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CNL 2021, 9
 

Koalition einigt sich auf entschärftes Lieferkettengesetz

Kurz vor Ende der Legislaturperiode scheinen einige in der Compliance-Community heiß diskutierten Gesetzesvorhaben zu scheitern. Das Verbandssanktionengesetz und das Hinweisgeberschutzgesetz sind zwei davon.

Auch für das Lieferkettengesetz hätte es knapp werden können. Doch nun kam die Einigung.

Abbildung 9

Werbung um faire Lieferketten: Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales wirbt am Hauptbahnhof in Berlin.

Die Große Koalition hat sich auf ein gemeinsames Lieferkettengesetz verständigt. Damit ist der Weg frei für eine Verabschiedung des Gesetzes, das Unternehmen dazu verpflichten soll in ihrer gesamten Lieferkette, auch international, für die Einhaltung der Menschenrechte zu sorgen. Der Bundestag könnte das Lieferkettengesetz bereits in der seit 7. Juni laufenden Sitzungswoche beschließen. Auch der Bundesrat muss noch zustimmen.

Das Gesetz stand auf der Kippe, da die Union Nachbesserungsbedarf bei Haftungsfragen für die deutschen Unternehmen sah. Nun haben sich die Koalitionäre auf den Ausschluss der zivilrechtlichen Haftung für Unternehmen geeinigt. Dr. Christoph Schröder, Rechtsanwalt bei CMS Deutschland, sieht darin „eine Wende um 180 Grad gegenüber dem Eckpunktepapier aus dem Frühjahr 2020“. Aber am Ende des Tages gewähre der deutsche Gesetzgeber den deutschen Unternehmen damit nur eine Schonfrist.

Schröder spielt damit darauf an, dass die EU-Kommission noch im Juni einen Legislativvorschlag zu Sorgfaltspflichten zum Schutz von Menschenrechten und der Umwelt in der Lieferkette vorlegen will. Im März hatte das Europäische Parlament sich auf einen entsprechenden Richtlinienvorschlag verständigt. „Wenn die EU-Richtlinie in der Fassung des aktuellen Entwurfs kommt, kommt auch die Haftung, und zwar eine ziemlich scharfe“, so Schröder.

Unternehmen sollten sich nun deutlich mit den Konsequenzen und Risiken auseinandersetzen. Denn „auch ohne zivilrechtliche Haftung drohen saftige Sanktionen: Bußgelder bis zwei Prozent des Jahresumsatzes und der Ausschluss von öffentlichen Aufträgen für bis zu drei Jahre sind sicher Anreiz genug für die deutschen Unternehmen, sich gründlich auf die neuen Sorgfaltspflichten vorzubereiten“.

Schröder plädiert dennoch dafür „die neuen gesetzlichen Anforderungen nicht nur als Bürde, sondern vor allem als Chance zu begreifen, die eigene Reputation und Wahrnehmung im Markt zu stärken – und bei der Gelegenheit die eine oder andere Geschäftsbeziehung zu Lieferanten zu vertiefen.“

Das Lieferkettengesetz wird für alle größeren Unternehmen mit Sitz in Deutschland gelten – ab 2023 für Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitenden und ab 2024 für Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden.

chk

Mit dem Lieferkettengesetz wird die Einhaltung menschenrechtlicher Sorgfaltspflichten in der Lieferkette erstmals in Deutschland gesetzlich verpflichtend. Im Kern verpflichtet das Gesetz Unternehmen zur Etablierung eines Risikomanagementsystems. Danach sind menschenrechtliche Risiken zu analysieren und zu bewerten sowie geeignete Präventions- und Abhilfemaßnahmen zu ergreifen. Das Lieferkettengesetz enthält hierzu einen Katalog der geschützten Menschenrechte, darunter der Schutz vor menschenunwürdigen Arbeitsbedingungen, Hungerlöhnen, Diskriminierung, Kinder- und Zwangsarbeit oder Folter. Aspekte des Umweltschutzes sind nur erfasst, soweit Menschenrechte bei der Emission von Quecksilber und anderen Schadstoffen betroffen sind.

 
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