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Arbeitsrecht
11.02.2021
Arbeitsrecht
BAG: TV-Eingruppierung für medizinisch-technische Laborassistentinnen (MTAL)

BAG, Urteil vom 16.12.2020 – 4 AZR 97/20

ECLI:DE:BAG:2020:161220.U.4AZR97.20.0

Volltext: BB-Online BBL2021-435-3

Orientierungssätze

1. Die Bestimmung der Arbeitsvorgänge iSv. § 12 Abs. 2 TVöD/VKA ist eine Rechts-frage und damit Aufgabe des Gerichts. Die Darlegungslast eines Beschäftigten im Ein-gruppierungsrechtsstreit umfasst deshalb nicht, seine Tätigkeit nach Arbeitsvorgängen gegliedert darzulegen. Ausreichend, aber auch erforderlich ist, neben der Darstellung der Arbeitsinhalte Angaben insbesondere zu den Arbeitsergebnissen, zu den Zusammenhangstätigkeiten und zu der Abgrenzbarkeit der verschiedenen Einzelaufgaben zu machen, die dem Gericht die Bestimmung von Arbeitsvorgängen ermöglichen (Rn. 19).

2. Die in Teil B Abschnitt XI Ziffer 10 Entgeltgruppe 9b Fallgruppe 2 TVöD/VKA genannten und von den Tarifvertragsparteien als schwierig bewerteten Aufgaben stellen nicht zwingend jeweils einen eigenen Arbeitsvorgang dar. Ausgangspunkt für die Bestimmung des Arbeitsvorgangs ist vielmehr das jeweilige Arbeitsergebnis. Die tarifliche Wertigkeit einer Aufgabe hat dabei außer Betracht zu bleiben (Rn. 17).

3. Rügt die gegnerische Partei im Verlauf des Verfahrens mehrfach und konkret das Fehlen von nach ständiger höchstrichterlicher Rechtsprechung erforderlichem Sach-vortrag, bedarf es keines entsprechenden Hinweises des Gerichts. Eine Zurückverweisung zur Ermöglichung weiteren Sachvortrags gebietet in einem solchen Fall auch Art. 103 Abs. 1 GG nicht (Rn. 24).

Sachverhalt

Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.

Die Klägerin ist staatlich geprüfte medizinisch-technische Laboratoriumsassistentin (MTLA) und seit dem 1. April 2012 bei der Beklagten im Institut für Laboratoriumsmedizin  und  Mikrobiologie  beschäftigt.  Für  die  Tätigkeit  einer „MTLA / MFA im Institut für Laboratoriumsmedizin“ existiert eine Stellenbeschreibung aus dem Jahr 2008. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finden kraft arbeitsvertraglicher Bezugnahme ua. der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst in der für den Bereich der Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände geltenden Fassung (TVöD/VKA) und der Tarifvertrag zur Überleitung der Beschäftigten der kommunalen Arbeitgeber in den TVöD und zur Regelung des Übergangsrechts (TVÜ-VKA) Anwendung.

Die  Klägerin führt  unter anderem  immunhämatologische  Untersuchungen mit Befunderstellungen durch. Diese Tätigkeit umfasst auch die Durchführung  sog.  Coombs-Tests  zur  Antikörpersuche  und  -differenzierung.  Können Antikörper  bei  der  Beklagten  nicht  bestimmt  werden,  wird  die  weitere  Antikörperidentifikation an ein Fremdlabor vergeben. Daneben fallen im Bereich der Immunhämatologie (sog. Blutbank) noch folgende Tätigkeiten an: Blutgruppenbestimmungen, die manuelle Durchführung von immunhämatologischen Untersuchungen, die Annahme und das Einbuchen von Blutprodukten, die Ausgabe von Blutprodukten, die Zuordnung der Blutprodukte zum Patienten, die Kommunikation mit den Stationen, die Reagenzien- und Verbrauchsmittelbestellung sowie die Vorbereitung des Versands für Antikörperdifferenzierungen. 

Die  Beklagte  vergütet  die  Klägerin  nach  Entgeltgruppe 8  Teil B  Abschnitt XI Ziffer 10 der Anlage 1 - Entgeltordnung (VKA) zum TVöD/VKA (nachfolgend TVöD/VKA). Eine von ihr mit anwaltlichem Schreiben vom 18. September 2017 nach § 29b TVÜ-VKA rückwirkend ab dem 1. Januar 2017 begehrte Höhergruppierung nach Entgeltgruppe 9b TVöD/VKA lehnte die Beklagte ab.

Die Klägerin hat die Auffassung vertreten, ihre Tätigkeit in der Immunhämatologie, die mehr als 50 vH der Arbeitszeit ausmache, erfülle die Anforderungen der Entgeltgruppe 9b Fallgruppe 2 TVöD/VKA. Jeder Coombs-Test sei kraft tariflicher Bestimmung als schwierige Antikörperbestimmung zu werten.

Die Klägerin hat zuletzt beantragt

festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin ab 1. Januar 2017 Entgelt nach der Entgeltgruppe  9b der Entgeltordnung zum TVöD/VKA Teil B XI 10 zu bezahlen.

 Die Beklagte hat Klageabweisung beantragt. Die Klägerin habe bereits nicht schlüssig dargelegt, dass sie das maßgebliche Tätigkeitsmerkmal in zeitlich erforderlichem Umfang erfülle. Im Übrigen würden Coombs-Tests bei der Beklagten nicht zur Durchführung schwieriger Antikörperbestimmungen verwendet, sondern nur für Routinediagnostik, wie zB der Antikörpersuche. Die in geringem Umfang  durchgeführten  Antikörperbestimmungen  seien  einfacher  Natur.  Der Coombs-Test sei eine diagnostische Technik und kein Eingruppierungsmerkmal.

Es bestehe deshalb auch kein Arbeitsvorgang „Coombs-Tests“.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen, das Landesarbeitsgericht hat  die  hiergegen  gerichtete  Berufung  der  Klägerin  zurückgewiesen.  Mit  ihrer vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Aus den Gründen

9          Die zulässige Revision ist unbegründet. Das Landesarbeitsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, die Klägerin habe keinen Anspruch auf Vergütung nach Entgeltgruppe 9b TVöD/VKA.

10        I.   Der Feststellungsantrag der Klägerin ist als allgemein übliche Eingruppierungsfeststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig (etwa BAG 13. November 2019 - 4 AZR 490/18 - Rn. 12 mwN, BAGE 168, 306).

11        II.   Die Klage ist jedoch unbegründet. Die Klägerin hat schon nicht schlüssig dargelegt, dass sie das Tätigkeitsmerkmal der Entgeltgruppe 9b TVöD/VKA in Gestalt der hier allein relevanten Fallgruppe 2 erfüllt.

12        1.  Die maßgeblichen Tätigkeitsmerkmale im Teil B Abschnitt XI „Beschäftigte in Gesundheitsberufen“ der Anlage 1 zum TVöD/VKA lauten:

 „10.  Medizinisch-technische  Assistentinnen  und Assistenten

Vorbemerkung

Medizinisch-technische  Assistentinnen  und  Assistenten im  Sinne  dieses  Abschnitts  sind  Medizinisch-technische Assistentinnen  und  Assistenten  für  Funktionsdiagnostik, Medizinisch-technische Laboratoriumsassistentinnen und  -assistenten, … 

Entgeltgruppe 7

Staatlich geprüfte Medizinisch-technische Assistentinnen und  Assistenten  sowie  Zytologisch-technische  Assistentinnen und Assistenten mit jeweils entsprechender Tätigkeit.

Entgeltgruppe 8

Beschäftigte  der Entgeltgruppe 7,  die mindestens  zu  einem Viertel schwierige Aufgaben erfüllen.

(Hierzu Protokollerklärung Nr. 1)

Entgeltgruppe 9a

Beschäftigte  der Entgeltgruppe 7,  die  schwierige  Aufgaben erfüllen.

(Hierzu Protokollerklärung Nr. 1)

 Entgeltgruppe 9b

  …

2.  Beschäftigte der Entgeltgruppe 7, die mindestens zur Hälfte eine oder mehrere der folgenden Aufgaben erfüllen:

-  Wartung und Kalibrierung von hochwertigen und schwierig  zu  bedienenden  Messgeräten  (z.B.  Autoanalyzern),

-  Virusisolierungen oder ähnlich schwierige mikrobiologische  Verfahren,  Gewebezüchtungen, schwierige  Antikörperbestimmungen  (z.B. Coombs-Test),

    …“

13        2.  Gemäß § 12 Abs. 2 Satz 1 und Satz 2 TVöD/VKA ist der Beschäftigte in der Entgeltgruppe eingruppiert, deren Tätigkeitsmerkmalen die gesamte von ihm nicht nur vorübergehend auszuübende Tätigkeit entspricht. Das ist der Fall, wenn zeitlich mindestens zur Hälfte Arbeitsvorgänge anfallen, die für sich genommen die Anforderungen eines Tätigkeitsmerkmals oder mehrerer Tätigkeitsmerkmale dieser Entgeltgruppe erfüllen. Bezugspunkt der tariflichen Bewertung ist danach der Arbeitsvorgang. Maßgebend für die Bestimmung des Arbeitsvorgangs ist das Arbeitsergebnis. Für die Beurteilung, ob eine oder mehrere Einzeltätigkeiten zu einem Arbeitsergebnis führen, sind eine natürliche Betrachtungsweise und die durch  den  Arbeitgeber  vorgenommene  Arbeitsorganisation  ausschlaggebend. Dabei kann die gesamte vertraglich geschuldete Tätigkeit einen einzigen Arbeitsvorgang  ausmachen.  Einzeltätigkeiten  können  dann  nicht  zusammengefasst werden, wenn die verschiedenen Arbeitsschritte von vornherein auseinandergehalten und organisatorisch voneinander getrennt sind. Hierfür reicht jedoch die theoretische  Möglichkeit,  einzelne  Arbeitsschritte  oder Einzelaufgaben  verwaltungstechnisch isoliert auf andere Beschäftigte zu übertragen, nicht aus. Bei der Zuordnung  zu  einem Arbeitsvorgang  können  wiederkehrende und  gleichartige Tätigkeiten  zusammengefasst  werden.  Dem  Arbeitsvorgang  hinzuzurechnen sind dabei nach Satz 1 der Protokollerklärung zu § 12 Abs. 2 TVöD/VKA auch Zusammenhangsarbeiten.  Das  sind  solche,  die  aufgrund  ihres  engen  Zusammenhangs mit bestimmten Aufgaben eines Beschäftigten bei der tariflichen Bewertung  zwecks  Vermeidung  tarifwidriger  „Atomisierung“  der  Arbeitseinheiten nicht abgetrennt werden dürfen, sondern diesen zuzurechnen sind. Die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte bleibt dabei zunächst außer Betracht. Erst nachdem die Bestimmung des Arbeitsvorgangs erfolgt ist, ist dieser anhand des in Anspruch genommenen Tätigkeitsmerkmals zu  bewerten  (vgl.  umfassend  dazu  zuletzt  BAG  9. September  2020  - 4 AZR 195/20 - Rn. 27 ff. mwN).

14        3.  Der Begriff des „Arbeitsvorgangs“ ist ein feststehender, abstrakter, von den Tarifvertragsparteien vorgegebener Rechtsbegriff. Seine Anwendung durch die  Tatsachengerichte  ist  revisionsgerichtlich  in  vollem  Umfang  nachprüfbar (st. Rspr.,  zB  BAG  16. Oktober  2019  - 4 AZR  284/18 -  Rn. 18).  Einer  solchen Überprüfung hält die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts im Hinblick auf die Bestimmung von Arbeitsvorgängen nicht stand.

15        a)  Das  Landesarbeitsgericht  hat  selbst  keine  Arbeitsvorgänge  bestimmt, sondern sich im Wege der Bezugnahme nach § 69 Abs. 2 ArbGG die Ausführungen des Arbeitsgerichts zu eigen gemacht. Das Arbeitsgericht wiederum ist unter Hinweis  auf  ältere  Rechtsprechung  des  Senats  zur  Vorgängerregelung  in Teil II Abschnitt D Vergütungsgruppe Vc Fallgruppe 24 der Anlage 1a zum Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAG 19. März 2003 - 4 AZR 336/02 - zu I 7 b cc der Gründe)  davon  ausgegangen,  die  einzelnen  in  Entgeltgruppe 9b  Fallgruppe 2 TVöD/VKA genannten Aufgaben würden jeweils eigene Arbeitsvorgänge bilden. Zwar bliebe die tarifliche Wertigkeit der verschiedenen Einzeltätigkeiten oder Arbeitsschritte bei der Bestimmung von Arbeitsvorgängen grundsätzlich außer Betracht. Vorliegend bestünde jedoch die Besonderheit, dass sich der Arbeitsvorgang und das tarifliche Tätigkeitsmerkmal vollumfänglich deckten. Zum Arbeitsvorgang  „schwierige  Antikörperbestimmungen  (z.B.  Coombs-Test)“  könnten demnach  tatbestandlich  - abgesehen  von  Zusammenhangstätigkeiten -  nur schwierige Antikörperbestimmungen zählen.

16        b)  Diese Auffassung ist nicht frei von Rechtsfehlern. 

17        Dabei ist zunächst unbedenklich, sich bei der Bestimmung von Arbeitsvorgängen auf die Tätigkeit in der sog. Blutbank (Immunhämatologische Untersuchungen nach Ziff. 4 der Stellenbeschreibung 2008) zu beschränken. Die dortigen  Tätigkeiten  machen  nach  dem  - insoweit  nicht  bestrittenen -  Vortrag  der Klägerin mehr als die Hälfte ihrer Arbeitszeit aus. Es fehlt aber eine tragfähige Begründung  für  die  Annahme  des  Berufungsgerichts,  bei  Durchführung  der - nicht näher beschriebenen - Coombs-Tests handle es sich bezogen auf das Arbeitsergebnis stets um einen Arbeitsvorgang im Tarifsinn, zu dem dann allerdings „tatbestandlich  nur  schwierige  Antikörperbestimmungen  zählen“  sollen.  Zwar können die in der Entgeltgruppe 9b Fallgruppe 2 TVöD/VKA genannten Aufgaben je nach tatsächlicher Arbeitsorganisation bei natürlicher Betrachtungsweise ein abgrenzbares Arbeitsergebnis darstellen. Ausgangspunkt für die Bestimmung des Arbeitsvorgangs muss aber stets - wie ausgeführt - das jeweilige Arbeitsergebnis selbst sein und nicht, ob und wie ausdifferenziert die Tarifvertragsparteien ggf. einzelne Aufgaben in Tätigkeitsmerkmalen benennen. Die Vorinstanzen verknüpfen insoweit die Feststellung des Arbeitsergebnisses unzulässig mit der tariflichen Wertigkeit einer Aufgabe.

18        4.  Die  Entscheidung  des  Landesarbeitsgerichts  erweist  sich  trotz  dieses Rechtsfehlers  im  Ergebnis  als  richtig  (§ 561  ZPO).  Es  fehlt  bereits  an  einem schlüssigen Vortrag der Klägerin zu den von ihr auszuübenden Tätigkeiten und ihren Zeitanteilen.

19        a)  Im  Eingruppierungsrechtsstreit  umfasst  die  Darlegungslast  eines  Beschäftigten nicht, seine Tätigkeit nach Arbeitsvorgängen gegliedert darzulegen. Vielmehr ist die Bestimmung der Arbeitsvorgänge selbst eine Rechtsfrage und damit Aufgabe des Gerichts. Erforderlich sind aber neben der Darstellung der Arbeitsinhalte Angaben insbesondere zu den Arbeitsergebnissen, zu den Zusammenhangstätigkeiten und zu der Abgrenzbarkeit der verschiedenen Einzelaufgaben,  die  dem  Gericht  die  Bestimmung  von  Arbeitsvorgängen  ermöglichen (st. Rspr., zuletzt zB BAG 13. Mai 2020 - 4 AZR 173/19 - Rn. 17 mwN).

20        b)  Hieran fehlt es im Hinblick auf die neben der Durchführung der Coombs-Tests in der sog. Blutbank auszuübenden Arbeitsleistungen und deren zeitlichem Umfang. Dies nimmt das Landesarbeitsgericht in seiner zweiten tragenden Begründung zutreffend an.

21        aa)  Die Klägerin hatte prozesseinleitend vorgetragen, sie sei zu 51 vH ihrer Tätigkeit in der sog. Blutbank tätig, „dies entspricht Ziff. 4 der Stellenbeschreibung“. Dort fielen gleichartige Arbeitsvorgänge im Tarifsinn an, es würden sog. Coombs-Tests durchgeführt. Dieser Aufgabe sei noch ein Anteil von mehreren Prozent der Tätigkeit im Spätdienst zuzuordnen. Auf den erstinstanzlichen Einwand der Beklagten, die zeitliche Anforderung der Entgeltgruppe 9b TVöD/VKA sei nicht erfüllt, weil in der Blutbank neben der Durchführung der Coombs-Tests noch „weitere Arbeitsvorgänge“ anfielen, zu deren zeitlicher Abgrenzung voneinander es an einem Vortrag fehle, hat die Klägerin lediglich die Auffassung vertreten, alle Tätigkeiten in der Immunhämatologie seien als Arbeitsvorgänge der „Antikörperbestimmung mittels Coombs-Test“ zu werten (Schriftsatz vom 28. November 2018). In der Berufungsinstanz hat sie lediglich ihren erstinstanzlichen Vortrag in Bezug genommen und die Auffassung vertreten, die Arbeit in der sog. Blutbank stelle einen Arbeitsvorgang dar, der nicht weiter aufgespalten werden könne, selbst wenn hierbei unterschiedliche Tätigkeiten anfallen würden. Gleichwohl hat sie in anderem Zusammenhang selbst darauf hingewiesen, dass „die normale  Blutgruppenbestimmung  also  die  Serologie  im  Unterschied  zu  den Coombs-Tests eine einfache Antikörperbestimmung sei“. Während der (automatischen) Durchführung der Coombs-Tests würden „zwischendrin“ „natürlich auch Blutgruppen bestimmt oder Telefonate geführt, Verbrauchsmaterialien … aufgefüllt“. Ziel des Arbeitsvorgangs sei, „Laborbefunde zu bearbeiten“.

22        bb)  Mit diesem Vortrag genügt die Klägerin ihrer Darlegungslast nicht. Bereits aus der von ihr mit der Klagebegründung vorgelegten Stellenbeschreibung ergeben sich Anhaltspunkte für die Erbringung unterschiedlicher Arbeitsleistungen in der sog. Blutbank, die zu unterschiedlichen Arbeitsergebnissen im Tarifsinn führen könnten. In der Stellenbeschreibung sind unter Ziffer 4 neben verschiedenen Untersuchungen und Tests, die mit dem Klammerzusatz „Coombs-teste“ gekennzeichnet sind, die „Bestimmung der Blutgruppe und deren eigenverantwortliche Befunderstellung“ sowie die „manuelle Durchführung von immunhämatologischen Untersuchungen inklusive Qualitätskontrolle“ aufgeführt. Daneben sind weitere Tätigkeiten genannt, wie beispielsweise die Vorbereitung des Versands, die Annahme und das Einbuchen von Blutprodukten und die Reagenzien- und Verbrauchsmittelbestellung. Eine Erläuterung hierzu erfolgte durch die Klägerin nicht. Auch im Folgenden hat sie es trotz mehrfacher Rügen der Beklagten - ua. zum zeitlichen Umfang einer Vielzahl weiterer Tätigkeiten in der sog. Blutbank - unterlassen, Tatsachen zu ihren genauen Tätigkeiten und deren Zeitanteilen vorzutragen, die den Vorinstanzen und nunmehr dem Senat (vgl. dazu BAG 13. Mai 2020 - 4 AZR 173/19 - Rn. 15) ermöglicht hätten, Arbeitsvorgänge zu bestimmen. Es spricht vieles dafür, dass es sich jedenfalls bei der Blutgruppenbestimmung um einen eigenständigen Arbeitsvorgang handelt, der von der Antikörpersuche/-differenzierung  mittels  Coombs-Tests  zu  unterscheiden  ist. Mangels konkreten Tatsachenvortrags der Klägerin hierzu kann dies aber nicht abschließend beurteilt werden. Gleiches gilt im Hinblick auf die Zuordnung von etwaigen Zusammenhangstätigkeiten und deren zeitlichen Anteilen. Der bloße Hinweis der Klägerin, Ziel des Arbeitsvorgangs sei, „Laborbefunde zu bearbeiten“, ändert hieran nichts.

23        cc)  Die Ausführungen in der Revision führen zu keinem anderen Ergebnis. Ob die erhobene Verfahrensrüge zulässig und begründet ist, kann dahinstehen. Die Berücksichtigung des genannten erstinstanzlichen Schriftsatzes vom 28. November 2018 ergibt - wie dargelegt - kein anderes Ergebnis. Soweit die Klägerin meint, die Durchführung anderer Tätigkeiten - wie Blutgruppenbestimmungen - würde am zeitlichen Überwiegen der Durchführung der Coombs-Tests nichts ändern, fehlt es insoweit an einem hinreichenden Vortrag zur Bestimmung der Arbeitsvorgänge  und  zu  deren  zeitlichen Anteilen.  Allein  der Umstand,  dass  die Coombs-Tests automatisiert im Hintergrund ablaufen, während sie andere Tätigkeiten ausübt, führt nicht zwingend zu einem einheitlichen Arbeitsvorgang in der sog. Blutbank. Tatsächliche Anhaltspunkte für eine solche Annahme - die ein einheitliches Arbeitsergebnis voraussetzen - hat die Klägerin nicht vorgetragen.

24        c)  Eine  Zurückverweisung  an  das  Landesarbeitsgericht  zur  Gewährung rechtlichen Gehörs  (Art. 103 Abs. 1 GG) ist nicht erforderlich. Zwar haben die Vorinstanzen  der  Klägerin  keinen  Hinweis  auf  ihren  unzureichenden  Vortrag nach § 139 ZPO erteilt. Ein solcher war bei dem dargestellten Prozessverlauf aber nicht erforderlich. Es entspricht ständiger Rechtsprechung, dass die Darlegungslast im Eingruppierungsprozess Tatsachenvortrag zu den konkreten Tätigkeiten und ihren Zeitanteilen erfordert, der dem Gericht die Bestimmung von Arbeitsvorgängen ermöglicht. Wenn vor diesem Hintergrund die gegnerische Partei mehrfach und konkret im Hinblick auf bestimmte Tätigkeiten das Fehlen  eines solchen Vortrags rügt, bedarf es keines weiter gehenden Hinweises des Gerichts (BAG 24. Januar 2007 - 4 AZR 28/06 - Rn. 37 mwN; BGH 20. Dezember 2007 - IX ZR 207/05 - Rn. 2 mwN). Selbst wenn die Klägerin diesen Aspekt zunächst iSv. § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO übersehen haben sollte, hat sie spätestens im Berufungsverfahren die Problematik erkannt und mit dem am 20. September 2019 eingegangenen Schriftsatz hierzu Stellung genommen. Dieser Schriftsatz enthält aber  nicht  den  notwendigen Sachvortrag,  sondern  lediglich  eine abweichende Rechtsauffassung. Darauf, dass das Gericht dieser folgt, durfte sie sich nicht verlassen.

25        III.  Die Klägerin hat die Kosten der Revision zu tragen, § 97 Abs. 1 ZPO.

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