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Steuerrecht
10.03.2022
Steuerrecht
EuGH-Schlussanträge: Zwischenschaltung einer Holdinggesellschaft bei den Umsätzen der Tochtergesellschaften – Weitgehend steuerfreie Tätigkeiten der Tochtergesellschaften

GA Pitruzzella, Schlussanträge vom 3.3.2022 – C-98/21; Finanzamt R gegen W-GmbH

ECLI:EU:C:2022:160

Volltext BB-Online BBL2022-597-1

Tenor

1.         Art. 168 Buchst. a in Verbindung mit Art. 167 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass einer geschäftsleitenden Holding, die steuerpflichtige Ausgangsumsätze an Tochtergesellschaften ausführt, das Recht auf Abzug der entrichteten Mehrwertsteuer für Leistungen, die sie von Dritten bezieht und gegen die Gewährung einer Beteiligung am allgemeinen Gewinn in die Tochtergesellschaften einlegt, nicht zusteht, wenn die bezogenen Eingangsleistungen nicht in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit den eigenen Umsätzen der Holding, sondern mit den (weitgehend) steuerfreien Tätigkeiten der Tochtergesellschaften stehen, die bezogenen Eingangsleistungen in den Preis der (an die Tochtergesellschaften erbrachten) steuerpflichtigen Umsätze keinen Eingang finden und nicht zu den allgemeinen Kostenelementen der eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit der Holding gehören.

2.         Wenn eine geschäftsleitende Holding derart in den Leistungsbezug von Tochtergesellschaften „zwischengeschaltet“ wird, dass sie die Leistungen, für die den Tochtergesellschaften bei unmittelbarem Leistungsbezug kein Recht auf Vorsteuerabzug zustünde, selbst bezieht, in die Tochtergesellschaften gegen Beteiligung an deren Gewinn einlegt und anschließend unter Berufung auf ihre Stellung als geschäftsleitende Holding den vollen Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen geltend macht, stellt dies einen Steuervorteil dar, dessen Gewährung dem mit den Bestimmungen der Mehrwertsteuerrichtlinie über den Vorsteuerabzug verfolgten Ziel zuwiderläuft. Dieser Vorgang stellt einen Rechtsmissbrauch dar, auch wenn er durch außersteuerrechtliche Gründe gerechtfertigt werden kann, sofern ersichtlich ist, dass damit im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird.

Aus den Gründen

1.         Das vorliegende Vorabentscheidungsersuchen des Bundesfinanzhofs (Deutschland) betrifft im Wesentlichen bestimmte Aspekte der Möglichkeit des Vorsteuerabzugs durch eine Holdinggesellschaft.

2.         Holdinggesellschaften sind im Allgemeinen Gesellschaften, die einen Teil oder die Gesamtheit des Kapitals anderer Unternehmen halten, die unterschiedliche Wirtschaftssektoren oder unterschiedliche Stadien desselben Produktionsprozesses zum Gegenstand haben können. Hinsichtlich der ausgeübten Tätigkeit wird zwischen der „reinen Holding“, deren Tätigkeit sich auf den Erwerb und das Halten von Gesellschaftsanteilen sowie auf die Ausübung der damit verbundenen Anteilseignerrechte beschränkt, und der „gemischten Holding“, die neben der angeführten Tätigkeit eine eigene Erzeugungs- oder Handelstätigkeit ausübt, unterschieden.

3.         Das Unionsrecht im Bereich der Mehrwertsteuer – d. h. die Richtlinie des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (im Folgenden: Mehrwertsteuerrichtlinie)(2) enthält keine besonderen Bestimmungen zu Holdinggesellschaften. Aus diesem Grund wurde die für sie geltende rechtliche Regelung im Laufe der Zeit in mehreren Urteilen des Gerichtshofs bestätigt. Der Bereich wirft jedoch wegen der Vielfalt und Komplexität der in der Praxis auftretenden Sachverhalte und der Schwierigkeiten bei ihrer Einbindung in ein einheitliches System weiterhin Fragen auf.

4.         Im vorliegenden Fall geht es um das Recht der W‑GmbH (im Folgenden: W oder Klägerin) – einer gemischten Holding, die eine Kontrollbeteiligung an den Gesellschaften X‑KG und Y‑KG (im Folgenden auch: Tochtergesellschaften) hält, für die sie auch entgeltlich Dienstleistungen der Verwaltung und Buchführung erbringt –, die Vorsteuer für den Erwerb von Gegenständen und Dienstleistungen abzuziehen, die sie als Gesellschafterbeitrag für die weitgehend mehrwertsteuerfreien gewerblichen Tätigkeiten der Tochtergesellschaften verwendet.

5.         Der Gerichtshof wird hier um Klarstellung ersucht, ob Art. 168 Buchst. a in Verbindung mit Art. 167 der Mehrwertsteuerrichtlinie dahin auszulegen ist, dass dieses Recht auf Vorsteuerabzug besteht.

6.         Für den Fall, dass diese Frage bejaht wird, ist auch zu klären, ob ein solcher Vorgang als missbräuchlich angesehen werden kann, da die Tochtergesellschaften nicht zum vollen Vorsteuerabzug berechtigt wären, wenn sie die betreffenden Gegenstände und Dienstleistungen nicht von der Holdinggesellschaft bezogen, sondern unmittelbar erworben hätten.

I.          Rechtlicher Rahmen

A.         Unionsrecht

7.         Art. 2 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie sieht Folgendes vor:

„Der Mehrwertsteuer unterliegen folgende Umsätze:

a)         Lieferungen von Gegenständen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt tätigt;

c)         Dienstleistungen, die ein Steuerpflichtiger als solcher im Gebiet eines Mitgliedstaats gegen Entgelt erbringt;

…“

8.         Art. 9 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie lautet:

„Als ‚Steuerpflichtiger‘ gilt, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbstständig ausübt.

Als ‚wirtschaftliche Tätigkeit‘ gelten alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden einschließlich der Tätigkeiten der Urproduzenten, der Landwirte sowie der freien Berufe und der diesen gleichgestellten Berufe. Als wirtschaftliche Tätigkeit gilt insbesondere die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen.“

9.         Nach Art. 167 der Richtlinie „[entsteht d]as Recht auf Vorsteuerabzug …, wenn der Anspruch auf die abziehbare Steuer entsteht.“

10.       Art. 168 dieser Richtlinie sieht vor:

„Soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden, ist der Steuerpflichtige berechtigt, in dem Mitgliedstaat, in dem er diese Umsätze bewirkt, vom Betrag der von ihm geschuldeten Steuer folgende Beträge abzuziehen:

a)         die in diesem Mitgliedstaat geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht wurden oder werden;

…“

B.         Deutsches Recht

11.       § 2 des Umsatzsteuergesetzes vom 21. Februar 2005(3) (im Folgenden: UStG) bestimmt:

„(1)       Unternehmer ist, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Das Unternehmen umfasst die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Gewerblich oder beruflich ist jede nachhaltige Tätigkeit zur Erzielung von Einnahmen, auch wenn die Absicht, Gewinn zu erzielen, fehlt oder eine Personenvereinigung nur gegenüber ihren Mitgliedern tätig wird.

(2)        Die gewerbliche oder berufliche Tätigkeit wird nicht selbständig ausgeübt,

1.         soweit natürliche Personen, einzeln oder zusammengeschlossen, einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers zu folgen verpflichtet sind;

2.         wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des Organträgers eingegliedert ist (Organschaft). Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln. …“

12.       § 15 („Vorsteuerabzug“) UStG lautet:

„(1)       Der Unternehmer kann die folgenden Vorsteuerbeträge abziehen:

1.         die gesetzlich geschuldete Steuer für Lieferungen und sonstige Leistungen, die von einem anderen Unternehmer für sein Unternehmen ausgeführt worden sind. …“

13.       § 42 der Abgabenordnung(4) in ihrer auf den Ausgangsrechtsstreit anwendbaren Fassung (im Folgenden: AO) bestimmt:

„(1)       Durch Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts kann das Steuergesetz nicht umgangen werden. Ist der Tatbestand einer Regelung in einem Einzelsteuergesetz erfüllt, die der Verhinderung von Steuerumgehungen dient, so bestimmen sich die Rechtsfolgen nach jener Vorschrift. Anderenfalls entsteht der Steueranspruch beim Vorliegen eines Missbrauchs im Sinne des Absatzes 2 so, wie er bei einer den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen rechtlichen Gestaltung entsteht.

(2)        Ein Missbrauch liegt vor, wenn eine unangemessene rechtliche Gestaltung gewählt wird, die beim Steuerpflichtigen oder einem Dritten im Vergleich zu einer angemessenen Gestaltung zu einem gesetzlich nicht vorgesehenen Steuervorteil führt. Dies gilt nicht, wenn der Steuerpflichtige für die gewählte Gestaltung außersteuerliche Gründe nachweist, die nach dem Gesamtbild der Verhältnisse beachtlich sind.“

II.    Sachverhalt, Ausgangsverfahren und Vorlagefragen

14.       W ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, die den Ankauf, die Verwaltung und die Verwertung von Grundbesitz sowie die Projektierung, Sanierung und Erstellung von Bauvorhaben betreibt.

15.       Im Jahr 2013 war sie an der X‑KG und der Y‑KG beteiligt, die beide in Form von GmbH & Co. KG. gegründet wurden und Bauobjekte errichteten und die Wohneinheiten veräußerten, überwiegend umsatzsteuerfrei.

16.       Insbesondere waren im Streitjahr an der X‑KG die Z‑KG, die 6 % der Anteile hielt, und W mit 94 % der Anteile beteiligt. Am 31. Januar 2013 wurde vereinbart, dass die Z‑KG für die Tochtergesellschaft ein Aufgeld in Höhe von 600 000 Euro als Gesellschafterbeitrag leistet und W unentgeltliche Dienstleistungen in Höhe von 9 400 000 Euro für zwei Bauprojekte der X‑KG erbringt. Im vorliegenden Fall sollte W zugunsten von X‑KG Dienstleistungen betreffend die Planung der Energieversorgung, die Wärmedämmung und den Netzanschluss, Architektenleistungen, Generalunternehmer-Dienstleistungen, Erschließungsdienstleistungen und Vertriebsdienstleistungen sowie statische Berechnungen erbringen, die sie teilweise mit eigenem Personal und eigenen Geräten, teilweise mit Hilfe anderer Unternehmen erbrachte.

17.       Am selben Tag schlossen W und X‑KG eine weitere Vereinbarung, nach der die Erstere im Zusammenhang mit den angeführten Bauprojekten gegen Entgelt Buchführungs- und Geschäftsführungsleistungen für die X‑KG erbringen werde. Diese Dienstleistungen umfassten die Einstellung und Entlassung von Personal, den Materialeinkauf, die Aufstellung der Jahresabschlüsse sowie der Steuererklärungen und ihre Übermittlung an das Finanzamt. Ausdrücklich ausgenommen aus diesen Buchführungs- und Geschäftsführungsleistungen waren die Leistungen, die die Klägerin als Gesellschafterbeitrag zu leisten hatte.

18.       Im Jahr 2013 hielt W 89,64 % der Anteile an der Y‑KG. Die übrigen Anteile wurden von der P I GmbH gehalten. Am 10. April 2013 wurde vereinbart, dass die P I GmbH ein Aufgeld in Höhe von 3 500 000 Euro an die Y‑KG leistet und W unentgeltliche Dienstleistungen – entsprechend den in Nr. 16 der vorliegenden Schlussanträge beschriebenen – in Höhe von 30 290 000 Euro für ein Bauprojekt der Y‑KG erbringt. Am selben Tag schlossen W und die Y‑KG auch eine Vereinbarung, wonach die Erstere für die Zweitere gegen Entgelt Buchführungs- und Geschäftsführungsleistungen erbringen werde, die mit den vorstehend in Nr. 17 angeführten vergleichbar sind.

19.       In ihren Umsatzsteuererklärungen für 2013 zog W die gesamte auf ihre Eingangsumsätze entrichtete Mehrwertsteuer ab. Im Anschluss an eine Steuerprüfung vertrat die deutsche Steuerverwaltung jedoch die Auffassung, dass die Gesellschafterbeiträge von W zugunsten der X‑KG und Y‑KG als nicht steuerbare Tätigkeiten einzustufen seien, da sie nicht zur Erzielung von Einnahmen in umsatzsteuerrechtlichem Sinn gedient hätten und daher nicht der unternehmerischen Tätigkeit der Holdinggesellschaft zuzuordnen seien. Vorsteuerbeträge, die mit diesen Tätigkeiten zusammenhingen, seien daher nicht abziehbar.

20.       Nachdem ihr Einspruch zurückgewiesen worden war, erhob W Klage beim Niedersächsischen Finanzgericht (Deutschland), das der Klage mit Entscheidung vom 19. April 2018 stattgab. Laut diesem Gericht habe W die Vorsteuer in voller Höhe abziehen können, weil die Erbringung von Buchführungs- und Geschäftsführungsleistungen durch W an die X‑KG und Y‑KG mit unmittelbaren oder mittelbaren Eingriffen in die Verwaltung dieser Gesellschaften gegen Entgelt einhergehe. Daher sei auch die Erbringung von Sachleistungen als Gesellschafterbeitrag Teil der unternehmerischen Tätigkeit der aktiven Beteiligungsverwaltung gewesen. Das Gericht stellte außerdem fest, dass außersteuerrechtliche Gründe vorlägen, die die gewählte Gestaltung rechtfertigten.

21.       Das Finanzamt legte gegen diese Entscheidung Revision beim vorlegenden Gericht, dem Bundesfinanzhof, ein und machte geltend, dass i) für die streitigen Leistungen – d. h. die Leistungen im Zusammenhang mit Sachleistungen als Gesellschafterbeitrag an die Tochtergesellschaften –, die von den entgeltlich zu erbringenden Geschäftsführungs- und Buchführungsleistungen zu unterscheiden seien, es mangels Entgelt an einem Leistungsaustausch fehle; ii) die von W gewählte Gestaltung jedenfalls zu einem Missbrauch im Hinblick auf die Rechtsvorschriften über den Vorsteuerabzug führe.

22.       In der Vorlageentscheidung stellt der Bundesfinanzhof zunächst fest, dass zwischen W und ihren Tochtergesellschaften keine „Organschaft“ im Sinne von § 2 Abs. 2 UStG vorliege, so dass diese Gesellschaften nicht als ein einziges Unternehmen angesehen werden könnten.

23.       Das vorlegende Gericht führt weiter aus, dass W, da sie gegen Entgelt Buchführungs- und Geschäftsführungsleistungen an ihre Tochtergesellschaften erbracht habe, trotz ihrer Eigenschaft als Holdinggesellschaft an sich der volle Vorsteuerabzug aus den von ihr bezogenen Eingangsleistungen zustehe. Sodann weist es darauf hin, dass nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs ein Recht auf Vorsteuerabzug sowohl angenommen werde, wenn sich die Kosten auf einen bestimmten Eingangsumsatz bezögen, der unmittelbar und direkt mit zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätzen zusammenhänge, als auch wenn die Kosten für die fraglichen Dienstleistungen zu den allgemeinen Aufwendungen der Gesellschaft gehörten und als solche Kostenelemente der von ihr gelieferten Gegenstände oder erbrachten Dienstleistungen seien.

24.       Der Bundesfinanzhof bezweifelt jedoch, dass die Leistungen, die aufgrund des Gesellschafterbeitrags von W auf X‑KG und Y‑KG übertragen worden seien, in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit den von W erbrachten steuerbaren Leistungen stünden oder als deren allgemeine Aufwendungen angesehen werden könnten, da sie in Wirklichkeit nicht der wirtschaftlichen Tätigkeit der Holdinggesellschaft, sondern der hauptsächlich steuerfreien Ausübung der Tätigkeit ihrer Tochtergesellschaften dienten.

25.       Zweitens fragt sich das vorlegende Gericht für den Fall, dass davon auszugehen sein sollte, dass die von W auf die Eingangsumsätze entrichtete Steuer theoretisch nach den Bestimmungen der Mehrwertsteuerrichtlinie abziehbar ist, ob die Zwischenschaltung einer Muttergesellschaft in den Leistungsbezug der Tochtergesellschaft zur Erlangung eines Vorsteuerabzugs, der dieser Tochtergesellschaft nicht zusteht, eine Umgehung der Mehrwertsteuervorschriften darstellt.

26.       Es stellt insoweit fest, dass die Beurteilung, ob ein Missbrauch in diesem Sinne vorliege, die tatsächliche Würdigung der Umstände des jeweiligen Einzelfalls erfordere, die auf die Prüfung des Vorliegens außersteuerrechtlicher Gründe für den streitigen Vorgang gerichtet sei, und diese tatsächliche Würdigung werde nach nationalem Recht vom Finanzgericht mit einer Entscheidung vorgenommen, die für den Bundesfinanzhof bindend sei. Da das Niedersächsische Finanzgericht im Ausgangsverfahren angenommen habe, dass für die von W getätigten Umsätze außersteuerrechtliche Gründe vorlägen, stellt sich das vorlegende Gericht die Frage, ob das Vorliegen solcher Gründe der Feststellung eines Rechtsmissbrauchs entgegenstehe.

27.       Schließlich weist das vorlegende Gericht darauf hin, dass, sollte eine solche Gestaltung nicht als missbräuchlich angesehen werden, die Gefahr bestehe, dass jede Vorschaltung einer Holdinggesellschaft in die Einkäufe von Tochtergesellschaften, um ein Recht auf Abzug der Mehrwertsteuer zu erlangen, zu dem die Tochtergesellschaften bei einem direkten Erwerb nicht berechtigt gewesen wären, legitimiert werde.

28.       Der Bundesfinanzhof hat daher das Verfahren ausgesetzt und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt:

1.         Sind unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens Art. 168 Buchst. a in Verbindung mit Art. 167 der Richtlinie 2006/112/EG dahin gehend auszulegen, dass einer geschäftsleitenden Holding, die steuerpflichtige Ausgangsumsätze an Tochtergesellschaften ausführt, das Recht auf Vorsteuerabzug auch für Leistungen, die sie von Dritten bezieht und gegen die Gewährung einer Beteiligung am allgemeinen Gewinn in die Tochtergesellschaften einlegt, zusteht, obwohl die bezogenen Eingangsleistungen nicht in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit den eigenen Umsätzen der Holding, sondern mit den (weitgehend) steuerfreien Tätigkeiten der Tochtergesellschaften stehen, die bezogenen Eingangsleistungen in den Preis der (an die Tochtergesellschaften erbrachten) steuerpflichtigen Umsätze keinen Eingang finden und nicht zu den allgemeinen Kostenelementen der eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit der Holding gehören?

2.         Falls die Frage 1 bejaht wird: Stellt es einen Rechtsmissbrauch im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union dar, wenn eine geschäftsleitende Holding derart in den Leistungsbezug von Tochtergesellschaften „zwischengeschaltet“ wird, dass sie die Leistungen, für die den Tochtergesellschaften bei unmittelbarem Leistungsbezug kein Recht auf Vorsteuerabzug zustünde, selbst bezieht, in die Tochtergesellschaften gegen Beteiligung an deren Gewinn einlegt und anschließend unter Berufung auf ihre Stellung als geschäftsleitende Holding den vollen Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen geltend macht, oder kann diese Zwischenschaltung durch außersteuerrechtliche Gründe gerechtfertigt werden, obwohl der volle Vorsteuerabzug an sich systemwidrig ist und zu einem Wettbewerbsvorteil von Holding-Konstruktionen gegenüber einstufigen Unternehmen führen würde?

III. Wesentliches Vorbringen der Verfahrensbeteiligten

29.       Im schriftlichen Verfahren vor dem Gerichtshof haben W, die deutsche Regierung und die Kommission Erklärungen abgegeben.

30.       W macht in ihren Erklärungen zunächst geltend, dass die oben beschriebenen Umsätze auf außersteuerrechtlichen Gründen beruhten: i) Erstens ermögliche es die Durchführung der Projekte über die Tochtergesellschaften, die Haftung im Zusammenhang mit der Dekontaminierung der Standorte, auf denen sich die Bauprojekte befänden, zu begrenzen (es handele sich nämlich um militärisch genutzte Gebäude, die mit explosiven Kampfmitteln kontaminiert seien). ii) Zweitens würde eine Sacheinlage gegenüber einer Bareinlage W eher vor möglichen Klagen von Gläubigern der Tochtergesellschaften oder eines Insolvenzverwalters schützen, da für die Letzteren die Einforderung der Leistungen, die Gegenstand dieser Einlage seien, nur im Fall der Fortführung der Bauprojekte sinnvoll wäre, was jedoch im Falle einer Insolvenz der Tochtergesellschaften sehr unwahrscheinlich wäre. iii) Drittens entstünden durch die Zentralisierung der Projektierung und des Einkaufs bei der Holding Effizienzgewinne und wirtschaftliche Vorteile in Bezug auf günstigere Einkaufspreise. iv) Schließlich wahre diese Struktur die Geheimhaltung der Gewinnmargen, weil ein Käufer einen Auskunftsanspruch nur gegenüber den Vertragsparteien und somit gegenüber den Tochtergesellschaften und nicht gegenüber der Muttergesellschaft W erheben könnte.

31.       Unter diesen Umständen vertritt W zur ersten Vorlagefrage die Auffassung, dass sie zum Vorsteuerabzug berechtigt sei, da sie ausschließlich als Steuerpflichtige gehandelt habe, zumal sie durch entgeltliche Dienstleistungen administrativer und buchhalterischer Art in die Verwaltung ihrer Tochtergesellschaften eingegriffen habe. Die Kosten der für die Sacheinlage an ihre Tochtergesellschaften bezogenen Eingangsleistungen begründeten ein Recht auf vollen Vorsteuerabzug, da diese Kosten, indem sie zur Förderung ihrer gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit beitrügen, zu ihren allgemeinen Aufwendungen gehörten. W beanstandet außerdem, dass ihr das Recht auf Vorsteuerabzug aufgrund teilweise steuerfreier Ausgangsleistungen der Tochtergesellschaften versagt würde, da es sich um getrennte Steuerpflichtige handele und die Eingangsleistungen nicht in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit den konkreten Ausgangsleistungen ihrer Tochtergesellschaften stünden.

32.       In Bezug auf die zweite Vorlagefrage ist W der Ansicht, dass die fraglichen Umsätze keinen Rechtsmissbrauch darstellten, da sie durch die in Nr. 30 der vorliegenden Schlussanträge beschriebenen außersteuerrechtlichen Gründe gerechtfertigt seien. Der Vorteil, den ein mehrstufiges Unternehmen, zu der eine Holding gehöre, gegenüber einem einstufigen Unternehmen habe, sei nur Ausdruck der Organisationsfreiheit und nicht eines Missbrauchs.

33.       Die deutsche Regierung und die Kommission sind mit weitgehend übereinstimmendem Vorbringen der Ansicht, dass die erste Vorlagefrage zu verneinen ist. Das Vorsteuerabzugsrecht nach Art. 168 Buchst. a der Mehrwertsteuerrichtlinie setze einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, die das Recht auf Vorsteuerabzug eröffneten, oder der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Steuerpflichtigen voraus und im vorliegenden Fall stünden die Eingangsleistungen in keinem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Tätigkeiten der Holding. Die gegen Entgelt erbrachten Buchführungs- und Geschäftsführungsleistungen stellten zwar einen steuerbaren Umsatz dar, doch seien im vorliegenden Fall die Eingangsleistungen, die für die unentgeltlichen Dienstleistungen an die Tochtergesellschaften bezogen würden, kein Kostenelement der entgeltlichen Buchführungs- und Geschäftsführungsleistungen. Zum anderen sei der Steuerpflichtige nach der Mehrwertsteuerrichtlinie nur insoweit berechtigt, die geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für Gegenstände und Dienstleistungen abzuziehen, die ihm von einem anderen Steuerpflichtigen geliefert bzw. erbracht worden seien, soweit sie für Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet würden. Da diese Gegenstände und Dienstleistungen im vorliegenden Fall für die überwiegend steuerfreien Ausgangsumsätze der Tochtergesellschaften verwendet worden seien, bestehe kein Vorsteuerabzugsrecht.

34.       In Bezug auf die zweite Vorlagefrage ist die deutsche Regierung für den Fall, dass die erste Frage bejaht wird, der Ansicht, dass die Gestaltung jedenfalls einen Missbrauch darstelle, da sie in erster Linie darauf abziele, einen Steuervorteil zu verfolgen, der dem mit den einschlägigen Bestimmungen der Mehrwertsteuerrichtlinie verfolgten Ziel zuwiderlaufe. Dagegen hat die Kommission die Auffassung vertreten, dass die Frage nicht beantwortet zu werden brauche.

IV.    Rechtliche Würdigung

A.         Vorbemerkungen

35.       Um einen Vorschlag für eine Antwort auf die Vorlagefragen zu geben, werde ich mich in den folgenden Absätzen mit den Voraussetzungen befassen, die vorliegen müssen, damit eine Holdinggesellschaft das Recht auf Vorsteuerabzug in Anspruch nehmen kann, und mit denjenigen, bei deren Vorliegen ein Rechtsmissbrauch gegeben ist. Auf der Grundlage der dem Gerichtshof vorliegenden Akten werde ich sodann Hinweise geben, damit das nationale Gericht beurteilen kann, ob diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind.

36.       Es bleibt jedenfalls Sache des vorlegenden Gerichts, unter Berücksichtigung aller konkreten Umstände der in Rede stehenden Umsätze zu beurteilen, ob diese Voraussetzungen im vorliegenden Fall erfüllt sind(5). Nach ständiger Rechtsprechung beruht das in Art. 267 AEUV errichtete System der Zusammenarbeit auf einer klaren Aufgabentrennung zwischen den nationalen Gerichten und dem Gerichtshof. Im Rahmen eines gemäß dieser Bestimmung eingeleiteten Verfahrens ist die Ermittlung des Sachverhalts und die Auslegung der nationalen Vorschriften Sache der Gerichte der Mitgliedstaaten. Dagegen ist der Gerichtshof befugt, dem nationalen Gericht alle Hinweise zur Auslegung des Unionsrechts und auf der Grundlage der Akten des Ausgangsverfahrens und der vor ihm abgegebenen schriftlichen und mündlichen Erklärungen die Hinweise zu geben, die dem nationalen Gericht eine Entscheidung ermöglichen(6).

B.         Erste Vorlagefrage

37.       Mit seiner ersten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht wissen, ob unter Umständen wie denen des Ausgangsverfahrens Art. 168 Buchst. a in Verbindung mit Art. 167 der Richtlinie 2006/112 dahin auszulegen ist, dass einer Holdinggesellschaft, die steuerpflichtige Ausgangsumsätze an Tochtergesellschaften ausführt, das Recht auf Vorsteuerabzug auch für Leistungen, die sie von Dritten bezieht und gegen die Gewährung einer Beteiligung am allgemeinen Gewinn in die Tochtergesellschaften einlegt, zusteht, obwohl die bezogenen Eingangsleistungen i) nicht in unmittelbarem und direktem Zusammenhang mit den eigenen Umsätzen der Holding, sondern mit den (weitgehend) steuerfreien Tätigkeiten der Tochtergesellschaften stehen, ii) die bezogenen Eingangsleistungen in den Preis der (an die Tochtergesellschaften erbrachten) steuerpflichtigen Umsätze keinen Eingang finden und iii) nicht zu den allgemeinen Kostenelementen der eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit der Holding gehören.

38.       Zur Beantwortung dieser Frage ist darauf hinzuweisen, dass nach ständiger Rechtsprechung das Recht auf Vorsteuerabzug nach Art. 168 der Mehrwertsteuerrichtlinie voraussetzt, dass der Betreffende „Steuerpflichtiger“ im Sinne der Richtlinie ist und dass die zur Begründung dieses Rechts angeführten Gegenstände oder Dienstleistungen von ihm auf einer nachfolgenden Umsatzstufe für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden(7). Ich werde mich in den folgenden Absätzen mit jeder dieser Voraussetzungen befassen.

1.         Zur Eigenschaft von W als Steuerpflichtige

39.       Nach Art. 9 der Mehrwertsteuerrichtlinie gilt als Steuerpflichtiger, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbständig ausübt. Aus diesem Art. 9 geht ferner hervor, dass der Begriff der wirtschaftlichen Tätigkeit alle Tätigkeiten eines Erzeugers, Händlers oder Dienstleistenden, insbesondere die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen, erfasst(8).

40.       Nach ständiger Rechtsprechung ist eine Holdinggesellschaft, deren einziger Zweck der Erwerb von Beteiligungen an anderen Unternehmen ist, ohne dass sie unmittelbar oder mittelbar in die Verwaltung dieser Gesellschaften eingreift, weder Mehrwertsteuerpflichtiger im Sinne von Art. 9 der Mehrwertsteuerrichtlinie noch hat sie ein Vorsteuerabzugsrecht. Der bloße Erwerb und das bloße Halten von Gesellschaftsanteilen stellen für sich genommen nämlich keine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie dar, die den Erwerber bzw. Inhaber zum Steuerpflichtigen machen würden, da diese Vorgänge nicht die Nutzung eines Gegenstands zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen beinhalten. Eine etwaige Dividende als Ergebnis dieser Beteiligung oder ein Veräußerungsgewinn sind nämlich Ausfluss des bloßen Eigentums an diesem Gegenstand(9).

41.       Etwas anderes gilt jedoch, wenn die Beteiligung mit unmittelbaren oder mittelbaren Eingriffen in die Verwaltung der Tochtergesellschaft einhergeht, wenn diese die Bewirkung von der Mehrwertsteuer unterliegenden Umsätzen impliziert(10). Insbesondere ist eine gemischte Holding, die nicht nur Beteiligungen an Gesellschaften hält, sondern diesen Gesellschaften auch entgeltliche und mehrwertsteuerpflichtige Dienstleistungen erbringt, insoweit Steuerpflichtiger, dem grundsätzlich ein Vorsteuerabzug zusteht(11). Solche Holdinggesellschaften werden als „Führungsholding“(12) oder „geschäftsleitende“ Holding bezeichnet.

42.       Der Gerichtshof hat klargestellt, dass der Begriff „Eingriff einer Holding in die Verwaltung ihrer Tochtergesellschaft“ dahin zu verstehen ist, dass er alle Umsätze umfasst, die eine wirtschaftliche Tätigkeit im Sinne der Mehrwertsteuerrichtlinie darstellen und von der Holding für ihre Tochtergesellschaft erbracht werden(13). Zwar stellen die Beispiele für Tätigkeiten, die Ausdruck eines solchen Eingriffs sind, keine abschließende Aufzählung dar, doch steht fest, dass sie das Erbringen von administrativen, finanziellen, kaufmännischen und technischen Dienstleistungen umfassen(14).

43.       Im vorliegenden Fall ergibt sich aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten, dass W an ihre Tochtergesellschaften mehrwertsteuerpflichtige Verwaltungs- und Buchführungsdienstleistungen erbrachte (wie ausgeführt, handelte es sich um Dienstleistungen im Zusammenhang mit der Einstellung und Entlassung von Personal, dem Materialeinkauf, der Aufstellung des Jahresabschlusses sowie der Steuererklärungen). Aus diesem Grund kann sicher festgestellt werden, dass sie eine wirtschaftliche Tätigkeit ausgeübt hat, indem sie durch die Bewirkung von der Mehrwertsteuer unterliegenden Umsätzen in die Verwaltung ihrer Tochtergesellschaften eingegriffen hat, so dass sie als Steuerpflichtige im Sinne von Art. 9 Abs. 1 der Mehrwertsteuerrichtlinie anzusehen ist.

2.         Zum Zusammenhang zwischen den Gegenständen oder Dienstleistungen, die der Steuerpflichtige zur Begründung des Rechts auf Vorsteuerabzug anführt, und seinen besteuerten Ausgangsumsätzen

44.       Wie ich ausgeführt habe, ist es für die Zwecke der Abzugsfähigkeit der Steuer neben der Eigenschaft des Erwerbers als Steuerpflichtiger erforderlich, dass auch eine Verbindung zwischen den Eingangsumsätzen und der wirtschaftlichen Tätigkeit des Erwerbers besteht. Mit anderen Worten muss ein tatsächlicher Zusammenhang zwischen diesen Umsätzen und dem Betrieb des Unternehmens bestehen.

45.       Aus Art. 168 der Mehrwertsteuerrichtlinie ergibt sich nämlich, dass ein Steuerpflichtiger berechtigt ist, die geschuldete oder entrichtete Mehrwertsteuer für einen erworbenen Gegenstand oder eine Dienstleistung abzuziehen, soweit er diesen Gegenstand oder diese Dienstleistung für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet(15).

46.       Nach der Rechtsprechung muss grundsätzlich ein direkter und unmittelbarer Zusammenhang zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren Ausgangsumsätzen, die das Recht auf Vorsteuerabzug eröffnen, bestehen, damit der Steuerpflichtige zum Vorsteuerabzug berechtigt ist(16).

47.       Ein Recht auf Vorsteuerabzug wird jedoch auch bei Fehlen eines direkten und unmittelbaren Zusammenhangs zwischen einem bestimmten Eingangsumsatz und einem oder mehreren zum Abzug berechtigenden Ausgangsumsätzen angenommen, wenn die Kosten für die fraglichen Dienstleistungen zu den allgemeinen Aufwendungen des Steuerpflichtigen gehören. Derartige Kosten hängen nämlich direkt und unmittelbar mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit des Steuerpflichtigen im Allgemeinen zusammen(17).

48.       In beiden Fällen ist es erforderlich, dass die Kosten der Eingangsleistungen jeweils Eingang in den Preis bestimmter Ausgangsumsätze oder in den Preis der Gegenstände oder Dienstleistungen finden, die der Steuerpflichtige im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit liefert bzw. erbringt(18).

49.       Wenn hingegen von einem Steuerpflichtigen bezogene Gegenstände oder Dienstleistungen mit steuerbefreiten Umsätzen zusammenhängen oder nicht vom Anwendungsbereich der Mehrwertsteuer erfasst werden, kann es weder zur Erhebung der Steuer auf der folgenden Stufe noch zum Abzug der Vorsteuer kommen(19).

50.       Der Gerichtshof hat auch präzisiert, dass bei der Beurteilung, ob die oben angeführten Voraussetzungen erfüllt sind, der ausschließliche Entstehungsgrund des fraglichen Umsatzes berücksichtigt werden kann, da dieser als ein Kriterium für die Bestimmung des objektiven Inhalts anzusehen ist. Steht fest, dass ein Umsatz nicht für die Zwecke der der Steuer unterliegenden Tätigkeiten des Steuerpflichtigen getätigt wurde, kann daher nicht von einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang zwischen ihm und diesen Tätigkeiten ausgegangen werden, selbst wenn dieser Umsatz auch in Anbetracht seines objektiven Inhalts mehrwertsteuerpflichtig ist(20).

51.       Im vorliegenden Fall geht aus den dem Gerichtshof vorliegenden Akten hervor, dass die Gegenstände und Dienstleistungen, die Gegenstand der Eingangsumsätze von W sind, nicht gemäß Art. 168 der Mehrwertsteuerrichtlinie für die Zwecke ihrer besteuerten Umsätze verwendet wurden, sondern, unter Berücksichtigung ihres „ausschließlichen Entstehungsgrundes“, im Rahmen der natürlich unentgeltlichen Leistung eines Gesellschafterbeitrags an die beiden Tochtergesellschaften. Ein Beitrag der Holding an die Gesellschaften, an denen sie eine Beteiligung hält, – sei es in bar oder in Sachleistungen – dient ihrem Wesen nach der Erzielung von Dividenden.

52.       Unter diesem Blickwinkel ist zu verneinen, dass der Ausgangsumsatz der Einbringung eines Sachbeitrags an die Tochtergesellschaften eine „wirtschaftliche Tätigkeit“ im Sinne von Art. 9 Abs. 1 dieser Richtlinie darstellt. Diese Tätigkeit betrifft nämlich, wie dargelegt, die Nutzung von körperlichen oder nicht körperlichen Gegenständen zur nachhaltigen Erzielung von Einnahmen, wobei unter diesen Begriff nach ständiger Rechtsprechung nicht die bloße Erzielung von Dividenden fällt. Daraus folgt, dass die Kosten für den Erwerb von Gegenständen und Dienstleistungen, die der Leistung des Beitrags an die Tochtergesellschaften dienen, nicht abzugsfähig sind, da sie auf die Ausübung einer Tätigkeit gerichtet sind, die in Bezug auf W keinen wirtschaftlichen Charakter hat.

53.       Zum anderen geht aus der Darstellung in der Vorlageentscheidung klar hervor, dass die Eingangsleistungen, in deren Zusammenhang das Recht auf Vorsteuerabzug beanstandet wird (Kosten für Architektenleistungen, statische Berechnungen, Planung, Generalunternehmer-Dienstleistungen, Materialwirtschaft und Vermarktung), in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit den Ausgangsumsätzen standen, die die Tochtergesellschaften im Rahmen ihrer Tätigkeit des Baus von Immobilien und des Verkaufs von Wohnungen tätigten. Es handelt sich um einen Zusammenhang in objektiver Hinsicht, wenn man die Art der in Rede stehenden Tätigkeiten selbst berücksichtigt, der nicht dadurch ausgeschlossen wird, dass die von W bezogenen Dienstleistungen sodann von dieser in die Tochtergesellschaften eingelegt wurden, sondern im Gegenteil dadurch bestätigt erscheint.

54.       Es kann daher ausgeschlossen werden, dass die angeführten Eingangsumsätze in einem direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit den mehrwertsteuerpflichtigen Ausgangsumsätzen von W stehen, die hingegen in den gegen Entgelt erbrachten Buchführungs- und Geschäftsführungsleistungen gegenüber den Tochtergesellschaften bestehen, und dass die Kosten dieser Eingangsleistungen in den Preis dieser Verwaltungs- und Buchführungsleistungen eingehen.

55.       Es bleibt daher zu prüfen, ob die fraglichen Eingangsumsätze zu den allgemeinen Aufwendungen von W gehören. Nach meiner Kenntnis gibt es in der Rechtsprechung des Gerichtshofs keine gemeinsame Definition von „allgemeinen Aufwendungen“, sondern nur einige Entscheidungen, in denen in besonderen Fällen auf diesen Begriff Bezug genommen wird.

56.       Insbesondere gehören nach ständiger Rechtsprechung, auf die W in ihren Erklärungen ausführlich hingewiesen hat, die Kosten einer in die Verwaltung einer Tochtergesellschaft eingreifenden Holdinggesellschaft für die verschiedenen im Rahmen einer Beteiligung an dieser Tochtergesellschaft erworbenen Dienstleistungen zu den allgemeinen Aufwendungen des Steuerpflichtigen und sind als solche Kostenelemente seiner Waren. Sie hängen somit grundsätzlich direkt und unmittelbar mit der wirtschaftlichen Gesamttätigkeit der Holdinggesellschaft zusammen(21).

57.       Meines Erachtens unterscheidet sich die Situation, um die es im Ausgangsverfahren geht, eindeutig von denen, um die es in der oben angeführten Rechtsprechung geht. Diese betrafen nämlich Kosten (wie die Kosten der Rechts- oder Steuerberatung) im Zusammenhang mit dem Erwerb von Beteiligungen an den Tochtergesellschaften, die der Holdinggesellschaft tatsächlich zugutekamen. Diese Kosten sind somit durch einen direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit der gesamten wirtschaftlichen Tätigkeit der Führungsholding gekennzeichnet, die an die mehrwertsteuerpflichtigen Tochtergesellschaften Dienstleistungen erbringt, da sie die notwendige Voraussetzung für den Erwerb der Beteiligung und daher die Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit der Holding darstellen.

58.       Im vorliegenden Fall weisen dagegen die Eingangsaufwendungen von W keinen direkten und unmittelbaren Zusammenhang mit der Unternehmenstätigkeit dieser Gesellschaft auf, da sie, wie bereits in den vorstehenden Absätzen ausgeführt, Gegenstand eines Sachbeitrags an die Tochtergesellschaften sind. Es handelt sich somit nicht um Kosten, die für die Holdinggesellschaft für den Erwerb von Beteiligungen erforderlich sind, sondern um Kosten, die selbst Gegenstand des Beitrags zu den Tochtergesellschaften sind, die der Ausübung der weitgehend steuerfreien wirtschaftlichen Tätigkeit der Tochtergesellschaften dienen. Mir scheint daher, dass diese Rechtsprechung nicht herangezogen werden kann, um W das Recht auf Vorsteuerabzug zuzuerkennen.

59.       Hingegen halte ich für die Entscheidung des vorliegenden Falls die Erwägungen eines kürzlich ergangenen Urteils des Gerichtshofs für sachdienlicher, mit dem die Abzugsfähigkeit der von einer Holding entrichteten Vorsteuer in einem Fall abgelehnt wurde, in dem die bezogenen Dienstleistungen (für die Ausgabe einer Anleihe) tatsächlich für die Bewirkung eines steuerfreien Umsatzes (nämlich die Vergabe eines Darlehens an die Muttergesellschaft) verwendet worden waren(22). Aus diesem Urteil lässt sich nämlich ableiten, dass die tatsächliche Bestimmung des Eingangsumsatzes, für den die Vorsteuer entrichtet wurde, zu beurteilen ist, wobei der Vorsteuerabzug auszuschließen ist, soweit dieser Umsatz mit der Bewirkung eines befreiten Ausgangsumsatzes zusammenhängt. Es ist daher wesentlich, darauf hinzuweisen, dass im vorliegenden Fall die Umsätze, für die der Vorsteuerabzug geltend gemacht wird, in Anbetracht der Ausführungen oben in Nr. 53 in Wirklichkeit direkt und unmittelbar mit den steuerbefreiten Tätigkeiten der Tochtergesellschaften zusammenhängen, so dass der Vorsteuerabzug ausgeschlossen werden müsste.

60.       Diese Lösung wird zusätzlich durch die Rechtsprechung des Gerichtshofs bestätigt, die zwar nicht speziell Holdinggesellschaften behandelt, aber entgegen dem Vorbringen von W in ihren Erklärungen allgemeine Regeln für den Vorsteuerabzug und damit auch für den vorliegenden Fall aufgestellt hat.

61.       Der Umstand, dass ein Teil der Ausgaben des Steuerpflichtigen nicht für die Zwecke seiner eigenen besteuerten Umsätze, sondern für die Zwecke der Umsätze eines Dritten getätigt wurde, ist geeignet, den direkten und unmittelbaren Zusammenhang, der zwischen dem Erwerb der Eingangsleistungen und dem Ausgangsumsatz bestehen muss, zu unterbrechen, was dazu führen würde, dass der Steuerpflichtige die Mehrwertsteuer nicht in vollem Umfang in Abzug bringen kann(23). Es handelt sich um einen Grundsatz, der die im Ausgangsverfahren in Rede stehende Situation in Anbetracht der gesonderten Rechtspersönlichkeit, die die Tochtergesellschaften gegenüber der Holding kennzeichnet, gut beschreibt.

62.       Schließlich scheint mir die Feststellung des Bundesfinanzhofs in Rn. 59 des Vorlagebeschlusses nicht unerheblich zu sein: Sollte man der von W vorgeschlagenen und in der Rechtsprechung in erster Instanz anerkannten Argumentation folgen, so liefe dies darauf hinaus, bei jedem Eingriff einer Holding in die Tochtergesellschaften, die eine von der Steuer befreite Tätigkeit ausüben, eine umfassende Vorschaltung der Holding beim Erwerb von Gegenständen und Dienstleistungen, die der Tätigkeit der Tochtergesellschaften dienen, zu legitimieren und unter Missachtung des Grundsatzes der Neutralität der Mehrwertsteuer ein Recht auf vollen Vorsteuerabzug zu erhalten.

63.       Nach alledem bin ich der Ansicht, dass die erste Vorlagefrage wie folgt zu beantworten ist: Art. 168 Buchst. a in Verbindung mit Art. 167 der Richtlinie 2006/112 ist dahin auszulegen, dass einer geschäftsleitenden Holding, die steuerpflichtige Ausgangsumsätze an Tochtergesellschaften ausführt, das Recht auf Abzug der entrichteten Mehrwertsteuer für Leistungen, die sie von Dritten bezieht und gegen die Gewährung einer Beteiligung am allgemeinen Gewinn in die Tochtergesellschaften einlegt, nicht zusteht, wenn die bezogenen Eingangsleistungen nicht in direktem und unmittelbarem Zusammenhang mit den eigenen Umsätzen der Holding, sondern mit den (weitgehend) steuerfreien Tätigkeiten der Tochtergesellschaften stehen, die bezogenen Eingangsleistungen in den Preis der (an die Tochtergesellschaften erbrachten) steuerpflichtigen Umsätze keinen Eingang finden und nicht zu den allgemeinen Kostenelementen der eigenen wirtschaftlichen Tätigkeit der Holding gehören.

C.         Zweite Vorlagefrage

64.       Mit seiner zweiten Vorlagefrage möchte das vorlegende Gericht, falls die erste Frage bejaht wird, wissen, ob es einen Rechtsmissbrauch im Sinne der Rechtsprechung des Gerichtshofs darstellt, wenn eine geschäftsleitende Holding derart in den Leistungsbezug von Tochtergesellschaften „zwischengeschaltet“ wird, dass sie die Leistungen, für die den Tochtergesellschaften bei unmittelbarem Leistungsbezug kein Recht auf Vorsteuerabzug zustünde, selbst bezieht, in die Tochtergesellschaften gegen Beteiligung an deren Gewinn einlegt und anschließend unter Berufung auf ihre Stellung als geschäftsleitende Holding den vollen Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen geltend macht, oder ob diese Zwischenschaltung durch außersteuerrechtliche Gründe gerechtfertigt werden kann, obwohl der volle Vorsteuerabzug an sich systemwidrig sei und zu einem Wettbewerbsvorteil von Holding-Konstruktionen gegenüber einstufigen Unternehmen führen würde.

65.       In Anbetracht der Ausführungen in den vorstehenden Absätzen bin ich der Ansicht, dass die erste Vorlagefrage zu verneinen ist und dass daher im vorliegenden Fall W die in den einschlägigen Bestimmungen der Mehrwertsteuerrichtlinie vorgesehenen Voraussetzungen nicht ordnungsgemäß angewandt hat. Daher wäre die Frage nach einem etwaigen Rechtsmissbrauch nicht zu beantworten. Ich halte es jedoch für angebracht, für den Fall, dass der Gerichtshof zu einem anderen Ergebnis gelangen sollte, auch einige Bemerkungen als Antwort auf die zweite Frage zu machen.

66.       Bekanntlich ist die Bekämpfung von Steuerhinterziehungen, Steuerumgehungen und etwaigen Missbräuchen ein Ziel, das von den Mehrwertsteuervorschriften anerkannt und gefördert wird(24).

67.       Nach dem Rechtsmissbrauchsverbot sind somit rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltungen verboten, die allein zu dem Zweck erfolgen, einen Steuervorteil zu erhalten(25). Dieser Grundsatz ist im Bereich der Mehrwertsteuer nicht in einer speziellen Bestimmung des Unionsrechts enthalten, sondern findet seine Grundlage in der ständigen Rechtsprechung des Gerichtshofs, wonach die Versagung eines Rechts oder eines Vorteils wegen missbräuchlicher oder betrügerischer Tätigkeiten nur die bloße Folge der Feststellung ist, dass im Fall von Betrug oder Rechtsmissbrauch die objektiven Voraussetzungen für die Erlangung des ersuchten Vorteils in Wirklichkeit nicht erfüllt sind(26).

68.       Damit das Vorliegen eines missbräuchlichen Verhaltens festgestellt werden kann, obliegt der Steuerverwaltung eines Mitgliedstaats die Beweislast dafür, dass zwei kumulative Voraussetzungen erfüllt sind. Erstens muss ersichtlich sein, dass die fraglichen Umsätze trotz formaler Anwendung der Bedingungen der einschlägigen Bestimmungen der Mehrwertsteuerrichtlinie und des zu ihrer Umsetzung erlassenen nationalen Rechts einen Steuervorteil zum Ergebnis haben, dessen Gewährung dem mit diesen Bestimmungen verfolgten Ziel zuwiderlaufen würde („objektive Voraussetzung“). Zweitens muss aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte ersichtlich sein, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird („subjektive Voraussetzung“)(27).

69.       Wie ich ausgeführt habe, ist es Sache des nationalen Gerichts, festzustellen, ob die Tatbestandsvoraussetzungen eines missbräuchlichen Verhaltens im Ausgangsverfahren erfüllt sind. Der Gerichtshof kann jedoch, wenn er auf Vorlage entscheidet, gegebenenfalls Klarstellungen vornehmen, um dem nationalen Gericht eine Richtschnur für seine Auslegung zu geben(28).

1.         Zur objektiven Voraussetzung des Rechtsmissbrauchs

70.       Zur objektiven Voraussetzung des Rechtsmissbrauchs ist zunächst daran zu erinnern, dass der Zweck der Vorsteuerabzugsregelung darin besteht, den Unternehmer vollständig von der im Rahmen seiner wirtschaftlichen Tätigkeit geschuldeten oder entrichteten Mehrwertsteuer zu entlasten. Die in Rede stehende Regelung soll daher nur hinsichtlich der steuerlichen Belastung der wirtschaftlichen Tätigkeiten, die der Mehrwertsteuer unterliegen, Neutralität gewährleisten(29).

71.       Nach den Angaben im Vorlagebeschluss bin ich der Ansicht, dass der Steuervorteil, den der Vorsteuerabzug der Klägerin verschafft, dem oben genannten Zweck zuwiderläuft. Da nämlich die von W auf der Eingangsstufe bezogenen Gegenstände und Dienstleistungen der wirtschaftlichen Tätigkeit der Tochtergesellschaften dienen, hat ihre Vorschaltung einen Vorsteuerabzug erlaubt, dem keine Besteuerung auf der Ausgangsstufe entspricht, weder bei W selbst, da die Einbringung der fraglichen Leistungen an die Tochtergesellschaften eine nicht steuerbare Tätigkeit ist, noch bei den Tochtergesellschaften, deren Tätigkeit zum großen Teil steuerfrei ist.

72.       Eine solche Situation steht daher im Widerspruch zum Zweck des gemeinsamen Mehrwertsteuersystems, das, wie dargelegt, die Neutralität hinsichtlich der steuerlichen Belastung nur für die wirtschaftlichen Tätigkeiten nach Art. 9 der Mehrwertsteuerrichtlinie gewährleisten soll, die der Steuer unterliegen.

73.       Zur Untermauerung dessen ist auch darauf hinzuweisen, dass der steuerliche Gewinn, der sich aus dem vollständigen Abzug der von W entrichteten Vorsteuer ergeben hätte, auf der Ebene der Unternehmensgruppe bei einer anderen Gestaltung des Umsatzes nicht erreicht worden wäre.

74.       Zunächst soll angenommen werden, die Klägerin hätte die auf der Eingangsstufe erworbenen Gegenstände und Dienstleistungen entgeltlich auf die Tochtergesellschaften übertragen: In diesem Fall wäre eine solche Übertragung mehrwertsteuerpflichtig gewesen, so dass zum einen W die Steuer auf die Eingangsumsätze hätte abziehen können, da es sich um Erwerbe von Gegenständen und Dienstleistungen gehandelt hätte, die für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze (nämlich die entgeltlichen Leistungen zugunsten der Tochtergesellschaften) verwendet worden wären. Zum anderen wäre die von den Tochtergesellschaften entrichtete Steuer, da diese weitgehend steuerfreie Tätigkeiten ausüben, zumindest nicht vollständig abziehbar gewesen.

75.       Ebenso hätte kein Recht auf vollen Vorsteuerabzug bestanden, wenn W und ihre Tochtergesellschaften eine Mehrwertsteuergruppe im Sinne von Art. 11 der Mehrwertsteuerrichtlinie wären. In diesem Fall würde nämlich, da die Mehrwertsteuergruppe als ein Steuerpflichtiger angesehen wird(30), das Vorsteuerabzugsrecht ausschließlich auf der Grundlage der von der Gruppe – und damit auch der Tochtergesellschaften – zugunsten Dritter getätigten Umsätze bestimmt(31). Daher hätten die von W auf der Eingangsstufe bezogenen Gegenstände und Dienstleistungen – im Rahmen der Tätigkeit des in seiner Gesamtheit betrachteten Unternehmens – mit den zum großen Teil steuerfreien Dienstleistungen betreffend den Bau und den Verkauf von Wohnungen durch die Tochtergesellschaften verbunden werden müssen, was den Ausschluss oder die Beschränkung der abziehbaren Steuer zur Folge gehabt hätte.

76.       Zu denken ist weiter an den Fall, dass W, wie die anderen Personen, die Anteile an den Tochtergesellschaften halten, ihre Beiträge in Geld entrichtet und damit den Erwerb von Gegenständen und Dienstleistungen, der unmittelbar von diesen Tochtergesellschaften vorzunehmen ist, finanziert hätte. Auch in diesem Fall wäre die von den Tochtergesellschaften auf die erworbenen Gegenstände und Dienstleistungen entrichtete Steuer nicht, zumindest nicht als Ganzes, abziehbar gewesen, weil diese weitgehend steuerfreie Tätigkeiten ausübten.

77.       Nach alledem und vorbehaltlich der abschließenden Beurteilung durch das nationale Gericht bin ich der Ansicht, dass ein Vorgang wie der im Ausgangsverfahren in Rede stehende dem Zweck der Art. 167 und 168 der Mehrwertsteuerrichtlinie zuwiderläuft und somit die objektive Voraussetzung für den Rechtsmissbrauch erfüllt ist.

2.         Zur subjektiven Voraussetzung des Rechtsmissbrauchs

78.       Was die „subjektive Voraussetzung“ für den Rechtsmissbrauch im Bereich der Mehrwertsteuer betrifft, muss nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs, wie bereits dargelegt, aus einer Reihe objektiver Anhaltspunkte ersichtlich sein, dass mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird.

79.       W hat eine Reihe von – in Nr. 30 der vorliegenden Schlussanträge angeführten – außersteuerrechtlichen Gründen vorgebracht, die die Gestaltung der im Ausgangsverfahren in Rede stehenden Umsätze gerechtfertigt hätten. Diese Gründe wurden vom erstinstanzlichen nationalen Gericht bestätigt, dessen Entscheidung insoweit nach den Angaben im Vorlagebeschluss den Bundesfinanzhof bindet. Der Bundesfinanzhof fragt sich daher, ob das Vorliegen außersteuerrechtlicher Gründe in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens der Anerkennung eines Rechtsmissbrauchs entgegensteht.

80.       Insoweit ist hervorzuheben, dass die Rechtsprechung des Gerichtshofs, auch wenn uneinheitliche Formulierungen verwendet wurden(32), nicht verlangt, darzutun, dass das einzige Ziel der in Rede stehenden Umsätze darin besteht, einen Steuervorteil zu erlangen. Zwar können Umsätze, mit denen ausschließlich ein solches Ziel verfolgt wird, das sich aus dieser Rechtsprechung ergebende Erfordernis erfüllen, der Gerichtshof hat jedoch klargestellt, dass es sich ebenso verhält, wenn mit den fraglichen Umsätzen im Wesentlichen (aber nicht ausschließlich) ein Steuervorteil erlangt werden soll(33). Im Bereich der direkten Steuern – in dessen Rahmen das Rechtsmissbrauchsverbot spezifisch geregelt ist(34) – hat der Gerichtshof entschieden, dass ein Vorgang, der auf mehreren Beweggründen beruht, zu denen auch steuerliche Überlegungen zählen können, jedoch vorausgesetzt, dass diese im Rahmen des beabsichtigten Vorgangs nicht überwiegen, einen vernünftigen wirtschaftlichen Grund haben kann(35). Daraus folgt, dass das Vorliegen außersteuerrechtlicher wirtschaftlicher Gründe für sich genommen nicht das Vorliegen eines Rechtsmissbrauchs ausschließt, sofern davon ausgegangen werden kann, dass der überwiegende Zweck des Umsatzes in der Erlangung des Steuervorteils besteht.

81.       Insoweit hat der Gerichtshof auch klargestellt, dass der wesentliche Zweck der fraglichen Umsätze in der Erlangung eines Steuervorteils liegt, wenn diese Transaktionen keine normalen Handelsgeschäfte darstellen(36) oder mit der wirtschaftlichen und geschäftlichen Realität nicht übereinstimmen(37).

82.       Es ist selbstverständlich Sache des nationalen Gerichts, festzustellen, ob diese Voraussetzung im Ausgangsverfahren erfüllt ist, indem es den tatsächlichen Inhalt und die wirkliche Bedeutung der fraglichen Umsätze feststellt. Er muss daher eine aufmerksame Prüfung der „wirtschaftlichen Gründe“ vornehmen, die den durchgeführten Transaktionen zugrunde liegen, um festzustellen, ob sie objektiv aufgrund der üblichen Geschäftspraxis gerechtfertigt sein können oder ob diese Transaktionen wirtschaftlich „abnormale“ Gründe widerspiegeln. Das nationale Gericht kann dabei insbesondere den rein willkürlichen Charakter dieser Umsätze sowie die rechtlichen, wirtschaftlichen und/oder personellen Verbindungen zwischen den Wirtschaftsteilnehmern berücksichtigen, die in den Steuersparplan einbezogen sind(38), wobei solche Umstände zeigen können, dass im Wesentlichen die Erlangung eines Steuervorteils angestrebt wurde, auch wenn es im Übrigen um die Verfolgung wirtschaftlicher Ziele gegangen sein mag, die z. B. auf Erwägungen des Marketings, der Organisation und der Sicherheitsleistung beruhten(39).

83.       Dagegen bin ich der Ansicht, dass für die Feststellung eines missbräuchlichen Verhaltens der Umstand des Wettbewerbsvorteils von Holding-Konstruktionen gegenüber einstufigen Unternehmen, auch wenn er in der zweiten Frage des Bundesfinanzhofs angeführt wird, unerheblich ist. Die organisatorische Freiheit kann rechtmäßig ausgeübt werden, um einen – auch steuerlichen – Vorteil gegenüber konkurrierenden Unternehmen zu erlangen, sofern die oben genannten Voraussetzungen eines missbräuchlichen Verhaltens nicht erfüllt sind.

84.       Nach alledem bin ich – für den Fall, dass der Gerichtshof entgegen der in den vorstehenden Absätzen dargelegten Auffassung die erste Vorlagefrage bejahen sollte – der Ansicht, dass die zweite Vorlagefrage wie folgt zu beantworten ist: Wenn eine geschäftsleitende Holding derart in den Leistungsbezug von Tochtergesellschaften „zwischengeschaltet“ wird, dass sie die Leistungen, für die den Tochtergesellschaften bei unmittelbarem Leistungsbezug kein Recht auf Vorsteuerabzug zustünde, selbst bezieht, in die Tochtergesellschaften gegen Beteiligung an deren Gewinn einlegt und anschließend unter Berufung auf ihre Stellung als geschäftsleitende Holding den vollen Vorsteuerabzug aus den Eingangsleistungen geltend macht, stellt dies einen Steuervorteil dar, dessen Gewährung dem mit den Bestimmungen der Mehrwertsteuerrichtlinie über den Vorsteuerabzug verfolgten Ziel zuwiderläuft. Dieser Vorgang stellt einen Rechtsmissbrauch dar, auch wenn er durch außersteuerrechtliche Gründe gerechtfertigt werden kann, sofern ersichtlich ist, dass damit im Wesentlichen ein Steuervorteil bezweckt wird.

V.         Ergebnis

85.       Nach alledem schlage ich dem Gerichtshof vor, auf die Vorlagefragen des Bundesfinanzhofs (Deutschland) wie folgt zu antworten: (…)

 

Fußnoten


1             Originalsprache: Italienisch.


2             ABl. 2006, L 347, S. 1.


3             BGBl. 2005 I S. 386.


4             BGBl. 2002 I S. 3866.


5             Vgl. zum Vorsteuerabzug durch Holdinggesellschaften Urteil vom 29. Oktober 2009, SKF, C‑29/08, EU:C:2009:665, Rn. 63 und die dort angeführte Rechtsprechung sowie Urteil vom 1. Oktober 2020, Vos Aannemingen, C‑405/19, EU:C:2020:785, Rn. 40. Zur Prüfung, ob die Voraussetzungen für eine missbräuchliche Praxis vorliegen, vgl. Urteil vom 21. Februar 2006, Halifax u. a., C‑255/02, EU:C:2006:121, Rn. 76 und 77, sowie Urteil vom 17. Dezember 2015, WebMindLicenses, C‑419/14, EU:C:2015:832, Rn. 34.


6             Vgl. zuletzt Urteil vom 18. November 2020, Syndicat CFTC, C‑463/19, EU:C:2020:932, Rn. 29 und 67. Vgl. in diesem Sinne Beschluss des Präsidenten des Gerichtshofs vom 28. Januar 2015, Gimnasio Deportivo San Andrés, C‑688/13, EU:C:2015:46, Rn. 30 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Urteil vom 3. Oktober 2019, Fonds du Logement de la Région de Bruxelles Capitale, C‑632/18, EU:C:2019:833, Rn. 48.


7             Vgl. Urteil vom 3. Juli 2019, The Chancellor, Masters and Scholars of the University of Cambridge, C‑316/18, EU:C:2019:559, Rn. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung.


8             Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. November 2018, C&D Foods Acquisition ApS, C‑502/17, EU:C:2018:888, Rn. 29, und Urteil vom 29. Oktober 2009, SKF, C‑29/08, EU:C:2009:665, Rn. 27.


9             Vgl. in diesem Sinne insbesondere Urteil vom 20. Juni 1991, Polysar Investments Netherlands BV, C‑60/90, Rn. 13 und 14. Vgl. auch in der jüngeren Rechtsprechung Urteil vom 12. November 2020, Sonaecom SGPS SA, C‑42/19, EU:C:2020:913, Rn. 30, Urteil vom 8. November 2018, C&D Foods Acquisition ApS, C‑502/17, EU:C:2018:888, Rn. 30, Urteil vom 5. Juli 2018, Marle Participations, C‑320/17, EU:C:2018:537, Rn. 27 und 28, sowie Urteil vom 17. Oktober 2018, Ryanair, C‑249/17, EU:C:2018:834, Rn. 16.


10           Vgl. Urteil vom 12. November 2020, Sonaecom SGPS SA, C‑42/19, EU:C:2020:913, Rn. 31, Urteil vom 5. Juli 2018, Marle Participations, C‑320/17, EU:C:2018:537, Rn. 29, sowie Urteil vom 17. Oktober 2018, Ryanair, C‑249/17, EU:C:2018:834, Rn. 17 und die dort angeführte Rechtsprechung.


11           Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 12. November 2020, Sonaecom SGPS SA, C‑42/19, EU:C:2020:913, Rn. 32, Urteil vom 27. September 2001, Cibo Participations, C‑16/00, EU:C:2001:495, Rn. 22, und Urteil vom 13. März 2008, Securenta, C‑437/06, EU:C:2008:166, Rn. 31.


12           Vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi in der Rechtssache Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt, C‑108/14 und C‑109/14, EU:C:2015:212, Nr. 31.


13           Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Juli 2018, Marle Participations, C‑320/17, EU:C:2018:537, Rn. 32.


14           Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 5. Juli 2018, Marle Participations, C‑320/17, EU:C:2018:537, Rn. 30 und 31 sowie die dort angeführte Rechtsprechung.


15           Vgl. Urteile vom 12. November 2020, Sonaecom SGPS SA, C‑42/19, EU:C:2020:913, Rn. 36, und vom 17. Oktober 2018, Ryanair, C‑249/17, EU:C:2018:834, Rn. 21 und die dort angeführte Rechtsprechung. Auch wenn sich diese Urteile auf Art. 17 der Sechsten Richtlinie 77/388/EWG des Rates vom 17. Mai 1977 zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem: einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage (ABl. 1977, L 145, S. 1; im Folgenden: Sechste Richtlinie) bezogen haben, stimmen die maßgeblichen Bestimmungen der Mehrwertsteuerrichtlinie inhaltlich im Wesentlichen mit denen der Sechsten Richtlinie überein. Aus diesem Grund ist entschieden worden, dass die zur Sechsten Richtlinie ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofs auch für die Auslegung der Mehrwertsteuerrichtlinie einschlägig ist (vgl. Urteil vom 3. Juli 2019, The Chancellor, Masters and Scholars of the University of Cambridge, C‑316/18, EU:C:2019:559, Rn. 17).


16           Vgl. Urteil vom 12. November 2020, Sonaecom SGPS SA, C‑42/19, EU:C:2020:913, Rn. 41, Urteil vom 17. Oktober 2018, Ryanair, C‑249/17, EU:C:2018:834, Rn. 26 und die dort angeführte Rechtsprechung.


17           Vgl. Urteil vom 12. November 2020, Sonaecom SGPS SA, C‑42/19, EU:C:2020:913, Rn. 42, Urteil vom 17. Oktober 2018, Ryanair, C‑249/17, EU:C:2018:834, Rn. 27 und die dort angeführte Rechtsprechung.


18           Vgl. Urteil vom 3. Juli 2019, The Chancellor, Masters and Scholars of the University of Cambridge, C‑316/18, EU:C:2019:559, Rn. 27.


19           Vgl. Urteil vom 29. Oktober 2009, SKF, C‑29/08, EU:C:2009:665, Rn. 59 und die dort angeführte Rechtsprechung.


20           Vgl. in diesem Sinne Urteil vom 8. November 2018, C&D Foods Acquisition ApS, C‑502/17, EU:C:2018:888, Rn. 37.


21           Vgl. Urteil vom 12. November 2020, Sonaecom SGPS SA, C‑42/19, EU:C:2020:913, Rn. 49, Urteil vom 5. Juli 2018, Marle Participations, C‑320/17, EU:C:2018:537, Rn. 43 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Urteil vom 16. Juli 2015, Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt, C‑108/14 und C‑109/14, EU:C:2015:496, Rn. 33.


22           Vgl. Urteil vom 12. November 2020, Sonaecom SGPS SA, C‑42/19, EU:C:2020:913, Rn. 67 und 68.


23           Vgl. Urteil vom 1. Oktober 2020, Vos Aannemingen, C‑405/19, EU:C:2020:785, Rn. 45.


24           Vgl. Urteil vom 21. Februar 2006, Halifax u. a., C‑255/02, EU:C:2006:121, Rn. 71, sowie Urteil vom 29. April 2004, Gemeente Leusden und Holin Groep, C‑487/01 und C‑7/02, EU:C:2004:263, Rn. 76.


25           Vgl. Urteil vom 22. Mai 2008, Ampliscientifica und Amplifin, C‑162/07, EU:C:2008:301, Rn. 28.


26           Urteil vom 22. November 2017, Cussens, C‑251/16, EU:C:2017:881, Rn. 32.


27           Urteil vom 21. Februar 2006, Halifax u. a., C‑255/02, EU:C:2006:121, Rn. 86, Urteil vom 26. Februar 2019, T Danmark, verbundene Rechtssachen C‑116/16 und C‑117/16, EU:C:2019:135, Rn. 97.


28           Urteil vom 21. Februar 2006, Halifax u. a., C‑255/02, EU:C:2006:121, Rn. 76 und 77, sowie Urteil vom 17. Dezember 2015, WebMindLicenses, C‑419/14, EU:C:2015:832, Rn. 34.


29           Urteil vom 21. Februar 2006, Halifax u. a., C‑255/02, EU:C:2006:121, Rn. 78.


30           Vgl. in diesem Sinne Urteile Ampliscientifica und Amplifin, C‑162/07, EU:C:2008:301, Rn. 19, und Skandia America (USA), filial Sverige, C‑7/13, EU:C:2014:2225, Rn. 29. Vgl. auch Schlussanträge des Generalanwalts Mengozzi in der Rechtssache Larentia + Minerva und Marenave Schiffahrt, C‑108/14 und C‑109/14, EU:C:2015:212, Nrn. 46 bis 50, zu den entsprechenden Bestimmungen der Sechsten Richtlinie.


31           Vgl. in diesem Sinne auch die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament und den Rat über die Option der MwSt-Gruppe gemäß Artikel 11 der Richtlinie 2006/112/EG über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem (KOM[2009] 325 endg., 2. Juli 2009, S. 11).


32           Vgl. hierzu Schlussanträge des Generalanwalts Bobek in der Rechtssache Cussens, C‑251/16, EU:C:2017:648, Nr. 97.


33           Vgl. Urteile vom 21. Februar 2008, Part Service, C‑425/06, EU:C:2008:108, Rn. 45, und vom 22. November 2017, Cussens, C‑251/16, EU:C:2017:881, Rn. 53.


34           Ohne die gesamte in diesem Rahmen auf europäischer Ebene eingeführte Regelung anzuführen, ist auf Art. 6 der Richtlinie (EU) 2016/1164 des Rates vom 12. Juli 2016 mit Vorschriften zur Bekämpfung von Steuervermeidungspraktiken mit unmittelbaren Auswirkungen auf das Funktionieren des Binnenmarkts (ABl. 2016, L 193, S. 1) hinzuweisen. Diese Bestimmung lässt den Schluss auf das Vorliegen eines missbräuchlichen Verhaltens zu, sofern die Verfolgung des steuerlichen Vorteils, der dem geltenden Steuerrecht zuwiderläuft, „einer der wesentlichen Zwecke“ des Vorgangs ist. Dieser Vorgang muss jedoch „unangemessen“, d. h. nicht „aus triftigen wirtschaftlichen Gründen …, die die wirtschaftliche Realität widerspiegeln“, vorgenommen worden sein.


35           Vgl. Urteil vom 10. November 2011, Foggia, C‑126/10, EU:C:2011:718, Rn. 35. Dieses Urteil betrifft die spezifische Vorschrift zur Verhinderung von Missbrauch in Art. 11 Abs. 1 Buchst. a der Richtlinie 90/434/EWG des Rates vom 23. Juli 1990 über das gemeinsame Steuersystem für Fusionen, Spaltungen, die Einbringung von Unternehmensteilen und den Austausch von Anteilen, die Gesellschaften verschiedener Mitgliedstaaten betreffen (ABl. 1990, L 225, S. 1).


36           Vgl. Urteil vom 21. Februar 2006, Halifax u. a., C‑255/02, EU:C:2006:121, Rn. 69.


37           Vgl. Urteil vom 20. Juni 2013, Paul Newey, C‑653/11, EU:C:2013:409, Rn. 44 und 45.


38           Vgl. Urteil vom 21. Februar 2006, Halifax u. a., C‑255/02, EU:C:2006:121, Rn. 76 und 81.


39           Urteil vom 21. Februar 2018, Part Service, C‑425/06, EU:C:2008:108, Rn. 62.

 

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