteresses nicht nur zulässig, sondern auch geboten (“legitim”) sein kann, kritischen Stimmen, die das bisherige Geschäftsmodell (z.B. Produktion und Vertrieb von “Verbrennern”) in Frage stellen, im Aufsichtsrat Gehör zu verschaffen. Genau genommen hat diese Einschätzung mit dem gewandelten, in Gesetzgebung, Rechtsprechung und Kodex unisono reflektierten Rollenverständnis des Aufsichtsrats in den vergangenen Jahrzehnten an Bedeutung gewonnen. Überspitzt formuliert: Heute ist nicht mehr eine die Vorstandsentscheidungen ex post abnickende Altherrenrunde, sondern ein die Unternehmensstrategie vorausschauend und kritisch mitprägendes, diverses Board gefragt.137 Ob die Mitwirkung von Frau Hamburg im VW-Aufsichtsrat danach “unzumutbar” ist, bleibt Tatfrage. Weil die Verkehrswende aber politisch beschlossene Sache (und von VW akzeptiert) ist, dürfte sie wohl zu verneinen sein.

Die beschriebenen Fälle waren solche eines Entsendungsrechts. Will man den Klimaschutz auf dieser Schiene voranbringen, setzt das erstens voraus, dass in der Satzung Entsendungsrechte etabliert sind und zweitens, dass der oder die Entsendungsberechtigte eine entsprechende Person nominiert. Weitergehend könnte man erwägen, die klimabewusste Haltung des Aufsichtsrats (und dadurch mittelbar die des Vorstands) dadurch zu fördern, dass man Minderheiten das Recht einräumt, Positionen im Aufsichtsrat zu besetzen. Technisch lässt sich das im Wege der Verhältniswahl etablieren.138 Vorschläge für eine obligatorische Minderheitsvertretung, wie sie in der konzernrechtlichen Debatte verschiedentlich unterbreitet wurden, waren dagegen bislang nicht mehrheitsfähig.139 Ob sich das in Zukunft ändern wird, bleibt abzuwarten.

ZHR 187 (2023) S. 166 (192)

d) Informeller Stakeholder-Einfluss

Vom AktG nicht vorgesehen, aber üblich und sinnvoll ist es, dass sich Vorstand und Aufsichtsrat auch außerhalb der Hauptversammlung mit wesentlichen Aktionären oder deren Vertretern bzw. Beratern austauschen (vgl. DCGK Anregung A.6). Nach herrschender und zutreffender Ansicht ist das zulässig.140 Ebenso zulässig und inzwischen wohl auch gebräuchlich ist es, wenn sich die Organe ins Benehmen mit sonstigen Stakeholdern – etwa Klima- und Umweltaktivisten – setzen, wie es z.B. im Rahmen oder am Rande des Davoser Weltwirtschaftsforums zu beobachten war. Der Entwurf der CSDD sieht explizit vor, dass der danach aufzustellende Klimaschutzplan “in Absprache mit den Interessenträgern entwickelt” wird (Art. 15 Abs. 1 CSDD-E). Weitere Vorgaben macht der Entwurf dazu nicht, weshalb es bis auf Weiteres den Gesellschaften überlassen bleibt, wie sie diesen Abstimmungsprozess gestalten. Gesetzlich formalisiert werden muss er vorläufig nicht.

e) Institutionalisierte Stakeholder-Repräsentanz?

Die neuen, klimabezogenen Rechtsakte regen die Gesellschaften und ihre Organe dazu an, klimabewusstes Personal zu rekrutieren und den Dialog mit ihnen zu suchen. Einen Paradigmenwechsel bewirken sie nicht. Davon könnte erst dann die Rede sein, wenn man über das Bekenntnis zur Berücksichtigung von Stakeholder-Interessen hinaus für die Einräumung echter Mitwirkungsbefugnisse zugunsten von Stakeholdern (z.B. Umwelt-NGOs) plädierte.

aa) Einbindung von Kunden als Beispiel

Einen Schritt in diese Richtung haben jetzt – aus betriebswirtschaftlicher Sicht – v. Werder und Kenning unternommen. Ihr Anliegen ist es, im Sinne eines Stakeholder-orientierten Ansatzes Verbraucherinteressen in der Corporate Governance zu verankern. Ausgehend von der Beobachtung, “dass die programmatische Verpflichtung der Führungsorgane auf das Unternehmensinteresse offensichtlich nicht ausreicht”, stellen sie die “Frage, inwieweit auch Kundenbelange durch flankierende Governance-Vorkehrungen institutionell stärker abgesichert werden könnten und sollten”.141 Die Frage wird bejaht, wobei die Autoren nicht so weit gehen wollen, den Kunden des Unternehmens echte mitgliedschaftliche Rechte einzuräumen, wohl aber für ein “Kundenforum” analog zum Aktionärsforum (§ 127a AktG) und für einen “Kundendialog” analog zum Investorendialog (DCGK Anregung A.6) eintreten.142 Ob dies durch “hartes” oder “weiches” Recht abgesichert werden soll, lassen ZHR 187 (2023) S. 166 (193) die Autoren offen; dem freien Spiel der Marktkräfte wollen sie die Entscheidung jedenfalls nicht überlassen.143

Die Überlegungen v. Werders und Kennings treffen sich mit der hier angestellten Überlegung, dem Informationsaustausch zwischen Unternehmensleitung und Stakeholdern stärkeres Gewicht beizumessen.144 Das Argument der Autoren, dass dies letztlich im wohlverstandenen Eigeninteresse des Unternehmens liegt, ist mit Blick auf “König Kunde” einleuchtend, lässt sich – wenngleich in schwächerer Form – aber vielleicht auch auf Stakeholder anwenden, mit denen die Gesellschaft unmittelbar keinen Gewinn erwirtschaftet. Denn durch den Dialog mit NGOs können Unternehmen das dort vorhandene Expertenwissen (z.B. zu Klimaschutzfragen) nutzbar machen, zugleich ihre Reputation steigern und Transformationsprozesse weniger disruptiv gestalten. Die offene, hier vorläufig zurückhaltend beantwortete Frage lautet, ob dazu “Anstupser” von Seiten der Wissenschaft, des Gesetzgebers oder der Beratungsindustrie ausreichen oder ob es weitergehender Regulierung bedarf.

bb) Ausbau oder Einschränkung der Mitbestimmung?

Damit ist das Feld der Arbeitnehmer-Mitbestimmung betreten, die als klassisches Beispiel institutionalisierter Stakeholder-Beteiligung gilt. In der strengen Form, in der sie in Deutschland etabliert wurde, ist sie zwar singulär geblieben, könnte aber gerade im Rahmen der – auch international geführten – ESG-Debatte wieder an Aufmerksamkeit gewinnen, verschafft sie dem Faktor “S” (in Gestalt der Belegschaft sowie der Gewerkschaften) doch eine vernehmbare Stimme innerhalb der Unternehmensverfassung. Mit Blick auf die bereits angesprochenen Zielkonflikte ist allerdings zu konstatieren, dass die institutionelle Aufwertung, welche der Faktor “S” in Deutschland auf diese Weise erfahren hat, eine Schieflage zulasten des Faktors “E” verursacht hat, denn der Umwelt- und Klimaschutz ist nicht in gleicher Weise im Aufsichtsrat repräsentiert. Dass die Interessen von Arbeitnehmern und Gewerkschaften, gegenteiligen Beteuerungen zum Trotz, mit denen des Klimaschutzes in Widerstreit geraten können, wurde bereits gesagt und ist offenkundig.145

Um die Schieflage auszugleichen, kommen zwei Wege in Betracht. Zunächst ist an einen Abbau oder wenigstens eine Flexibilisierung der unternehmerischen Mitbestimmung zu denken. Für diese Lösung sprechen die bekannten Nachteile der deutschen Mitbestimmung: Sie führt zu übergroßen Aufsichtsräten, die mit ihr verbundenen Kosten und Mühen rechtfertigen den erzielten Ertrag oft nicht, grenzüberschreitende Sachverhalte werden nur unzulänglich erfasst und, last not least, Mitbestimmung schürt Interessenkonflikte, weil Arbeitnehmer und Gewerkschaften – etwa bei Arbeitskampf und Tarif- ZHR 187 (2023) S. 166 (194) verhandlung – auf beiden Seiten stehen.146 Wiederholt sind deshalb Reformvorschläge unterbreitet worden, die meist auf ein am SE-Muster orientiertes Verhandlungsmodell zielen.147 Wiewohl sich der Verf. selbst an solchen Vorhaben beteiligt hat, sollen sie hier nicht wieder aufgegriffen werden. Denn die Erfahrung bestätigt, was die Politische Ökonomie nahelegt: Jeder noch so gut gemeinte Reformvorstoß, der auch nur im Entferntesten den Eindruck erweckt, die Mitbestimmung anzutasten, wird von einflussreichen Interessengruppen (Gewerkschaften) energisch bekämpft und ist damit politisch zum Scheitern verurteilt.

Damit ist an den zweiten Weg zu denken, der darin besteht, den Interessen anderer Stakeholder – namentlich Umwelt- und Klimaschutzgruppen – in gleicher Weise Sitz und Stimme im Aufsichtsrat zu verschaffen. Der Gedanke an sich ist nicht neu, sondern wurde in den großen unternehmensrechtlichen Debatten der fünfziger bis siebziger Jahre verschiedentlich in Gestalt des Vorschlags artikuliert, Vertretern der Allgemeinheit gesetzlichen Zugang zum Aufsichtsrat zu gewähren.148 Auch die oben erwähnte Unternehmensrechtskommission war der Frage seinerzeit nahegetreten und diskutierte dazu verschiedene Modelle. Sie konnte sich aber – ebenso wie zum Thema “Unternehmensinteresse” – am Ende nicht auf eine gemeinsame Position verständigen.149 Mit der Verabschiedung und verfassungsgerichtlichen Absegnung des MitbestG und mit der vom Gesetzgeber um die Jahrhundertwende herum als dringlicher empfundenen Aufgabe, das deutsche Aktienrecht für die Herausforderungen der Globalisierung fit zu machen,150 ist die Frage der Vergessenheit anheimgefallen.

Sollte man also die alten Überlegungen zu einem “Unternehmensrecht” oder einer über den Anteilseigner-Verband hinausgreifenden “Unternehmensverfassung” im Lichte des Klimaschutzes wieder aufgreifen? Führt man sich den von “starken” Nachhaltigkeitslehren postulierten Gedanken der “planetaren Grenzen” vor Augen, scheint vieles dafür zu sprechen, denn wenn Klimaschutz das alles überragende Gebot der Stunde ist, leuchtet es wenig ein, Repräsentanten von Arbeit und Kapital einen Sitz im Aufsichtsrat zu reservieren, während Vertreter etwa der “Letzten Generation” vor der Tür bleiben müssen. Wenn ich gleichwohl für rechtspolitische Zurückhaltung plädiere, so hat das folgende Gründe: Erstens ist es rechtstechnisch schwierig, ein Verfahren zur Auswahl von Vertretern einer inhomogenen Gruppe zu entwickeln. ZHR 187 (2023) S. 166 (195) Zweitens sollten, der Subsidiaritätsidee folgend, zunächst die mit informellen Dialogen und freiwilliger Entsendung von Klimafreunden gemachten Erfahrungen abgewartet werden. Drittens zeigt die Erfahrung mit der Arbeitnehmer-Mitbestimmung, dass es schwierig bis unmöglich ist, ein einmal etabliertes Teilhaberecht später zu entziehen oder auch nur zu reformieren. Und schließlich muss man sich eingestehen, dass Governance-Mechanismen zur Erreichung des 1,5-Grad-Ziels ohnehin nur von akzidentieller Bedeutung sein können.151

2. Organpflichten

Die geplante EU-Richtlinie zu unternehmerischen Sorgfaltspflichten (CSDD-E),152 die einerseits von Unternehmen eine Klimastrategie einfordert, andererseits dazu deren Organe in die Pflicht nimmt, hat in der Praxis für Aufregung gesorgt. Nicht wenige befürchten “massive Auswirkungen auf das Pflichtenprogramm des Vorstands”,153 einschließlich einer daraus resultierenden Haftungsverschärfung. Von einem “Paradigmenwandel” oder gar einer “Revolution” ist die Rede.154 Bei Lichte betrachtet stellt sich die Situation weitaus weniger explosiv dar.

a) Legalitätspflicht

Außer Streit steht, dass der Vorstand gegenüber der Gesellschaft verpflichtet ist, die von außen an diese herangetragenen gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen. Worin diese sog. Legalitätspflicht wurzelt, ist bis heute unklar,155 doch mag das an dieser Stelle auf sich beruhen.156 Zu den einzuhaltenden und umzusetzenden Normen gehören – selbstverständlich – auch solche Vorschriften, die explizit oder implizit dem Klimaschutz verpflichtet sind. Insofern läuft die in Art. 26 Abs. 1 CSDD-E vorgesehene Verantwortung der Unternehmensleitung für die Erfüllung der in der Richtlinie genannten Pflichten zur Erstellung einer Klimastrategie in Deutschland offene Türen ein. Zu Recht sprechen die Erwägungsgründe von einer bloßen “Klarstellung”.157

Rechtspolitisch mag man erwägen, die Legalitätspflicht speziell mit Bezug zum Umwelt- und Klimaschutz im AktG explizit zu verankern und so ihre ZHR 187 (2023) S. 166 (196) Bedeutung den Verantwortlichen deutlicher vor Augen zu führen. Historisch ließe sich mit einem solchen Vorgehen an das Vorbild der Business Judgement Rule (BJR) anknüpfen, deren Positivierung in § 93 Abs. 1 AktG – unter umgekehrten Vorzeichen – dazu diente, den bereits anerkannten Haftungsfreiraum für den Vorstand klarer zu veranschaulichen. Auch für die mögliche Formulierung einer umweltbezogenen Legalitätspflicht gibt es ein historisches Vorbild. Die – inzwischen außer Kraft getretene – Vorschrift eines deutschen Privatrechtsgesetzes lautete:

“Die Betriebe sind auf der Grundlage der für den Umweltschutz geltenden Rechtsvorschriften verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um störende Einwirkungen auf die Umwelt, wie Verunreinigung der Luft, des Wassers und des Bodens (. . .) so gering wie möglich zu halten.”

Bei der zitierten Norm handelt es sich um § 329 Abs. 1 S. 2 des Zivilgesetzbuchs (ZGB) der DDR. Auch wenn sie sich ohne Weiteres in ein fortbestehendes deutsches Gesetzbuch (z.B. das BGB oder das HGB) integrieren ließe, zeigt der geschichtliche Kontext, dass damit nicht viel gewonnen wäre. Denn bekanntlich war es um die Realität des Umwelt- und Klimaschutzes in der DDR schlecht bestellt. Die Wirkung einer an die Verantwortung von Unternehmen und ihrer Leiter appellierenden Umweltschutznorm entfaltet für sich eben keine Wirkung, wenn sie nicht mit handfesten, effektiv sanktionierten Vorgaben verknüpft ist und wenn die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen den Anreiz zu gegenteiligem Verhalten liefern. Eine derartige Norm bleibt ebenso Papiertiger wie wohlfeile gesetzliche Bekenntnisse zur sozialen Verantwortung, den “planetaren Grenzen” usw.158

b) Nachhaltigkeitspflicht

Fraglich ist, ob der Vorstand jenseits der Legalitätspflicht zur Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsbelangen verpflichtet ist. Hierbei ist nach geltendem Recht, der zu erwartenden CSDD-Richtlinie und weitergehenden Reformoptionen zu unterscheiden.

aa) ESG-Verpflichtung de lege lata

Vorbehaltlich eines abweichenden Unternehmensgegenstands159 ist der Vorstand gehalten, für den nachhaltigen Bestand des Unternehmens zu sorgen. Das ergibt sich aus § 91 Abs. 2 AktG sowie der ungeschriebenen Leitschnur des Unternehmensinteresses und ist insofern Bestandteil der Legalitätspflicht. Mit dem Erhalt des Unternehmens, der die Erzielung von Renditen bedingt, ist automatisch denjenigen gedient, die daran ein Interesse haben ZHR 187 (2023) S. 166 (197) (Kunden, Zulieferer, Fiskus, Arbeitnehmer).160 Ob eine weitergehende Pflicht zur Berücksichtigung von Stakeholder-Interessen besteht, ist – wie oben erläutert – eine akademische Frage.161 Nimmt man eine solche an, steht sie jedenfalls nicht neben oder über der Pflicht, im Interesse der Anteilseigner eine Rendite zu erwirtschaften, sondern muss mit dieser im Wege praktischer Konkordanz zum Ausgleich gebracht werden,162 wobei gleichzeitig etwaige Zielkonflikte innerhalb von E&S auszutarieren sind. Diese Aufgabe weist das Aktienrecht – und zwar nicht nur das deutsche – dem Vorstand zu, der dadurch zu einer mediating hierarchy wird.163 All das ist ebenfalls Teil seiner Legalitätspflicht.

Weitergehende Pflichten scheint der Kodex dem Vorstand anzusinnen, wenn er ihn zu “ethisch fundiertem Verhalten” nach dem “Leitbild des ehrbaren Kaufmanns” anhält.164 Die wohlweislich nur als Programmsatz in der Präambel verankerte Formel vermag indes keine Rechtspflicht zu kreieren. Es ist in erster Linie Sache des Aufsichtsrats und der Aktionäre, ob sie vom Vorstand mehr als die Einhaltung der Gesetze erwarten. Weitergehende Grenzen ziehen die “guten Sitten”, die es der Gesellschaft und ihrem Vorstand auch dort verbieten, auf Kosten anderer zu wirtschaften, wo es das Gesetz nicht ausdrücklich verbietet.165 Rechtlich eingefangen wird dieses Gebot mit den einschlägigen Generalklauseln, wie z.B. § 3 UWG, wonach “unlautere” geschäftliche Handlungen unzulässig sind. Im weiteren Sinne kann es darum ebenfalls der Legalitätspflicht zugeschlagen werden.

bb) ESG-Verpflichtung nach dem CSDD-Entwurf

Nach Art. 25 Abs. 1 der geplanten CSDD-Richtlinie stellen die Mitgliedstaaten sicher, dass die Mitglieder der Unternehmensleitung “die kurz-, mittel- und langfristigen Folgen ihrer Entscheidungen für Nachhaltigkeitsaspekte beurteilen und bewältigen, auch die tatsächlichen oder potenziellen negativen Auswirkungen für Menschenrechte, Klimawandel, Umwelt und gute Unternehmensführung”. Bei oberflächlicher Lektüre mag das revolutionär klingen, werden dem Vorstand hier doch ESG-Belange ausdrücklich ins Pflichtenheft geschrieben. Wie der vorangestellte Vorbehalt “bei Ausübung ihrer Pflicht, im ZHR 187 (2023) S. 166 (198) besten Interesse des Unternehmens zu handeln” jedoch deutlich macht, konkretisiert die Norm nur das, was nach deutschem Recht (Stichwort: Unternehmensinteresse) ohnehin gilt.166 Deshalb besteht in Deutschland auch kein Umsetzungsbedarf.

Nichts anderes gilt für das in Art. 26 CSDD-E an die Mitgliedstaaten gerichtete Gebot, sicherzustellen, dass die Mitglieder der Unternehmensleitung “dafür verantwortlich sind, dass das Geschäftsmodell und die Strategie des Unternehmens insgesamt auf den Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft und auf die Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C gemäß dem Übereinkommen von Paris im Sinne von Art. 15 abgestimmt sind”. In nationales Recht transferiert werden muss lediglich Art. 15 CSDD-E, der den Unternehmen die Entwicklung einer entsprechenden Strategie aufgibt. Dass der Vorstand dann dafür verantwortlich ist, dieses Gebot umzusetzen, ist mit Blick auf §§ 76 Abs. 1, 93 Abs. 1 AktG selbstverständlich und so gesehen wiederum Teil seiner Legalitätspflicht.

cc) ESG-Verpflichtung de lege ferenda

Im ESG-Schrifttum werden z.T. Forderungen laut, die Vorstandspflichten explizit um Nachhaltigkeitsbelange anzureichern.167 § 76 Abs. 1 AktG könnte danach lauten:

“Der Vorstand hat die Gesellschaft im langfristigen Interesse des Unternehmens unter angemessener Berücksichtigung von Nachhaltigkeitszielen zu leiten.”168

Ein solcher Vorschlag kann sich auf ausländische Vorbilder berufen, etwa den 2019 neugefassten Art. 1833 des französischen Code Civil169 oder den 2006 reformulierten § 172 des britischen Companies Act.170 Hier wie auch sonst gilt indes, dass Deutschland nicht alles kopieren muss, was man im Ausland vormacht. Vorzugswürdig ist es, am ungeschriebenen und damit hinrei- ZHR 187 (2023) S. 166 (199) chend flexiblen Maßstab des Unternehmensinteresses festzuhalten.171 Nach dem Grundsatz lex moneat non doceat muss auch der Aufsichtsrat nicht vom Gesetz darüber belehrt werden, dass die von ihm zu leistende Überwachung “die langfristige Entwicklung und angemessene Berücksichtigung von Nachhaltigkeits- und Klimarisiken sowie Stakeholder-Erwartungen in Bezug auf Nachhaltigkeit” umfasst. Das versteht sich von selbst.172

3. Organhaftung

a) Keine Verschärfung durch neue Klima-Pflichten

Mancher Praktiker, aber auch die eine oder andere Rechtswissenschaftlerin artikuliert die Sorge, dass mit Verabschiedung der CSDD eine spürbare Haftungsverschärfung einhergehe. Vorstände und Aufsichtsräte, so liest man, würden sich künftig schadensersatzpflichtig machen, wenn sie Menschenrechts-, Klima- und Umweltbelange nicht hinreichend berücksichtigen.173 Die vom Vorstand dafür zu leistende Abwägung würde an Komplexität “deutlich zunehmen”,174 ja zur “schier unlösbaren Aufgabe” werden.175 Für die Anwendung der haftungsbefreienden BJR bleibe bei alledem “nicht mehr viel Platz”.176

Was beim ersten Hinsehen plausibel klingen mag, erweist sich auf den zweiten Blick als wenig fundiert.177 Schadensersatzpflichten setzen einen Schaden voraus, und die Gesellschaft erleidet einen solchen nur, wenn die Vernachlässigung von Stakeholder-Belangen zur Verringerung ihres Vermögens führt. Dann aber haften Vorstandsmitglieder sowieso schon. Für Schäden Dritter muss der Vorstand grundsätzlich nur einstehen, wenn zuvor die Gesellschaft verantwortlich gemacht wurde.178 Dass der Vorstand Stakeholder-Belange und die damit für das Unternehmen verbundenen Risiken in seine Entscheidungsfindung einzubeziehen hat, ist ebenfalls nichts Neues. Zwar mag es sein, dass diese Abwägung künftig besser dokumentiert und deshalb sorgfältiger vorgenommen werden muss. Diese Aufgabe ist aber weder “unlösbar”, noch schafft sie zusätzliche Haftungsgefahren. Eher ist das Gegenteil der Fall, kann ZHR 187 (2023) S. 166 (200) sich der Vorstand bei einer Entscheidung zu Lasten des Gesellschaftswohls doch künftig dahinter verschanzen, damit beliebige Stakeholder-Interessen wahrgenommen zu haben.179

Es ist deshalb auch nicht zu befürchten, dass die BJR durch die neuen Klimaschutz-Pflichten entwertet wird. Denn diese verlangt vom Vorstand gerade nicht die “richtige”, sondern nur eine vertretbare Entscheidung. Der vom Gesetzgeber bewusst um subjektive Elemente angereicherte Entscheidungsmaßstab des “vernünftigerweise annehmen durfte” (§ 93 Abs. 1 S. 2 AktG) ist bei sachgemäßer Handhabung elastisch genug, um auch künftig einen “sicheren Hafen” zu bieten.180

b) Mehrarbeit für Vorstand und Aufsichtsrat

Um naheliegenden Einwänden zu begegnen: Zweifellos stehen Vorstände und Aufsichtsräte vor großen Herausforderungen. Ein zunehmendes Geflecht drittschützender Regulierung, zu der neben ESG-Belangen etwa auch ein überstrenger Datenschutz gehört, verursacht im Verbund mit dem jeweils zugehörigen Reporting- und Compliance-Regime gehörige Mehrarbeit. Immer neue Bußgeldtatbestände, ein verschärftes Enforcement und geopolitische Risiken tun das ihrige, um die Frage aufzuwerfen, wie lange sich unter solchen Umständen überhaupt noch risikofreudiges Führungspersonal rekrutieren lässt.181 All das mag Anlass geben, über juristische Entlastung nachzudenken. Aktienrechtlich bleibt es aber dabei, dass sich die Struktur der Vorstandspflichten nicht geändert hat. Was schon im Kontext der CSR-Verantwortung hervorgehoben wurde, gilt eben auch für ESG: Die Gleichung “Neue Pflichten = mehr Arbeit” lässt sich nicht umkehren.182

c) Kein Reformbedarf bei der Business Judgement Rule

Manche schlagen im Interesse des Klimaschutzes eine Einschränkung der BJR vor. Der Vorstand soll “nur nach angemessener Identifizierung und Abschätzung ökologischer und sozialer Nachhaltigkeitsrisiken” in den Schutz ihres sicheren Hafens gelangen.183 Diese Ergänzung von § 93 Abs. 1 S. 2 ZHR 187 (2023) S. 166 (201) AktG ist überflüssig.184 Dass der Vorstand alle – also auch ökologische und soziale – Risiken in sein Kalkül einzubeziehen hat, ist eine Selbstverständlichkeit und muss nicht ins Gesetz geschrieben werden.185 Eine derartige Formulierung würde allenfalls die Gefahr von Missverständnissen (insbes. in Gestalt falscher Umkehrschlüsse) provozieren. Rückblickend erweist sich die 2005 vorgenommene Kodifizierung der BJR ohnehin als problematisch, hat sie doch nicht auszurottende Irrtümer produziert (wie etwa den, dass der Vorstand stets alle irgendwie verfügbaren Informationen zu beschaffen habe).186 Es sollte deshalb davon Abstand genommen werden, durch “Herumdoktern” an ihrem Tatbestand neuen Missverständnissen Vorschub zu leisten.

d) Inanspruchnahme ehemaliger Organmitglieder

Bleibt es bei der Organhaftung also im Kern beim Alten, müssen Vorstandsmitglieder doch verstärkt damit rechnen, aufgrund von Versäumnissen in der Vergangenheit zur Verantwortung gezogen zu werden. Haftungsrisiken drohen insbesondere, wenn gegen die Gesellschaft sog. Klimaklagen erhoben werden, die im Erfolgsfall einen Schaden der Gesellschaft begründen, welchen diese im Wege des Regresses nach § 93 Abs. 2 AktG von den seinerzeit, d.h. im Zeitpunkt der die Klimaschäden auslösenden Emissionen, im Amt Befindlichen ersetzt verlangen kann. Um ein theoretisches Szenario handelt es sich dabei nicht, werden derartige Klagen in zunehmendem Umfang doch tatsächlich erhoben und wird ihnen im Schrifttum durchaus eine Erfolgschance eingeräumt.187

aa) Keine Enthaftung

Lässt man die Verjährung erst mit der Entstehung des Schadens beginnen, müssen selbst vor Jahrzehnten ausgeschiedene Vorstandsmitglieder u.U. noch eine Inanspruchnahme gewärtigen.188 Dass weder ihre seinerzeitige Entlastung noch der Segen des damaligen Aufsichtsrats sie vor nachträglicher Inanspruchnahme feit, ergibt sich unmittelbar aus dem Gesetz (vgl. §§ 93 Abs. 4 S. 2, 120 Abs. 2 S. 2 AktG). Das Privileg der BJR kommt ihnen jedenfalls dann nicht zugute, wenn man analog den Grundsätzen zur Produkthaftung eine ZHR 187 (2023) S. 166 (202) Gefahrbeobachtungspflicht annimmt, der viele Vorstände seinerzeit nicht hinreichend nachgekommen sein dürften. Angesichts der damals schon bekannten Klima-Risiken durften sie dann nicht “vernünftigerweise annehmen, auf der Grundlage angemessener Information” zu handeln.189

Fraglich ist allerdings, ob einer Regresshaftung nicht das Verbot des Rückschaufehlers entgegensteht, den auszuschalten ein wesentliches Anliegen der BJR ist.190 Legt man die Grundsätze des Siemens/Neubürger-Urteils zugrunde, ist das zu verneinen. Denn auch in diesem Fall stellte sich die Frage, ob man das viele Jahre zurückliegende Verhalten eines Vorstands (konkret: das eingerichtete Compliance-System), das seinerzeit der Üblichkeit und dem State-of-the-Art entsprochen haben dürfte, an einem Maßstab messen darf, der erst in jüngster Zeit geschärft wurde. Das LG München I hat sich von diesem Einwand bekanntlich nicht beeindrucken lassen.191 Ob das überzeugt, mag hier dahinstehen.192 Überträgt man das Präjudiz auf die Klimaschutzverantwortung des Vorstands und misst diese an den seit Jahrzehnten bekannten strengen Produktbeobachtungspflichten, würde ein Vorstandsmitglied mit diesem Einwand jedenfalls keinen Erfolg haben.

bb) Verfolgungspflicht des Aufsichtsrats

Für den Aufsichtsrat der von einer Klimaklage betroffenen AG stellt sich damit die Frage, ob er heute schon aktiv werden und ggfs. verjährungshemmende Maßnahmen gegen ein ehemaliges Vorstandsmitglied treffen muss. Nach den bekannten Grundsätzen des ARAG-Garmenbeck-Urteils ist das grundsätzlich zu bejahen. Danach ist der Aufsichtsrat verpflichtet, das Bestehen von Schadensersatzansprüchen der AG gegenüber Vorstandsmitgliedern zu prüfen und diese bejahendenfalls durchzusetzen, wenn die gerichtliche Geltendmachung voraussichtlich zu einem Ausgleich des entstandenen Schadens führt.193 Der Aufsichtsrat mag sich allenfalls fragen, ob er schon den erstinstanzlichen Eingang einer (u.U. im Ausland erhobenen) Klima-Klage zum Anlass für entsprechende Maßnahmen nehmen muss. Denn ob derartige Klagen letztinstanzlich Erfolg haben werden, ist keineswegs gewiss.

Auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung wird man aber auch diese Frage zu bejahen haben. Bereits im ARAG-Urteil betont der BGH, ZHR 187 (2023) S. 166 (203) dass die Regressanstrengungen des Aufsichtsrats nicht erst dann einsetzen, wenn eine Schadensersatzklage gegen den Vorstand “mit Gewissheit” zum Erfolg führt.194 Im Kirch/Deutsche Bank-Urteil wird er noch deutlicher. Wörtlich heißt es dort:

“Die Aufgabe des Aufsichtsrats (§ 111 I AktG), die Organtätigkeit auch ehemaliger Vorstandsmitglieder (. . .) einer nachgelagerten Recht- und Zweckmäßigkeitskontrolle zu unterziehen (. . .) und in Wahrnehmung der Gesellschaftsinteressen das Bestehen etwaiger Schadensersatzansprüche gegenüber dem betreffenden (ehemaligen) Vorstandsmitglied zu prüfen, (. . .) beginnt nicht erst dann, wenn ein bestimmter Schaden der Gesellschaft feststeht. Vielmehr besteht für einen die Sorgfaltspflichten gem. §§ 116, 93 I 1 AktG beachtenden Aufsichtsrat bereits nach Zustellung einer auf angeblich pflichtwidriges Handeln eines Vorstandsmitglieds gestützten Schadensersatzklage Anlass, den Sachverhalt zu erforschen und etwaige Regressmöglichkeiten gegen das betreffende Vorstandsmitglied eigenverantwortlich zu prüfen.”195

Dabei, so der BGH weiter, hat der Aufsichtsrat “auch über im Interesse der Gesellschaft liegende vorsorgliche Maßnahmen zur Sicherstellung etwaiger Regressansprüche aus § 93 Abs. 2 AktG wie etwa über eine Streitverkündung (§ 72 ZPO) oder über die Geltendmachung eines Freistellungsanspruchs gegenüber dem betreffenden Vorstandsmitglied (§ 426 Abs. 1 BGB i.V.m. § 93 Abs. 2 AktG) zu beraten und zu entscheiden”.

Die Klima-Thematik beschert den Beteiligten also auch hier indirekt mehr Arbeit und kann die Haftungsrisiken ex post erhöhen. Im Übrigen bleibt es bei dem oben schon zur materiellen Seite der Organhaftung Gesagten: Neuartige Pflichten werden nicht generiert.

4. Hauptversammlung

Zum Schluss ist der Blick nochmals auf die Hauptversammlung und ihren Beitrag oder Bezug zum Klimaschutz zu richten. Zwei Fragen geraten hier ins Visier, von denen die erste intensiv diskutiert wird, während die zweite erst am Rande Aufmerksamkeit erfahren hat.

a) Say on Climate

Zum Say on Climate – also der Frage, ob die Hauptversammlung über die Klimastrategie des Vorstands abstimmen darf oder soll – ist viel geschrieben worden. Die Meinungslage lässt sich dabei so zusammenfassen, dass der Vorstand berechtigt, aber nicht verpflichtet ist, die Hauptversammlung entsprechend zu konsultieren, während Aktionäre von sich aus kein solches Votum ZHR 187 (2023) S. 166 (204) einfordern können.196 Die offene Frage lautet, ob rechtspolitischer Handlungsbedarf besteht. Die Palette der denkbaren Lösungen ist weit und reicht von einer bloßen Klarstellung des geltenden Rechts über ein Nudging durch den Kodex bis zur Einführung einer verpflichtenden Vorlage an die Hauptversammlung und/oder eines eigenen Initiativrechts der Aktionäre. Als konsentiert kann gelten, dass ein entsprechender Beschluss – gleich, ob man ihn ermöglichen, anregen oder vorschreiben will – nach dem Vorbild von § 120a Abs. 1 S. 2 u. 3 AktG unverbindlich und unanfechtbar sein sollte.197

Aus verschiedenen, hier nicht zu vertiefenden Gründen erscheint es vorteilhaft, dem Vorstand und ggfs. einer qualifizierten Aktionärsminderheit die Möglichkeit zu geben, einen entsprechenden Beschluss zu initiieren. Ausschlaggebend dafür ist nicht das Schlagwort der “Aktionärsdemokratie”,198 sondern die nüchterne Erwägung, dass es sowohl für den Vorstand als auch für die Investoren dienlich sein kann, die für das Geschäftsmodell und den Ertrag der Unternehmung u.U. wesentliche Klimaschutzstrategie unter einem separaten Tagesordnungspunkt zu debattieren und darüber ein Votum der “Basis” einzuholen. Da die Gründe, die den Gesetzgeber veranlassten, Strategiefragen grundsätzlich in die Hand des Vorstands zu legen, durch den Klimawandel nicht an Gewicht verlieren, sollte der Regulierungsansatz zurückhaltend sein.199 Vorzugswürdig erscheint vorerst eine Kodex-Anregung, wie sie von der Wissenschaftlichen Vereinigung für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht VGR unter Beteiligung des Verf. vorgeschlagen, von der Kodex-Kommission aber bislang (noch) nicht umgesetzt wurde.200 Die Erfahrungen damit mögen dann zeigen, ob gesetzlicher Regelungsbedarf besteht oder nicht.

Abstand zu nehmen ist dagegen von Vorschlägen, den Vorstand zu einem regelmäßig wiederkehrenden Say on ESG zu verpflichten.201 Zwar mag die Menschenrechtsstrategie das Geschäftsmodell und die Ertragsfähigkeit ebenso in Frage stellen wie der Klimaschutz. Angesichts der Breite konfligierender ESG-Themen droht hier jedoch ein mit der bewährten Gewaltenteilung in der ZHR 187 (2023) S. 166 (205) AG inkompatibles Say on Anything.202 Hält der Vorstand einzelne ESG-Fragen für so bedeutsam, dass er dazu die Aktionäre konsultieren will, kann und wird er das – ggfs. auf Druck von Großanlegern – von sich aus tun.

b) Hauptversammlung als Protest-Forum?

Aktiengesellschaften ist es künftig gestattet, ihre Hauptversammlung virtuell durchzuführen, wenn der Vorstand durch die Satzung entsprechend ermächtigt ist (§ 118a Abs. 1 AktG).203 Es steht zu erwarten, dass alle Emittenten eine solche Ermächtigung in ihren Statuten installieren werden. Über die Form der Durchführung entscheidet dann der Vorstand. Einer aktuellen Umfrage zufolge scheint die Mehrheit der Vorstände das virtuelle Format zu präferieren.204 Mit Blick auf die z.T. aggressive Form, in welcher Klimainitiativen (“Letzte Generation”) Proteste durchführen, mag das weise sein. Denn es ist nicht unwahrscheinlich, dass Klima-Aktivisten die Bühne der Hauptversammlung für spektakuläre Aktionen nutzen, etwa indem sie sich am Podium festkleben. Indes fragt sich, ob der Vorstand nicht verpflichtet ist, Aktionären oder Stakeholdern mit der Hauptversammlung ein Forum zu bieten, in dem wirksamer Protest gegen die Unternehmensstrategie inszeniert werden kann.

Um hierauf eine Antwort zu geben, sind die im Schrifttum stark unterbelichteten Fragen zu klären, ob der Vorstand bei der Wahl der Versammlungsform freies oder gebundenes Ermessen ausübt, und was eigentlich die Funktion der Hauptversammlung ist.

aa) Die Wahl der Versammlungsform als Ermessensentscheidung

Bei der Wahl des Versammlungsortes ist der Vorstand, soweit ihm Gesetz oder Satzung einen Spielraum eröffnen (vgl. § 121 Abs. 5 AktG), nicht völlig frei, sondern muss sie nach sachlichen Kriterien treffen.205 Für die Wahl zwischen virtueller und Präsenz-Versammlung liegt es nahe, ebenfalls eine Entscheidung “nach pflichtgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung der Interessen der Mitglieder” zu verlangen.206 So schreibt es § 43b Abs. 6 S. 1 GenG vor, und es ist auf den ersten Blick nicht ersichtlich, warum es bei der AG anders sein sollte. Allerdings gestattet das Genossenschaftsrecht die virtuelle Form auch ohne satzungsmäßige Ermächtigung. Weil das im Aktienrecht (im Unterschied zum COVMG) anders ist, weil der Gesetzgeber beide Formate als gleichwertig betrachtet, und nicht zuletzt weil beide Versammlungsformen – auch aus Sicht der Mitglieder – ihre Vor- und Nachteile haben, deren Abwägung sich judizieller Kontrolle entzieht, spricht m.E. viel dafür, dem entspre- ZHR 187 (2023) S. 166 (206) chend ermächtigten AG-Vorstand bei der Wahl freie Hand zu lassen, die allein durch die Schranke des Rechtsmissbrauchs begrenzt wird.

bb) Die Funktion der Hauptversammlung als ermessensleitender Faktor

Sieht man das anders und verlangt vom Vorstand eine sachlich nachvollziehbare Abwägungsentscheidung,207 droht im Falle eines Ermessensfehlers die Anfechtbarkeit aller auf der in “falscher” Form durchgeführten Versammlung.208 Um diesen Albtraum zu vermeiden, muss der Vorstand die Faktoren in seine Entscheidung einbeziehen, die für eine Präsenzveranstaltung sprechen. Hier schlägt vor allem zu Buche, dass sie Shareholdern wie Stakeholdern ein deutlich geeigneteres Forum bietet, um öffentlichkeitswirksam auf (vermeintliche) Missstände in der Geschäftsleitung aufmerksam zu machen.209 Nicht zuletzt aus diesem Grund äußern Aktionärsvertreter i.d.R. eine klare Präferenz für das Präsenzformat.210 Doch ist die Möglichkeit der Skandalisierung auch Zweck der Hauptversammlung oder handelt es sich dabei bestenfalls um eine (unerwünschte) Nebenwirkung?

Heutige Kommentatoren dürften dazu neigen, die Frage im letzteren Sinne zu beantworten, reduzieren sie die Hauptversammlung doch auf ein Willensbildungsinstrument und ziehen weitergehende (soziale) Funktionen allenfalls rudimentär in Erwägung.211 Bei diesem technizistischen Verständnis bleibt ein wesentlicher Gesichtspunkt außer Betracht. Ginge es wirklich nur um Willensbildung, bedürfte es des umständlichen Rituals der deutschen Hauptversammlung, wie es in §§ 118 ff. AktG zwingend vorgegeben ist, gar nicht. Denn der eigentliche Willensbildungsprozess findet bekanntlich außerhalb der Hauptversammlung statt und erfordert kein ermüdendes Frage- und Antwortspiel im Beisein von Presse und kompletter Verwaltungsbank.212 Weil das schon andernorts ausführlich dargelegt wurde, muss es hier nicht wiederholt ZHR 187 (2023) S. 166 (207) werden.213 Aus dem Gesagten folgt jedenfalls, dass viel dafür spricht, der Hauptversammlung als Versammlung eine weitergehende Rolle zuzuweisen, die man mit Schirmer als “responsive” Funktion bezeichnen kann.214 Sie darf als Governance-Instrument nicht unterschätzt werden, kann die Nutzung quasi-öffentlicher Foren für Skandalisierung doch einen beachtlichen Steuerungseffekt entfalten.215

Folgt man dem, wird der Vorstand die mit der virtuellen Hauptversammlung zwangsläufig einhergehende Beeinträchtigung der Responsiv-Funktion in sein Kalkül einzubeziehen haben. Praktisch entschärft wird das Problem dadurch, dass die Wahl der virtuellen Form ihrerseits Vorteile aufzuweisen hat, welche den Verlust des Protest-Forums im Ergebnis u.U. kompensieren können. Weniger zu Buche schlagen dabei Kostenvorteile (wiewohl sie in praxi den eigentlichen Grund für die Wahl der virtuellen Form darstellen dürften). Entscheidend ist vielmehr, dass die virtuelle Hauptversammlung zwar bestimmte Beteiligungsformen verschließt, andere dagegen eröffnet, und dass sie unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten Pluspunkte verbuchen kann, weil sie präsumtiv zu CO2-Einsparungen führt.216 Der Vorstand, der Klimaschützern mit solchen Erwägungen den Auftritt in einer Präsenzversammlung verbaut, dürfte sich daher alles in allem innerhalb der Grenzen des ihm zustehenden Ermessens bewegen.

Das Ergebnis ist in gewissem Sinne paradox: Klimaschützer dürfen mit Klimaschutzargumenten ihrer Bühne beraubt werden. Ist es deshalb falsch? Ich meine nicht. Es zeigt und bestätigt vielmehr, dass “Nachhaltigkeit” insgesamt eine ambivalente Sache ist.217 Der in Mode gekommenen Bewegung, Gesetze und andere Regelwerke mit Vokabeln wie “nachhaltig” oder “ökologisch” zu spicken, ist auch deshalb mit Skepsis zu begegnen.

V. Zusammenfassung in Thesen218

1. Das Aktienrecht wird durch den Klimaschutz nicht revolutioniert. Ein “Paradigmenwechsel” findet nicht statt. Es verschieben sich lediglich die Akzente.

ZHR 187 (2023) S. 166 (208)

2. Eingriffe in das Gesellschaftsrecht lassen sich nicht mit der überragenden Bedeutung des Klimaschutzes rechtfertigen; sie müssen mit dessen Eigenlogik harmonieren. Das Gebot zur Emissionsreduktion tangiert nicht das gesellschaftsrechtliche “Reinheitsgebot”.

3. Das Ziel der Aktiengesellschaft besteht darin, Renditen zu erwirtschaften. Es steht unter dem ungeschriebenen Vorbehalt, dass dies nicht auf Kosten Dritter geschieht. In diesem Sinne schließt das “Unternehmensinteresse” die Belange der Allgemeinheit ein.

4. E&S-Ziele (Environment and Social) können nicht nur mit der Vorgabe der Gewinnerzielung kollidieren, sondern auch untereinander in Konflikt geraten. Die Ziele auszutarieren ist – innerhalb der Grenzen der Satzung und der Legalitätspflicht – Sache des Vorstands.

5. Klimaschutz oder Nachhaltigkeit als Unternehmensziel ins Gesetz zu schreiben, ist sinnlos, solange daraus keine konkreten Pflichten folgen und Stakeholdern keine einklagbaren Rechte eingeräumt werden.

6. Klimaschutz-Strategien zu entwickeln, obliegt Vorstand und Aufsichtsrat. Ob sie dazu verpflichtet sind, ist eine akademische Frage. Entscheidend ist, dass sie über einen breiten Ermessensspielraum verfügen.

7. Der Mitgliedschaft im Aufsichtsrat steht es nicht entgegen, dass die Betreffende eine aktive Klimaschutzpolitik verfolgt, die sich mit der bisherigen Unternehmensstrategie nicht verträgt oder sogar eine Änderung des Unternehmensgegenstands nahelegt.

8. Die Mitbestimmung begünstigt “S” (Social) gegenüber “E” (Environment). Angesichts der Bedeutung des Klimawandels ist das fragwürdig. Da eine Verringerung der Mitbestimmung nicht zur Disposition steht, muss über Wege zur institutionalisierten Repräsentanz von “E” diskutiert werden.

9. Der Vorstand ist (selbstverständlich) verpflichtet, Klimaschutzgesetze einzuhalten (Legalitätspflicht). Darüber hinaus muss er sich bemühen, die Klimaschädlichkeit der Unternehmenstätigkeit nach Möglichkeit zu reduzieren. Wie er das tut, steht in seinem Ermessen.

10. Der klimaschützende Aspekt der Organpflichten generiert keine neuartigen Haftungsrisiken. Eingriffe in den Organhaftungstatbestand sind unnötig. Klimaklagen können allerdings Regressansprüche gegen ehemalige Vorstandsmitglieder auslösen. Der Aufsichtsrat betroffener Unternehmen muss sie jetzt schon prüfen und ggf. sichern.

11. Der Vorstand ist berechtigt, aber nicht verpflichtet, die Hauptversammlung zu der von ihm erarbeiteten Klimastrategie zu befragen (Say on Climate). Es mag sich empfehlen, ihm dies per Kodex oder Gesetz nahezulegen. Ein Recht auf Say on ESG ist kritisch zu sehen.

12. Unter Nachhaltigkeitsgesichtspunkten haben sowohl die virtuelle als auch die Präsenzversammlung ihre Vor- und Nachteile. Der Vorstand handelt daher jedenfalls nicht ermessensfehlerhaft, wenn er sich für eine der beiden Varianten entscheidet.

*

Dr. iur., LL.M. (Michigan), Professor für Bürgerliches Recht und Unternehmensrecht an der Humboldt-Universität zu Berlin. Der Text beruht auf dem Vortrag, den der Verf. am 20. 1. 2023 auf dem ZHR-Symposion in Glashütten (Taunus) gehalten hat. Dank für eine kritische Durchsicht gebührt den Mitarbeitern des Lehrstuhls sowie Jan-Erik Schirmer.

1

BVerfGE 157, 30 = NJW 2021, 1723.

2

Zu dieser Kernthese näher unten, III. 1. d).

3

Zur historischen Debatte nur Habersack, AcP 220 (2020) 594, 603 ff. m.w.N.

4

Insbesondere Weller/Benz, ZGR 2022, 563 und Fleischer, DB 2022, 37.

5

Dabei sei zugestanden, dass rechtliche Vorgaben zu ESG oder CSR grundsätzlich rechtsformneutral zu gestalten sind, siehe Häusermann in: Fleischer/Kalss/Vogt, Corporate Social Responsibility, 2018, S. 39, 59 (These 7).

6

Zur variablen Vergütung und ihrem Einsatz zu ESG-Zwecken nur Kremer/Bachmann/Favoccia/v. Werder (KBFW)/Bachmann, Deutscher Corporate Governance Kodex, 9. Aufl. 2023, Grundsatz 24 Rdn. 54 f.; zur “klimasensiblen” Vergütung Weller/Benz, ZGR 2022, 563, 588 ff.

7

Zu eG Denga, NZG 2022, 1179; zur GmbH-gebV Schirmer, ZEuP 2023, 372.

8

Zu IPR-Fragen Weller/Benz, ZGR 2022, 563, 579 ff.

9

So die Klimaforscherin Friederike Otto im Tagespiegel v. 16. 1. 23, 16 f.: “Menschen, die nicht so im Thema drin sind wie ich, befürchten, wenn wir die 1,5 Grad-Grenze überschreiten, sei das so, als würde ein Asteroid auf die Erde fallen und das Leben ist zu Ende. Ich weiß, dass das nicht der Fall ist.”

10

So der Ko-Autor der Studie, der US-amerikanische Klimatologe und Geophysiker Michael E. Mann (zitiert nach Der Tagesspiegel v. 12. 1. 2023, 12).

11

Näher mit Nachweisen aus dem naturwissenschaftlichen Schrifttum Schirmer, Nachhaltiges Privatrecht, 2023, S. 129 f.

12

Dazu aus philosophischer Sicht MacAskill, What we owe the future, 2022.

13

“Meeting the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs.” Zur Entwicklung und Bedeutung der Formel Mittwoch, Nachhaltigkeit im Unternehmensrecht, 2022, S. 17 ff.: “bis heute zentrale Quelle der Nachhaltigkeitsdebatte und wichtigster Anknüpfungspunkt derzeitiger Nachhaltigkeitsdefinitionen”.

14

Näher Mittwoch (Fn. 13), S. 33 ff. sowie S. 46 ff. (zum daran anschließenden Modell einer “ökologischen Ökonomie”).

15

“ESG” steht für “Environment – Social – Governance”; das Akronym bezeichnet eine Denkrichtung, welche den entsprechenden Werten in der Unternehmensführung besonderen Raum einräumen möchte.

16

Pathetisch überzogen Weller/Fischer, NZG 2022, 2253, 2254: “Die Shareholder Value Epoche der Chicago School (. . .), die Zeit der Bonner Republik und ihrer ‘Deutschland AG’ sowie der Globalisierung (. . .) weichen einer neuen Ära: derjenigen von Environmental Social Governance.”

17

Unzutreffend deshalb Weller/Fischer, NZG 2022, 2253, 2254, wonach eine interessenpluralistische Ausrichtung des Unternehmensziels “erst seit der Jahrtausendwende erwogen” wird.

18

Bachmann, ZHR 186 (2022) 641, 646 ff.

19

RL (EU) 2022/2464 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. 12. 2022 zur Änderung der VO (EU) Nr. 537/2014 und der RL 2004/109/EG, 2006/43/EG und 2013/34/EU hinsichtlich der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen, ABl. 2022 Nr. L 322, S. 15. Zur CSRD in ihrer finalen Form Lanfermann/Baumüller, DB 2022, 2475. Kritische Analyse bei Ekkenga, ZHR 187 (2023) 228 ff. (in diesem Heft).

20

VO (EU) 2021/1119.

21

Vgl. Art. 19a der Bilanzrichtlinie (RL 2013/34/EU) in der Fassung der CSRD.

22

Für Berichtspflicht z.B. Steuer, ZIP 2023, 13, 21; für (verdeckte) Verhaltenspflicht Schön, ZfPW 2022, 207, 229, 254 f.: “als Informationsgebot getarnte materielle Pflicht”.

23

Bachmann, ZGR 2018, 231 ff. m.w.N.

24

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit und zur Änderung der RL (EU) 2019/1937, COM(22) 71 final (nachfolgend CSDD oder CSDD-E); zugrunde gelegt wird die Fassung mit Änderungsvorschlägen des EP-Rechtsausschusses v. 7. 11. 2022, 2022/0051 (COD).

25

Näher dazu unten, IV. 2. b) bb).

26

Ob solche in mancherlei Standards verbriefte Erwartungen den Charakter von “Recht” tragen (so Spießhofer, Unternehmerische Verantwortung, 2017, S. 539), kann hier offenbleiben. Es hängt von dem jeweils verwandten Rechtsbegriff ab, siehe Bachmann in: Bumke/Röthel, Privates Recht, 2012, S. 207, 208 ff.

27

DSW-Abstimmungsrichtlinien 2022, S. 4 u. 5.

28

BVI-Analyse-Leitlinien für Hauptversammlungen 2023. Ähnlich DSW (Fn. 27), falls Vergütungskomponenten “keine ambitionierten und/oder quantifizierbaren ESG-Ziele” enthalten und im Aufsichtsrat “keine ausreichende ESG-Kompetenz vorhanden” ist.

29

Beispiel: VW will laut Presseberichten seinen “CO2-Fußabdruck” pro Pkw bis 2030 um mehr als die Hälfte gegenüber 2020 verringern; weitere Beispiele schon bei Harbarth, ZGR 2018, 379, 382 f.

30

Etwa die bekannte Fastfood-Kette McDonald's, Zitat aus deren “Nachhaltigkeits-Update 2021”: “McDonald's passt seine für 2030 festgelegten CO2-Reduktionsziele an, um den globalen Temperaturanstieg unter 1,5 Grad zu halten.”

31

Ekkenga/Schirrmacher/Schneider, NJW 2021, 1509, 1510.

32

Siehe etwa den vom NewClimate Institute und Carbon Market Watch vorgelegten Bericht “Corporate Climate Responsibility Monitor” 2022, zusammengefasst im Tagesspiegel v. 14. 2. 2023, 24.

33

Hierzu und zu weiteren Beispielen Fleischer, DB 2022, 37, 42; Weller/Benz, ZGR 2022, 563, 590 ff.

34

Und zwar von Fleischer, ZGR 2022, 466, 474 ff., der das “Reinheitsgebot” anspricht und dazu “fünf Einzelbeobachtungen” anstellt; mit Bezug zum Klimaschutz nochmals ders., DB 2022, 37, 38. Siehe auch Weller/Benz, ZGR 2022, 563, 565 ff., bei denen vom “Neutralitätsdogma” die Rede ist.

35

Dies zu Fleischers Feststellung, dass eine Rückkehr zum gesellschaftsrechtlichen Reinheitsgebot früherer Tage “kaum zu erwarten ist” (ZGR 2022, 466, 483). Eher resignierend auch Harbarth, ZGR 2022, 533, 555.

36

Etwa wenn es um die “Typenreinheit” von Rechtsformen geht, vgl. dazu aus neuerer Zeit die im Rahmen des MoPeG geführte Diskussion zur Zulässigkeit vermögensfähiger Innengesellschaften, siehe dazu Bachmann, NZG 2020, 612, 615 f.; allg. zur “Typenvermischung” Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl. 2002, § 5 II.

37

Mülbert, ZHR 174 (2010) 375, 382; ähnlich viele andere, siehe pars pro toto Florstedt, ZIP 2020, 1, 3 (“Einlagerungen sozialpolitischer Fremdelemente”); Schön, ZHR 180 (2016) 279, 286 (“Unterwerfung der AG unter politisch geprägte Gemeinwohlanliegen”); Häusermann in: Fleischer/Kalss/Vogt (Fn. 5), S. 39, 51, 55; aus der Praxis Dörrwächter, NZG 2022, 1083, 1092 (“Überbürdung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben”).

38

Exemplarisch Mittwoch (Fn. 13), S. 109 f., die aber offenlässt, wie das konkret zu geschehen hat.

39

Mittwoch (Fn. 13), S. 382.

40

Mittwoch (Fn. 13), S. 111.

41

Etwa Mittwoch (Fn. 13), S. 381; näher dazu III. 1. e).

42

Easterbrock/Fischel, The Economic Structure of Corporate Law, 1991, S. 39; sinnverwandt Häusermann in: Fleischer/Kalss/Vogt (Fn. 5), S. 56: “Umweltschutznormen wären im Gesellschaftsrecht am falschen Platz.”

43

Exemplarisch Mittwoch (Fn. 13), S. 145, der zufolge die Shareholder Value Primacy “eindeutig” ein “erhebliches” Hindernis für die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsbelangen durch unternehmerisches Wirken darstellt.

44

Dass der Bankrott einzelner Akteure die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrtsfunktion der privaten Unternehmung nicht gefährdet, vielmehr (notwendiger) Teil derselben ist, und dass die wohlfahrtsfördernde Funktion der AG – innerhalb wie außerhalb der Insolvenz – eine Rücksichtnahme auf Interessen sonstiger mit ihr in Berührung Kommender bedingt, kann hier nicht vertieft, sondern muss als selbstverständlich vorausgesetzt werden.

45

Easterbrock/Fischel (Fn. 42), S. 37 ff.; im hiesigen Kontext Schön, ZfPW 2022, 207, 255.

46

Zum Ausbeutungsverbot als gemeinsamer Wurzel rechtsethischer und ordnungsökonomischer Postulate Bachmann, Private Ordnung, 2006, S. 56 ff.

47

So auch Fleischer, ZGR 2022, 466, 484 ff., und speziell zum Klimaschutz ders., DB 2022, 37, 39.

48

So geschehen im Zuge der Finanzkrise, kritisch dazu Bachmann, ZIP 2009, 1249.

49

In Gestalt der Habilitationsschrift von Schirmer (Fn. 11); ansatzweise auch Hellgardt/Jouannaud, AcP 222 (2022) 163.

50

Hinter den Erwartungen zurückbleibend Mittwoch (Fn. 13), die ihre Habilitationsschrift mit dem Appell an die Rechtswissenschaft schließt, sich “dieser komplexen Aufgabe zu stellen” (S. 382).

51

Stichwort: “Existenzvernichtender Eingriff” (BGHZ 173, 246 [Trihotel]). Zur ökonomischen Rechtfertigung einer “Durchgriffshaftung” GroßkommAktG/Bachmann, 5. Aufl. 2017, § 1 Rdn. 82 ff. m.w.N.

52

Siehe o., bei Fn. 48.

53

Zum Wesen der juristischen Person nur Mittwoch (Fn. 13), S. 362 ff., die die bekannten Theorien nachzeichnet und “im Lichte der Nachhaltigkeit” zu dem Fazit gelangt, dass “alle Ansätze durchaus ihre Berechtigung haben” (S. 371). Mit präziseren juristischen Folgerungen schon Bachmann (Fn. 46), S. 113 ff.

54

Die Literatur dazu ist Legion, zusammenfassend Schön, ZHR 180 (2016) 279 f.

55

Statt vieler KBFW/v. Werder, Deutscher Corporate Governance Kodex, 9. Aufl. 2023, Präambel Rdn. 18 f.

56

Guter Überblick bei Koch, AktG, 17. Aufl. 2023, § 76 Rdn. 28 ff. u. 36 m.w.N.

57

Eingehend Fleischer, ZIP 2021, 5; ferner Habersack, FS Windbichler, 2020, S. 705, und dazu Paefgen, DZWiR 2022, 555.

58

Kritisch zu historischer Fundierung und rechtlichem Mehrwert Kuntz, ZHR 186 (2022) 652 ff.; siehe auch Habersack, FS Windbichler, 2020, S. 705, 712: “Das Unternehmensinteresse als Maßstab allen Organhandelns ist seit jeher flexibel genug, um dem Vorstand die Förderung von Gemeinwohlbelangen zu gestatten.”

59

Exemplarisch Mittwoch (Fn. 13), S. 121 ff. m.w.N.

60

Statt aller Harbarth, ZGR 2018, 379, 383 f.

61

Dafür insbes. J. Vetter, ZGR 2018, 338, 346 ff., dem es dabei aber weniger um das Wohl Dritter, als um dasjenige des Vorstands geht, den er vor etwaigen Haftungsrisiken abschirmen möchte (ebd., S. 346: “Sicherheitspolster für den Vorstand schaffen”).

62

Dies konzediert J. Vetter, ZGR 2018, 338, 346 ff., der das Beispiel der Übernahme von Behandlungskosten für einen erkrankten Arbeitnehmer bringt. Selbst dieser Fall lässt sich aber mit dem catch-all-Gedanken der Unternehmensreputation einfangen. Treffender wäre wohl das Beispiel, einen dauerhaft unrentablen Betrieb nicht zu schließen.

63

Birke, Das Formalziel der Aktiengesellschaft, 2005, S. 196, spricht von einem “Papiertiger”; siehe auch Fleischer in: ders./Kalss/Vogt, Corporate Social Responsibility, 2018, S. 1, 12: “Viel Lärm um Wenig”.

64

Einen Anspruch auf Entlastung kennt das deutsche Aktienrecht nicht, siehe Koch (Fn. 56), § 120 Rdn. 19.

65

Zu vereinzelten gegenläufigen Stimmen der (älteren) Progressive Corporate Law-Schule Fleischer (Fn. 63), S. 12. Zur Stakeholder-Beteiligung im Aufsichtsrat unten, IV. 1. e).

66

Die Hauptargumente lauten, dass ein auch den Stakeholdern verpflichteter Vorstand als “Diener zweier Herren” letztlich niemandem verantwortlich ist (Verantwortungsdiffusion), dass die Aktionäre ökonomisch gesehen das höchste Risiko tragen (residual claimants) und dass es effizienter und fairer ist, nicht den Vorstand, sondern die Investoren darüber entscheiden zu lassen, ob überschüssige Liquidität für wohltätige Zwecke (und wenn ja, für welche) verwendet wird (Präferenzautonomie). Zu alledem nur Birke (Fn. 63), S. 89 ff. m.w.N.

67

Ich verwende hier bewusst den Terminus “Rendite”, weil die gleichsinnigen Vokabeln “Gewinn” oder gar “Profit”, wiewohl sachlich dasselbe meinend, z.T. politische Abwehrreflexe auslösen.

68

Windbichler, Gesellschaftsrecht, 24. Aufl. 2017, § 25 Rdn. 16 m.w.N.; siehe auch schon Easterbrock/Fischel (Fn. 42), S. 36 f., mit dem Hinweis, dass es den Investoren selbstverständlich freisteht, sich – z.B. durch entsprechende Formulierung des Unternehmensgegenstands – mit weniger zufrieden zu geben. Zur Gewinnverfolgung als Bedingung für ein dauerhaftes Überleben am Markt auch Grigoleit, Gesellschafterhaftung für interne Einflussnahme im Recht der GmbH, 2006, S. 58 f.

69

Klassisch v. Hayek, The Road to Serfdom, 1944. Zum Negativbeispiel DDR noch unten, bei IV. 2. a).

70

Vertiefend Mülbert, ZGR 1997, 129, 159 ff.

71

Mit diesen Argumenten aber Mittwoch (Fn. 13), S. 133 f., 148 und Vetter, ZGR 2018, 338, 360. Dagegen (mit Nachweisen aus der Finanzierungstheorie) Birke (Fn. 63), S. 55 ff.

72

Vgl. Financial Times v. 31. 1. 2023, 11: “Asset managers need a better script on ESG strategies.”

73

Birke (Fn. 63), der es bei dieser Einschränkung belassen will, spricht von einer “Maximierung der Aktionärsinteressen unter Nebenbedingungen” (S. 198).

74

Vgl. Holle, Legalitätskontrolle im Kapitalgesellschafts- und Konzernrecht, 2014, S. 54 ff.

75

Vgl. Bachmann (Fn. 46), S. 157.

76

Siehe dazu noch unten, IV. 2. b), sowie zum wohlfahrtsökonomischen Hintergrund Eidenmüller, Effizienz als Rechtsprinzip, 4. Aufl. 2015, S. 41 ff.

77

Richtig differenzierend Häusermann in: Fleischer/Kalss/Vogt (Fn. 5), S. 55 ff.

78

Etwa Schubert, Das Unternehmensinteresse, 2020, S. 210 ff., 220 (These 24); aus internationaler Perspektive Sjåfjell/Mähönen, 11 ECL (2014) 58. Unbestimmt Hübner/Habrich/Weller, NZG 2022, 644, 650: Gesetzgeber müsse sich mit dem Unternehmensinteresse “näher beschäftigen”.

79

Mittwoch (Fn. 13), S. 360, im Anschluss an Sjåfjell, 18 ECFR (2021) 190, 210 ff.

80

Etwa die Professoren Lutter und Th. Raiser sowie der seinerzeitige Vizepräsident des BGH Stimpel (Auflistung aller Mitglieder in BMJ, Bericht über die Verhandlungen der Unternehmensrechtskommission, 1980 (nachfolgend: URK-Bericht), Rdn. 39 ff.).

81

Statt aller Koch (Fn. 56), § 76 Rdn. 36.

82

URK-Bericht (Fn. 80), Rdn. 201 (Vorstand) u. 205 (Aufsichtsrat); zur Haftung ebd. Rdn. 215.

83

Der Bericht listet nicht weniger als sieben (!) verschiedene Ansichten dazu auf, siehe URK-Bericht (Fn. 80), Rdn. 132 ff.

84

Vgl. URK-Bericht (Fn. 80), Rdn. 201 u. 206.

85

Die damalige Diskussion, die im Banne der Mitbestimmungsdebatte stand und vom Erlass des MitbestG 1976 teilweise überholt wurde, fokussierte auf Arbeitnehmerbelange.

86

Illusionslos Birke (Fn. 63), S. 198, der von einer “Leerformel” bzw. von einem “Phantom” spricht; grundsätzliche Kritik schon bei Mülbert, ZGR 1997, 129, 147 ff.

87

Siehe o., unter III. 1. b) (bei Fn. 63).

88

Und zwar laut Fleischer (Fn. 63), S. 12, “aus guten Gründen”.

89

So z.B. Harbarth, ZGR 2022, 533, 555; siehe auch Spießhofer (Fn. 26), die den von ihr analysierten CSR-Standards unterschiedlichster Provenienz den Charakter von “Recht” zuschreibt (S. 593). Aus soziologischer Sicht mag das schlüssig sein, drängt aber die aus juristischer Warte elementare Legitimationsfrage an den Rand (S. 667: “bedarf weiterer Diskussion”).

90

Siehe o., II. 3. b).

91

Zu den verschiedenen Instrumenten Arnold, Die Steuerung des Vorstandshandelns, 2007.

92

Fleischer spricht in diesem Zusammenhang treffend von “Gesetzeskosmetik” (DB 2022, 37, 45).

93

Siehe zuletzt etwa Dörrwächter, NZG 2022, 1083, 1091 f. (mit Beispielen).

94

Vgl. Ekkenga/Schirrmacher/Schneider, NJW 2021, 1509, 1513; Schön, ZfPW 2022, 207, 243 f.

95

Siehe u., IV. 1. e) bb).

96

Vgl. Schön, ZfPW 2022, 207, 243. Radikale Kritik (“superficial guff”) am üblichen Zusammenspannen von E, S und G daher in The Economist, July 23 2022, 7 (“Three letters that won't save the planet”): “The first step is to unbundle those three letters (. . .). It is better to focus simply on the E (. . .). Put simply, the E should stand not for environmental factors, but for emissions alone.”

97

Siehe u., IV. 2. b) aa).

98

Vgl. nur Fleischer (Fn. 63), S. 12 ff.; mit Beispielen Wicke, DNotZ 2020, 448, 453 f. (zur GmbH). Zum Versuch, die Beachtung der Menschenrechte in der Satzung des FC Bayern München zu verankern, Sharaf, ZIP 2022, 1427 ff.

99

Vgl. Habersack, FS Windbichler, 2020, S. 705, 714.

100

H.M., vgl. Fleischer, DB 2022, 37, 43; Wicke, DNotZ 2020, 448, 454; a.A. Mülbert, AG 2009, 766, 772; Spindler, FS Hommelhoff, 2012, S. 1133, 1142.

101

Näher Vetter, ZGR 2018, 338, 371 ff.

102

OLG Stuttgart AG 2006, 727, 728.

103

Beispiele aus der Energiewirtschaft bei Habersack, FS Windbichler, 2020, S. 705, 715: Erzeugung erneuerbarer Energie.

104

Nach Häusermann in: Fleischer/Kalss/Vogt (Fn. 5), S. 45, verweisen von den 47 größten Schweizer AGs nur drei in ihren Statuten auf CSR, und selbst diese Klauseln sind höchst unbestimmt (“nachhaltige Wertschaffung” – Nestlé und Novartis) oder standortspezifisch (Rücksicht auf Anwohnerbelange – Flughafen Zürich AG).

105

Weller/Benz, ZGR 2022, 563, 569.

106

Drinhausen, ZHR 186 (2022) 201, 205 f.

107

Allein Mercedes-Benz wird weltweit für 65,5 Mio. Tonnen CO2 verantwortlich gemacht (Quelle: LTO v. 14. 9. 2022).

108

Siehe o., III. 1. e).

109

Siehe o., II. 2. a).

110

BeckOGK/Bachmann, Stand: 1. 2. 2021, § 262 AktG Rdn. 33.

111

S. dazu unten, IV. 3. Alarmierend Breidenbach, LTO v. 3. 3. 2022 (Interview): “Wenn man das ernst nimmt, was das BVerfG sagt, dann muss jedem voraussehenden Marktteilnehmer klar sein, dass mit gesetzgeberischen Maßnahmen zu rechnen ist. Jedes Unternehmen, das noch mit fossilen Ressourcen arbeitet, sollte in seinen jährlichen Risikobericht reinschreiben, dass sein Geschäftsmodell in Gefahr ist.”

112

Vertiefend KBFW/v. Werder (Fn. 55), Empf. A.1 Rdn. 16 ff.

113

Siehe o., II. 2. c).

114

Vgl. BGHZ 159, 30 (Gelatine); BGHZ 83, 122 (Holzmüller).

115

So Mülbert, AG 2009, 766, 774; nicht ganz eindeutig GroßkommAktG/Mülbert, Bd. 7/1, 5. Aufl. 2017, § 119 Rdn. 185 f.

116

So KölnKommAktG/Tröger, 4. Aufl. 2023, § 119 Rdn. 183a.

117

KölnKommAktG/Tröger (Fn. 116), § 119 Rdn. 51.

118

Zur Satzungsänderungsnähe als (alleiniger) Auslöser ungeschriebener Hauptversammlungskompetenzen BGHZ 159, 30; zur ökonomischen Rechtfertigung der Aktionärsbefragung KölnKommAktG/Tröger (Fn. 116), vor §§ 118 ff. Rdn. 29.

119

Nach Art. 15 des Entwurfs wird der CO2-Reduktionsplan “gegebenenfalls” von den Aktionären genehmigt, womit die Befassung der Hauptversammlung in das Belieben der Mitgliedstaaten gestellt ist.

120

Zum Say on Climate siehe unten IV. 4. a).

121

In der Lit. unterbleibt diese Unterscheidung, wenn nur nach der “Verbindlichkeit” der Planung gefragt wird, siehe z.B. Steuer, ZIP 2023, 13, 23 m.w.N.

122

Zur Untersuchung von Greenwashing-Vorwürfen Schwarz/Schiefer, CCZ 2022, 345; zu ihrer Vermeidung Zeidler/Dürr, CCZ 2022, 377; zu UWG-Risiken Chatzinerantzis/Hohm, DB-Sonderheft ESG 2021, 9 f.

123

Vgl. Bachmann, ZGR 2018, 231, 244 ff.; grundsätzlich zur Informationshaftung Bachmann in: ders./Casper/Schäfer/Veil, Steuerungsfunktionen der Haftung im Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht, 2007, S. 91 ff. Monografisch Asmussen, Haftung für CSR, 2020. Speziell zur klimabezogenen Informationshaftung Osterloh-Konrad, ZHR 187 (2023) 309 ff. (in diesem Heft).

124

Zur Unterscheidung von interner und externer Corporate Governance nur Windbichler (Fn. 68), § 25 Rdn. 41.

125

Zum Shareholder Climate Activism (mit Beispielen) Weller/Benz, ZGR 2022, 563, 593 f., 598 f. sowie unten IV. 1. c).

126

Dies anmahnend schon Bachmann, AR 2018, 157, 158.

127

Sustainble Finance Beirat (SFB), Shifting the Trillions: Ein nachhaltiges Finanzsystem für die Große Transformation – 31 Empfehlungen des Sustainable-Finance Beirats an die Bundesregierung, 2021, S. 95.

128

Zur Aufsichtsratsautonomie Bachmann, FS Hopt, 2010, S. 337; mit identischem Titel jetzt Hommelhoff in: ders./Kley/Verse, Reform des Aufsichtsratsrechts, ZGR-Sonderheft 25, 2021, S. 43.

129

Siehe o., II. 2. c).

130

Vgl. nur Tatje, Von wegen Falschfahrerin!, in: Die Zeit v. 17. 11. 2022, 25: “Tatsächlich könnte gerade diese Frau zum Segen werden für einen Aufsichtsrat, der oft genug die Zeichen der Zeit verschlafen hat”; Hage, Zu jung, zu grün, zu links?, in: Der Spiegel v. 19. 11. 2022, 72.

131

Siehe o., II. 2. b) bei Fn. 27.

132

OLG Hamburg NJW-RR 1990, 673; ebenso zuvor LG Hamburg WM 1989, 1934; anders hatte in erster Instanz noch das AG Hamburg entschieden.

133

OLG Hamburg NJW-RR 1990, 673, 674.

134

OLG Hamburg NJW-RR 1990, 673, 674: 1 Mrd. Bilanzverlust, 3 bis 5 Mrd. für Ersatzinvestitionen, 100 Mio. jährlich wegen höherer Brennstoffkosten bei verstärkter Kohleverstromung.

135

OLG Hamburg NJW-RR 1990, 673, 675.

136

Bewusst offenlassend OLG Hamburg NJW-RR 1990, 673, 674 f.; im ersteren, engeren Sinne BGHZ 39, 116, 123 = NJW 1963, 905; großzügiger die heute h.L., siehe Koch (Fn. 56), § 103 Rdn. 10 m.w.N.

137

Korrekt daher die Würdigung in Die Zeit v. 17. 11. 2022, 25: “Frau Hamburg wird unbequem werden und dem Vorstand Fragen stellen, auf die man dort womöglich kaum kommen würde. Aber genau darum geht es.”

138

Zur Zulässigkeit nur GroßkommAktG/Hopt/M. Roth, Bd. 5, 5. Aufl. 2019, § 101 Rdn. 74 ff.

139

Zum Stand der Dinge GroßkommAktG/Hopt/M. Roth (Fn. 138), § 101 Rdn. 69 ff.

140

Eingehend zum sog. Investorendialog und seinen Schranken Bachmann, VGR 22 (2017) 135 ff.; Fleischer, ZGR 2009, 505; vertiefend Ebrahimzadeh, Der Investorendialog des Aufsichtsrats, 2020.

141

v. Werder/Kenning, DB 2023, 81, 89.

142

v. Werder/Kenning, DB 2023, 81, 90.

143

Vgl. v. Werder/Kenning, DB 2023, 81, 89.

144

Siehe o., IV. 1. d).

145

Siehe o., III. 1. f).

146

Vgl. nur KBFW/Bachmann (Fn. 6), Grundsatz 20 Rdn. 26; grundsätzlich Windbichler, ZfA 1991, 35 ff.; dies., FS Schwark, 2009, S. 805 ff.

147

Vgl. Arbeitskreis Unternehmerische Mitbestimmung, ZIP 2009, 885; Windbichler, AG 2004, 190; zuletzt Krieger in: Hommelhoff/Kley/Verse, Reform des Aufsichtsratsrechts, ZGR-Sonderheft 25, 2021, S. 95 ff.

148

Rückblickend Habersack, AcP 220 (2020) 594, 610 ff. mit Nachweisen aus dem zeitgenössischen Schrifttum.

149

Vgl. URK-Bericht (Fn. 80), Rdn. 520–536.

150

Dazu aus Sicht eines maßgeblichen Protagonisten Seibert, AG 2002, 417, 418.

151

Siehe o., II. 3. c) (zum “Reinheitsgebot”).

152

Nachweis oben, Fn. 24.

153

Dörrwächter, NZG 2022, 1083, 1088; Lutz-Bachmann/Vorbeck/Wengenroth, BB 2022, 835, 840 f.

154

Etwa bei Weller/Fischer, NZG 2022, 2253; Luttermann, RIW 2022, 809, 812; Mittwoch (Fn. 13), S. 191, 240; eine “Erosion” der herkömmlichen Pflichtenbindung befürchtet Harbarth, ZGR 2022, 533, 555.

155

Zu den verschiedenen Begründungsversuchen nur Holle (Fn. 74) und Kutschelis, Korruptionsprävention und Geschäftsleiterpflichten im nationalen und internationalen Unternehmensverbund, 2014, S. 185 ff.

156

Zur Position des Verfassers Bachmann, VGR 13 (2008) 65, 76.

157

Vgl. CSDD-E, Erwägungsgrund 63.

158

Siehe o., III. 1. b).

159

Der Unternehmensgegenstand kann projektbezogen und die AG befristet sein, siehe § 262 Abs. 1 Nr. 1 AktG und dazu BeckOGK/Bachmann (Fn. 110), § 262 AktG Rdn. 22 ff.

160

Grigoleit (Fn. 68), S. 333, der die Unterscheidung zwischen dem Gewinnziel und den übrigen Elementen des Unternehmensinteresses daher mit Recht “als zu einem ganz überwiegenden Teil theoretischer Natur” bezeichnet.

161

Siehe o., III. 1. b).

162

Koch (Fn. 56), § 76 Rdn. 33.

163

So die treffende Beschreibung bei Blair/Stout, 85 Virg.L.R. (1999) 247 ff., siehe dazu Bachmann (Fn. 46), S. 117, sowie jetzt wieder Mittwoch (Fn. 13), S. 368 f. Nichts anderes meint Habersack, AcP 220 (2020) 594, 623 ff., wenn er vom “Abschirmeffekt” des § 76 Abs. 1 AktG spricht.

164

Kritisch dazu VGR, AG 2017, 1, 2; DAV-Handelsrechtsausschuss, NZG 2017, 57; Fleischer (Fn. 63), S. 14 ff.; zur Herkunft der Figur Spießhofer (Fn. 26), S. 45 ff.

165

Zu diesem immanenten Gebot oben, III. 1. d).

166

Zutreffend Harbarth, AG 2022, 633, 639, und König, NZG 2022, 1186, 1191, der die “heftige Kritik” an dem Vorschlag deshalb als “übertrieben” bezeichnet.

167

Etwa bei Mittwoch (Fn. 13), S. 359, die das für “wünschenswert” hält.

168

So der Vorschlag des Sustainable Finance Beirats (Fn. 127), S. 96. Korrespondierend sollen ökologische und soziale Nachhaltigkeitsrisiken in §§ 90, 91 AktG Erwähnung finden. Ähnlich ein 2019 in der Diskussion um das ARUG II vom DGB unterbreiteter Vorschlag: “Der Vorstand leitet das Unternehmen mit dem Ziel nachhaltiger Wertschöpfung in eigener Verantwortung und im Unternehmensinteresse, also unter Berücksichtigung der Belange der Aktionäre, seiner Arbeitnehmer und der sonstigen dem Unternehmen verbundenen Gruppen (stakeholder) sowie der Allgemeinheit” (zitiert nach Schubert [Fn. 78], S. 213).

169

Art. 1833 (2) CC: “La société est gérée dans son intérêt social, en prenant en considération les enjeux sociaux et environnementaux de son activité.”

170

Nach Art. 172 (1) CA 2006 muss der Direktor einer company die Belange von Stakeholdern (Arbeitnehmer, Kunden, Lieferanten u.a.) sowie diejenigen der Gemeinschaft (community) und der Umwelt in Betracht ziehen.

171

Ebenso Habersack, AcP 220 (2020) 594, 645, und Fleischer (Fn. 63), S. 12.

172

Davon geht implizit auch der Kodex aus, wenn er das in Gestalt eines Grundsatzes festhält (DCGK Grundsatz 6 Abs. 1 S. 2).

173

Birkholz, DB 2022, 1306, 1313; “Haftungspotenzial” erkennend auch Ruttloff/Rothenburg/Hahn, DB 2022, 1116, 1123.

174

Dörrwächter, NZG 2022, 1083, 1092; Birkholz, DB 2022, 1306, 1313.

175

Jessica Schmidt, NZG 2022, 481.

176

Birkholz, DB 2022, 1306, 1313; sinngemäß Bauer/Blach/Mayer/Morschhäuser, ZIP 2022, 1740, 1744: “engt den aus der BJR stammenden Handlungsspielraum und den damit einhergehenden Haftungsfreiraum ein”; deutlich reservierter Steuer, ZIP 2023, 13, 25: praktische Konsequenzen “halten sich doch eher in Grenzen”.

177

So auch König, NZG 2022, 1181, 1191, 1192.

178

Vgl. dazu im Kontext des Lieferkettengesetzes Kaltenborn/Krajewski/Rühl/Saage-Maaß/Bachmann/Brunk, LkSG, 2023, § 3 Rdn. 288 ff.

179

Ekkenga/Schirrmacher/Schneider, NJW 2021, 1509, 1513; Binder, ZGR 2022, 502, 523; Renner, ZEuP 2022, 782, 789.

180

Zur richtigen Handhabung der BJR Bachmann, WM 2015, 105. Pessimistischer aber jetzt Kuntz, ESG and the Weakening Business Judgment Rule, in: ders., Research Handbook on Environmental, Social, and Corporate Governance, abrufbar unter https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_
id=4395003 (zuletzt abgerufen am 27. 4. 2023).

181

Vgl. zu den Herausforderungen Seibt, AG 2022, 833.

182

Vgl. Bachmann, ZGR 2018, 231, 236.

183

So der Vorschlag des SFB (Fn. 127), S. 96; ähnlich ein von Bündnis 90/Die Grünen vorgelegter Entwurf (BT-Drs. 17/11686), unkritisch referiert bei Mittwoch (Fn. 13), S. 355 f.

184

Ablehnend auch Habersack, AcP 220 (2020) 594, 645; skeptisch Weller/Benz, ZGR 2022, 541, 586.

185

Überflüssig sind deshalb auch die auf Anregung des SFB (Fn. 127) in den Kodex aufgenommenen Empfehlungen DCGK A.1 S. 1 und A.3, siehe KBFW/Bachmann (Fn. 6), Empf. A.3 Rdn. 3.

186

So etwa Dreher/Hoffmann, ZGR 2016, 445, 480. Diese und andere Missverständnisse ausräumend Bachmann, WM 2015, 105 ff.

187

Vgl. Kieninger, ZHR 187 (2023) 348 ff. (in diesem Heft); Schirmer, JZ 2021, 1099; zur (rechtspolitischen) Kritik nur Jentsch, IusNet 2022, V.: Deliktsrecht sei “das falsche Instrument zur Bekämpfung der Folgen des Klimawandels”.

188

Vgl. Schirmer, ZIP 2023, 234, 238 f. (dort auch zum Problem des Vorteilsausgleichs).

189

Schirmer, ZIP 2023, 234, 242.

190

Vgl. Bachmann, ZHR 177 (2013) 1, 4; vertiefend jetzt Flasshoff, Die Beweislastverteilung bei der Organhaftung – Zur Reichweite der Beweislastregel § 93 Abs. 2 S. 2 AktG und zur Business Judgment Rule als “presumtion” deutscher Bauart, 2022, S. 434 ff.

191

Vgl. LG München ZIP 2014, 570 mit Anm. Bachmann.

192

Zur Kritik Bachmann in: Priester/Heppe/Westermann, Praxis und Lehre im Wirtschaftsrecht: 10 Jahre Österberg-Seminare, 2018, S. 71.

193

BGHZ 135, 244 (Leitsätze 2–4) = NJW 1997, 1926; bestätigt durch BGHZ 219, 356 (Easy Software); BGHZ 202, 26 (Bußgelderstattung); zuletzt OLG Hamm NZG 2022, 662 mit Anm. de Raet.

194

Vgl. BGHZ 135, 244 = NJW 1997, 1926 (Leitsatz 3 a.E.): “Gewissheit, daß die Schadensersatzklage zum Erfolg führen wird, kann nicht verlangt werden.”

195

BGHZ 180, 9 Rdn. 23 = NJW 2009, 2207 (Kirch/Deutsche Bank), unter Bezugnahme auf BGHZ 157, 151, 153 f. = NJW 2004, 1528 und BGHZ 135, 244 = NJW 1997, 1926 (Hervorhebung hinzugefügt).

196

Eingehend und mit Einzelheiten Harnos/Holle, AG 2021, 853, 857 ff.; zur Rechtslage in der Schweiz Jentsch, iusNet GR, 24. 11. 2022, V. 2. Zur Frage einer ungeschriebenen Hauptversammlungszuständigkeit siehe oben III. 3. a).

197

Vgl. Sanders, VGR 28 (2023) 59, 82 f.; Fleischer, DB 2023, 44, 53; Weller/Hoppmann, AG 2022, 640, 646; Drinhausen, ZHR 186 (2022) 201, 208 ff.

198

Zur Tauglichkeit “demokratischer” Argumentationsmuster im Aktienrecht Bachmann, AG 2001, 635, 640 (mit Anleihen bei Schumpeters Demokratiemodell).

199

Ebenso in der Tendenz (ohne konkreten Regelungsvorschlag) Sanders, VGR 28 (2023) 59, 82 ff., und Fleischer, DB 2023, 44, 53.

200

Vgl. VGR, AG 2022, 239, Rdn. 31 ff.; zust. Bachmann, ZHR 186 (2022) 641, 650; Weller/Benz, ZGR 2022, 563, 600.

201

Dafür aber Weller/Hoppmann, AG 2022, 640, 646; für ein fakultatives Votum “zu allen Themen, die einen konkreten Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb der Gesellschaft aufweisen” Drinhausen, ZHR 186 (2022) 201, 211; eine Soft-law-Empfehlung, zu “bestimmten ESG-Fragen” ein Hauptversammlungsvotum einzuholen, will Sanders, VGR 28 (2023) 59, 82 f.

202

Skeptisch deshalb auch Fleischer, DB 2023, 44, 53; Sanders, VGR 28 (2023) 59, 62 ff.

203

Die Satzung kann auch selbst die virtuelle Form vorsehen, doch dürfte dies in der Praxis nicht relevant werden, siehe nur Seibt/Danwerth, AG 2022, 177, 180.

204

Vgl. Tagespiegel v. 2. 1. 2023, 19.

205

Vgl. nur Koch (Fn. 56), § 121 Rdn. 12 f. (m.N. aus der Rspr.).

206

So wohl KölnKommAktG/Tröger (Fn. 116), § 118a Rdn. 57, der entsprechende “Ermessensdeterminanten” auflistet.

207

So wohl Koch (Fn. 56), § 118a Rdn. 13 f. (Entscheidung nach “pflichtgemäßem Ermessen”), der sich allerdings zu Recht gegen eine (praktisch gar nicht durchführbare) Verhältnismäßigkeitskontrolle ausspricht.

208

Vgl. RGZ 44, 8, 9 f.; BGH AG 1985, 188, 189; Koch (Fn. 56), § 121 Rdn. 12 (alle zum Fall des “falschen” Versammlungsortes).

209

Am Beispiel des Klimaprotests illustriert von Schirmer, erscheint voraussichtlich in ZHR-Heft 6/2023.

210

Vgl. dazu die oben Fn. 27 u. 28 zitierten Abstimmungsrichtlinien von DSW und BVI.

211

Vgl. nur Koch (Fn. 56), § 119 Rdn. 2. Fehlanzeige auch in den Großkommentaren, siehe nur GroßkommAktG/Mülbert (Fn. 115), Vor § 118 Rdn. 8 ff.; BeckOGK/Hoffmann, Stand: 1. 9. 2021, § 118 AktG Rdn. 7; MünchKommAktG/Kubis, 5. Aufl. 2022, § 118 Rdn. 1 ff. Ansatzweise immerhin KölnKommAktG/Tröger (Fn. 116), vor §§ 118 ff. Rdn. 29f u. 29g.

212

Vgl. nur Noack/Zetzsche, AG 2020, 721, 726. Seibt/Danwerth, AG 2022, 177, 190, bezeichnen das Gebot der Anwesenheit des Aufsichtsrats folgerichtig als “reine Höflichkeitsgeste”.

213

Eingehend Bachmann, FS G. H. Roth, 2011, S. 37 ff., mit der Forderung, die Abhaltung einer Hauptversammlung optional zu stellen; grundsätzlich bereits G. H. Roth, Das Treuhandmodell des Investmentrechts – eine Alternative zur Aktiengesellschaft?, 1972, mit dem (zu weit gehenden) Radikalvorschlag, nicht nur die Hauptversammlung, sondern zugleich das Stimmrecht abzuschaffen.

214

Schirmer, erscheint voraussichtlich in ZHR-Heft 6/2023.

215

Vgl. Renner, ZEuP 2022, 782, 795 (unter Hinweis auf Durkheim).

216

Diese Aussage bedarf empirischer Überprüfung, weil gesteigerter Rechnerbetrieb mehr CO2 generiert.

217

Zu den Zielkonflikten bereits oben, III. 1. f).

218

Die Thesen entsprechen dem am 20. 1. 2023 in Glashütten vorgelegten Thesenpapier.

 
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