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RdZ-News
25.06.2020
RdZ-News
EuGH: Beschwerdeverfahren nach der Zahlungsdienste-RL

EuGH (9. Kammer), Urteil vom 2.4.2020 – C‑480/18, „PrivatBank“ AS, Beteiligte: Finanšu un kapitāla tirgus komisija

ECLI:EU:C:2020:274

Volltext des Urteils: RdZL2020-130-1

Tenor

1. Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG in der Fassung der Richtlinie 2009/111/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 ist dahin auszulegen, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der die in Art. 82 dieser Richtlinie genannte Behörde für die Prüfung von Beschwerden und die Verhängung von Sanktionen im Fall von in der Währung eines Drittstaats erbrachten Zahlungsdiensten zuständig ist.

2. Die Art. 20 und 21 der Richtlinie 2007/64 in der Fassung der Richtlinie 2009/111 sind in persönlicher Hinsicht nicht auf Kreditinstitute anwendbar.

3. Die Art. 80 bis 82 der Richtlinie 2007/64 in der Fassung der Richtlinie 2009/111 sind dahin auszulegen, dass sie die zuständige Behörde im Sinne dieser Vorschriften nicht ermächtigen, unter Anwendung der in Art. 75 dieser Richtlinie festgelegten Kriterien Streitigkeiten zwischen Zahlungsdienstnutzern und Zahlungsdienstleistern zu regeln, die aus der nicht erfolgten oder fehlerhaften Ausführung eines Zahlungsvorgangs entstanden sind, wenn diese Behörde ihre Zuständigkeit ausübt, Beschwerden von Zahlungsdienstnutzern zu prüfen und im Fall von Verstößen gegen die anwendbaren Vorschriften Sanktionen gegen Zahlungsdienstleister zu verhängen. Diese Streitigkeiten sind im Rahmen der außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren im Sinne von Art. 83 der Richtlinie 2007/64 in der Fassung der Richtlinie 2009/111 zu entscheiden, unbeschadet des im nationalen Verfahrensrecht vorgesehenen Rechts auf einen Rechtsbehelf bei einem Gericht. Hat sich der nationale Gesetzgeber dafür entschieden, die Zuständigkeiten, die sich zum einen aus den Art. 80 bis 82 dieser Richtlinie und zum anderen aus ihrem Art. 83 ergeben, bei ein und derselben Behörde zu konzentrieren, muss diese jede dieser Kategorien von Zuständigkeiten autonom ausüben, und zwar ausschließlich im Rahmen des jeweiligen Verfahrens.

4. Dem nationalen Gesetzgeber steht es nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie der Mitgliedstaaten frei, die zuständige Behörde im Rahmen der Beschwerde- und Sanktionsverfahren nach den Art. 80 bis 82 der Richtlinie 2007/64 in der Fassung der Richtlinie 2009/111 zu ermächtigen, das Bestehen und den Inhalt eines Schiedsspruchs zu berücksichtigen, der einen Streit zwischen dem Zahlungsdienstnutzer und dem Zahlungsdienstleister, die von diesen Verfahren betroffen sind, regelt, sofern die dem Schiedsspruch im Rahmen dieser Verfahren zuerkannte Beweiskraft den speziellen Zweck und die speziellen Ziele dieser Verfahren, die Verteidigungsrechte der betroffenen Personen und die autonome Ausübung der dieser Behörde übertragenen Befugnisse und Zuständigkeiten nicht beeinträchtigt, was von dem vorlegenden Gericht zu prüfen ist.

Richtlinie 2007/64/EG Art. 2, 20, 21, 75, 80, 81, 82, 82

Aus den Gründen

1 Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung von Art. 2 Abs. 2 sowie der Art. 20, 21, 75 und 80 bis 82 der Richtlinie 2007/64/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 97/7/EG, 2002/65/EG, 2005/60/EG und 2006/48/EG sowie zur Aufhebung der Richtlinie 97/5/EG (ABl. 2007, L 319, S. 1) in der durch die Richtlinie 2009/111/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. September 2009 (ABl. 2009, L 302, S. 97) geänderten Fassung (im Folgenden: Richtlinie 2007/64).

2 Es ergeht im Rahmen eines von der „PrivatBank“ AS, einem Kreditinstitut mit Sitz in Lettland, eingeleiteten Verfahrens über die Rechtmäßigkeit einer Entscheidung der Finanšu un kapitāla tirgus komisija (Finanz- und Kapitalmarktkommission, Lettland, im Folgenden: Finanzmarktkommission), gegen sie eine Geldbuße wegen Nichtausführung eines Zahlungsauftrags zu verhängen.

Rechtlicher Rahmen

Unionsrecht

3 Die Richtlinie 2007/64 wurde durch die Richtlinie (EU) 2015/2366 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. November 2015 über Zahlungsdienste im Binnenmarkt, zur Änderung der Richtlinien 2002/65/EG, 2009/110/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010 sowie zur Aufhebung der Richtlinie 2007/64/EG (ABl. 2015, L 337, S. 35) mit Wirkung vom 13. Januar 2018 aufgehoben und ersetzt. In Anbetracht des entscheidungserheblichen Zeitraums gilt für das Ausgangsverfahren jedoch weiterhin die Richtlinie 2007/64.

4 In den Erwägungsgründen 5, 6, 8, 10, 11, 14, 20, 43, 46 und 50 bis 52 der Richtlinie 2007/64 heißt es:

„(5) [Der] Rechtsrahmen [für Zahlungsdienste] sollte gewährleisten, dass die Mitgliedstaaten ihre aufsichtsrechtlichen Anforderungen aufeinander abstimmen, dass neue Zahlungsdienstleister Zugang zum Markt erhalten und dass Informationspflichten für Zahlungsdienstleister sowie die Rechte und Pflichten von Zahlungsdienstnutzern und Zahlungsdienstleistern festgelegt werden. …

(6) Bestimmte Bereiche sollten jedoch aus diesem rechtlichen Rahmen ausgeklammert bleiben. So sollte seine Anwendung auf Zahlungsdienstleister beschränkt werden, deren Haupttätigkeit darin besteht, für Zahlungsdienstnutzer Zahlungsdienste zu erbringen. …

(8) Es sollte festgelegt werden, welche Kategorien von Zahlungsdienstleistern die Erlaubnis zur [unions]weiten Erbringung von Zahlungsdiensten erhalten können, nämlich Kreditinstitute, die mit den Guthaben von Nutzern Zahlungen ausführen können und weiterhin den aufsichtsrechtlichen Anforderungen der Richtlinie 2006/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14. Juni 2006 über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute [(ABl. 2006, L 177, S. 1)] unterliegen sollten …

(10) [Es] sollte eine neue Kategorie von Zahlungsdienstleistern, nachstehend ‚Zahlungsinstitute‘, eingeführt werden[,] und es sollten zu diesem Zweck die juristischen Personen, die aus den derzeitigen Kategorien herausfallen, unter strengen und umfassenden Auflagen die Erlaubnis zur [unions]weiten Erbringung von Zahlungsdiensten erhalten. …

(11) Die Vorschriften für die Zahlungsinstitute sollten der Tatsache Rechnung tragen, dass Zahlungsinstitute ein spezialisierteres und eingeschränkteres Geschäftsfeld als Kreditinstitute haben und ihre betriebsbedingten Risiken deshalb enger sind und leichter überwacht und gesteuert werden können. …

(14) Es ist notwendig, dass die Mitgliedstaaten die für die Zulassung von Zahlungsinstituten, die Durchführung von Kontrollen und den Entzug von Zulassungen zuständigen Behörden benennen. … Alle Entscheidungen der zuständigen Behörden sollten jedoch gerichtlich angefochten werden können. …

(20) Da die Situation von Verbrauchern und Unternehmen nicht dieselbe ist, brauchen sie nicht im selben Umfang geschützt zu werden. Zwar müssen die Verbraucherrechte durch Vorschriften geschützt werden, von denen vertraglich nicht abgewichen werden darf, doch sollte es Unternehmen und Organisationen freistehen, abweichende Vereinbarungen zu schließen. … In jedem Fall sollten bestimmte zentrale Bestimmungen dieser Richtlinie unabhängig vom Status des Nutzers immer gelten. …

(43) Im Interesse einer zügigeren [unions]weiten Abwicklung von Zahlungen sollte für alle Zahlungsaufträge, die vom Zahler in Euro oder einer Währung eines Mitgliedstaats außerhalb der Eurozone angewiesen werden, einschließlich Überweisungen und Finanztransfers, eine Ausführungsfrist von maximal einem Tag festgelegt werden. … In Anbetracht der in vielen Fällen äußerst effizienten nationalen Zahlungsinfrastruktur sollten die Mitgliedstaaten jedoch gegebenenfalls Vorschriften über Ausführungsfristen von weniger als einem Geschäftstag beibehalten oder erlassen dürfen, um eine Verschlechterung des derzeitigen Leistungsniveaus zu vermeiden. …

(46) [A]ußer im Falle ungewöhnlicher und unvorhersehbarer Ereignisse [ist es] voll und ganz gerechtfertigt, dem Zahlungsdienstleister für die Ausführung eines vom Nutzer entgegengenommenen Zahlungsauftrags die Haftung zu übertragen, wobei die Handlungen und Unterlassungen des Zahlungsdienstleisters des Zahlungsempfängers, für [dessen] Auswahl allein der Zahlungsempfänger verantwortlich ist, ausgenommen sind. … Sobald der Zahlungsbetrag dem Konto des empfangenden Zahlungsdienstleisters gutgeschrieben worden ist, sollte der Zahlungsempfänger einen unmittelbaren Anspruch auf Gutschrift des Betrags auf seinem Konto gegen seinen Zahlungsdienstleister haben. …

(50) Es muss sichergestellt werden, dass die nach dieser Richtlinie erlassenen einzelstaatlichen Rechtsvorschriften auch tatsächlich durchgesetzt werden. Aus diesem Grund sollten geeignete Verfahren eingeführt werden, mit deren Hilfe gegen Zahlungsdienstleister, die diesen Vorschriften nicht nachkommen, Beschwerde erhoben werden kann, und die gewährleisten, dass gegebenenfalls verhältnismäßige, wirksame und abschreckende Sanktionen verhängt werden.

(51)  Unbeschadet des Rechts der Kunden, vor Gericht zu klagen, sollten die Mitgliedstaaten gewährleisten, dass ein leicht zugängliches und kostengünstiges Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Zahlungsdienstleistern und Verbrauchern über die in dieser Richtlinie festgelegten Rechte und Pflichten besteht. …

(52)  Die Mitgliedstaaten sollten entscheiden, ob die für die Zulassung von Zahlungsinstituten benannten zuständigen Behörden auch als zuständige Behörden für außergerichtliche Beschwerdeverfahren und Streitbeilegungsverfahren fungieren können.“

5  Art. 1 Abs. 1 der Richtlinie 2007/64 sieht vor:

„In dieser Richtlinie werden die Regeln festgelegt, nach denen die Mitgliedstaaten die folgenden sechs Kategorien von Zahlungsdienstleistern unterscheiden:

a) Kreditinstitute im Sinne von Art. 4 Nr. 1 Buchstabe a der Richtlinie 2006/48/EG einschließlich in der [Union] niedergelassener Zweigstellen im Sinne von Art. 4 Nr. 3 der genannten Richtlinie, die Kreditinstituten angehören, die ihren Sitz innerhalb oder gemäß Art. 38 der genannten Richtlinie außerhalb der [Union] haben; …

d) Zahlungsinstitute im Sinne dieser Richtlinie; …“

6 Art. 2 („Anwendungsbereich“) der Richtlinie 2007/64 bestimmt:

„(1) Diese Richtlinie gilt für Zahlungsdienste, die innerhalb der [Union] geleistet werden. Mit Ausnahme des Art. 73 [(Wertstellungsdatum und Verfügbarkeit von Geldbeträgen)] gelten die Titel III [(Transparenz der Vertragsbedingungen und Informationspflichten für Zahlungsdienste)] und IV [(Rechte und Pflichten bei der Erbringung und Nutzung von Zahlungsdiensten)] jedoch nur, wenn sowohl der Zahlungsdienstleister des Zahlers als auch der des Zahlungsempfängers in der [Union] ansässig sind oder – falls nur ein einziger Zahlungsdienstleister an dem Zahlungsvorgang beteiligt ist – dieser in der [Union] ansässig ist.

(2) Die Titel III und IV gelten für Zahlungsdienste, die in Euro oder in der Währung eines Mitgliedstaats außerhalb der Eurozone erbracht werden. …“

7 Art. 4 der Richtlinie 2007/64 bestimmt:

„Für die Zwecke dieser Richtlinie bezeichnet der Begriff

4. ‚Zahlungsinstitut‘ eine juristische Person, die nach Art. 10 eine Zulassung für die [unions]weite Erbringung und Ausführung von Zahlungsdiensten erhalten hat; …

10. ‚Zahlungsdienstnutzer‘ eine natürliche oder juristische Person, die einen Zahlungsdienst als Zahler oder Zahlungsempfänger oder in beiden Eigenschaften in Anspruch nimmt;

11. ‚Verbraucher‘ eine natürliche Person, die bei den von dieser Richtlinie erfassten Zahlungsdienstverträgen zu Zwecken handelt, die nicht ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit zugerechnet werden können; …“

8 Art. 20 („Benennung der zuständigen Behörden“) der Richtlinie 2007/64 in deren Titel II („Zahlungsdienstleister“) sieht vor:

„(1) Die Mitgliedstaaten benennen als zuständige Behörden für die Zulassung und Beaufsichtigung der Zahlungsinstitute, denen die Wahrnehmung der Aufgaben gemäß diesem Titel obliegt, entweder Behörden oder aber Stellen, die durch innerstaatliches Recht oder von gesetzlich ausdrücklich hierzu befugten Behörden, einschließlich der nationalen Zentralbanken, anerkannt worden sind. …

(2) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die gemäß Absatz 1 benannten zuständigen Behörden mit allen zur Erfüllung ihrer Aufgaben notwendigen Befugnissen ausgestattet sind. …

(5)  Absatz 1 beinhaltet nicht, dass die zuständigen Behörden gehalten sind, Geschäftstätigkeiten der Zahlungsinstitute zu beaufsichtigen, bei denen es sich [nicht] um die im Anhang genannten Zahlungsdienste … handelt.“

9 Art. 21 („Aufsicht“) der Richtlinie 2007/64, ebenfalls in ihrem Titel II, sieht vor:

„(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass die Kontrollen der zuständigen Behörden, mit denen sie die laufende Einhaltung der Bestimmungen dieses Titels überprüfen, verhältnismäßig, geeignet und den Risiken von Zahlungsinstituten angemessen sind.

Um die Einhaltung der Bestimmungen dieses Titels zu überprüfen, sind die zuständigen Behörden insbesondere befugt,

a) von dem Zahlungsinstitut die Angaben anzufordern, die notwendig sind, um die Einhaltung dieser Bestimmungen zu überprüfen;

b) Inspektionen vor Ort bei dem Zahlungsinstitut, bei allen Agenten und Zweigniederlassungen, die unter der Verantwortung des Zahlungsinstituts Zahlungsdienste erbringen, sowie bei allen Stellen, an die Zahlungsdienste ausgelagert wurden, durchzuführen;

c)  Empfehlungen und Leitlinien sowie gegebenenfalls verbindliche Verwaltungsvorschriften zu erlassen; …

(2)  Unbeschadet des Verfahrens zum Entzug der Zulassung und der strafrechtlichen Bestimmungen sehen die Mitgliedstaaten vor, dass ihre zuständigen Behörden bei Verstößen gegen die Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf dem Gebiet der Kontrolle oder der Ausübung der Tätigkeit von Zahlungsinstituten gegen die Zahlungsinstitute oder diejenigen, die tatsächlich die Geschäfte leiten, Sanktionen verhängen oder Maßnahmen ergreifen können, damit die festgestellten Verstöße abgestellt oder ihre Ursachen beseitigt werden. …“

10 Aus Art. 51 Abs. 1 Satz 1 der Richtlinie 2007/64 geht hervor, dass die Parteien, wenn es sich bei dem Zahlungsdienstnutzer nicht um einen Verbraucher handelt, vereinbaren können, dass u. a. Art. 75 der Richtlinie ganz oder teilweise nicht angewandt wird.

11 Art. 75 („Nicht erfolgte oder fehlerhafte Ausführung“) der Richtlinie 2007/64 bestimmt:

„(1) Wird ein Zahlungsauftrag vom Zahler ausgelöst, so haftet sein Zahlungsdienstleister … gegenüber dem Zahler für die ordnungsgemäße Ausführung des Zahlungsvorgangs, es sei denn, er kann gegenüber dem Zahler und gegebenenfalls dem Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers nachweisen, dass der Betrag, der Gegenstand des Zahlungsvorgangs ist, gemäß Art. 69 Absatz 1 beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers eingegangen ist; in diesem Fall haftet der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers diesem gegenüber für die ordnungsgemäße Ausführung des Zahlungsvorgangs.

Haftet der Zahlungsdienstleister des Zahlers nach Unterabsatz 1, so erstattet er dem Zahler unverzüglich den Betrag des nicht oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgangs und bringt das belastete Zahlungskonto gegebenenfalls wieder auf den Stand, auf dem es sich ohne den fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgang befunden hätte.

Haftet der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers nach Unterabsatz 1, so stellt er dem Zahlungsempfänger den Betrag, der Gegenstand des Zahlungsvorgangs ist, unverzüglich zur Verfügung und schreibt gegebenenfalls dem Zahlungskonto des Zahlungsempfängers den entsprechenden Betrag gut. …

(2) …

Im Falle eines nicht oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgangs, für den der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers nicht nach den Unterabsätzen 1 und 2 haftet, haftet der Zahlungsdienstleister des Zahlers gegenüber dem Zahler. Haftet der Zahlungsdienstleister des Zahlers wie vorgenannt, so erstattet er dem Zahler gegebenenfalls unverzüglich den Betrag, der Gegenstand des nicht oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgangs ist, und bringt das belastete Zahlungskonto gegebenenfalls wieder auf den Stand, auf dem es sich ohne den fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgang befunden hätte. …“

12 Art. 80 („Beschwerden“) der Richtlinie 2007/64 lautet:

„(1) Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass Verfahren bestehen, die es den Zahlungsdienstnutzern und anderen interessierten Parteien einschließlich Verbraucherverbänden ermöglichen, bei den zuständigen Behörden wegen behaupteter Verstöße der Zahlungsdienstleister gegen die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften zur Umsetzung dieser Richtlinie Beschwerde einzulegen.

(2) Gegebenenfalls und unbeschadet des Rechts, nach dem innerstaatlichen Prozessrecht vor Gericht zu klagen, verweist die zuständige Behörde in ihrer Antwort an den Beschwerdeführer auf die nach Art. 83 eingerichteten außergerichtlichen Beschwerdeverfahren und Streitbeilegungsverfahren.“

13 Art. 81 („Sanktionen“) Abs. 1 der Richtlinie 2007/64 bestimmt: „Die Mitgliedstaaten legen die Sanktionen für Verstöße gegen die aufgrund dieser Richtlinie erlassenen einzelstaatlichen Vorschriften fest und treffen alle zu ihrer Anwendung notwendigen Maßnahmen. Diese Sanktionen müssen wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein.“

14 In Art. 82 („Zuständige Behörden“) der Richtlinie 2007/64 heißt es in Abs. 1: „Die Mitgliedstaaten treffen alle notwendigen Vorkehrungen, um sicherzustellen, dass für die Beschwerdeverfahren und Sanktionen nach Art. 80 Absatz 1 und Art. 81 Absatz 1 diejenigen Behörden zuständig sind, die die Einhaltung der nach Maßgabe der Anforderungen dieses Abschnitts erlassenen einzelstaatlichen Vorschriften überwachen.“

15 Art. 83 („Außergerichtliche Streitbeilegung“) Abs. 1 der Richtlinie 2007/64 lautet: „Die Mitgliedstaaten stellen sicher, dass angemessene und wirksame außergerichtliche Beschwerdeverfahren und Streitbeilegungsverfahren für die Beilegung von Streitigkeiten zwischen Zahlungsdienstnutzern und ihren Zahlungsdienstleistern über die aus dieser Richtlinie erwachsenden Rechte und Pflichten eingerichtet werden, wobei sie gegebenenfalls auf bestehende Einrichtungen zurückgreifen.“

16 Aus Art. 86 („Vollständige Harmonisierung“) der Richtlinie 2007/64 geht hervor, dass „die Mitgliedstaaten [unbeschadet der in ihr aufgeführten Ausnahmen] in den Bereichen, in denen diese Richtlinie harmonisierte Bestimmungen enthält, keine anderen als die in dieser Richtlinie festgelegten Bestimmungen beibehalten oder einführen [dürfen]“.

Lettisches Recht

17 Art. 2 Abs. 3 des Maksājumu pakalpojumu un elektroniskās naudas likums (Gesetz über Zahlungsdienste und elektronisches Geld, Latvijas Vēstnesis, 2010, Nr. 43) in seiner auf den Sachverhalt des Ausgangsverfahrens anwendbaren Fassung (im Folgenden: Zahlungsdienstegesetz) bestimmt:

„Die Art. 57 [bis] 96 [und] 98 [bis] 104 des vorliegenden Gesetzes finden auf Zahlungsdienstleister Anwendung, die Zahlungsdienste in Lettland erbringen, wenn der Zahlungsdienstleister des Zahlers und der des Zahlungsempfängers in einem Mitgliedstaat ansässig sind und die Zahlung in Euro oder in der Währung eines Mitgliedstaats erfolgt.“

18 Art. 49 des Zahlungsdienstegesetzes sieht vor:

„Um zu kontrollieren, ob die Tätigkeiten von Instituten den Anforderungen dieses Gesetzes entsprechen, kann die [Finanzmarktkommission]

1. das betreffende Institut auffordern, ihr die für die Zwecke der Kontrolle erforderlichen Auskünfte zu erteilen;

2. bei dem Institut Inspektionen durchführen.“

19 Art. 56 Abs. 1 und 2 des Zahlungsdienstegesetzes bestimmt:

„(1) Kommt die [Finanzmarktkommission] zu dem Ergebnis, dass ein Institut die in den Kapiteln II [bis] VI dieses Gesetzes aufgestellten Anforderungen oder … unmittelbar anwendbare Rechtsakte der Organe der Europäischen Union nicht beachtet, fordert sie das Institut auf, unverzüglich die erforderlichen Abhilfemaßnahmen zu ergreifen.

(2) Zusätzlich zu den Bestimmungen in Abs. 1 dieses Artikels kann die [Finanzmarktkommission] eine oder mehrere der folgenden Maßnahmen ergreifen:

5. Festsetzung einer Geldbuße bis zu 100 000 [lettische Lats (LVL)] (rund 140 000 Euro).“

20 Art. 99 des Zahlungsdienstegesetzes bestimmt:

„(1) Wird ein Zahlungsauftrag vom Zahler ausgelöst, so haftet sein Zahlungsdienstleister gegenüber dem Zahler für die ordnungsgemäße Ausführung des Zahlungsvorgangs, es sei denn, er kann gegenüber dem Zahler und gegebenenfalls dem Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers nachweisen, dass der Betrag, der Gegenstand des Zahlungsvorgangs ist, gemäß Art. 94 Abs. 1 beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers eingegangen ist. Kann der Zahlungsdienstleister des Zahlers nachweisen, dass der Betrag, der Gegenstand des Zahlungsvorgangs ist, beim Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers eingegangen ist, haftet der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers für die ordnungsgemäße Ausführung des Zahlungsvorgangs. …

(9) Im Falle eines nicht oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgangs, für den der Zahlungsdienstleister des Zahlungsempfängers nach diesem nicht haftet, haftet der Zahlungsdienstleister des Zahlers gegenüber dem Zahler.

(10) Haftet der Zahlungsdienstleister des Zahlers nach Absatz 9, so erstattet er dem Zahler unverzüglich den Betrag, der Gegenstand des nicht oder fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgangs ist, oder bringt das belastete Zahlungskonto gegebenenfalls wieder auf den Stand, auf dem es sich ohne den fehlerhaft ausgeführten Zahlungsvorgang befunden hätte.“

21 Art. 105 des Zahlungsdienstegesetzes bestimmt:

„…

(2) Die [Finanzmarktkommission] prüft anhand der einschlägigen Vorschriften die Beschwerden von Zahlungsdienstnutzern oder Inhabern von elektronischem Geld, die keine Verbraucher im Sinne des Gesetzes zum Schutze der Rechte der Verbraucher sind, wegen Verstößen gegen die Bestimmungen der Kapitel VII [bis] XIV, wenn durch diese Verstöße den Interessen einer Vielzahl von Zahlungsdienstnutzern oder Inhabern von elektronischem Geld (Gruppeninteressen) ein erheblicher Schaden zugefügt wird oder zugefügt werden könnte. …

(5) Stellt die [Finanzmarktkommission] im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens fest, dass durch einen Verstoß gegen die Bestimmungen der Kapitel VII [bis] XIV den Gruppeninteressen der Zahlungsdienstnutzer oder Inhaber von elektronischem Geld, die keine Verbraucher im Sinne des Gesetzes zum Schutz der Rechte der Verbraucher sind, ein erheblicher Schaden zugefügt worden ist oder zugefügt werden könnte, kann sie eine Entscheidung erlassen, mit der sie den Zahlungsdienstleister oder den Ausgeber von elektronischem Geld anweist, dem Verstoß gegen die Bestimmungen der Kapitel VII [bis] XIV ein Ende zu setzen oder bereits begangenen Verstößen abzuhelfen, und eine Frist zur Durchführung der hierzu erforderlichen Maßnahmen festlegen. …“

Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

22 Am 16. November 2011 erteilte die Forcing Development Ltd der PrivatBank, deren Kundin sie ist, einen Zahlungsauftrag betreffend die Überweisung von 394 138,12 US-Dollar (USD) (rund 347 130 Euro) auf das Konto eines Dritten bei der in Litauen ansässigen Bankas Snoras AB (im Folgenden: Snoras).

23 Am selben Tag, um 15.08 Uhr, teilte die Lietuvos bankas (litauische Zentralbank) Snoras ihre Entscheidung mit, ihr ein Moratorium aufzuerlegen und es ihr zu untersagen, jegliche Art von Finanzdienstleistung zu erbringen.

24 Ebenfalls am selben Tag, um 15.24 Uhr, übermittelte die PrivatBank den Zahlungsauftrag im Rahmen des SWIFT‑Systems an Snoras, belastete das Konto von Forcing Development mit 394 138,12 USD (rund 347 130 Euro) und überwies die Mittel auf ihr Korrespondenzkonto bei dieser Bank.

25 Die von der PrivatBank überwiesenen Gelder gingen um 16.20 Uhr bei Snoras ein. Diese schrieb sie dem Korrespondenzkonto der PrivatBank gut, ließ die Gelder aber aufgrund des von der litauischen Zentralbank angeordneten Moratoriums auf diesem Konto und schrieb sie weder dem Konto des Dritten gut noch zahlte sie die Gelder an die PrivatBank zurück.

26 Die PrivatBank machte gegenüber Snoras eine Forderung in Höhe von 394 138,12 USD (rund 347 130 Euro) geltend.

27 Am 25. Oktober 2012 legte Forcing Development bei der Finanzmarktkommission eine Beschwerde gegen die PrivatBank ein und machte geltend, diese habe ihr den zur Durchführung des Zahlungsauftrags zur Verfügung gestellten Betrag nicht zurückerstattet.

28 Mit Entscheidung vom 4. Juli 2013 stellte die Finanzmarktkommission zunächst fest, dass die PrivatBank gemäß Art. 99 Abs. 9 des Zahlungsdienstegesetzes für die Durchführung des von Forcing Development erteilten Zahlungsauftrags hafte, gab der PrivatBank sodann auf, die Notwendigkeit zu prüfen, Änderungen an ihrem internen Kontrollsystem und ‑verfahren vorzunehmen und sie über die Ergebnisse dieser Prüfung bis spätestens 30. August 2013 zu informieren, und verhängte gegen sie eine Geldbuße von 100 000 LVL (etwa 140 000 Euro).

29 Diese Entscheidung wurde durch die Entscheidung der Finanzmarktkommission vom 17. Oktober 2013 bestätigt. In dieser Entscheidung wies die Finanzmarktkommission erneut darauf hin, dass die PrivatBank auf der Grundlage von Art. 99 Abs. 1 und 9 des Zahlungsdienstegesetzes hafte, da sie nicht habe nachweisen können, dass Snoras den Zahlungsbetrag fristgerecht erhalten habe. Es sei nicht erwiesen, dass die PrivatBank und Forcing Development andere Bestimmungen zur Regelung ihrer gegenseitigen Beziehungen vereinbart hätten.

30 Im November 2013 verlangte Forcing Development unter Berufung auf den mit der PrivatBank geschlossenen Vertrag über die Führung eines Girokontos im Wege eines Schiedsverfahrens die Rückforderung des der PrivatBank für die Ausführung des Zahlungsauftrags zur Verfügung gestellten Betrags.

31 Am 4. Februar 2014 wies das Schiedsgericht den Antrag von Forcing Development zurück. Es entschied, dass die PrivatBank ihre Verpflichtungen aus Art. 99 Abs. 1 des Zahlungsdienstegesetzes und der Richtlinie 2007/64 erfüllt habe, da Snoras von der PrivatBank den für die Ausführung des betreffenden Zahlungsauftrags erforderlichen Betrag erhalten habe. Nach Ansicht des Schiedsgerichts verpflichtet das Zahlungsdienstegesetz den Zahlungsdienstleister des Zahlers nicht dazu, auf seinen Bankkonten über ausreichende Beträge zu verfügen, um etwaige Zahlungsanweisungen aller seiner Kunden sofort ausführen zu können. Dieses Gesetz beschränke sich darauf, den Zahlungsdienstleistern eine Frist – spätestens bis zum Ende des auf den Tag der Ausstellung der von den Nutzern erteilten Zahlungsaufträge folgenden Werktags – vorzuschreiben, um solche Aufträge auszuführen und damit auf dem Bankkonto des Zahlungsempfängers oder des Dienstleistungserbringers des Zahlungsempfängers den erforderlichen Betrag gutzuschreiben.

32 Die PrivatBank erhob bei der Administratīvā apgabaltiesa (Regionales Verwaltungsgericht, Lettland) Klage auf Nichtigerklärung der in Rn. 29 des vorliegenden Urteils angeführten Entscheidung vom 17. Oktober 2013 und auf Ersatz des geltend gemachten materiellen Schadens. Zur Begründung ihrer Klage machte die PrivatBank geltend, Snoras habe ihr die Nichtausführung der Zahlung nicht innerhalb der Frist mitgeteilt, die in dem Vertrag, dem ihre Beziehungen unterlägen, vorgesehen sei. Sie gab den Schiedsspruch vom 4. Februar 2014 als Beweismittel zu den Akten.

33 Mit Urteil vom 5. August 2015 wies die Administratīvā apgabaltiesa (Regionales Verwaltungsgericht) die Klage ab. Dieses Gericht stellte zum einen fest, dass der von Forcing Development erteilte Zahlungsauftrag deshalb nicht rechtzeitig habe ausgeführt werden können, weil die PrivatBank nicht dafür gesorgt habe, ihr Konto bei Snoras mit ausreichenden Mitteln auszustatten, und zum anderen, dass Snoras nach Art. 99 des Zahlungsdienstegesetzes nicht für die Nichtausführung des Zahlungsauftrags hafte, da sie nicht über die Mittel zu dessen Ausführung verfügt habe. Zu der Forderung der PrivatBank gegenüber Snoras stellte das vorlegende Gericht fest, dass sich der betreffende Betrag rechtlich im Besitz der PrivatBank befinde, auch wenn diese darauf derzeit nicht zugreifen könne. Das Gericht schloss daraus, dass die Finanzmarktkommission ungeachtet des Schiedsspruchs vom 4. Februar 2014 zu Recht festgestellt habe, dass die PrivatBank gegen Art. 99 Abs. 9 des Zahlungsdienstegesetzes verstoßen habe, sie verpflichtet habe, die Notwendigkeit zu prüfen, Änderungen an ihrem internen Kontrollsystem und ‑verfahren vorzunehmen, und gegen sie eine Geldbuße in Höhe von 100 000 LVL (rund 140 000 Euro) verhängt habe, um zu verhindern, dass sich solche Umstände wiederholten. Den Schiedsspruch vom 4. Februar 2014 berücksichtigte die Administratīvā apgabaltiesa (Regionales Verwaltungsgericht) nicht.

34 Die PrivatBank legte gegen das Urteil der Administratīvā apgabaltiesa (Regionales Verwaltungsgericht) Kassationsbeschwerde bei dem vorlegenden Gericht ein.

35 Die PrivatBank macht zunächst geltend, das erstinstanzliche Gericht habe dadurch, dass es ihre Haftung auf der Grundlage von Art. 99 Abs. 9 des Zahlungsdienstegesetzes bejaht habe, seine Zuständigkeiten überschritten. Da ihre Haftung gegenüber Forcing Development in Bezug auf die Ausführung des im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Zahlungsauftrags unter das Zivilrecht und nicht unter das Verwaltungsrecht falle, sei dieses Gericht nämlich an den Schiedsspruch gebunden gewesen, den das für zivilrechtliche Beziehungen zuständige Schiedsgericht am 4. Februar 2014 erlassen habe. Da das Schiedsgericht entschieden habe, dass die PrivatBank für die Nichtausführung des Zahlungsauftrags nicht hafte, könne sie im Übrigen von der Finanzmarktkommission nicht verpflichtet werden, ihr internes Kontrollsystem zu ändern. Unter diesen Umständen sei die Verhängung einer Geldbuße in keiner Weise gerechtfertigt.

36 Außerdem ermögliche es Art. 99 des Zahlungsdienstegesetzes, einen Dienstleister von jeder Haftung gegenüber dem Nutzer der betreffenden Dienste zu befreien, wenn sie dies vereinbart hätten. Da aber die PrivatBank und Forcing Development einen Vertrag über die Führung eines Girokontos geschlossen hätten, der vorsehe, dass die PrivatBank nicht für Gelder hafte, während sie zwischen den Banksystemen transferiert würden, hätte ihre Haftung anhand der Klauseln dieses Vertrags und nicht anhand von Art. 99 des Zahlungsdienstegesetzes beurteilt werden müssen.

37 Die Finanzmarktkommission weist in ihrer Stellungnahme zur Kassationsbeschwerde zunächst darauf hin, dass Art. 105 Abs. 2 des Zahlungsdienstegesetzes ihr die Befugnis verleihe, Beschwerden von Zahlungsdienstnutzern zu prüfen, die nicht als Verbraucher anzusehen seien. Da die PrivatBank ein Kreditinstitut und kein Zahlungsinstitut im Sinne von Art. 4 Nr. 4 der Richtlinie 2007/64 sei, sei die Entscheidung vom 17. Oktober 2013 auf der Grundlage von Art. 113 des Kredītiestāžu likums (Kreditinstitutegesetz) erlassen worden, der der Finanzmarktkommission die Zuständigkeit für den Erlass von Entscheidungen in Bezug auf Kreditinstitute zuweise, die die für sie geltenden Rechtsvorschriften nicht beachteten. Daher unterliege die PrivatBank als Zahlungsdienstleister ihrer Aufsicht, insbesondere was ihre Haftung nach Art. 99 des Zahlungsdienstegesetzes betreffe, der Art. 75 der Richtlinie 2007/64 umsetze.

38 Auf eine Frage des vorlegenden Gerichts nach der Anwendbarkeit des Zahlungsdienstegesetzes auf einen Rechtsstreit über eine Zahlungsdienstleistung in US-Dollar führt die Finanzmarktkommission aus, dass sich ein Kreditinstitut dafür entscheiden könne, Dienstleistungen, die nicht in Euro oder in der Währung eines Mitgliedstaats außerhalb der Eurozone erbracht würden, den Anforderungen dieses Gesetzes zu unterwerfen, wenn es der Ansicht sei, diese Anforderungen für solche Dienstleistungen erfüllen zu können. Die Finanzmarktkommission kam, gestützt auf die interne Regelung der PrivatBank, zu dem Ergebnis, dass dies die Wahl der PrivatBank gewesen sei, und hat daher ihre Tätigkeiten anhand der einschlägigen Bestimmungen des Zahlungsdienstegesetzes geprüft.

39 Insoweit weist die Finanzmarktkommission darauf hin, dass es das Zahlungsdienstegesetz zwar entsprechend Art. 51 der Richtlinie 2007/64 erlaube, bestimmte Abweichungen von seinen Bestimmungen zu vereinbaren, wenn der Zahlungsdienstnutzer kein Verbraucher sei, dass von einer solchen Möglichkeit aber nicht böswillig Gebrauch gemacht werden könne, indem die Machtstellung, in der sich das Kreditinstitut befinde, missbraucht werde, um eine Haftungsregelung zu vereinbaren, die darauf abziele, die in Art. 99 des Zahlungsdienstegesetzes vorgesehene Haftung zu umgehen und dem Kunden die gesamte Verantwortung für die Nichtausführung der Zahlung zu übertragen. Der am 11. April 2005 zwischen der PrivatBank und Forcing Development geschlossene Vertrag über die Führung eines Girokontos sei daher im Licht dieser Erwägung zu beurteilen. Dieser Vertrag beschränke sich aber nicht darauf, von der Anwendung einzelner Bestimmungen der Richtlinie 2007/64 abzuweichen, sondern stehe zu dieser in völligem Widerspruch.

40 Das vorlegende Gericht möchte zum einen wissen, ob das im Zahlungsdienstegesetz vorgesehene Beschwerdeverfahren für den Fall, dass die betreffenden Dienste nicht in Euro oder in der Währung eines Mitgliedstaats außerhalb der Eurozone erbracht werden, mit der Richtlinie 2007/64 vereinbar ist. Zum anderen fragt es sich, ob die Befugnisse, die dieses Gesetz der Finanzmarktkommission im Rahmen eines solchen Verfahrens verleiht, mit dieser Richtlinie vereinbar sind.

41 Insoweit weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass das Zahlungsdienstegesetz die Finanzmarktkommission ermächtige, nicht nur Beschwerden zu prüfen, die sich auf in Euro oder in der Währung eines Mitgliedstaats außerhalb der Eurozone erbrachte Zahlungsdienste bezögen, sondern auch Beschwerden im Zusammenhang mit Zahlungsdiensten, die in einer anderen Währung erbracht würden, während Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2007/64 die Anwendbarkeit der in den Art. 80 bis 82 der Richtlinie vorgesehenen Beschwerdeverfahren auf die in Euro oder in der Währung eines Mitgliedstaats außerhalb der Eurozone erbrachten Zahlungsdienste beschränke.

42 Dagegen ist nach Ansicht des vorlegenden Gerichts der Anwendungsbereich der Art. 20 und 21 der Richtlinie 2007/64 nicht auf Zahlungsdienste beschränkt, die in Euro oder in der Währung eines Mitgliedstaats außerhalb der Eurozone erbracht werden. Aus diesen Bestimmungen, insbesondere aus Art. 20 Abs. 5 dieser Richtlinie, könnte daher abgeleitet werden, dass die Behörden, deren Benennung nach diesen Bestimmungen den Mitgliedstaaten obliege, dafür zuständig seien, die Einhaltung nicht nur der Bestimmungen des Titels II der Richtlinie, sondern auch derjenigen ihrer Titel III und IV in Bezug auf die Erbringung von Zahlungsdiensten in anderen Währungen als dem Euro oder denen der Mitgliedstaaten außerhalb der Eurozone zu gewährleisten.

43 Das vorlegende Gericht ist schließlich der Ansicht, dass, wenn die Zuständigkeit, die die Richtlinie 2007/64 den nationalen Behörden wie der Finanzmarktkommission zuweise, auch die Tätigkeit von Zahlungsdienstleistern erfasse, die in Währungen von Drittländern erbracht würden, die Grenzen der Zuständigkeit dieser Behörden im Rahmen der Anwendung von Art. 75 dieser Richtlinie klargestellt werden müssten.

44 Hierzu stellt das vorlegende Gericht fest, dass das Zahlungsdienstegesetz die Finanzmarktkommission nicht ermächtige, Streitigkeiten zwischen Zahlungsdienstleistern und Zahlungsdienstnutzern beizulegen, da diese Zuständigkeit vielmehr den an der Transaktion Beteiligten (Art. 104), dem Ombudsmann des Verbands der Geschäftsbanken Lettlands oder den Gerichten (Art. 106) zukomme. Unter diesen Umständen sei zu klären, ob die Finanzmarktkommission im Rahmen des in den Art. 20 und 21 der Richtlinie 2007/64 vorgesehenen Aufsichtsverfahrens oder des in Art. 80 dieser Richtlinie vorgesehenen Beschwerdeverfahrens dafür zuständig sei, Streitigkeiten zwischen Zahler und Zahlungsdienstleister, die sich aus den in Art. 75 der Richtlinie genannten Rechtsbeziehungen ergäben, beizulegen, indem sie denjenigen bestimme, der für die nicht erfolgte oder fehlerhafte Ausführung eines Zahlungsvorgangs hafte. Sollte diese Frage bejaht werden, wäre der Beweiswert eines Schiedsspruchs zu bestimmen, mit dem eine Streitigkeit zwischen einem Zahler und einem Zahlungsdienstleister geregelt werde.

45 Aus diesen Gründen hat die Augstākā tiesa (Oberster Gerichtshof, Lettland) das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt: …

Zu den Vorlagefragen

Zur ersten Frage

46 Mit seiner ersten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2007/64 dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Regelung nicht entgegensteht, nach der die in Art. 82 dieser Richtlinie genannte Behörde für die Prüfung von Beschwerden und die Verhängung von Sanktionen im Fall von in der Währung eines Drittstaats erbrachten Zahlungsdiensten zuständig ist.

47 Insoweit ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die in Art. 2 Abs. 2 der Richtlinie 2007/64 genannten Titel III und IV dieser Richtlinie die Transparenz der Vertragsbedingungen und die Informationsanforderungen für Zahlungsdienste, die von allen in Art. 1 der Richtlinie aufgeführten Kategorien von Dienstleistern erbracht werden, bzw. die Rechte und Pflichten bei der Erbringung und Nutzung von Zahlungsdiensten betreffen. Diese Titel gelten für Zahlungsdienste, die in Euro oder in der Währung eines Mitgliedstaats außerhalb der Eurozone erbracht werden, unter der in Art. 2 Abs. 1 der Richtlinie aufgestellten Voraussetzung, dass sowohl der Zahlungsdienstleister des Zahlers als auch der des Zahlungsempfängers in der Union ansässig sind oder – falls nur ein einziger Zahlungsdienstleister an dem Zahlungsvorgang beteiligt ist – dieser in der Union ansässig ist.

48 Ferner ist hervorzuheben, dass die Mitgliedstaaten nach Art. 86 der Richtlinie 2007/64 in den Bereichen, in denen diese Richtlinie harmonisierte Bestimmungen enthält, keine anderen als die in dieser Richtlinie festgelegten Bestimmungen beibehalten oder einführen dürfen.

49 Wie der Generalanwalt in Nr. 37 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, handelt es sich im vorliegenden Fall um einen Bereich der geteilten Zuständigkeit im Sinne von Art. 2 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 4 Abs. 2 Buchst. a AEUV. Da die Union mit der Richtlinie 2007/64 ihre Rechtsetzungskompetenz zur Harmonisierung des Bereichs der in der Währung eines Drittstaats erbrachten Zahlungsdienste im Binnenmarkt nicht ausgeübt hat, können die Mitgliedstaaten vorsehen, dass auf die letztgenannte Kategorie von Zahlungsdiensten insbesondere die in dieser Richtlinie für Zahlungsdienste, die in Euro oder in der Währung eines Mitgliedstaats außerhalb der Eurozone erbracht werden, niedergelegten Bestimmungen der Titel III und IV Anwendung finden.

50 Nach alledem ist auf die erste Frage zu antworten … (s. Tenor, unter 1.).

Zur zweiten Frage

51 Mit seiner zweiten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob Art. 20 Abs. 5 und Art. 21 Abs. 2 der Richtlinie 2007/64 dahin auszulegen sind, dass die in Art. 20 Abs. 1 dieser Richtlinie genannte Behörde in Bezug auf Zahlungsdienste, die in der Währung eines Drittstaats erbracht werden, für die Ausübung der Aufsicht und die Verhängung von Sanktionen im Fall eines Verstoßes gegen die nationalen Rechtsvorschriften zur Umsetzung der Bestimmungen der Titel III und IV dieser Richtlinie zuständig ist.

52 Das vorlegende Gericht stützt die vorliegende Frage zum einen auf die Feststellung, dass in Bezug auf den sachlichen Anwendungsbereich von Titel II der Richtlinie 2007/64, der u. a. deren Art. 20 und 21 umfasse, keine Ausnahme gelte, die der in Art. 2 Abs. 2 dieser Richtlinie entspreche, und dass folglich die Bestimmungen dieses Titels auch auf Zahlungsdienste anwendbar seien, die in einer anderen Währung als dem Euro oder der Währung eines Mitgliedstaats außerhalb der Eurozone erbracht würden. Zum anderen leitet es aus Art. 20 Abs. 5 der Richtlinie 2007/64 ab, dass die zuständigen Behörden im Sinne dieser Bestimmung auch befugt seien, Kontrollen durchzuführen, um die Einhaltung der Bestimmungen der Titel III und IV dieser Richtlinie zu überprüfen und bei Verstößen gegen diese Bestimmungen Sanktionen zu verhängen.

53 Dazu ist erstens darauf hinzuweisen, dass die zuständigen Behörden im Sinne von Art. 20 der Richtlinie 2007/64 mit der Aufgabe der Überwachung der Zahlungsinstitute betraut sind, um die Einhaltung der Bestimmungen des Titels II dieser Richtlinie zu kontrollieren (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 10. März 2016, Safe Interenvíos, C‑235/14, EU:C:2016:154, Rn. 91 und 93).

54 Zweitens ergibt sich, wie der Generalanwalt in Nr. 46 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, aus den Art. 20 und 21 der Richtlinie 2007/64 – abgesehen davon, dass sie in Kapitel 1 („Zahlungsinstitute“) des Titels II dieser Richtlinie stehen –, dass sie ausschließlich auf Zahlungsinstitute im Sinne von Art. 4 Nr. 4 der Richtlinie Anwendung finden. Der persönliche Anwendungsbereich dieser Bestimmungen ist daher auf die von diesen Zahlungsinstituten gebildete Kategorie von Zahlungsdienstleistern beschränkt, so dass Kreditinstitute vom persönlichen Anwendungsbereich dieser Bestimmungen ausgeschlossen sind.

55 Der Ausschluss der Kreditinstitute vom persönlichen Anwendungsbereich des Titels II der Richtlinie 2007/64 wird durch deren Erwägungsgründe 8 und 11 bestätigt. Aus diesen Bestimmungen geht nämlich hervor, dass Kreditinstitute, die mit den Guthaben von Nutzern Zahlungen ausführen können, weiterhin den aufsichtsrechtlichen Anforderungen der Richtlinie 2006/48 unterliegen müssen, während Zahlungsinstitute, die ein spezialisierteres und eingeschränkteres Geschäftsfeld als Kreditinstitute haben und deren betriebsbedingte Risiken deshalb enger sind und leichter überwacht und gesteuert werden können, den gemäß der Richtlinie 2007/64 festgelegten Anforderungen unterliegen.

56 Aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten geht jedoch hervor, dass es sich bei der PrivatBank um ein Kreditinstitut im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 2007/64, der auf Art. 4 Nr. 1 Buchst. a der Richtlinie 2006/48 verweist, und nicht um ein Zahlungsinstitut handelt.

57 Da die Art. 20 und 21 der Richtlinie 2007/64 in persönlicher Hinsicht nicht auf Kreditinstitute anwendbar sind, braucht die zweite Frage des vorlegenden Gerichts nicht beantwortet zu werden.

Zur dritten Frage

58 Mit seiner dritten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Art. 20 und 21 oder die Art. 80 bis 82 der Richtlinie 2007/64 dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Regelung entgegenstehen, nach der die Behörden, auf die sie sich beziehen, bei der Ausübung ihrer jeweiligen Befugnisse befugt sind, Streitigkeiten zwischen einem Zahler und einem Zahlungsdienstleister, die aufgrund der nicht erfolgten oder fehlerhaften Ausführung eines Zahlungsvorgangs entstanden sind, zu regeln, indem sie gemäß den Bestimmungen von Art. 75 dieser Richtlinie denjenigen bestimmen, der für diese nicht erfolgte oder fehlerhafte Ausführung haftet.

59 Hierzu ist zunächst darauf hinzuweisen, dass, wie in den Rn. 54 und 55 des vorliegenden Urteils festgestellt, die Art. 20 und 21 der Richtlinie 2007/64 keine Anwendung finden, wenn, wie im Ausgangsverfahren, eine der Parteien des Rechtsstreits ein Kreditinstitut im Sinne von Art. 1 Abs. 1 Buchst. a dieser Richtlinie und kein Zahlungsinstitut im Sinne von Art. 4 Nr. 4 der Richtlinie ist. Daher ist die dritte Frage, soweit sie sich auf die Art. 20 und 21 der Richtlinie bezieht, nicht zu beantworten.

60 Was sodann die Art. 80 bis 82 der Richtlinie 2007/64 betrifft, ist der Gerichtshof, auch wenn diese Vorschriften nach Art. 2 Abs. 2 dieser Richtlinie auf Zahlungsdienste, die in der Währung eines Drittstaats erbracht werden, nicht anwendbar sind, im vorliegenden Fall gleichwohl für die Auslegung dieser Vorschriften im Wege der Vorabentscheidung zuständig, da der nationale Gesetzgeber sie für auf solche Zahlungsdienste anwendbar erklärt hat (vgl. entsprechend Urteile vom 21. Dezember 2011, Cicala, C‑482/10, EU:C:2011:868, Rn. 17, und vom 13. März 2019, E., C‑635/17, EU:C:2019:192, Rn. 35).

61 So ist erstens festzustellen, dass, wie im 50. Erwägungsgrund der Richtlinie 2007/64 klargestellt wird, die in ihren Art. 80 bis 82 vorgesehenen Verfahren sicherstellen sollen, dass Beschwerden gegen Zahlungsdienstleister, die den von ihnen zu beachtenden Vorschriften, zu denen die Vorschriften der Titel III und IV der Richtlinie gehören, nicht nachkommen, erhoben werden können und dass gegebenenfalls verhältnismäßige, wirksame und abschreckende Sanktionen verhängt werden.

62 Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass Art. 83 der Richtlinie 2007/64 parallel zu der den Mitgliedstaaten durch die Art. 80 bis 82 der Richtlinie 2007/64 auferlegten Verpflichtung, Beschwerde- und Sanktionsverfahren zu dem in diesen Vorschriften genannten Zweck zu schaffen, ihnen auch vorschreibt, außergerichtliche Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Nutzern und Zahlungsdienstleistern über die aus dieser Richtlinie erwachsenden Rechte und Pflichten einzurichten, gegebenenfalls unter Rückgriff auf bestehende Einrichtungen. Nach dem 51. Erwägungsgrund der Richtlinie besteht das entsprechende leicht zugängliche und kostengünstige Verfahren zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten unbeschadet des Rechts der Kunden, vor Gericht zu klagen.

63 Aus dem Vorstehenden ergibt sich, dass mit den in Art. 83 der Richtlinie 2007/64 vorgesehenen außergerichtlichen Verfahren zur Beilegung von Streitigkeiten zwischen Zahlungsdienstleistern und Zahlungsdienstnutzern ein Ziel verfolgt wird, das nicht mit dem Ziel der in Art. 80 dieser Richtlinie vorgesehenen Beschwerdeverfahren zusammenfällt. Letztere bezwecken nämlich weder die Beilegung von Streitigkeiten zwischen den betroffenen Zahlungsdienstleistern und Zahlungsdienstnutzern noch die Feststellung der zivilrechtlichen Haftung für den in diesem Zusammenhang erlittenen Schaden. Dies schließt es jedoch nicht aus, dass die zuständige Behörde im Sinne von Art. 82 der Richtlinie 2007/64 die nationalen Vorschriften zur Umsetzung von Art. 75 dieser Richtlinie anwenden kann, um die Begründetheit einer nach Art. 80 der Richtlinie eingelegten Beschwerde zu prüfen und Verstöße gegen diese Vorschriften gemäß Art. 81 der Richtlinie zu ahnden.

64 Daraus folgt, dass die für die Prüfung von Beschwerden und die Verhängung von Sanktionen nach den Art. 80 bis 82 der Richtlinie 2007/64 zuständige Behörde im Rahmen der ihr nach diesen Vorschriften zustehenden Zuständigkeiten nicht befugt ist, Streitigkeiten zwischen Zahlungsdienstleistern und Zahlungsdienstnutzern beizulegen. Diese Schlussfolgerung wird insbesondere durch Art. 80 Abs. 2 der Richtlinie bestätigt, wonach die Behörde, wenn sie über eine Beschwerde eines Zahlungsdienstnutzers entscheidet, den Beschwerdeführer gegebenenfalls auf die nach Art. 83 der Richtlinie eingerichteten außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren zu verweisen hat.

65 Zwar können die in den Art. 80 bis 82 der Richtlinie 2007/64 und in Art. 83 dieser Richtlinie vorgesehenen Befugnisse – wie in Art. 83 Abs. 1 der Richtlinie unter Berücksichtigung ihres 52. Erwägungsgrundes ausdrücklich vorgesehen – von ein und derselben nationalen Behörde ausgeübt werden. Gleichwohl bleiben auch in einem solchen Fall die in den Art. 80 bis 82 der Richtlinie 2007/64 genannten Beschwerde- und Sanktionsverfahren und die außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren nach Art. 83 dieser Richtlinie unterschiedliche und autonome Verfahren, so dass die Zuständigkeiten, die der nationalen Behörde im Rahmen von Beschwerde- und Sanktionsverfahren übertragen sind, nicht im Rahmen außergerichtlicher Streitbeilegungsverfahren ausgeübt werden können und umgekehrt.

66 Drittens ist darauf hinzuweisen, dass nach Art. 51 der Richtlinie 2007/64 die Parteien, wenn es sich bei dem Zahlungsdienstnutzer nicht um einen Verbraucher handelt, vereinbaren können, dass u. a. Art. 75 der Richtlinie ganz oder teilweise nicht angewandt wird. Im 20. Erwägungsgrund der Richtlinie, in dessen Licht Art. 51 zu lesen ist, wird nämlich hervorgehoben, dass Verbraucher und Unternehmen, da ihre Situation nicht dieselbe ist, nicht im selben Umfang geschützt zu werden brauchen. Zwar müssen die Verbraucherrechte, wie es im 20. Erwägungsgrund weiter heißt, durch Vorschriften geschützt werden, von denen vertraglich nicht abgewichen werden darf, doch sollte es Unternehmen und Organisationen freistehen, abweichende Vereinbarungen zu schließen. Im 20. Erwägungsgrund wird jedoch hinzugefügt, dass in jedem Fall bestimmte zentrale Bestimmungen der Richtlinie 2007/64 unabhängig vom Status des Nutzers immer gelten sollten.

67 Im vorliegenden Fall geht aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten hervor, dass Forcing Development, bei der es sich um ein Unternehmen und nicht um einen Verbraucher im Sinne von Art. 4 Nr. 11 der Richtlinie 2007/64 handelt, mit der PrivatBank durch einen am 11. April 2005 geschlossenen Vertrag über die Führung eines Girokontos vereinbart hat, die Anwendung der innerstaatlichen Rechtsvorschriften zur Umsetzung von Art. 75 dieser Richtlinie auf ihre Beziehungen als Zahlungsdienstnutzer und Zahlungsdienstleister auszuschließen.

68 Unter diesen Umständen ist es, wie der Generalanwalt in Nr. 103 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, Sache des vorlegenden Gerichts, zu beurteilen, ob dieser Vertrag über die Führung des Girokontos mit den nationalen Vorschriften zur Umsetzung der Richtlinie 2007/64 im Licht insbesondere ihres 20. Erwägungsgrundes vereinbar ist.

69 Nach alledem ist auf die dritte Frage zu antworten … (s. Tenor, unter 3.).

Zur vierten Frage

70 Mit seiner vierten Frage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die für die Ausübung der Aufsicht nach den Art. 20 und 21 der Richtlinie 2007/64 bzw. für die Prüfung von Beschwerden und die Verhängung von Sanktionen nach den Art. 80 bis 82 dieser Richtlinie zuständigen Behörden einen Schiedsspruch berücksichtigen müssen, der im Rahmen eines Streits zwischen einem Nutzer und einem Zahlungsdienstleister ergangen ist.

71 Einleitend ist darauf hinzuweisen, dass die Feststellungen in den Rn. 59 und 60 des vorliegenden Urteils auch für die Antwort gelten, die auf diese Frage zu geben ist. Zum einen sind nämlich die Art. 20 und 21 der Richtlinie 2007/64 auf einen Fall wie das Ausgangsverfahren nicht anwendbar, was eine Beantwortung des Teils der Frage, der die Auslegung dieser Vorschriften betrifft, überflüssig macht. Zum anderen hat der nationale Gesetzgeber die Art. 80 bis 82 dieser Richtlinie auf Zahlungsdienste, die nicht in den Anwendungsbereich der Richtlinie fallen, für anwendbar erklärt, was die Zuständigkeit des Gerichtshofs für die Beantwortung dieses Teils der Frage rechtfertigt.

72 Hierzu ist zunächst festzustellen, dass die Richtlinie 2007/64 keine Bestimmung über die Beweiskraft eines Schiedsspruchs im Rahmen der Beschwerde- und Sanktionsverfahren nach den Art. 80 und 82 dieser Richtlinie enthält.

73 Nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs ist es mangels einschlägiger unionsrechtlicher Vorschriften Aufgabe der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, die Modalitäten – wozu der Beweiswert eines Dokuments gehört – von Verwaltungs- und Gerichtsverfahren zu regeln, die den Schutz der den Bürgern aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, wobei sie den Äquivalenzgrundsatz und den Effektivitätsgrundsatz zu beachten haben (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 16. Dezember 1976, Rewe-Zentralfinanz und Rewe-Zentral, 33/76, EU:C:1976:188, Rn. 5, und vom 26. Juni 2019, Craeynest u. a., C‑723/17, EU:C:2019:533, Rn. 54) und die praktische Wirksamkeit des Unionsrechts nicht beeinträchtigen dürfen (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Oktober 2015, Orizzonte Salute, C‑61/14, EU:C:2015:655, Rn. 50, und vom 27. Juni 2018, Diallo, C‑246/17, EU:C:2018:499, Rn. 46).

74 Sodann ist darauf hinzuweisen, dass die Beschwerde- und Sanktionsverfahren nach den Art. 80 bis 82 der Richtlinie 2007/64 und die außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahren nach Art. 83 dieser Richtlinie, zu denen die Schiedsverfahren gehören, unterschiedlichen Zwecken und Zielen dienen, wie in Rn. 63 festgestellt worden ist.

75 Daraus folgt, dass die Möglichkeit, im Rahmen der Beschwerde- und Sanktionsverfahren nach den Art. 80 bis 82 der Richtlinie 2007/64 ein im Rahmen eines außergerichtlichen Streitbeilegungsverfahrens vorgelegtes Schriftstück nach Art. 83 dieser Richtlinie zu berücksichtigen, nach Maßgabe der spezifischen Ziele dieser Beschwerde- und Sanktionsverfahren und der subjektiven Rechte, die in diesem Zusammenhang zu gewährleisten sind, begrenzt wird.

76 Nach alledem ist auf die vierte Frage zu antworten … (s. Tenor, unter 4.).

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