R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
Logo ruw-online
Logo ruw-online
Suchmodus: genau  
 
 
RIW 1993, 928
Kleinmann, Werner 
Kleinmann, Werner
Verpflichtungsangebote und Verpflichtungen im Antidumping-Verfahren sowie deren kartellrechtliche Beurteilung

RIW 1993, 928 (Heft 11)
1. EinführungDie Verordnung (EWG) Nr. 2423/88 des Rates vom 11. 7. 1988 (im folgenden »VO«) regelt den Schutz der Erzeuger der Gemeinschaft gegen gedumpte und/oder subventionierte Lieferungen aus nicht zur Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft gehörenden Drittländern1ABl. Nr. L 209 vom 11. 7. 1988, S. 1 ff.. Sie enthält im einzelnen die materiellen Voraussetzungen für Schutzmaßnahmen (insbesondere für die Tatbestandsmerkmale Dumping, Subventionen, Schädigung: Art. 2 bis 4 der VO), weiter Verfahrensvorschriften, wie über die Antragstellung zur Einleitung eines Verfahrens (Art. 5) sowie die Einleitung und Durchführung der Untersuchung (Art. 7 VO). Ergibt sich aus einer ersten Sachaufklärung, daß Dumping oder eine Subvention sowie ausreichende Beweismittel für eine dadurch verursachte Schädigung vorliegen, und erfordern die Interessen der Gemeinschaft ein Eingreifen, um eine Schädigung während des Verfahrens zu verhindern, so setzt die Kommission einen vorläufigen Antidumping- oder Ausgleichszoll fest (Einzelheiten Art. 11 VO). Ergibt sich aus der endgültigen Feststellung des Sachverhalts, daß Dumping oder eine Subventionierung im Untersuchungszeitraum und eine dadurch verursachte Schädigung vorliegen, und erfordern die Interessen der Gemeinschaft ein gemeinschaftliches Eingreifen, so gestattet Art. 12 VO dem Rat die Festsetzung eines endgültigen Antidumping- oder Ausgleichszolls.Art. 10 VO sieht eine andere Möglichkeit vor, die Untersuchung einzustellen, und zwar ohne Festsetzung vorläufiger oder endgültiger Zölle. Werden nämlich während einer Untersuchung »Verpflichtungen« angeboten, welche die Kommission »für annehmbar hält«, so kann die Untersuchung eingestellt werden. Zur Festsetzung von Zöllen kommt es dann nicht. Die Verpflichtung ist somit eine Alternative zu den Zöllen, die im Ergebnis zu einem Ende des Verfahrens führen kann, ohne daß es eines einseitigen Hoheitsaktes bedarf.2. Möglicher Inhalt und Wesen der VerpflichtungenZu unterscheiden sind die beiden scharf zu trennenden Grundtatbestände der VO, Dumping einerseits und Subventionierung andererseits. Dumping geht von den liefernden Unternehmen aus (Hersteller und/oder Exporteure). Subventionierung erfolgt durch den Ursprungs- oder Ausfuhrstaat.Im Falle der Subventionierung kommt eine Verpflichtung der Regierung des Ursprungs- oder Ausfuhrlandes in Betracht, die Subvention einzustellen, zu begrenzen oder andere Maßnahmen zu ergreifen, um die schädigenden Auswirkungen der Subventionierung zu beseitigen (Art. 10 Abs. 2a VO). Bei Subventionierung und/oder bei Dumping sind Verpflichtungen möglich, die Preise zu ändern oder die Ausfuhren einzustellen, und zwar in einem Umfang, der die Dumpingspanne oder den Subventionsbetrag ausgleicht bzw. die schädigenden Auswirkungen des Dumping oder der Subvention beseitigt (Art. 10 Abs. 2 b VO). Die Verpflichtungen nach Abs. 2b gehen von den exportierenden Unternehmen aus2Zur Frage, ob auch Importeure Verpflichtungen abgeben können, siehe unter Ziff. 4.; bei Subventionen ist hierbei die Zustimmung des Ursprungs- oder Ausfuhrlandes erforderlich.Änderung der Preise kann das Festsetzen bestimmter (höherer) Preise bedeuten oder die Festlegung einer Mindestpreisschwelle. Diese Mindestpreise dürfen nicht höher sein als die aktuellen Exportpreise zuzüglich Dumping-Spanne. Einstellung der Ausfuhren umfaßt nicht nur die völlige Einstellung, sondern auch ein Beschränkung dem Umfang nach, wenn dies genügt, um die schädigenden Auswirkungen des Dumpings oder der Subvention zu beseitigen. Die Verpflichtung muß einen konkreten, der Nachprüfung zugänglichen, also »vollstreckbaren« Inhalt haben, damit ihre Einhaltung überwacht werden kann3Wegen weiterer Einzelheiten zum Inhalt der Verpflichtung siehe Wenig, Handbuch des EG-Wirtschaftsrechts, 1993, K.II, Rdnr. 143..Sinn und Zweck dieser Verpflichtungen leuchten ein: Sie dienen, im Regelfall unterstützt durch das Bestehen einer Frist, während der sie angeboten werden müssen4Art. 10 Abs. 1 2. Absatz VO., nicht zuletzt der Vereinfachung und Abkürzung des Verwaltungsverfahrens. Durch die Einhaltung der Verpflichtung wird der durch Dumping und/oder Subvention geschaffene leistungswidrige Zustand beseitigt, ohne daß das Verfahren bis zu einer förmlichen Entscheidung weiter geführt werden muß (wegen Ausnahmen siehe Art. 10 Abs. 4 VO). Für das ausführende Unternehmen besteht der Vorteil, daß es selbst in den Genuß der Preiserhöhungsdifferenz kommt, was bei Festsetzung von vorläufigen oder endgültigen Zöllen nicht der Fall ist. Die betroffenen Gemeinschaftsunternehmen haben vor allem den zeitlichen Vorteil, weil ein unter Umständen längeres Verfahren entfällt und sonst jeder Tag, an dem die gedumpten und/oder subventionierten Lieferungen fortgesetzt werden, den Schaden weiter vergrößert. Außerdem entfällt das Risiko eines Rechtsmittels der exportierenden Unternehmen, das heißt einer Klage zum Europäischen Gerichtshof gegen die Verordnung, welche die Zölle festsetzt.3. Rechtsgrundlage der VerpflichtungenRechtliche Grundlage für den Abschluß eines Antidumping- und/oder Antisubventionierungsverfahrens durch Abgabe eines Verpflichtungsangebots und dessen Annahme ist Art. 10 VO. Diese Vorschrift hat, wie das Antidumpingrecht überhaupt, ihre Rechtfertigung in den Regeln des GATT-Antidumping-Kodexes5Dieser Kodex wurde zu Art. VI des GATT während der Kennedy-Runde (1964-1967) vereinbart und gilt heute in der Fassung vom 1. 1. 1980. Das GATT selbst enthält keine Regelungen über Verpflichtungen.. Art. 7 dieses Kodexes sieht vor, daß ein Verfahren ohne Anwendung von vorläufigen Maßnahmen oder Antidumpingzöllen ausgesetzt oder beendigt werden kann, wenn sich der Ausführer »freiwillig und in zufriedenstellender Form« verpflichtet, seine Preise zu ändern oder die Ausfuhr zu Dumpingpreisen in das betreffende Gebiet zu unterlassen.Es fällt auf, daß Art. 7 des Antidumping-Kodexes nur Verpflichtungen in Verbindung mit Preisen oder zur Unterlassung der Ausfuhr zu Dumpingpreisen aufführt, also keine sonstigen Verpflichtungen, wie etwa zu Mengenbeschränkungen oder zur teilweisen Einstellung von Ausfuhren. Daraus läßt sich jedoch nicht der Schluß ziehen, Art. 10 VO sei insoweit GATT-widrig. Die Zulassung anderer als auf Preise und völlige Einstellung von Ausfuhren bezogener Verpflichtungen dient ebenfalls dem in Art. 7 Antidumping-Kodex zugrundeliegenden Zweck, auf diese Weise die schädigenden Auswirkungen des Dumping oder der Subventionierung zu beseitigen, ohne daß es dazu eines Hoheitsaktes bedarf.Art. 7 Antidumping-Kodex enthält weitere Bestimmungen, die zum Teil wörtlich in Art. 10 VO übernommen sind. Soweit dies nicht geschehen ist, hat Art. 7 eine wesentliche Bedeutung als Richtschnur und Maßstab für die GATT-gemäße Auslegung und Anwendung der VO6EuGH, Urteil vom 7. 5. 1991 - Rs. C-69/89, Nakajima/Rat, Slg. 1991, 2069. Auch die Erwägungsgründe der VO erwähnen den Antidumping-Kodex..4. Zustandekommen und Rechtsnatur der VerpflichtungenDie Regierung des Ursprungs- oder Ausfuhrlandes (im Falle von Art. 10 Abs. 2a VO) bzw. das exportierende Unternehmen (im Falle von Art. 10 Abs. 2b VO)2Zur Frage, ob auch Importeure Verpflichtungen abgeben können, siehe unter Ziff. 4. geben eine »Verpflichtung« ab, das heißt eine Verpflichtungserklärung, und zwar gegenüber der Kommission als der dafür zuständigen Behörde7An sich wäre auch der Rat zuständig. In der Praxis nimmt jedoch stets die Kommission Verpflichtungserklärungen an.. Die Kommission nimmt dann diese Erklärung an8Die Annahme ist eine »pflichtgemäße Ermessensentscheidung«, so EuGH, Urteil vom 7. 5. 1987 - Rs. 258/84, Nippon Seiko KK/Rat, Slg. 1987, 1923, siehe dazu auch unter Ziff. 5.1.. Bei Verpflichtungen von Unternehmen, die Subventionen betreffen, bedarf es darüber hinaus der Zustimmung des Ursprungs- oder Ausfuhrlandes. Mit der Annahme der Verpflichtung wird diese für den Erklärenden rechtlich bindend, das heißt dieser ist verpflichtet, sich dem Inhalt der Verpflichtung entsprechend zu verhalten. Die Kommission erklärt mit der Annahme, während der Wirksamkeit der Verpflichtung keine vorläufigen oder endgültigen Zölle festzusetzen. Ob und wenn ja inwieweit damit eine rechtliche Bindung der Gemeinschaftsorgane eintritt, ist streitig9Für eine beschränkte rechtliche Bindung Wenig, a. a. O. (Fn. 3), Rdnr. 142 - bezüglich Kooperationspflichten in Verbindung mit Anpassungsklauseln; gegen jede Art von Rechtspflichten der Gemeinschaftsorgane Beseler/Williams, Antidumping and antisubsidy law. 1986, Rdnr. 9.2.2.. Eine solche Bindung ist zu bejahen. Wegen des Vertrauensschutzes und des Grundsatzes der Selbstbindung der Verwaltung dürfen Kommission und/oder Rat, jedenfalls solange die Verpflichtungen eingehalten werden und sich die wirtschaftlichen Umstände nicht geändert haben, nicht von dem mit der Annahme verbundenen Erklärungsinhalt abweichen, das heißt die Festsetzung von Zöllen ist ausgeschlossen. Bei der Abgabe der Verpflichtung des Erklärenden handelt es sich um eine empfangsbedürftige Willenserklärung, ebenso bei der Annahme durch die Kommission. Insgesamt liegt somit ein öffentlich-rechtlicher Vertrag vor. Diese Feststellung hat nicht nur theoretische Bedeutung. Sie wird relevant bei der kartellrechtlichen Würdigung von Verpflichtungen (dazu unter Ziff. 6).Näher einzugehen ist auf die Frage, wer als Unternehmen eine Verpflichtung nach Art. 10 eingehen kann. Unzweifelhaft ist dies der Fall für den Hersteller im Ursprungsland bzw. den Exporteur. Nach der vom Rat unterstützten Praxis der Kommission werden von Importeuren keine Verpflichtungsangebote angenommen, so auch Art. 7 des Antidumping-Kodexes. Der EuGH hat diese Praxis bestätigt, und zwar mit zweierlei Begründung10Urteil vom 14. 3.1990 - verbundene Rs. C-133/87 und C-150/87 - Nashua Corporation u. a./Kommission und Rat, Slg. 1990, 719 ff. 779.. Erstens würde die Annahme des Verpflichtungsangebots eines Importeurs diesen dazu ermuntern, sich weiterhin außerhalb der Gemeinschaft zu Dumpingpreisen zu versorgen. Zweitens müßten die anderen Importeure in gleicher Weise behandelt werden, was angesichts der großen Zahl der betroffenen Unternehmen die Überwachung der Einhaltung der Verpflichtungen außerordentlich erschweren würde.Art. 10 sagt nichts über die Form der Verpflichtung (in Art. 7 des Antidumping-Kodexes wird eine Verpflichtung »in zufriedenstellender Form« vorausgesetzt). Einfache Schriftform ist ausreichend, aber auch nötig. Sofern nicht »ganz besondere Umstände« vorliegen, muß die Verpflichtung innerhalb einer Frist erklärt werden, nämlich nicht später als fünfzehn Tage vor Vorlage eines Vorschlags der Kommission für endgültige Maßnahmen gemäß Art. 12 VO (Art. 7Abs. 4 c Ziff. iii). Grund für die Befristung ist der mit der Verpflichtung verfolgte Zweck, das Verfahren zu vereinfachen, insbesondere zeitlich abzukürzen. Dieses Ziel wäre verfehlt, wenn bereits ein Vorschlag der Kommission für endgültige Maßnahmen vorliegt. Solche Verpflichtungen werden im Wege eines förmlichen, mit Gründen versehenen Kommissionsbeschlusses angenommen und im Amtsblatt veröffentlicht11Siehe auch Merkblatt der Kommission vom September 1988, Ziff. 23..Die Verpflichtung ist kündbar (Art. 10 Abs. 6 VO). Die Verordnung läßt offen, wer zur Kündigung berechtigt ist, ob besondere Gründe erforderlich sind, und wenn ja, welche. Das Kündigungsrecht steht nur dem Erklärenden zu, ohne daß es dazu eines Grundes bedarf. Die Kommission hat demgegenüber das Recht, vorläufige Zölle auf Grundlage des vor Annahme der Verpflichtung festgestellten Sachverhalts festzusetzen, wenn der Erklärende gekündigt hat oder Grund zu der Annahme besteht, daß eine Verletzung der Verpflichtung vorliegt (Art. 10 Abs. 6 VO).5. RechtsschutzDie Frage des Rechtsschutzes stellt sich zum einen, wenn die Kommission das Verpflichtungsangebot eines Unternehmens ablehnt, z. B. das eines Importeurs, und das Verfahren gegen dieses Unternehmen fortsetzt. Zum anderen ist zu prüfen, ob bei Annahme des Verpflichtungsangebots durch die Kommission und infolge der damit verbundenen Beendigung der Untersuchung ohne Festsetzung vorläufiger oder endgültiger Zölle ein von den Dumping-Lieferungen betroffenes Unternehmen die Möglichkeit hat, die Fortsetzung des Verfahrens notfalls im Klagewege gerichtlich geltend zu machen.5.1 Ablehnung eines Verpflichtungsangebots durch die KommissionDie Ablehnung eines Verpflichtungsangebots durch die Kommission ist nach der EuGH-Rechtsprechung keine Maßnahme, die verbindliche Rechtswirkungen erzeugt, welche die Interessen des erklärenden Unternehmens beeinträchtigen könnten12Urteil vom 14. 3. 1990 - Rs. C-156/87, Gestetner Holdings/Rat und Kommission, Slg. 1990, 781 ff., 831; siehe hierzu Wenig, EuZW 1990, 163.. Die Kommission kann ihre Entscheidung zurücknehmen, oder der Rat beschließt nach Fortsetzung des Verfahrens, keinen Antidumping-Zoll einzuführen. Eine solche Ablehnung der Kommission ist deshalb eine Zwischenmaßnahme mit dem Ziel, die endgültige Entscheidung vorzubereiten, und stellt keine für sich anfechtbare Entscheidung im Sinne von Art. 173 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 189 EWGV dar. Eine dennoch erhobene Klage wäre unzulässig12Urteil vom 14. 3. 1990 - Rs. C-156/87, Gestetner Holdings/Rat und Kommission, Slg. 1990, 781 ff., 831; siehe hierzu Wenig, EuZW 1990, 163.. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH können jedoch die betroffenen Unternehmen eine sich auf die Ablehnung ihrer Verpflichtungsangebote beziehende Rechtswidrigkeit in der Weise geltend machen, daß sie die Verordnung zur Einführung eines endgültigen Antidumping-Zolls anfechten13Nachweise dieser Rechtsprechung bei EuGH in Sachen Gestetner Holdings/Rat und Kommission, a. a. O. (Fn. 12), 831. Auch die durch das Dumping betroffenen Unternehmen der Gemeinschaftsindustrie haben bei Ablehnung eines Verpflichtungsangebots keine Klagemöglichkeit, obwohl sich deren Schaden durch die Fortsetzung der Untersuchung bis zur endgültigen Festsetzung eines Zoll u. U. vergrößert.. Als Klagegründe kommen in Betracht: unzureichende Begründung der Ablehnung des Verpflichtungsangebots (Art. 190 EWGV), eventuell auch die Verletzung einer Rechtspflicht der Kommission, solche Verpflichtungsangebote anzunehmen, die geeignet sind, den leistungswidrigen Zustand zu beseitigen. Allerdings sieht Art. 10 Abs. 1 VO nur vor, daß die Kommission bei angebotenen Verpflichtungen, welche sie »für annehmbar hält«, die Untersuchung einstellen »kann«. Ein Ermessensspielraum besteht dann nicht, wenn das Verpflichtungsangebot den Verfahrenszweck uneingeschränkt erfüllt14Für ein weitergehendes Ermessen Wenig, a. a. O. (Fn. 3), Rdnr. 144. Vgl. auch Art. 7 Abs. 2 Antidumping-Kodex: Angebotene Verpflichtungen brauchen nicht angenommen zu werden, wenn die Behörden die Annahme für schwer durchführbar halten, z. B. wenn die Zahl der tatsächlichen oder möglichen Ausführer zu groß ist oder wenn andere Gründe dagegen sprechen.. Ein Spielraum bliebe nur für die Fälle, in denen zwar der Zweck nicht voll erfüllt wird, jedoch das öffentliche Interesse der Gemeinschaft eine Fortsetzung der Untersuchung nicht verlangt.5.2 Annahme eines Verpflichtungsangebots durch die KommissionIm Regelfall bedeutet die Annahme des Verpflichtungsangebots die Einstellung der Untersuchung ohne Festsetzung vorläufiger oder endgültiger Zölle (Art. 10 Abs. 1 VO). Soweit die Verpflichtung die schädigenden Auswirkungen des Dumpings und/oder der Subvention beseitigt und solange die liefernden Unternehmen den Inhalt der Verpflichtung befolgen, wird ein betroffenes Unternehmen keinen Grund für gerichtliche Maßnahmen haben. Anders, wenn es an diesen Voraussetzungen fehlt. In der Annahme des Verpflichtungsangebots liegt keine »Entscheidung« im Sinne von Art. 173 Abs. 2 in Verbindung mit Art. 189 EWGV. Bezogen auf die vorläufige oder endgültige Festsetzung von Zöllen bleiben jedoch dann die Kommission bzw. der Rat als die für die Festsetzung zuständigen Organe untätig, so daß ein von den Dumpinglieferungen betroffenes Unternehmen die Möglichkeit einer Untätigkeitsklage nach Art. 175 EWGV hat15Für die Klagemöglichkeit auch Lux, RIW 1991, 841, mit dem Hinweis, daß der EuGH auch das Klagerecht des Antragstellers für den Fall der Nichteinleitung eines Verfahrens bejaht, siehe EuGH, Rs. 191/82, Fediol/Kommission, Slg. 1983, 2913 ff., 2934. Generell gegen ein Klagerecht der durch das Dumping betroffenen Unternehmen im Falle der Annahme von Verpflichtungserklärungen durch die Kommission Wenig, a. a. O. (Fn. 3), Rdnr. 147.. Allerdings werden die materiellen Aussichten einer solchen Klage in der Regel ungünstig sein. Ein Anspruch auf Festsetzung vorläufiger oder endgültiger Zölle wird hier in den seltensten Fällen vorliegen, weil mit der Annahme der Verpflichtung der schädigende Zustand im allgemeinen entfällt, außerdem die Verordnung der Kommission bzw. dem Rat bei der Festsetzung von Zöllen ein Ermessen einräumt. Sowohl Art. 11 Abs. 1 als auch Art. 12 Abs. 1 VO setzen voraus, daß »die Interessen der Gemeinschaft« ein Eingreifen erfordern.6. Kartellrechtliche Beurteilung von VerpflichtungenDie Abgabe von Verpflichtungen und deren Einhaltung hat unmittelbare Auswirkungen auf den Markt und dessen Wettbewerbsverhältnisse. So ist das Unternehmen, welches das Angebot für die Einhaltung von Mindestpreisen abgibt, nach dessen Annahme durch die Kommission gehindert, niedrigere Preise anzusetzen, somit in der Festsetzung seiner Abgabepreise beschränkt. Entsprechende Beschränkungen des Wettbewerbs ergeben sich aufgrund anderer Verpflichtungen, die ein Unternehmen eingeht, um die Festsetzung von Zöllen zu verhindern. Im folgenden ist zu untersuchen, wie diese Wettbewerbsbeschränkungen kartellrechtlich zu bewerten sind, sobwohl in vertikaler als auch in horizontaler Hinsicht.6.1 EG-Kartellrecht (Art. 85 EWGV)6.1.1 Bei einer Verpflichtung der Regierung des Ursprungs- oder Ausfuhrlandes, die Subventionierung einzustellen, zu begrenzen oder andere Maßnahmen zu ergreifen, fehlt es bereits am Verhalten eines »Unternehmens« oder einer »Unternehmensvereinigung«. Die Regierung wird als Hoheitsträger tätig, nicht jedoch als Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr. Schon deshalb scheidet die Anwendbarkeit von Art. 85 EWGV aus. Abgesehen davon findet Art. 85 EWGV insgesamt keine Anwendung auf Wettbewerbsbeschränkungen im Rahmen von Handelsabkommen zwischen der EG und Drittländern sowie auf solche Beschränkungen, die Unternehmen der Drittländer von den Behörden ihres Landes auferlegt werden16EG-Kommission, WuW/E EV 551 f. »Französisch-Japanische Absprache über Kugellager«..6.1.2 Das Unternehmen, das ein Verpflichtungsangebot abgibt und nach dessen Annahme entsprechend gebunden ist, verpflichtet sich damit gegenüber der Kommission zu einem bestimmten Verhalten im Geschäftsverkehr, z. B. zur Beachtung einer konkreten Preisschwelle: Niedriger als diese Schwelle darf das Unternehmen seine Abgabepreise nicht festsetzen. Die vertragliche Bindung bezüglich eines Mindestpreises stellt nach allgemeiner Auffassung eine Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Art. 85 Abs. 1 dar17Gleiss/Hirsch, Kommentar zum EG-Kartellrecht, 4. Aufl. 1993, Art. 85 (1), Rdnr. 286 mit Nachweisen..Die Besonderheit des vorliegenden Sachverhalts besteht darin, daß Abgabepreise unterhalb dieser zugesagten Schwelle Dumping-Preise darstellen, somit als nicht leistungsgerecht und unlauter zu qualifizieren sind18Vgl. Wenig, a. a. O. (Fn. 3), Rdnr. 3: Gedumpter und/oder subventionierter Wettbewerb ist unlauterer Wettbewerb. Interessant auch die Kommission zum inzwischen außer Kraft getretenen Art. 91 Abs. 1 EWGV (innergemeinschaftliche Dumpingpraktiken): Die Vorschrift stellte ein Mittel dar, »im allgemeinen Interesse der Gemeinschaft die Lauterkeit des Wettbewerbs zwischen den Unternehmen der Mitgliedstaaten sicherzustellen« (so 5. Gesamtbericht über die Tätigkeit der Gemeinschaft, 1962, 84). Die Frage, ob Nichtleistungswettbewerb ausnahmsweise noch lauter sein kann, wenn seine Auswirkungen nach Lage des Falles geringfügig sind, so Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 17. Aufl. 1993, Einl. UWG Rdnr. 105, spielt für das Antidumpingrecht keine Rolle, da die VO eine »bedeutende« Schädigung voraussetzt (Art. 4 Abs. 1).. Bei Lieferungen zu Dumpingpreisen geht es nicht um die Durchsetzung der besseren eigenen Leistung mit marktkonformen Mitteln. Vielmehr werden andere Marktbeteiligte, nämlich die Wettbewerber in der Gemeinschaft, an der Erbringung ihrer Leistung gehindert. Sie werden dafür bestraft, daß sie sich im Rahmen der Marktregeln halten. Ein fairer Wettbewerb findet mangels Waffengleichheit nicht statt.Ob ein Verstoß gegen die Grundsätze des leistungsgerechten und lauteren Wettbewerbs als bloße Leistungswidrigkeit oder als Rechtswidrigkeit zu bewerten ist, kann zweifelhaft sein. Für die Annahme eines rechtswidrigen Verhaltens spricht der Umstand, daß eine Dumping-Lieferung gegen die im GATT vertraglich festgelegten verbindlichen Grundsätze des freien Welthandels verstößt (siehe Art. VI GATT, wonach Dumping »zu verurteilen« ist und Gegenmaßnahmen zur Abwehr gerechtfertigt sind). In gedumpten oder subventionierten Lieferungen eine rechtmäßge, wenn auch leistungswidrige Verhaltensweise zu sehen, würde dem bindenden Chrakter des GATT nicht gerecht. Dabei macht es für die Qualifizierung des Dumping-Verhaltens keinen Unterschied, ob den GATT-Regeln unmittelbare Wirkung gegenüber den einzelnen Unternehmen beigelegt werden19So in gewissem Umfang die Literatur, etwa Arnold, Handbuch des EG-Wirtschaftsrechts 1993, K.I, Rdnr. 33 mit Nachweisen. (mit der Folge, daß diese eine Verletzung selbst unmittelbar auch gerichtlich geltend machen können) oder - mit der überwiegenden Auffassung20Vor allem EuGH vom 12. 12. 1972 - verbundene Rs. 21-24/72, International Fruit Company, Slg. 1972, 1219 ff., 1228. - nur eine Bindungwirkung gegenüber den am GATT als Vertragspartner beteiligten Staaten. Beim GATT handelt es sich so oder so um eine verbindliche Rechtsordnung für den freien Welthandel.Für die kartellrechtliche Beurteilung der Verpflichtungen im Antidumping-Verfahren spielt die Frage »Leistungswidrigkeit« oder »Rechtswidrigkeit« des Dumping-Verhaltens keine ausschlaggebende Rolle. Entscheidend ist, daß es um ein Verhalten geht, das der Schaffung und/oder Aufrechterhaltung des Leistungswettbewerbs dient. Die Wettbewerbsregeln des EWGV haben nicht die Aufgabe, die Sicherung des Leistungswettbewerbs zu verhindern, sondern sie sollen umgekehrt den lauteren Wettbewerb schützen und Verstöße gegen die Grundsätze des leistungsgerechten Wettbewerbs ausschließen. Daraus folgt, daß die Verpflichtung eines Unternehmens zu einer Preisgestaltung, die die Vermeidung eines Verstoßes gegen Antidumping-Recht zum Gegenstand hat, ihrerseits nicht rechtswidrig sein kann, somit auch nicht gegen Art. 85 Abs. 1 verstößt21A. A. Kommission, 15. 7. 1975, ABl. L 228/3 ff. 9, IFTRA-Hüttenaluminium. Die Beurteilung, ob Dumping vorliege und das Ergreifen von Abwehrmaßnahmen seien ausschließlich Aufgabe der Behörden. Jede andere Methode berge »die Gefahr eines Mißbrauchs« in sich. Die Auffassung der Kommission überzeugt nicht und ist deshalb abzulehnen, jedenfalls dann, wenn alle materiellen Voraussetzungen der Antidumping-VO für die Annahme von Dumping vorliegen. Die Unternehmen handeln allerdings auf eigenes Risiko.. Wenn sich ein Unternehmen verpflichtet, nicht gegen die Gesetze gegen den unlauteren Wettbewerb zu verstoßen22Dazu Gleiss/Hirsch, a. a. O. (Fn. 17), Art. 85 Abs. 1 Rdnr. 183., besteht die gleiche Rechtslage. Hier wird Art. 85 Abs. 1 EWGV jedenfalls dann nicht verletzt, wenn an der Unrechtmäßigkeit und/oder Unlauterkeit kein Zweifel besteht.Diese Konsequenz gilt nicht nur für die vertikale Bindungswirkung, sondern auch für eine horizontale. Im allgemeinen werden nicht nur ein einzelnes, sondern mehrere Unternehmen einer Wirtschaftsstufe zur Abwendung einer Antidumping-Maßnahme eine entsprechende Verpflichtungserklärung abgeben. Damit ergibt sich auch eine horizontale Wirkung bei Abgabe von Verpflichtungen durch mehrere Unternehmen. Auch hierin liegt kein Verstoß gegen Art. 85 Abs. 1 EWGV. Es ist schon fraglich, ob eine »Vereinbarung« oder auch nur eine »abgestimmte Verhaltensweise« zwischen den Unternehmen besteht. Jedes Unternehmen erklärt für sich, unabhängig vom anderen, die Verpflichtung gegenüber der Kommission, nicht gegenüber den anderen betroffenen Unternehmen seiner Wirtschaftsstufe. Davon abgesehen greift auch hier der Gedanke, daß die Verpflichtung zu einem lauteren oder sonst gesetzmäßigen Verhalten keine unzulässige Wettbewerbsbeschränkung im Sinne von Art. 85 Abs. 1 EWGV sein kann22Dazu Gleiss/Hirsch, a. a. O. (Fn. 17), Art. 85 Abs. 1 Rdnr. 183..6.2 Deutsches KartellrechtAnders als im EG-Kartellrecht sind hier wegen der abweichenden Struktur des GWB bei Prüfung der möglicherweise verletzten Rechtsvorschriften die vertikalen und horizontalen Wirkungen gesondert zu untersuchen.6.2.1 Die Verpflichtung des erklärenden Unternehmens könnte gegen § 15 GWB verstoßen, weil sich - bei einer Preisverpflichtung - das Unternehmen im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrags gegenüber der Kommission verpflichtet (Erstvertrag), seine Abgabepreise gegenüber den Abnehmern (Zweitvertrag) nicht niedriger festzusetzen. Es beschränkt damit seine wirtschaftliche Entscheidungs- und Handlungsfreiheit für Vertragsabschlüsse mit Dritten. Dennoch ist § 15 GWB nicht verletzt. Auch hier findet der Gedanke Anwendung, daß die Verpflichtung zu einem die Lauterkeit im Wettbewerb wiederherstellenden oder sonstgesetzmäßigen Verhalten keine rechtswidrige und damit verbotene Bindung im Sinne von § 15 GWB sein kann23Emmerich, in: Immenga/Mestmäcker, GWB-Kommentar, 2. Aufl. 1992, § 15 GWB Rdnr. 40; Kühlhorn, in: Frankfurter Kommentar, § 15 GWB Tz. 36..6.2.2 Entsprechendes gilt für horizontale Wirkungen, wenn von einer Vereinbarung zwischen den Unternehmen (§ 1 GWB) oder wenigstens von einem abgestimmten Verhalten dieser Unternehmen (§ 25 Abs. 1 GWB) ausgegangen wird. Die Verpflichtung, keine Dumpingpreise zugrunde zu legen, sichert die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften, stellt somit kein rechtswidriges Verhalten dar24Zur Begrenzung des § 1 GWB auf den Schutz rechtlich zulässigen Wettbewerbs Immenga, in: Immenga/Mestmäcker, a. a. O. (Fn. 23), § 1 GWB Rdnr. 216 mit Nachweisen, auch der Rechtsprechung. Allerdings weist Immenga auf die Problematik der »Grauzonen« hin, besonders darauf, daß das Vorliegen eines rechtswidrigen Verhaltens fraglich sein kann. Bei Beschränkungen des lauteren Wettbewerbs ist § 1 GWB wie sonst anwendbar..7. Verpflichtungen gegenüber DrittunternehmenEs fragt sich, ob die Verneinung eines Wettbewerbsverstoßes nach EG- und deutschem Kartellrecht auch dann gilt, wenn eine solche Verpflichtung - außer gegenüber der Kommission - zusätzlich im Verhältnis zu einem dritten Unternehmen abgegeben wird, etwa gegenüber einem vom Dumping betroffenen Wettbewerber innerhalb der Gemeinschaft. Dies ist zu bejahen. Auch hier handelt es sich um die Verpflichtung zu einem gesetzmäßigen Verhalten. Es ist nicht einzusehen, warum diese Verpflichtung gegen das Gesetz verstoßen soll, wenn sie gegenüber der Kommission durch höherrangiges EG-Recht zugelassen und damit insoweit rechtmäßig ist. Die Erweiterung des Adressatenkreises bei Abgabe der Verpflichtung auf dritte Unternehmen begründet keine Rechtswidrigkeit25Die Kommission gibt den ausländischen Lieferanten und den Antragstellern des Antidumping- und/oder Antisubventionsverfahren auf Antrag Gelegenheit zu einem »Meinungsaustausch« zusammenzutreffen, so Merkblatt der Kommission vom September 1988, Ziff. 19.. Hinzu kommt, daß diese Unternehmen, etwa weil sie Antragsteller im Antidumpingverfahren sind, oft ein Interesse an einer solchen Verpflichtung und - im Falle ihrer Verletzung - an deren Durchsetzung haben. Beschränkte man die Zulässigkeit der Verpflichtung auf das Verhältnis gegenüber der Kommission, so wäre der Schutz der betroffenen Wettbewerber stark eingeschränkt, m. E. zu stark. Sie wären darauf angewiesen, im Falle einer Verletzung sich erneut an die Kommission zu wenden, direkte Maßnahmen gegen den Verletzer, wie Unterlassungs- oder Schadensersatzklagen, schieden aus. Die Zulässigkeit der Verpflichtung gegenüber dritten Unternehmen und die Begründung direkter Rechte der Vertragspartner ist sonst möglichen Hilfskonstruktionen vorzuziehen. So ließe sich daran denken, im öffentlich-rechtlichen Vertrag zwischen erklärendem Unternehmen und Kommission einen Vertrag zu Gunsten oder mit Schutzwirkung für Dritte (das wären die vom Dumping betroffenen Unternehmen) anzunehmen, mit der Folge, daß im Verletzungsfall auch den vom Dumping betroffenen Unternehmen direkte Ansprüche gegen die Verletzer zustünden.Das hier Gesagte gilt auch dann, wenn es zu keiner Verpflichtungsregelung mit der Kommission kommt, also außerhalb eines förmlichen Antidumping-Verfahrens im Rahmen einer entsprechenden Vereinbarung zwischen den dumpenden Unternehmen und den betroffenen Unternehmen in der Gemeinschaft26Daran ändert nichts, daß Preisverpflichtungen gegenüber der Kommission nach GATT nur zulässig sind, wenn eine Untersuchung gegen Dumping eingeleitet worden ist, siehe Art. 7 Abs. 2 Antidumping-Kodex.. Es leuchtet nicht ein, warum erst die Mitwirkung der Kommission eine die Rechtswidrigkeit des Verhaltens ausschließende Wirkung haben sollte27Aus demselben Grund (es geht um Abwehr unlauteren Wettbewerbs) verstößt auch eine Vereinbarung zwischen Wettbewerbern zur Abwehr gedumpter Lieferungen nicht gegen Art. 85 Abs. 1 EWGV und/oder §§ 1, 25 Abs. 1, GWB, z. B. die vertragliche Regelung eines Verlustausgleichs, wenn ein Unternehmen gedumpte Lieferungen aufkauft und die durch die Weiterverwendung entstehenden Verluste umgelegt werden. A. A. BKartA vom 21. 6. 1993 - B2-14/92, DDR-Salz, bisher nicht veröffentlicht außer Presseinformation Nr. 5/93 vom 23. 6. 1993. Zulässig ist deshalb auch die Liefersperre eines Unternehmens gegen ein anderes Unternehmen, das gedumpte Ware vertreibt (hier: Zement), so OLG Hamburg, Beschl. v. 27. 2. 1986 - 3 U 134/85.. Die hier vertretene Auffassung führt nicht zu einer uferlosen und unkontrollierten Ausdehnung des zulässigen Unternehmensverhaltens oder gar zur Aufforderung zum Mißbrauch. Es bleibt der Umstand, daß die hier mitwirkenden Unternehmen auf eigenes Risiko handeln. Nur wenn und soweit nach den Maßstäben der VO echte Dumping-Preise verhindert werden sollen, das heißt die Voraussetzungen der VO erfüllt sind, entfällt ein rechtswidriges Verhalten. Bei Untersuchung der Rechtmäßigkeit der Vereinbarung ist also das Vorliegen aller materiellen, tatbestandlichen Voraussetzungen des Dumping und/oder der Subventionierung anhand der VO zu prüfen, insbesondere die Merkmale des Dumping (Art. 2 VO) und/oder der Subvention (Art. 3 VO) sowie der bedeutenden Schädigung (Art. 4 VO). Dagegen ist im Rahmen dieser Rechtmäßigkeitsprüfung nicht darauf einzugehen, ob die Interessen der Gemeinschaft ein Eingreifen erfordern, wie es für vorläufige Zölle der Kommission (Art. 11 VO) oder für endgültige Maßnahmen des Rates (Art. 12 VO) nötig ist. Dieses Erfordernis berührt nicht die rechtliche Qualifizierung der gedumpten und/oder subventionierten Lieferungen, sondern ist Ausdruck des Opportunitätsprinzips. Die Gemeinschaftsorgane sind nicht in jedem Fall des Vorliegens von Dumping und/oder Subventionierung zum Eingreifen verpflichtet. Ihnen steht ein gewisser Entscheidungsspielraum zu28Vgl. EuGH, Rs. 191/82, Fediol/Kommission, Slg. 1983, 2913 ff., 2934: Sehr weites Ermessen.. Das Merkmal der Interessen der Gemeinschaft bestätigt die Richtigkeit der Auffassung, daß bei Vorliegen der materiellen Voraussetzungen der VO Vereinbarungen zwischen den dumpenden und/oder subventionierten Unternehmen einerseits und den betroffenen Unternehmen in der Gemeinschaft andererseits auch außerhalb eines förmlichen Antidumping-Verfahrens rechtlich zulässig sind. Die Rechtmäßigkeit eines Verhaltens der Unternehmen kann nicht von Überlegungen der Gemeinschaftsorgane im Rahmen des Opportunitätsprinzips abhängen. Entscheidend ist allein das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen der VO. Dies schließt die Gefahr aus, daß das Argument der Abwehr von Dumping und/oder Subventionierung nur den Vorwand oder gar den Schutzschild für ein verbotenes Preiskartell bildet.Zum Schluß fragt sich noch, für welche Zeit eine Verpflichtung zulässigerweise eingegangen werden kann. Die Dauer der Verpflichtung gegenüber der Kommission darf den Zeitraum für Zölle nicht überschreiten. Das sind nach Art. 15 Abs. 1 VO fünf Jahre. Diese Beschränkung gilt nicht für Vereinbarungen außerhalb eines förmlichen Antidumping-Verfahrens, weil es insoweit nur auf die materielle Rechtslage ankommt. Allerdings ist mit fortschreitendem Zeitablauf immer kritischer zu prüfen, ob die materiellen Voraussetzungen der VO für Dumping und/oder Subventionierung noch vorliegen.8. Zusammenfassung und ErgebnisVerpflichtungen der Regierung des Ursprungs- oder Ausfuhrlandes sowie der exportierenden Unternehmen sind inmehrfacher Hinsicht ein geeignetes Mittel, um eine Untersuchung im Rahmen eines Antidumping- und/oder Antisubventionsverfahrens einzustellen, ohne daß es zur Festsetzung vorläufiger oder endgültiger Zölle kommt. Bei Annahme einer Verpflichtung durch die Kommission entsteht ein öffentlich-rechtlicher Vertrag mit für die Vertragspartner beider Seiten bindenden Wirkungen.Verpflichtungen von Unternehmen gegenüber der Kommission sind nach EG- und deutschem Kartellrecht unbedenklich, da sie der Wiederherstellung und Aufrechterhaltung eines Zustandes dienen, der den Grundsätzen des leistungsgerechten und damit lauteren Wettbewerbs entspricht. Die rechtliche Unbedenklichkeit erstreckt sich dabei auch auf eventuelle wettbewerbsbeschränkende Wirkungen horizontaler Art in Fällen, in denen mehrere Unternehmen einer Wirtschaftsstufe inhaltlich übereinstimmende Verpflichtungen abgeben. Darüber hinaus sind Verpflichtungen von Lieferern gedumpter und/oder subventionierter Lieferungen inner- oder außerhalb eines förmlichen Antidumping-Verfahrens gegenüber dritten Unternehmen, etwa im Verhältnis zu betroffenen Wettbewerbern, insoweit nicht kartellrechtswidrig, als die materiellen Voraussetzungen der Antidumping-VO erfüllt sind, das heißt insbesondere ein Dumping (eine Subvention) und die bedeutende Schädigung eines bestehenden Wirtschaftszweigs der Gemeinschaft vorliegen und die Vereinbarung die schädigenden Auswirkungen beseitigt. Dabei handeln die an einer solchen Vereinbarung beteiligten Unternehmen auf eigenes Risiko, was das Vorliegen der Voraussetzungen der Antidumping-VO angeht. Auf das Bestehen eines Interesses der Gemeinschaft an einem Eingreifen kommt es bei Prüfung der Rechtmäßigkeit nicht an. Die Notwendigkeit, alle materiellen Voraussetzungen der Antidumping-VO zu erfüllen, stellt sicher, daß die bloße Behauptung eines Dumping oder einer Subvention nicht dazu mißbraucht werden kann, auf diese Weise sonst unzulässige Kartellabsprachen zu rechtfertigen.

Sehr geehrter Leser,

Sie sind zur Zeit nicht angemeldet. Bitte loggen Sie sich ein, um das Dokument der Zeitschrift Recht der internationalen Wirtschaft zu lesen.
zum Login

Sind Sie bereits Leser der Zeitschrift und möchten Sie auch die R&W-Online Datenbank dieser Zeitschrift nutzen, dann können Sie die Zeitschrift sofort freischalten.

Bestellen Sie ein Abonnement für die Zeitschrift Recht der internationalen Wirtschaft, um die R&W-Online Datenbank dieser Zeitschrift zu nutzen. Abonnement abschließen.

 
stats