BVerwG
Anspruch eines EG-Angehörigen auf Einstellung als Beamter
BVerwG, Entscheidung vom 30. November 1992 - BVerwG 2 B 188.92;
BVerwG
vom 30.11.1992
- BVerwG 2 B 188.92
EWS
1993, 371
(Heft 11)
SachverhaltEin italienischer Staatsangehöriger, der den juristischen Vorbereitungsdienst im Angestelltenverhältnis ableistete, verlangt die Erstattung von Sozialversicherungsbeiträgen, die ihm von den Bruttoanwärterbezügen abgezogen worden waren. Das Berufungsgericht wies seine Klage ab und ließ die Revision nicht zu. Seine Nichtzulassungsbeschwerde hatte keinen Erfolg.Aus den Gründen»1. Die Rechtssache hat nicht die ihr von der Beschwerde beigelegte grundsätzliche Bedeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Aus dem Vorbringen in der Beschwerdebegründung ergibt sich nicht, daß das erstrebte Revisionsverfahren zur Beantwortung von entscheidungserheblichen konkreten Rechtsfragen mit über den Einzelfall hinausreichender Tragweite beitragen könnte, die im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Weiterentwicklung des Rechts höchstrichterlicher Klärung bedürfen (vgl. BVerwGE 13, 90 ).Eine ausdrückliche Bezeichnung von Fragen, die sie in dem vorgenannten Sinn für grundsätzlich klärungsbedürftig hält, läßt die Beschwerde vermissen. Sinngemäß mögen ihren Ausführungen im Zusammenhang damit, daß der Kläger als italienischer Staatsangehöriger den juristischen Vorbereitungsdienst des beklagten Freistaates außerhalb des Beamtenverhältnisses abgeleistet und dabei gemäß § 63 Abs. 1 Bay. JAPO eine Unterhaltsbeihilfe in Höhe der Bruttobeträge der Anwärterbezüge, aber unter Abzug von Sozialversicherungsbeiträgen erhalten hat, die Fragen entnommen werden, ob ein den juristischen Vorbereitungsdienst Ableistender unter den gemeinschaftsrechtlichen Arbeitnehmerbegriff des Art. 48 des EWG-Vertrages (EWGV) fällt und ob, wenn ja, der gemeinschaftsrechtliche Gleichbehandlungsgrundsatz zur Gewährung gleicher Nettobezüge wie für Inländer verpflichtet.a) Die erstgenannte Frage würde sich indessen in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht stellen, weil das Berufungsgericht trotz Zugrundelegung ('Unterstellung') ihrer Bejahung zur Abweisung der Klage gelangt ist. Die Zulassung der Revision wegen einer die Entscheidung nicht tragenden Rechtsfrage kommt nicht in Betracht (vgl. Beschluß vom 1. Juli 1986 - BVerwG 2 B 65.85 - [DVBl. 1986, 1159]).b) Auch die Frage, ob der gemeinschaftliche Gleichbehandlungsgrundsatz die Gewährung gleicher Nettobezüge in beiden Ausbildungsverhältnissen gebietet, wäre in dem angestrebten Revisionsverfahren nicht in dieser allgemeinen Form zu entscheiden. Denn das Berufungsgericht ist davon ausgegangen, der Kläger habe, falls er die Ausbildung im öffentlich-rechtlichen Ausbildungsverhältnis außerhalb des Beamtenverhältnisses und mit Sozialversicherungspflicht als dem Gemeinschaftsrecht nicht genügend erachtete, sich unmittelbar gegen die Ablehnung der Einstellung als Beamter auf Widerruf wenden können und müssen; dies sei aber jetzt nicht mehr möglich, weil die Ablehnung betandskräftig geworden ist.Die hierbei zugrunde gelegte Annahme des Berufungsgerichts, daß ein etwaiger gemeinschaftsrechtlicher Anspruch auf Einstellung als Beamter unter gleichen Bedingungen wie Inländer entgegenstehenden nationalen Rechtsvorschriften (hier Art. 9 Abs. 1 Nr. 1 BayBG) gemäß Art. 24 Abs. 1 GG vorgeht und daher trotz solcher Rechtsvorschriften unmittelbar vor den deutschen Gerichten geltend gemacht werden kann, entspricht der Auffassung des Senats (Beschluß vom 24. Januar 1985 - BVerwG 2 C 98.81 - im Anschluß an BVerfGE 31, 145 ; 37, 271 ; 75, 223 ; BVerwGE 87, 154 ). Hätte der Kläger in diesem Punkt den Rechtsweg beschritten, so wäre, falls der Vorbehalt des Art. 48 Abs. 4 EWGV auf den juristischen Vorbereitungsdienst ebensowenig anzuwenden sein sollte wie auf den Vorbereitungsdienst für ein Lehramt (vgl. EuGH vom 3. Juli 1986 - Rs. 66/85 - ), die Frage zu entscheiden gewesen, ob das angebotene Ausbildungsverhältnis mit gleichen Bruttobezügen und Sozialversicherungspflicht dem gemeinschaftsrechtlichen Gebot der Gleichbehandlung mit Inländern genügte (vgl. dazu Urteile des EuGH vom 3. Juni 1986 - Rs. 307/84 - und vom 16. Juni 1987 - Rs. 225/85 - : 'Vergünstigungen und Garantien, die in allen Punkten denen entsprechen, die sich aus dem den ... Staatsangehörigen vorbehaltenen Beamtenverhältnis ergeben').Nunmehr stellt sich die Frage nur noch dahin, ob das Gemeinschaftsrecht gebot, dem sozialversicherungspflichtig ausgebildeten Kläger zusätzlich zu der den Anwärterbezügen brutto entsprechenden Unterhaltsbeihilfe einen Ausgleich für die Sozialversicherungsbeiträge zu gewähren. Dies würde indessen auf eine Summierung der Vorteile beider Rechtsverhältnisse hinauslaufen, da der Kläger einerseits in den Genuß der Rechte und Anwartschaften aus der Sozialversicherung gekommen ist, andererseits von den Beiträgen dafür wirtschaftlich freigestellt würde. Der Senat sieht keinen klärungsbedürftigen Zweifel daran, daß eine solche, für Inländer in keinem Falle vorgesehene Summierung der beiderseitigen Vorteile über die gemeinschaftsrechtlich gebotene Gleichbehandlung hinausgehen würde und daher nicht verlangt werden kann.2. Aus dem Dargelegten ergibt sich zugleich, daß das Berufungsgericht entgegen der Verfahrensrüge der Revision keinen Anlaß hatte, nach Art. 177 EWGV dem Europäischen Gerichtshof die Fragen nach der Anwendbarkeit des gemeinschaftsrechtlichen Arbeitnehmerbegriffs und nach der Zulässigkeit der Verweisung von EG-Angehörigen auf das nichtbeamtenrechtliche, sozialversicherungspflichtige Ausbildungsverhältnis zur Entscheidung vorzulegen, weil diese Fragen für das Berufungsgericht überwiegend nicht entscheidungserheblich waren und weil ein gemeinschaftsrechtlicher Anspruch auf Summierung der Vorteile beider Rechtsverhältnisse zweifelsfrei nicht besteht.«
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