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BB 2020, I
Schienke-Ohletz 

Die Stiftungsreform – Was lange währt, wird endlich gut?

Abbildung 1

2018 gab es einen ersten Diskussionsentwurf zur Stiftungsreform mit konkreten Änderungsvorschlägen im BGB. Seitdem warten alle gespannt auf die Umsetzung der Stiftungsreform. Nun ist endlich der Referentenentwurf am 28.9.2020 zum Gesetz zur Vereinheitlichung des Stiftungsrechts (BGB-RE) veröffentlicht worden. Überraschend ist, dass erstmals ein zentrales Stiftungsregister mit Publizitätswirkung eingeführt werden soll, in das alle Stiftungen eingetragen werden. Darüber hatte es viel Uneinigkeit gegeben. Müssen derzeit noch Stiftungsvorstände zur Legitimation ihres Handelns mit Vertretungsbescheinigungen arbeiten, besteht mit Einführung des Stiftungsregisters die Möglichkeit, dass sich Vorstände oder besondere Vertreter eintragen lassen und damit eine Publizitätswirkung erzeugen. Das Stiftungsregister wird zukünftig neben dem Transparenzregister stehen. Es wird allerdings erst vier Jahre nach Inkrafttreten der Stiftungsreform etabliert. Das BGB-RE enthält nunmehr zahlreiche Detailregelungen zur Errichtung der Stiftung, Haftung der Organe, Satzungs- und Zweckänderung und zur Beendigung sowie Zusammenlegung/Zulegung. Hinsichtlich der vorgegebenen Regelungen kann der Stifter im Rahmen seiner Satzungsautonomie in der “Errichtungssatzung” vom BGB abweichen, wenn dies in der jeweiligen Regelung vorgesehen ist (§ 83 Abs. 2 BGB-RE). § 83 Abs. 3 BGB-RE definiert die Bedeutung des Stifterwillens. Danach haben die Stiftungsorgane bei ihrer Tätigkeit für die Stiftung und die zuständigen Behörden bei der Aufsicht über die Stiftung den bei der Errichtung der Stiftung zum Ausdruck kommenden Willen des Stifters zu beachten. Wünschenswert ist, die bislang nicht ausdrücklich erwähnte Beachtlichkeit des mutmaßlichen Stifterwillens eigens in die Regelung einzubeziehen, zumal der Stifterwille Änderungen unterworfen ist und ein Stifter nicht die Entwicklungen der nächsten 50 Jahre voraussehen kann. Weiterhin gibt der Gesetzgeber vor, dass es die Ewigkeitsstiftung und die Verbrauchsstiftung geben soll. Bei Errichtung einer Verbrauchsstiftung muss nachgewiesen werden, dass der Zweck mindestens zehn Jahre erfüllt werden kann. Der konkrete Zeitraum muss in der Satzung festgelegt werden, ebenso der Zeitpunkt der Beendigung, der auch im Stiftungsregister zukünftig einzutragen ist. Die Möglichkeit einer Teilverbrauchsstiftung soll auch weiterhin bestehen. Erfreulich ist, dass das BGB-RE zukünftig konkrete Regelungen zur Zusammensetzung und Definition des Stiftungsvermögens enthält. Die Zusammensetzung des Vermögens hat weitreichende Folgen für die Frage der Kapitalerhaltung und der Mittelverwendung. Grundsätzlich bleibt es dabei, dass es ein dauerhaft zu erhaltendes Grundstockvermögen gibt. Daneben steht das sonstige Vermögen, das nicht dem Kapitalerhaltungsgrundsatz unterliegt. Offen lässt der Gesetzgeber allerdings, ob hinsichtlich der Kapitalerhaltung das Nominalwert- oder das Realwertprinzip gilt. Dies kann vom Stifter entschieden werden. Hinsichtlich der Stiftungsorgane soll die Business Judgement Rule in § 84a Abs. 3 BGB-RE ausdrücklich vorgesehen werden, auch wenn sie bereits heute auf die Haftung von Stiftungsvorständen anwendbar ist. Danach soll eine Pflichtverletzung nicht vorliegen, wenn das Organmitglied bei der Geschäftsführung unter Beachtung der gesetzlichen und satzungsmäßigen Vorgaben in vernünftiger Weise annehmen durfte, auf der Grundlage angemessener Informationen zum Wohle der Stiftung zu handeln. Von vielen Seiten gewünscht wurde auch eine erleichterte Möglichkeit von Satzungsänderungen. Bisher war die Zulässigkeit von der Satzung abhängig und mangels konkreter Regelung auch eine Frage des Einzelfalls, ob die jeweilige Stiftungsaufsicht eine Satzungsänderung als zulässig angesehen hat. Dies soll nun durch eine dreistufige Regelung einheitlich im BGB-RE festgelegt werden. Eine Änderung des Zwecks soll nur möglich sein, wenn ansonsten die Stiftung ihren Zweck gar nicht mehr erfüllen kann oder der Zweck gegen das Gemeinwohl verstößt. Eine Satzungsänderung für prägende Bestimmungen der Satzung soll möglich sein, wenn eine wesentliche Änderung der Verhältnisse seit Stiftungserrichtung eingetreten ist, während “einfache” Satzungsänderungen jederzeit möglich sein sollen. Zu berücksichtigen ist, dass die Regelungen dispositiv sind, d. h. der Stifter muss in der “Errichtungssatzung” die Voraussetzungen für eine Satzungsänderung abweichend regeln. Er darf keine Pauschalermächtigung erteilen. Des Weiteren ist auch die Beendigung der Stiftung etwas ausführlicher in § 87 BGB-RE geregelt. Nach wie vor bleibt es bei dem Grundsatz, dass eine Stiftung nur unter engen Voraussetzungen beendet werden kann. Die Zusammenlegung und Zulegung von Stiftungen wird nunmehr einheitlich in den §§ 86-86i BGB-RE geregelt; dabei handelt es sich um zwingende Vorschriften. Erleichterte Bedingungen können nicht vom Stifter vorgesehen werden. Für die Maßnahmen gilt künftig Gesamtrechtsnachfolge, d. h. eine vorherige Liquidation ist nicht mehr erforderlich. Trotz sinnvoller Ansätze für eine einheitliche Regelung im BGB ist zu hoffen, dass im Gesetzgebungsverfahren die Bedeutung des mutmaßlichen Willens des Stifters deutlich im Gesetzestext erwähnt wird. Des Weiteren stellt sich auch die Frage, welche Auswirkungen die geplanten Regelungen für schon bestehende Stiftungen haben, d. h. ob die Reform zu einer Satzungsänderung berechtigt, um ggfs. günstigere Regelungen zu nutzen. Aufgrund der hohen Bedeutung von Stiftungen in der heutigen Zivilgesellschaft sollte der Gesetzgeber die Reform nutzen, für das Erfolgsmodell “Stiftung” rechtlich attraktive Regelungen zu schaffen!

Dr. Tanja Schienke-Ohletz, RAin/StBin, ist assoziierte Partnerin der Kanzlei Flick Gocke Schaumburg am Standort Frankfurt a. M. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte bilden neben der Unternehmensnachfolge sowie der Erbschaft- und Schenkungsteuer auch Stiftungen und NPO. Sie ist regelmäßig Referentin im Rahmen der seit 2013 jährlich vom BB veranstalteten BB-Fachkonferenz Stiftungen.

 
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