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ZVglRWiss 123 (2024), 1-3
Mincke 

Ein herzlicher Glückwunsch zu Bernhard Großfelds 90. Geburtstag

Professor Dr. iur. Bernhard Großfeld, LL.M. (Yale), hat am 30. 12. 2023 sein 90. Lebensjahr vollendet. Hinter ihm liegt eine breite Spur, die er in der akademischen Welt gelegt hat. Die Zahl derer, die von ihm in ihrem Studium angeregt worden sind und die durch seine Förderung eine Öffnung ihres Blickfeldes über die Grenzen des “Brotstudiums” hinaus erlebt haben, ist unübersehbar. Den Dank konnte er in der Treue erleben, mit dem ihm seine Studenten und Mitarbeiter durch die Jahrzehnte gefolgt sind. Es waren Doktoranden seit den Anfangsjahren seiner Lehrtätigkeit in Göttingen, die sich in regelmäßigem Turnus um ihn versammelten. Ausdruck fand diese Treue auch in den seit seinem 60. Geburtstag im Fünfjahresrhythmus erschienenen Festschriften seiner Schüler, Mitarbeiter und Kollegen.

Bernhard Großfeld stammt aus Bentheim, nahe der deutsch-niederländischen Grenze. Nach Schulzeit und Abitur im benachbarten Nordheim studierte er Rechtswissenschaft in Freiburg i.B., Hamburg und Münster. Das Studium, wie später auch das Assessorexamen, schloss er mit Bestnoten ab. Bereits 1960 promovierte er an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster mit der Dissertation “Die Privatstrafe”. Gleich nach dem Zweiten Staatsexamen im Jahr 1962 ging er für ein Studium an der Yale Law School in die USA, um den akademischen Grad eines Master of Laws (LL.M.) zu erwerben. Nach Deutschland zurückgekehrt, habilitierte er sich im Jahre 1965 bei Wolfgang Fikentscher in Tübingen mit einer aktienrechtlichen Schrift “Aktiengesellschaft, Unternehmenskonzentration und Kleinaktionär”.

Bereits 1966, mit 33 Lebensjahren, erhielt er den Ruf auf einen Lehrstuhl als ordentlicher Professor an der Georg-August-Universität Göttingen. 1973 wurde er an die Westfälische Wilhelms-Universität, zugleich als Direktor des Instituts für ausländisches und internationales Privat- und Wirtschaftsrecht berufen. Es lockten zahlreiche Rufe an andere Universitäten, u. a. nach Bonn, Hamburg, München, St. Gallen und Würzburg, nachdem er bereits bei seinem ersten Ruf Göttingen den Vorzug vor einem Ruf nach Wien gegeben hatte. Großfeld blieb bis zur Emeritierung im Wintersemester 1998/99 in Münster. Ihm, in kollegialer Zusammenarbeit mit Otto Sandrock als Direktoren, ist es zu verdanken, dass das Institut für Internationales Wirtschaftsrecht in Deutschland wie im Ausland seinen hervorragenden Ruf erhalten hat. Zugleich war er Direktor des Instituts für Genossenschaftswesen. Das Institut zog unter seiner Leitung zahlreich namhafte Gäste aus dem In- und Ausland an, die seinen Ruf in die Welt hinausgetragen haben.

Sein wissenschaftliches Werk ist in Monografien, Lehrbüchern und Kommentaren dokumentiert, die Zahl seiner Aufsätze, Beiträge und sonstigen Ver-ZVglRWiss 123 (2024) S. 1 (2)öffentlichungen ist gewaltig. Viele seiner Schriften sind in fremde Sprachen übersetzt und im Ausland veröffentlicht worden. Den Schwerpunkt hatten seine Veröffentlichungen im internationalen Gesellschafts- und Unternehmensrecht, im internationalen und europäischen Wirtschaftsrecht, im Kollisionsrecht, im Recht der Rechnungslegung und Unternehmensbewertung und im internationalen Steuerrecht, um nur die wichtigsten zu nennen, die sicher noch um das Genossenschaftsrecht und die Rechtsgeschichte zu ergänzen sind. Es mag im Schaffen von Bernhard Großfeld auffallen, dass mit den Jahren zunehmend eine Neigung zu erkennen ist, sich dem Recht von seinen Rändern her zu nähern. Wenn man den Beginn nicht schon in seiner Dissertation über die Privatstrafe sehen will oder in einem frühen Vortrag “Privatrecht als Gestaltungsaufgabe”, sind es später “Zahlen und Zeichen im Recht” (1993) und vor allem die Schrift “Zauber des Rechts” (1999), die einen weiten Bogen um das Recht schlagen und eine Fülle von Themen eröffnen. Es kommen das Verhältnis von Rechts- und Betriebswirtschaft, Philosophie, Theologie, Geschichte, Ethnologie, Geographie zur Sprache. Einen Schwerpunkt, der ihn durch sein Schaffen begleitete, bildete das Thema Sprache und Recht. In Anerkennung dieser tiefen und breit angelegten rechtlichen Bildung wurde Bernhard Großfeld 1985 ordentliches Mitglied der Rheinisch-Westfälischen Akademie der Wissenschaften. Er war Mitherausgeber der Zeitschrift für Vergleichende Rechtswissenschaft, der JuristenZeitung und von Rabels Zeitschrift für ausländisches und internationales Privatrecht.

Eine Sonderstellung hatte Bernhard Großfeld als akademischer Lehrer. Um acht Uhr morgens einen großen Hörsaal mit Zuhörern füllen zu können, dürfte nicht vielen Professoren vergönnt sein. Seine Studenten erlebten bei ihm die Bereitschaft, sich auf ihr Erklärungsbedürfnis einzulassen; sie sahen bei ihm die Begeisterung für ein Fach, das meist als grau und trocken dargestellt wird. Viele Studenten hat er mit seiner lebhaften und anschaulichen Darstellung und mit den Perspektiven, die er eröffnete, für ein engagierteres Studium gewonnen. Das bezeugt auch die Zahl derer, die sich bei ihm nach dem im Studium geweckten wissenschaftlichen Interesse um eine Dissertation beworben haben. Sein offener Blick und seine Bereitschaft, sich auf fremde Gedankenführungen einzulassen, haben ihm eine große Schar von erfolgreich Promovierten beschert.

Seine Mitarbeiter erlebten bei ihm die Freiheit, in der sich ihr wissenschaftliches Interesse ausleben konnte. Für die Mitarbeiter war es ein besonderes Glück, dass er sie von vielen Tätigkeiten, die ihnen üblicherweise aufgelastet werden, freihielt. Ohne lenkende Eingriffe, aber mit Interesse und mit fürsorglicher Aufsicht verfolgte er ihre Fortschritte. Unter diesen begünstigenden Bedingungen sind unter seiner Leitung fünf Habilitationen abgeschlossen worden.

Einen wesentlichen Anteil an seinem erfolgreichen Wirken hat offenbar auch seine große Familie und vor allem seine Ehefrau Maria, die ihn engagiert in seinem Berufsleben begleitet hat. Sie hat ihm nicht nur den Rücken für seinZVglRWiss 123 (2024) S. 1 (3) wissenschaftliches Wirken freigehalten. Sie war mit ihrer eigenen Sachkunde als studierte Betriebswirtin eine wichtige Hilfe und eine liebenswerte Gastgeberin für die zahlreichen in- und ausländischen Gäste seines Hauses.

Wir alle danken Bernhard Großfeld für die menschliche Begegnung mit einem großen Lehrer und Wissenschaftler und für die Förderung, die wir durch ihn erfahren haben. Hoch soll er leben!

Stade Wolfgang Mincke*

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Prof. em. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Mincke ist seit 2011 als Rechtsanwalt in Berlin und als Schiedsrichter in internationalen Schiedsverfahren tätig.

 
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