LG Bonn
Pfändung aus einem ausländischen Titel als Sicherungsmaßnahme vor Zustellung des Exequaturbeschlusses
LG Bonn, Entscheidung vom 4. März 2003 - 4 T 33/03;
LG Bonn
vom 04.03.2003
- 4 T 33/03
RIW
2003, 388
(Heft 5)
SachverhaltMit Beschluss vom 12. 9. 2002 hat der Rechtspfleger beim AG Bonn die angeblichen Ansprüche der Schuldnerin und der weiteren am Beschwerdeverfahren nicht beteiligten Schuldnerin zu 2 bis zu einem Höchstbetrag von 33 Mio. Euro gegen die Deutsche Telekom AG in Bonn in Vollziehung eines Beschlusses des Tribunale Ordinario di Torino vom 12. 8. 2002 pfänden lassen. Die hiergegen eingelegte Erinnerung der Schuldnerin hat das AG Bonn mit dem angefochtenen Beschluss vom 9. 12. 2002 zurückgewiesen. Hiergegen richtete sich die sofortige Beschwerde - ohne Erfolg.Aus den GründenDie gemäß § 793 an sich statthafte sofortige Beschwerde begegnet keinen formellen Bedenken. Sie ist form- und fristgerecht eingelegt, § 569 ZPO, und damit zulässig. In der Sache hat sie keinen Erfolg.Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen liegen vorDie allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen sind entgegen dem Vorbringen der Schuldnerin im Beschwerdeverfahren gegeben.Zwangsvollstreckungsmaßnahmen auf Grund des Titels sind im gesamten Bundesgebiet zulässigDie Gläubigerin hat vor dem »Tribunale Ordinario di Torino, sezione civile feriale« (ordentliches Gericht Turin) am 12. 8. 2002 (Verfahren Nr. 57/2002 R.G./R.) unter anderen auch gegen die Schuldnerin einen Titel erwirkt, wonach die Sicherungsbeschlagnahme zu Gunsten der Gläubigerin über alle beweglichen und unbeweglichen Güter sowie alle eventuell auch bei Dritten bestehenden Darlehen der Schuldnerin bis zum Höchstbetrag von 33 Mio. Euro für Kapital, Zinsen und Gebühren gewährt wurde. Mit Beschluss vom 12. 9. 2002 (1 O 377/02) hat das LG Bonn angeordnet, dass dieser Titel mit der Vollstreckungsklausel zu versehen ist, Art. 38 ff. EuGVVO i. V.m. §§ 3, 8 Abs. 1 AVAG n. F. Die in diesem Beschluss zunächst ausgesprochene örtliche Begrenzung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen innerhalb der Bundesrepublik Deutschland auf den Bezirk des LG Bonn ist mit Beschluss des gleichen Gerichts vom 16. 9. 2002 (1 O 377/02) aufgehoben worden, so dass nunmehr Zwangsvollstreckungsmaßnahmen der Gläubigerin gegen die Schuldnerinauf Grund des oben genannten Titels des Ordentlichen Gerichts Turin vom 12. 8. 2002 im gesamten Bundesgebiet zulässig sind. Die Titel haben der erkennenden Kammer vorgelegen.Der Zustellung der Vollstreckungsklausel vor Erlass des Pfändungsbeschlusses bedurfte es nichtDer Gläubigerin ist darin zuzugeben, dass es im vorliegenden Fall der Zustellung der Vollstreckungsklausel vor Erlass des Pfändungsbeschlusses nicht bedurfte. Dies folgt aus den Art. 41 und 47 EuGVVO. Danach wird die EG-Verordnung Nr. 44/2001 vom 22. 12. 2000 (EuGVVO) unter anderen ausdrücklich von der Maxime des »Überraschungseffektes«, wie er durch Art. 41 EuGVVO statuiert ist, bestimmt. Dem Schuldner soll demnach nicht Zeit bleiben, sein Vermögen im Zweitstaat dem Vollstreckungszugriff zu entziehen. Die Rechte des Schuldners sind insoweit durch Art. 43 Abs. 3 EuGVVO gewahrt (vgl. LG Stuttgart, IPRax 1989, 41 f. = RIW 1988, 563). Das Recht des Gläubigers auf Maßnahmen im Rahmen einer Sicherungszwangsvollstreckung - wie vorliegend - folgt ipso jure aus der Klauselerteilung. Es kann - entgegen der Meinung der Schuldnerin - durch das nationale Recht nicht eingeschränkt werden (vgl. Zöller/Geimer, ZPO, 23. Aufl., Anh. I Art. 47 Rdnr. 1). Im Übrigen übersieht die Schuldnerin, dass auch dem deutschen Verfahrensrecht Vollstreckungsmaßnahmen vor Zustellung des Titels bekannt sind. So ist gemäß § 929 Abs. 3 ZPO die Vollziehung des Arrestbefehls vor dessen Zustellung an den Schuldner zulässig.Die Gläubigerin ist durch die eingeleitete Vollstreckungsmaßnahme nicht übersichertSoweit sich die Schuldnerin darauf beruft, die Gläubigerin sei durch die eingeleitete Vollstreckungsmaßnahme übersichert, weshalb die Pfändung aufgehoben werden müsste, geht ihr Vortrag ins Leere. Die Kammer schließt sich zunächst den Gründen der angefochtenen Entscheidung an, wonach eine Überpfändung nicht vorliegt. Sie teilt damit die Auffassung, dass eine Überpfändung gemäß § 803 ZPO nur dann vorläge, wenn die Gläubigerin in der Bundesrepublik Deutschland Vermögen der Schuldnerin gepfändet hätte, das zu einer Sicherung der hier zu vollstreckenden Titelforderung ausreichen würde. Dies ist erkennbar nicht der Fall. Darüber hinaus hat die Gläubigerin eine angebliche Forderung der Schuldnerin gegen die Drittschuldnerin gepfändet. Über die Werthaltigkeit einer solchen Forderungspfändung ist nichts bekannt. Insoweit liegt widersprüchliches Vorbringen der Parteien vor. Nach Vortrag der Gläubigerin will die Drittschuldnerin noch eine Forderung gegen die Schuldnerin besitzen.Aus allem folgt, dass die sofortige Beschwerde mit der Kostenfolge aus § 97 ZPO zu verwerfen war.
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