SOBICH, Philip
Verfahrensrechtliche Kontrolle »unfairer« AGB in Großbritannien
RIW
1998, 684
(Heft 9)
Im Vereinigten Königreich ist seit dem 1. 7. 1995 auf dem Gebiet der Kontrolle »unfairer« Allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB) ein neues Gesetz, The Unfair Terms in Consumer Contracts Regulations 1994 (Regulations)1Statutory Instrument 1994 No. 3159. Die Regulations sind im Wege der secondary/subordinate legislation, d. h. einer vom Parlament delegierten Rechtssetzungsbefugnis, verabschiedet worden; vgl. zu dieser Art der Gesetzgebung Thompson, Constitutional and Administrative Law, 3rd ed. 1997, p. 179, 184 et seq., in Kraft. Hintergrund der Regulations sind Vereinheitlichungsbestrebungen auf EG-Ebene sowie die schließlich zwecks Erweiterung der materiell- und verfahrensrechtlichen Schutzvorschriften gegen unfaire AGB erlassene Richtlinie 93/13/EWG2Richtlinie 93/13/EWG des Rates über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen v. 5. 4. 1993, ABIEG Nr. L 95 v. 21. 4. 1993; zu den Vereinheitlichungsbestrebungen auf EG-Ebene vgl. die Übersicht bei Ulmer/Brandner/Hensen, AGB-Gesetz, 8. Aufl. 1997, Einl. Rn. 65 ff. Zur Umsetzung der Richtlinie im Vereinigten Königreich vgl. die Überblicke bei Wagner/Althen, Umsetzung der Richtlinie des Rates über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen im Vereinigten Königreich, RIW 1995, 546 ff.; Weatherill, Wichtige Entwicklungen im Verbraucherschutzrecht im Vereinigten Königreich, VuR 1995, 393, 396 f..Die Regulations betreffen im Hinblick auf die Kontrolle von AGB, vergleichbar dem deutschen AGB-Gesetz, im wesentlichen zwei Ebenen: Zum einen wirken sie unmittelbar ein auf das materielle Privatrecht, das das Verhältnis des Unternehmers bzw. AGB-Verwenders und des Verbrauchers regelt. Hier enthalten die Regulations materielle Vorschriften, die den Schutz des Verbrauchers vor unangemessenen AGB beinhalten und unfaire Vertragsbedingungen als für den Verbraucher nicht bindend bzw. unwirksam erklären3Regulation 5 lautet insofern: »An unfair term in a contract with a consumer by a seller or supplier shall not be binding on the consumer.« Unfair term meint dabei gemäß Regulation 4 (1) jede Vertragsbedingung, die unter Verstoß gegen Treu und Glauben eine bedeutsame Ungleichgewichtigkeit der Rechte und Verpflichtungen der Vertragsparteien zum Nachteil des Verbrauchers bewirkt. Schedule 3 zu Regulation 4 (4) listet schließlich als Anhang, in Anlehnung an den Anhang der Richtlinie 93/13, eine Reihe von Vertragsbedingungen auf, die von vornherein für unfair erklärt werden können.. Zum anderen betreffen die Regulations, und zwar als Erweiterung und Verbesserung gegenüber der bisherigen Rechtslage4Mißverständlich insofern Ulmer/Brandner/Hensen (Fn. 2), Einl. Rn. 91 a, wonach das Gesetz zum Kontrollverfahren keine Neuerungen bringt. Zu den bisherigen bzw. weiteren Kontrollinstrumenten vgl. unten., die Ebene der verfahrensrechtlichen Kontrolle zur Durchsetzung des materiellen Schutzrechts der Bestimmungen der Regulations. Hier beinhaltet Regulation 8 ein neugeschaffenes abstraktes und AGB-spezifisches Instrument zur Kontrolle unfairer AGB5Regulation 8 ist überschrieben mit: »Prevention of continued use of unfair terms«..I. Die Verfahrenskontrollvorschrift Regulation 81. EntstehungsgeschichteDie Vorschrift geht zurück auf ein zweites Konsultationsdokument des Department of Trade and Industry zur Umsetzung der Richtlinie 93/13 und in diesem Zusammenhang speziell von Art. 7 der Richtlinie6Department of Trade and Industry, Implementation of the EC-Directive on Unfair Terms in Consumer Contracts (93/13/EEC), A Further Consultation Document, September 1994.. Nach dieser Vorschrift sind die Mitgliedstaaten aufgerufen, angemessene und wirksame Mittel zur Verhinderung der Verwendung mißbräuchlicher Klauseln bereitszustellen, wobei diese Maßnahmen eine abstrakte Klagebefugnis von Organisationen einschließen müssen, die nach innerstaatlichem Recht ein berechtigtes Interesse am Schutz der Verbraucher haben7Ob diese Vorschrift die Mitgliedstaaten verpflichtet, für Verbraucherverbände ein AGB-Verbandsklagerecht einzuführen, geht aus dem Wortlaut nicht eindeutig hervor; zu dem - bislang - fehlenden Verbandsklagerecht im Vereinigten Königreich und den Reformvorhaben siehe unten IV und V.. Das erste, auf entsprechende Kritik von Verbraucherseite geänderte Konsultationsdokument des Department of Trade and Industry hatte hierzu noch vertreten, daß keine spezifische neue Gesetzgebung erforderlich sei, um Art. 7 umzusetzen, da das englische Zivilrecht bereits gewährleiste, daß unfaire Vertragsbedingungen gegenüber dem Verbraucher nicht durchsetzbar wären; und ein ergangenes Gerichtsurteil, daß bestimmte Klauseln als unfair beurteilt, würde dem Unternehmen bzw. AGB-Verwender verdeutlichen, daß in ähnlichem Kontext gegenüber anderen Verbrauchern nicht auf die Wirksamkeit der Klauseln zu vertrauen sei8Vgl. Department of Trade and Industry (Fn. 6), A Consultation Document, October 1993.. Diese Auffassung muß insbesondere aus Sicht eines deutschen Beobachters überraschen, da in Deutschland ja gerade die nicht effektiv funktionierende individuelle Interessenwahrnehmung zur - bereits Anfang der siebziger Jahre einsetzenden - Diskussion und späteren Ausgestaltung eines speziellen AGB-Kontrollverfahrens in Form der §§ 13 ff. AGBG geführt hat9Vgl. dazu etwa Münch-Komm./Gerlach, 3. Aufl. 1993, vor § 13 AGBG Rn. 2.. Aber auch in Großbritannien ist man sich in der Vergangenheit schon einmal des Problems, die Einhaltung von AGB-Schutzvorschriften effizient zu kontrollieren, bewußt geworden: Bei den gesetzgeberischen Vorarbeiten zum Unfair Contract Terms Act 1977 ist die Möglichkeit, AGB einer vorherigen behördlichen Kontrolle zu unterwerfen, in einiger Ausführlichkeit diskutiert worden10Law Commission, Second Report on Exemption Clauses, 1975 (Law Com No. 69), para. 290-314. Vgl. dazu im einzelnen Sobich, Die verfahrensrechtliche Kontrolle »unfairer« Allgemeiner Geschäftsbedingungen in England: zur praktischen Wirksamkeit von AGB-Kontrollverfahren im Vergleich zum deutschen Recht, 1997, S. 38 f..2. Die Vorschriften im einzelnenDie Regulations weisen dem Director-General of Fair Trading (Director-General), dem das Office of Fair Trading (OFT) mit einem entsprechenden Behördenapparat untersteht, die zentrale AGB-Kontrollfunktion zu11Das Amt des Director-General ist durch den Fair Trading Act 1973 geschaffen worden. Seine wesentliche Aufgabe besteht nach eigenem Selbstverständnis und der durch verschiedene weitere Gesetze erfaßten Aufgaben- und Regelungsbereiche darin, ein faires Gleichgewicht zwischen dem am Wettbewerb orientierten Handel und dem Verbraucher herzustellen.. Gemäß Regulation 8 (1) ist der Director-General verpflichtet, ihm gegenüber vorgebrachte Beschwerden in bezug auf unfaire AGB zu verfolgen, es sei denn, daß die Beschwerde geringfügig oder schikanös (frivolous or vexatious) erscheint. Welche Beschwerden als schikanös angesehen werden können, wirdvom Gesetz nicht weiter spezifiziert. Klar ist allerdings aufgrund des Gesetzeswortlauts (»... duty of the Director to consider any complaint made to him ...«), daß beim locus standi der Beschwerdesteller nicht zu differenzieren ist und Beschwerdesteller auch Nicht-Vertragsparteien sein können. Als Beschwerdesteller in Betracht kommen insofern beispielsweise Verbraucher, Mitwettbewerber des AGB-Verwenders, private Verbraucherverbände sowie öffentliche Verbraucherschutzorganisationen wie die Trading Standards Departments12Hierbei handelt es sich um Kommunalbehörden (mit landesweit etwa 1500 Trading Standards-Beamten), die allgemein die Einhaltung der Handelsregeln zu überwachen haben und für die Durchsetzung einer Vielzahl den Verbraucher schützender Gesetze zuständig sind, z. B. den Consumer Protection Act 1987 und den Food Safety Act 1990. und Citizen Advice Bureaus13Es existieren in Großbritannien etwa 700 dieser örtlichen Verbraucherberatungsstellen; sie beschäftigen freiwillige Mitarbeiter und werden von der Regierung finanziell unterstützt.. Widersinnig erscheint, daß der Director-General nicht aus eigenem Antrieb gegen unfaire AGB vorgehen kann, die er selbst als »unfair« ansieht, sondern erst auf eine Beschwerde warten muß. Der Director-General erscheint so wie ein verlängerter Arm der individuellen Beschwerdesteller.Hält der Director-General die Vertragsbedingung für »unfair«, kann er, wenn er es für angemessen hält, gemäß Regulation 8 (2) vor dem High Court14Bzw. dem Court of Session in Schottland, vgl. dazu Regulation 2 (1). ein gerichtliches Verfügungsverfahren auf Unterlassung der Klauselverwendung gegen den Verwender oder Empfehler der Klausel anstrengen15»... may, if he considers it appropriate to do so, bring proceedings for an injunction ...«.. Gleichzeitig gewährt Regulation 8 (2) die Möglichkeit, eine einstweilige Verfügung zu beantragen16»... may also apply for an interlocutory injunction ...«.. Die Einleitung eines Unterlassungsverfahrens ist also nicht zwingend vorgeschrieben, sondern hängt von einer Ermessensentscheidung des Director-General ab. Eine Verpflichtung des Director-General zum Tätigwerden besteht nur - wie bereits erwähnt - insoweit, als er die ihm vorgebrachten Beschwerden gemäß Regulation 8 (1) überhaupt zur Kenntnis nehmen und in seine Erwägungen einbeziehen muß.Die Entscheidung, ein gerichtliches Verfahren in Gang zu setzen oder nicht, hat der Director-General gemäß Regulation 8 (4) zu begründen. Diese Regelung dient der Transparenz der Handhabung der Verfahrenskontrolle. Gleichzeitig ermöglicht sie es dem Beschwerdesteller, eine ablehnende Entscheidung des Director-General gerichtlich überprüfen zu lassen17Insofern besteht, auch wenn gesetzlich nicht ausdrücklich geregelt, die Begründungspflicht direkt dem Beschwerdesteller gegenüber und reicht, wie man vielleicht auch argumentieren könnte, eine Berichtspflicht in dem jährlichen Annual Report des Director-General nicht aus.. Zwar ist in den Regulations selbst keine ausdrückliche gesetzliche Regelung bezüglich eines derartigen Überprüfungsverfahrens vorgesehen. Dem Beschwerdesteller bleibt nach Auffassung des Office of Fair Trading jedoch die Möglichkeit, die Entscheidung des Director-General mittels des allgemeinen Rechtsbehelfs des »judicial review« überprüfen zu lassen18So das Office of Fair Trading in einem zu den Regulations verfaßten Seminarpapier (Seminar at Merton College, Oxford, 5-6 April 1995, S. 17): »... whether to challenge us by way of judicial review«. Mittels des judicial review können u. a. Entscheidungen öffentlicher Behörden daraufhin überprüft werden, ob sie in Einklang mit den ihnen gesetzlich verliehenen Kompetenzen stehen, vgl. dazu Thompson (Fn. 1), p. 397 et seq.. Da es sich bei diesem Rechtsbehelf aber in keiner Weise um ein AGB-spezifisches Kontrollinstrument handelt - es geht hier nicht um die Feststellung der Unangemessenheit von AGB, sondern um die Art bzw. Rechtmäßigkeit behördlicher Entscheidungen -, kann hierdurch insgesamt auch kein nennenswerter AGB-Kontrolleffekt erwartet werden19In der Praxis ist ein derartiger Fall eines judicial review bislang auch nicht vorgekommen..Wenn der Director-General es für angebracht hält, kann er nach Regulation 8 (3) ihm gegenüber abgegebene Unterlassungserklärungen berücksichtigen20»... Director may, if he considers it appropriate to do so, have regard to any undertakings given to him ...«.. Diese Bestimmung ist so zu verstehen, daß eine abgegebene Unterlassungserklärung grundsätzlich die Notwendigkeit einer gerichtlichen Klage ausschließt21Direkte rechtliche Konsequenzen, etwa in Form einer verwirkten Vertragsstrafe, hat ein Verstoß gegen ein undertaking nicht; wegen des Verstoßes wäre aber nunmehr der Gerichtsweg für den Director-General eröffnet.. Der Director-General soll sich also zunächst auf kooperativem Wege bemühen, den Verwender - notfalls mittels eines »undertaking« - zur Unterlasung des weiteren Gebrauchs der streitigen Klausel(n) zu bewegen, bevor ein gerichtliches Verfahren eingeleitet wird. Diese Vorgehensweise ist im Vereinigten Königreich nicht neu und entspricht derjenigen nach anderen Gesetzen22Vgl. secs. 34 et seq. Fair Trading Act 1973 (dort geht es um die Unterbindung allgemein unfairer geschäftlicher Verhaltensweisen; s. auch unten III. 2.) und Regulation 5 der Control of Misleading Advertisements Regulations 1988 (dort geht es um die Unterbindung irreführender Werbung)..Das Gericht ist in der Ausgestaltung seiner Verfügung nicht an den Antrag des Director-General gebunden und kann die Verfügung gemäß Regulation 8 (5) zu den für Recht gehaltenen Bedingungen erlassen23»... may grant an injunction on such terms as it thinks fit«.. Ferner kann das Gericht seine Anordnung gemäß Regulation 8 (6) auf ähnlich lautende Vertragsklauseln des Antragsgegners erstrecken24»... injunction may relate ... to any similar term ...«..Regulation 8 (7) schließlich betrifft die mit dem Operieren der Verordnung einhergehende Veröffentlichungsbefugnis des Director-General. Danach kann der Director-General Informationen und Berichte über die Anwendungspraxis der Regulations in der für zweckdienlich gehaltenen Art und Weise der Öffentlichkeit und den Personen gegenüber verbreiten, die von der Rechtsverordnung betroffen werden25»... dissemination ... of such information and advice ... may appear to him to be expedient to give to the public and to all persons likely to be affected by these Regulations«.. Diese Vorschrift entspricht damit im wesentlichen der dem Director-General eingeräumten Veröffentlichungsbefugnis nach dem Fair Trading Act 197326Sec. 124 (1).. Die Publizitätsbefugnis ist von nicht zu unterschätzender praktischer Bedeutung, da jegliche »negative Publizität« von seiten des Office of Fair Trading angesichts seiner zentralen Stellung für viele Unternehmen weitaus schädlicher ist als beispielsweise die Nichtigerklärung von unfairen Geschäftsbedingungen durch einen unterinstanzlichen County Court.II. Die bisherige AGB-Kontrollpraxis nach den RegulationsUm seinen gesetzlich festgelegten Aufgaben nachkommen zu können und für die Durchsetzung der Regulations zu sorgen, ist beim OFT eine neue Abteilung mit 10 bis 12 zuständigen Mitarbeitern geschaffen worden. Diese Mitarbeiter können sich bei schwierigen Rechtsfragen wiederum an für den gesamten Tätigkeitsbereich des OFT zuständige Rechtsanwälte wenden.Das OFT hat in den ersten knapp zwei Jahren27Zeitraum vom 1. 7. 1995 bis zum 31. 5. 1997; vgl. dazu und zum Folgenden Office of Fair Trading, Unfair Contract Terms, A Bulletin, Issue No 4 December 1997; Issue No 3 March 1997; Issue No 2 September 1996; Issue No 1 May 1996. seit Operieren der Regulations auf Beschwerden hin 1660 Fälle potentiell unfairer AGB untersucht. Die Beschwerden kamen dabei zu gut der Hälfte von den Trading Standards Departments oder Verbraucherorganisationen, hier insbesondereder Consumers' Association; knapp die Hälfte ist direkt von Verbrauchern an das OFT gelangt.In 1169 der aufgegriffenen Fälle ist das OFT aufgrund der Regulations tätig geworden: In 164 Fällen haben sich die Verwender schriftlich - informell - bereit erklärt, auf den Gebrauch der fraglichen AGB zu verzichten oder abgeänderte Klauseln, die mit dem OFT abgesprochen bzw. verhandelt worden sind, zu gebrauchen. In 5 Fällen sind formelle Unterlassungserklärungen von Unternehmen abgegeben worden. Zu einem Großteil der Fälle (419) wird mit den Verwendern über fragliche und zweifelhafte Klauseln noch verhandelt. Ein weiterer Großteil (321) betraf Beschwerden, die sich auf dieselbe(n) Klausel(n) bezogen. In 101 Fällen stellte sich heraus, daß die Klauseln nicht mehr verwendet wurden oder die Unternehmen nicht mehr am Markt tätig waren. 153mal hat das OFT lediglich Fragen zur Anwendung der Regulations beantwortet und die Beschwerdesteller sind selbst - auf dem Verhandlungswege - gegen die Verwender tätig geworden.In 78 Fällen, die von ihrem Anwendungsbereich sowohl unter das Instrumentarium der Regulations als auch das anderer Gesetze fielen28Insbesondere das Lizenzgebungsverfahren nach dem Consumer Credit Act 1974., ist das OFT aufgrund letzterer, also anderer gesetzlicher Handhabe tätig geworden. In den übrigen Fällen ist es aus folgenden Gründen nicht tätig geworden: Die Beschwerden betrafen keine Vertragsklausel, oder sie betrafen Klauseln, die vom Anwendungsbereich der Regulations ausgenommen sind, oder richteten sich gegen vertragliche Abreden, die den sog. Hauptgegenstand des Vertrags bilden29Vgl. dazu Schedule 1 zu Regulation 3 (1) und Regulation 3 (2).. In 170 Fällen hat das OFT die fragliche(n) Vertragsklausel(n) nicht als »unfair« angesehen. In 36 Fällen reichten die mit der Beschwerde dargebrachten Informationen für ein Tätigkwerden nicht aus.Die formell abgegebenen Unterlassungserklärungen werden in regelmäßig vom OFT heraugegebenen Bulletins veröffentlicht. Ebenfalls publiziert werden die Klauseln, auf die wegen ihrer »unfairness« verzichtet wurde oder die geändert wurden, letztere neben ihrer alten auch in ihrer abgeänderten (nach Ansicht des OFT nunmehr zulässigen) Fassung. Ferner wird auf Fälle von besonderer Bedeutung durch gesonderte Presseveröffentlichungen aufmerksam gemacht. Aus dieser Veröffentlichungspraxis soll nach der Intention des OFT für die AGB-Verwender deutlich werden, welche Klauseln das OFT für »unfair« bzw. »fair« hält, so daß durch diese gegebenen Leitlinien eine freiwillige Anpassung an die materiellen Schutzvorschriften stattfinden kann.Die Kontrollpraxis des OFT in den ersten Jahren hat gezeigt, daß - was zu vermuten war und durch die bereits langjährige und engagierte Kontrollpraxis in Deutschland bestätigt wird30Vgl. z. B. Löwe, Instrumente der abstrakten Kontrolle, in: RWS-Forum 2, 10 Jahre AGB-Gesetz, 1987, S. 99, 106, 113 (»... Masse von Klauselwerken, in denen sich unwirksame AGB befinden ...«); Sobich (Fn. 10); S. 120 ff., 141 ff., mit weiteren rechtstatsächlichen Angaben. - unfaire AGB auf allen Gebieten unternehmerischer Tätigkeiten auftauchen. Nach Auffassung des OFT stellt die Vielzahl unzulässiger Klauseln lediglich die Spitze des Eisberges dar, und es besteht demnach, trotz bislang recht erfolgreicher Tätigkeit des OFT, noch ein erheblicher Anpassungsbedarf an die durch die Regulations niedergelegten AGB-Schutzvorschriften. Um seine begrenzten Ressourcen möglichst wirksam einzusetzen und seinen Entscheidungen eine gewisse Breitenwirkung zu verleihen, ist das OFT in neuerer Zeit dazu übergegangen, auch schwerpunktmäßig Verträge einer ganzen Branche (hier zunächst Verträge auf den »auffälligeren« Gebieten der Mobiltelefone und Fensterverglasungen) zu überprüfen und zu korrigieren31Das schwerpunktmäßige Vorgehen bedeutet aufgrund ähnlich gelagerter Rechtsprobleme einen geringeren Prüfungsaufwand und hat ferner den Vorteil, daß das OFT gegenüber AGB-Verwendern auf bereits mit anderen Unternehmen vereinbarte Standards verweisen kann. Von seiten des OFT wird zum Teil auch direkt mit den Wirtschaftsverbänden, die an ihre Mitglieder branchenweit eigene einheitliche Konditionen empfehlen, verhandelt.. Ferner erfolgte z. T. eine schwerpunktmäßige Konzentration auf bestimmte Arten von Klauseln, hier insbesondere unzulässige Haftungsausschlußklauseln für in Gebäuden oder auf sonstigem Gelände, wie z. B. Parkplätzen, durch »negligence« des Unternehmers erlittene Schäden.Bei einer Bewertung der bisherigen Kontrollpraxis fällt auf, daß nur eine relativ geringe Zahl von formellen »undertakings« abgegeben und bislang nicht ein Verwender von dem High Court durch eine »injunction« zur Unterlassung des Gebrauchs unfairer AGB verurteilt worden ist. Dies überrascht insbesondere im Vergleich zu der deutschen Kontrollpraxis nach den §§ 13 ff. AGBG, derzufolge vor allem die Verbraucherverbände seit den ersten Jahren nach Geltung des AGB-Gesetzes - bis heute - eine Vielzahl von Unterlassungserklärungen und Gerichtsurteilen erwirkt haben32Vgl. Axmann, Die praktische Bedeutung und Effizienz der Verbandsklage nach §§ 13 ff. AGBG, 1984; Sobich (Fn. 10), S. 120 ff.; Ulmer/Brandner/Hensen (Fn. 2), Einl. Rn. 60 f.; aus der Praxis aus neuester Zeit der Jahresbericht des Verbraucherschutzvereins für das Jahr 1996, S. 71 ff., 139 ff.. Als Grund läßt sich zum einen anführen, daß das OFT möglichst bemüht ist, die Probleme auf dem auf Einsicht und Verständnis setzenden Verhandlungsweg zu bereinigen und ein gerichtliches Unterlassungsverfahren nur als ultima ratio ansieht. Um eine derartige gütliche Einigung zu erreichen, versucht das OFT bereits in den ersten Schreiben an die AGB-Verwender, diesen umfassend die rechtliche Problematik zweifelhafter Klauseln auseinanderzusetzen und verständlich zu machen und eingehendere Rechtsfragen nicht erst einem Klageverfahren zu überlassen. Für die Unternehmen kann das Verhandeln den Vorteil haben, nicht gänzlich auf bestimmte Klauseln - aufgrund eines Unterlassungsurteils - verzichten zu müssen, sondern ursprünglich unfaire Klauseln mit einem - ausgehandelten - gerade noch zulässigen Inhalt weiterverwenden zu können. Zu diesem Verhandlungsmodell bleibt hier allerdings anzumerken, daß dem Director-General aufgrund seiner zentralen Stellung im Vereinigten Königreich eine relativ große »Verhandlungsautorität« zukommt33Vgl. zu der Stellung des Director-General näher Sobich (Fn. 10), S. 49 f. Zu der Alternative des Verhandelns gegenüber dem Verbandsklageverfahren gem. §§ 13 ff. AGBG vgl. eingehend Bultmann, Verklagen oder Verhandeln?, AGB-Kontrollverfahren des Verbraucherschutzvereins am Beispiel der Reisebedingungen, 1995..Zum anderen schrecken nach interner Auskunft des OFT bislang alle Verwender vor einer gerichtlichen Auseinandersetzung mit dem OFT zurück, da ein solches Gerichtsverfahren vor dem High Court, insbesondere wenn es das erste dieser Art ist, eine erhebliche das Image schädigende Wirkung für ein Unternehmen haben kann. Und schließlich spielt eine Rolle, daß das OFT sich noch in der Anfangszeit seiner neuen AGB-spezifischen Kontrollpraxis befindet und es überwiegend - wie ein Blick auf die geänderten Klauseln belegt - noch um die Bereinigung eindeutig unfairer Klauseln geht34Die Regulations enthalten zwar keine »black list« unwirksamer Klauseln (wie z. B. § 11 AGBG); fast ausschließlich ging es jedoch um Klauseln nach Schedule 3 zu Regulation 4 (4), die von vornherein unter dem erheblichen Verdacht der unfairness stehen. Klauseln waren in vielen Fällen auch - zusätzlich - unwirksam gemäß den Bestimmungen des Unfair Contract Terms Act 1977 und z. T. illegal aufgrund der Consumer Transactions (Restrictions on Statements) Order 1976, vgl. dazu auch im folgenden.; hier frühzeitig einzulenken, ist für die AGB-Verwender natürlich einfacher. Auch in Deutschland standen bei der AGB-Kontrollpraxis zunächst Verstöße gegen die Klauselverbote der §§ 10 und 11 AGBG im Vordergrund. Erst mit den Jahren ist es bei den Unterlassungsklagen zu einer Ver-lagerung des Prüfungsmaßstabs hin zu der Generalklausel des § 9 AGBG gekommen35Vgl. dazu mit Zahlenmaterial Sobich (Fn. 10), S. 118 f..III. Weitere AGB-Kontrollinstrumente neben den RegulationsDie Regulations haben andere gesetzliche Instrumente, die eine direkte oder indirekte Kontrolle von AGB vorsehen, unangetastet gelassen.1. Der Unfair Contract Terms Act 1977Neben den Regulations kommen weiterhin die Schutzvorschriften des Unfair Contract Terms Act 1977 (UCTA)36Vgl. Wagner/Althen (Fn. 2), RIW 1995, 546, 548; zu den Vorschriften im einzelnen Weick, Unfair Contract Terms Act und AGB-Gesetz, ZHR 145 (1981), 68 ff. zur Anwendung. Dieses Gesetz sieht verfahrensrechtliche AGB-Kontrollvorschriften nicht vor, sondern vertraut(e) im wesentlichen auf eine - wenig effiziente - durch den einzelnen Verbraucher initiierte gerichtliche Inhaltskontrolle. Hier ergibt sich nunmehr die Konstellation, daß die materiellrechtlichen AGB-Vorschriften der Regulations, die insbesondere auf die »unfairness« der Klauseln abstellen, einer verfahrensrechtlichen spezifischen AGB-Kontrolle unterworfen sind, während die Vorschriften des UCTA, der auf die »reasonableness« der Klauseln abstellt, entsprechend dem Regelungszustand der Vergangenheit nur einer indirekten Kontrolle unterworfen sind. Eine derartig aufgeteilte Kontrolle stellt aufgrund der z. T. im wesentlichen gleichen Schutzrichtung der beiden Gesetze - nämlich den Verbraucher vor unbilligen Geschäftsbedingungen zu schützen - und der Tatsache, daß eine Reihe von Klauseln sowohl nach den Regulations als auch nach dem UCTA unwirksam sein kann37Nach schedule 3 (1.) (a) der Regulations können beispielsweise Klauseln als unfair bzw. unwirksam betrachtet werden, die darauf abzielen oder zur Folge haben, daß die Haftung des Gewerbetreibenden ausgeschlossen oder eingeschränkt wird, wenn der Verbraucher aufgrund einer Handlung oder Unterlassung des Gewerbetreibenden sein Leben verliert oder Körperschaden erleidet. Das gleiche gilt nach schedule 3 (1.) (b) der Regulations für Klauseln, durch die die Ansprüche des Verbrauchers gegenüber dem Gewerbetreibenden oder einer anderen Partei, einschließlich der Möglichkeit, eine Verbindlichkeit gegenüber dem Gewerbetreibenden durch eine etwaige Forderung gegen ihn auszugleichen, ausgeschlossen oder ungebührlich eingeschränkt werden, wenn der Gewerbetreibende eine der vertraglichen Verpflichtungen ganz oder teilweise nicht erfüllt oder mangelhaft erfüllt. Derartige Klauseln können auch als unreasonable bzw. unwirksame Haftungsausschluß- bzw. Haftungsbeschränkungsklauseln nach sec. 2 (1) bzw. sec. 3 (2) UCTA angesehen werden., einen widersprüchlichen Regelungszustand dar. Interessanterweise weist hier das OFT bei seiner neuen Kontrollpraxis nach den Regulations in den Schreiben an die Verwender darauf hin, daß bestimmte Klauseln auch nach dem UCTA wegen »unreasonableness« unwirksam seien - um gleichsam das Vorhaben, auf die Änderung von Klauseln hinzuwirken, zu stärken und zu unterstützen.2. Der Fair Trading Act 1973Über Part II (secs. 14 et seq.) des Fair Trading Act 1973 (FTA) und die nach dem dort festgelegten Rechtsverordnungsverfahren erlassene Consumer Transactions (Restrictions on Statements) Order 1976 ist der Gebrauch bestimmter, nach dem UCTA unwirksamer Haftungsausschluß- und Haftungsbeschränkungsklauseln strafrechtlich sanktioniert worden38Hierzu und zum insgesamt geringen AGB-Kontrolleffekt der Consumer Transactions Order siehe Sobich (Fn. 10), S. 55 ff.. Im Verhältnis zu den Regulations besteht insofern kein Konkurrenzproblem, da Part II FTA mit seinem strafrechtlichen Kontrollinstrument der Consumer Transactions Order im Vergleich zu den Regulations auf einer anderen Kontrollebene liegt.Part III (sec. 34 et seq.) FTA sieht eine - durch den Director-General ausgeübte - verwaltungsbehördliche Kontrolle allgemein unfairer geschäftlicher Verhaltensweisen (unfair course of conduct) vor. Die diesbezüglichen verfahrensrechtlichen Kontrollvorschriften ähneln in starkem Maße den Vorschriften der neuen Regulations. Diese Vorschriften nach Part III FTA enthalten jedoch, im Gegensatz zu der in der Literatur wiederholt vertretenen Ansicht39Kötz, Welche gesetzgeberischen Maßnahmen empfehlen sich zum Schutz des Endverbrauchers gegenüber AGB und Formularverträgen, Verhandlungen zum 50. Deutschen Juristentag I (1974), A53, 89; Lütkenhaus, Unfair Contract Terms Act 1977 und AGB-Gesetz 1976, 1987, S. 209 f.; wohl auch Müller/Otto, AGB im internationalen Wirtschaftsverkehr, 1994, S. 195., kein AGB-spezifisches Kontrollinstrument40Vgl. dazu und zur Kontrollpraxis nach Part III FTA näher Sobich (Fn. 10), S. 66, 70 f.. Nicht zuletzt deshalb ergab sich auch für den englischen Gesetzgeber die Notwendigkeit, zur Umsetzung der Richtlinie 93/13 mit den Regulations neue verfahrensrechtliche AGB-Kontrollvorschriften zu schaffen.Ebenfalls im FTA ihre Rechtsgrundlage finden die im Vereinigten Königreich recht verbreiteten Codes of Practice41Sec. 124 (3) FTA. Zu den bislang ausgehandelten Codes vgl. Sobich (Fn. 10), S. 79; dort im folgenden auch näher zu den nachstehenden Ausführungen.. Diese Verhaltenskodizes stellen den Versuch dar, im Wege eines »Verhandlungsmodells« zwischen einer behördlichen Kontrollinstanz, dem Director-General, und Wirtschaftsverbänden, breitenwirksam für eine ganze Unternehmensbranche faire Geschäftspraktiken durchzusetzen. In bezug auf eine wirksame AGB-Kontrolle ist diesem britischen Kontrollmodell in der Literatur gelegentlich eine positive Wirkung bescheinigt worden42Etwa Münch-Komm./Gerlach, 3. Aufl. 1993, vor § 13 Rn. 51 (»... positives Beispiel ... Großbritannien ...«).. Tatsächlich sind diese Codes of Practice jedoch zuwenig AGB-spezifisch und haben neben dem Problembereich AGB eine Vielzahl weiterer geschäftlicher Praktiken zum Gegenstand; viele Codes enthalten nur den allgemeinen Hinweis an die Verbandsmitglieder, die maßgeblichen Vorschriften des UCTA zu befolgen, insbesondere ihre AGB »reasonable« auszugestalten, oder beinhalten lediglich eine Wiederholung der dem Verbraucher ohnehin zustehenden gesetzlichen Rechte. Insofern haben die Codes bislang auch nur einen geringen AGB-Kontrolleffekt gehabt43Die Codes als Maßnahme der freiwilligen Selbstregulierung weisen - neben einer Reihe von Vorteilen - auch den strukturell begründeten Nachteil auf, daß ein Verstoß gegen Code-Bestimmungen grds. keine zwingenden gesetzlichen Sanktionen zur Folge hat und der Code nur die Mitglieder verpflichtet, die Mitglieder des aushandelnden Wirtschaftsverbandes sind; vgl. dazu etwa Borrie, Consumer Protection Laws for the 1990s, (1988) Journal of Business Law 116, 121.. Für die Zukunft ließe sich die Wirksamkeit der Codes als - zusätzliches44Die kürzlich verabschiedete Fernabsatz-Richtlinie 97/7/EG sieht in Art. 11 IV ausdrücklich die Möglichkeit von Codes of Practice als zusätzlichem Kontrollmittel vor; vgl. dazu auch Reich, Die neue Richtlinie 97/7/EG über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz, EuZW 1997, 581, 588. - AGB-Kontrollinstrument dadurch verbessern, daß bestimmte Klauseln, die einen »unfair term« im Sinne der neuen Regulations darstellen, auch über die branchenweit wirkenden Codes verboten werden. Es bleibt abzuwarten, ob hierbei das dem Director-General durch die Regulations gewährte neue AGB-spezifische Klagerecht ein effektives Druckmittel darstellt, die Wirtschaftsverbände zu Code-Verhandlungen zu veranlassen, die auf verbesserte AGB in den Codes zielen.IV. Verbandsklagerecht und die Rolle der VerbraucherverbändeDen Verbraucherverbänden im Vereinigten Königreich kam in der Vergangenheit aufgrund des Fehlens einer Verbands-klagebefugnis bei der AGB-Kontrolle nur eine untergeordnete Rolle zu. Die weitaus größte Verbraucherorganisation, die Consumers' Association (CA)45Die CA hat etwa 800 000 Mitglieder und finanziert sich ohne öffentliche Gelder durch Mitgliederbeiträge, Spenden und Einnahme über das Magazin »Which?«., hat nur gelegentlich im Rahmen von »test-cases« einzelne Verbraucher bei Klagen unterstützt, bei denen es - im Rahmen eines konkret zu entscheidenden Einzelfalles - um die Wirksamkeit bzw. »reasonableness« von Haftungsausschlußklauseln ging46Vgl. hierzu Sobich (Fn. 10), S. 104 f.. Grundsätzlich hat die CA aufgrund des Kostenrisikos Publizitätskampagnen und die Aufklärung und Information der Verbraucher über unfaire AGB als effektiveren Einsatz ihrer finanziellen Mittel angesehen.Die Regulations gewähren - als einer der auffälligsten Regelungspunkte - der CA bzw. repräsentativen Verbraucherverbänden, anders als dem Director-General in Regulation 8, kein direktes Unterlassungsklagerecht gegen unfaire AGB und beschränken die Verbände lediglich auf das Sammeln von Verbraucherbeschwerden, um diese dann an den Director-General bzw. das OFT zu schicken. Insofern stellen die Regulations als eine Art Minimallösung des damaligen Gesetzgebers47Ursprünglich sollte - was eindeutig gegen Art. 7 der Richtlinie 93/13 verstieß - nicht einmal dem Director-General ein eigenständiges Klagerecht eingeräumt werden, s. o. unter I. Die Zurückhaltung des Gesetzgebers gegenüber einem Verbandsklagerecht von Verbraucherorganisationen erklärt sich z. T. daraus, daß mit diesem Kontrollinstrument etwas dem Recht im Vereinigten Königreich bislang weitgehend Fremdes hätte eingeführt werden müssen, dessen langfristige Auswirkungen (z. B. hinsichtlich der Zulässigkeit von Verbandsklagen auch im Naturschutzrecht) dem damaligen Gesetzgeber weitgehend als zu unsicher erschienen. - trotz der bislang vom OFT entfalteten AGB-Kontrollaktivitäten - nur einen halben Schritt auf dem Weg zu einer wirksameren AGB-Kontrolle dar. In der täglichen Praxis wird beispielsweise der CA von Verbrauchern eine Vielzahl unfairer AGB vorgelegt, bei denen mangels eines Klagerechts keine Abmahnung erfolgen kann. Hier ist nicht einsichtig, warum diese Fälle von der CA gesammelt und an das OFT geschickt werden sollen, statt daß die CA, deren Mitarbeiter über die nötige Sachkunde verfügen, selbst rechtliche Schritte einleitet, um schriftliche Unterlassungserklärungen der AGB-Verwender bzw. gerichtliche Unterlassungsverfügungen zu erlangen; hinzu kommt, daß das OFT selbst nur über beschränkte öffentliche Mittel und damit personelle Ressourcen verfügt48Ein zuständiger Mitarbeiter des OFT hat dem Verf. gegenüber bestätigt, daß weitere Mitarbeiter bei der AGB-Kontrolle durchaus vonnöten wären.. Die Verbraucherverbände repräsentieren im Gegensatz zum OFT ausschließlich die Seite der Verbraucher und sind als - jedenfalls zusätzliche - Kontrollinstanz das notwendige Gegenstück zur einseitigen unternehmerischen AGB-Verwendung. Entsprechend gewähren auch fast alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union repräsentativen Verbraucherverbänden ein AGB-Unterlassungsklagerecht49Vgl. die Übersicht bei Dickie, Article 7 of the Unfair Terms in Consumer Contracts Directive, (1996) Consum.L.J. 112, 116..Die CA hat die Umsetzung von Art. 7 der Richtlinie 93/13 im Vereinigten Königreich alsbald vor dem High Court und dem EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsersuchens als unzureichende Umsetzung der Richtlinie angegriffen50ABlEG Nr. C 145 v. 18. 5. 1996.. Zur Entscheidung vorgelegt wurde insbesondere die Frage, ob - vor allem privaten - Organisationen, die nach nationalem Recht ein berechtigtes Interesse am Verbraucherschutz haben, zwingend ein Klagerecht gegen mißbräuchliche Vertragsklauseln eingeräumt werden muß51Eine derartige Verpflichtung bejahen z. B. Dickie (Fn. 49), (1996) Consum.L.J. 112 et seq.; Willet, in: Micklitz/Reich (eds.), Public Interest Litigation before European Courts, 1996, S. 403, 414 ff.; Wolf/Horn/Lindacher, Kommentar zum AGB-Gesetz, 3. Aufl. 1994, Art. 7 RiLi Rn. 8; anderer Ansicht sind etwa Ervine/Hunter, Completion of the Internal Market and Consumer Protection, A UK Perspective, JCP 1994 207, 216; Beale, in: Beatson/Friedmann (eds.), Good Faith and Fault in Contract Law, 1995, p. 231, 256; Brownsword/Howells, The Implementation of the EC Directive on Unfair Terms in Consumer Contracts-Some Unresolved Questions, (1995) J.B.L. 243, 260. - Die weitere, aus der ersten folgende Frage ist, ob das innerstaatliche Recht Kriterien für das »berechtigte Interesse« darlegen muß.. Eine gerichtliche Entscheidung in diesem Verfahren, das auf Antrag der Parteien ausgesetzt worden ist, wird aller Voraussicht nach nicht mehr ergehen (müssen), da die neue Regierung im Vereinigten Königreich über den Minister für Wettbewerbs- und Verbraucherangelegenheiten mittlerweile angekündigt hat, einer Vielzahl weiterer Stellen bzw. Organisationen das Recht zu verleihen, zur Kontrolle unfairer AGB nach den Regulations direkt tätig zu werden52Vgl. dazu die Kurzmitteilungen in EuZW 1997, 516; (1997) Consum.L.J. CS 24.. Diese Richtungsänderung wird auch von seiten des Director-General unterstützt53Press release of June 13, 1997, abgedr. in (1997) Consum.L.J. CS 43 (»... look forward to working with other bodies to deal with this priority area of consumer detriment«)..V. Aktuelle Erweiterungsvorschläge zu den RegulationsDie Regierung bzw. das für die Umsetzung zuständige Department of Trade and Industry (DTI) hat nunmehr zur Umsetzung dieses Vorhabens ein Konsultationspapier herausgegeben54Department of Trade and Industry, Widening the scope for action under the Unfair Terms in Consumer Contracts Regulations, A Consultation Paper, January 1998.. Das DTI weist zutreffend darauf hin, daß zukünftige Änderungen der Regulations auch mit dem EG-Richtlinienvorschlag betreffend Unterlassungsklagen auf dem Gebiet des Schutzes der Verbraucherinteressen55ABlEG Nr. C 107 v. 13. 4. 1996; s. dazu Reich, VuR 1996, 429 ff.; Betlem/Joustra, The Draft Consumer Injunctions Directive, (1997) Consum.L.J. 8 et seq. - Nach dem Richtlinienvorschlag sind auch private(!) Verbraucherorganisationen, z. B. aus Deutschland Verbände i. S. d. § 13 Abs. 2 Nr. 1 AGBG, als »qualifizierte Einrichtungen« nach Artikel 3 berechtigt, die Interessen der Verbraucher zu vertreten und bei grenzüberschreitenden Verstößen Klage auf Unterlassung unfairer AGB in einem anderen Mitgliedstaat, z. B. im Vereinigten Königreich, zu erheben. Wenig einsichtig ist es nun, wenn - wie bislang - ähnlich organisierte und/oder vergleichbare Aufgaben wahrnehmende nationale Verbraucherverbände im eigenen Mitgliedstaat, z. B. im Vereinigten Königreich, eine Klage nicht erheben könnten. in Übereinstimmung zu stehen haben. Das Papier wirft eine Vielzahl von Fragen auf, namentlich welchen Organisationen oder Verbänden erweitere Rechte oder Pflichten zugestanden werden sollen, um welche Rechte - und auch Pflichten - es sich handeln soll, welche Mechanismen zur Kooperation der verschiedenen Kontrollorganisationen nötig sind, welche Gerichte zuständig sein sollen, wie die Änderungen und Erweiterungen umgesetzt werden sollen und welche Kosten - und Vorteile - sich aus den Änderungen ergeben.Das DTI schlägt vor, Regulation 8 um eine Vorschrift zu ergänzen, die es den Gerichten erlaubt, neben dem Director-General auch anderen Stellen bzw. Organisationen die Klagebefugnis zuzugestehen. Bei dieser Entscheidung sollen die Gerichte auf einen Anhang zu den Regulations zurückgreifen können; danach muß die klagende Stelle eines oder mehrere der dort aufgelisteten Kriterien erfüllen, um klagebefugt zu sein. Aus den Kriterien ergibt sich, daß entweder »öffentliche Stellen«, die aufgrund gesetzlicher Verpflichtungen (auch) im Interesse der Verbraucher tätig sind56Z. B. der Director General of Telecommunications und der Director General of Gas Supply. oder Gesetze zum Schutz der Verbraucher durchsetzen57Hier sind insb. die auf lokaler Ebene tätigen Strading Standards Departments (vgl. unter I.) zu nennen., oder»private Stellen«, wenn sie bestimmte Kriterien erfüllen58Ähnlich dem AGB-Gesetz in § 13 soll auf den satzungsmäßigen Hauptzweck, Verbraucherinteressen zu schützen, abgestellt werden; auf die Mitgliederzahl soll es hingegen nicht ankommen, statt dessen, als Seriositätskriterium, auf eine bisherige zweijährige Praxis auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes. Wirtschaftsverbände sollen, im Gegensatz zur deutschen Regelung (vgl. § 13 Abs. 2 Nr. 2 AGBG), kein Klagerecht haben., klagebefugt sein sollen. Den Gerichten soll bei der Anerkennung oder Nichtanerkennung klagebefugter Stellen noch ein eigener Entscheidungsspielraum verbleiben.Den neuen klagebefugten Stellen soll, anders als dem Director-General, keine Verpflichtung obliegen, Beschwerden in bezug auf unfaire AGB zu verfolgen. Gleichzeitig wird hervorgehoben, daß dem Director-General kein Vetorecht gegen Vorgehen bzw. Maßnahmen anderer Stellen zustehen soll. Aber auch für die neuen Stellen soll die gerichtliche Inanspruchnahme der Verwender auf Unterlassung die ultima ratio darstellen und soll mit den Verwendern zuvor über die »fairness« der Klauseln verhandelt bzw. Unterlassungserklärungen »erstritten« werden. Im Sinne einer effektiven Kooperation sollen auf regionaler und lokaler Ebene die entsprechenden Stellen vorgehen, während umgekehrt bei Fällen von nationaler Bedeutung oder Schwerpunktaktionen der Director-General tätig werden soll. Ein effektiver Informationsaustausch, z. B. über abgegebene Unterlassungserklärungen, soll über das Internet erfolgen59In Deutschland hat ein besonderes EDV-Programm, das den Verbraucherverbänden bei der AGB-Kontrolle zur Verfügung steht, zu einer verbesserten Abmahn- und Nachkontrollpraxis geführt, s. dazu Sobich (Fn. 10), S. 149 f.. Als zuständige anzurufende Gerichte werden aus Kostengründen auch die unterinstanzlichen County Courts erwogen. Insgesamt werden die anvisierten vermehrten AGB-Kontrollaktivitäten, die natürlich eine Mehrinanspruchnahme von Ressourcen bedeuten, angesichts des weiterhin weitverbreiteten Gebrauchs unfairer AGB als vorteilhaft angesehen.Angesichts der Neuartigkeit einer Verbandsklage im Recht des Vereinigten Königreichs darf man auf die weitere Entwicklung im Recht der AGB-Kontrolle gespannt sein.
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