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ZFWG 2012, 103
Richter 

Kurzbeitrag: Stellungnahme zum Positionspapier zur Entwicklung des Marktes für Geldspielgeräte*

Von Prof. Dr. Dieter Richter, Berlin**

In der Ausgabe 06.11 der ZfWG wurde ein Positionspapier mit dem Titel „Auslöser und Ursachen für die aktuelle Entwicklung des Marktes für Geldspielgeräte nach Novellierung der Spielverordnung im Jahre 2006 – Probleme und Lösungsvorschläge“ [1] abgedruckt. Der Text enthält Bewertungen über die Zulassungspraxis der PTB und die dazu herausgegebene Technische Richtlinie [2], die so nicht akzeptiert werden können und einer Klarstellung bedürfen.

Es wird im Folgenden auf sechs, im Positionspapier angezogene Aspekte eingegangen. Andere Aspekte, wie Steuereinnahmen und Geldwäsche, entziehen sich überwiegend einer Bewertung durch die PTB. Sie werden hier nicht kommentiert.

Das so genannte Punktespiel

Nach dem Positionspapier ist die Entscheidung der PTB, Geldspielgeräte mit Punktespielen zuzulassen, ursächlich für angebliche Fehlentwicklungen. Auf eine Gegensteuerung durch die PTB sei verzichtet worden.

Dazu ist grundsätzlich festzustellen: Die hier diskutierten Spielgeräte sind im Gewerberecht angesiedelt. Die gewerberechtlichen Bestimmungen erlauben es der Zulassungsbehörde nicht, über die gesetzlich verankerten Beschränkungen hinaus weitere Einschränkungen vorzunehmen. Diese Einordnung wird im Positionspapier durchgehend missachtet.

Die Spielverordnung regelt unmissverständlich die Grenzen für Verluste und Gewinne in Form von Bargeld. Sie regelt dagegen nicht die Spielabläufe, die zu Verlusten und Gewinnen von Bargeld führen, und damit nicht die Art von Zwischendarstellungen bei den Spielabläufen. Ein Versagungsgrund für eine Bauart, der nur darin besteht, dass eine verwendete Symbolik sehr nahe an Geldmengendarstellungen ist (wie es bei Punkten der Fall ist), wäre gesetzlich nicht verankert.

Natürlich ist nicht entgangen, dass die Gestaltungsfreiheit auch Probleme hervorruft, z.B. durch werbende Darstellungen, die eine Suggestivwirkung zu höheren als den gesetzlich geregelten Gewinnen anstreben (siehe [3] zu weiteren Problemen). Die Materie ist jedoch komplexer als das Positionspapier und manch andere öffentliche Äußerung vermuten lassen wollen. Es sei hier nur auf die praktisch unendliche Vielfalt von darstellbaren Gewinnanreizen in Form von Symbolen, Tönen, Farben, Animationen, Sonder-, Feature-, Action-, Super-, Jumbo- und Freispielen, Boni, Jackpots oder Ausspielungen verwiesen.

Der Verordnungsgeber hat diese Situation im Vorfeld der letzten Novellierung der Spielverordnung erkannt und entsprechend von spiel- und darstellungsregelnden Eingriffen Abstand genommen. Denn solche Beschränkungen hatten weitgehend ihre Wirkung verloren.

Die Technische Richtlinie

Die PTB hat von dem ihr in der Spielverordnung eingeräumten Recht Gebrauch gemacht, eine Technische Richtlinie (TR) herauszugeben. Die TR ist hauptsächlich ein Verständigungsmittel zwischen Herstellern und der Zulassungsbehörde.

ZfWG 2012, S. 103 (104)

Die Erfahrungen mit der TR sind durchweg positiv: Die Zulassungsverfahren sind transparenter geworden, Hersteller nutzen die TR bei der Vorbereitung der Zulassungsanträge und Erstantragsteller haben kein nennenswertes Informationsdefizit gegenüber erfahrenen Antragstellern.

Die Autoren des Positionspapiers erklären nun mit Blick auf die TR, dass „ […] die PTB nicht in der Lage war, den Sinn der Spielverordnung in die erforderlichen technischen Umsetzungsrichtlinien umzusetzen, […]“. Schauen wir uns die Beispiele näher an, mit denen diese Erklärung begründet werden soll.

(1) Die Anforderungen aus § 13 Abs. 1 Nr. 1 bis 6 SpielV seien widersprüchlich und die TR löse die Widersprüche nicht auf.

Der Ansatz ist falsch. Die angeführten Anforderungen widersprechen sich nicht, sondern ergänzen sich.

(2) Es fehle an klaren Definitionen. Konkret genannt werden fehlende Definitionen des Begriffs „Spielbetrieb“ sowie des Stundenbeginns.

Die Aussage ist falsch. In der TR werden Spielpausen einschließlich Beginn und Ende ausführlich definiert und der Spielbetrieb besteht aus jenen Zeiten, in denen nicht die Pauseneigenschaften gelten. Zudem haben die Autoren übersehen, dass die Überwachung der stundenbezogenen Anforderungen gleitend, d.h. zum Zeitpunkt jedes Geldeinsatzes und jedes Geldgewinns, erfolgt.

(3) Die TR lasse Spiele nicht mit dem Geldeinwurf beginnen, sondern Spiele seien durch Abstraktionen wie Punkte, Boni, Actionspiele, etc. bestimmt.

Klarzustellen ist, dass die TR die Kategorie des einzelnen Spiels gar nicht verwendet. Denn das einzelne Spiel ist als Regelungsgegenstand nicht (mehr) in der Spielverordnung verankert. Er ist aufgegeben worden, weil daran geknüpfte Regelungen ihre Wirkung verloren hatten. Der Begriff wird nun durch die Hersteller frei verwendet.

Das Zulassungsverfahren

Das Positionspapier benennt angebliche Missstände bei der Zulassung. Es wird bemängelt, dass Spielgeräte mit einer nicht zugelassenen Software in Verkehr gebracht werden können. Diese Aussage verwundert, denn es liegt in der Natur von Zulassungsverfahren, dass sie nicht das Inverkehrbringen nicht zugelassener Software verhindern können. Ein Zulassungsverfahren kann dagegen absichern, ob in Verkehr gebrachte Software als zugelassen oder nicht zugelassen erkennbar ist. Und das leistet das Verfahren ganz offensichtlich.

Dies wird auch an dem Beispiel deutlich, das die Autoren eigentlich als Beleg für einen nicht ordentlichen Umgang mit Checksummen benutzen wollen und in diesem Zusammenhang einen „nachweislich fehlerhaften Zulassungsprozess“ attestieren. Ist schon die Stützung auf nur einem Beispiel für eine solche Fundamentalkritik fraglich, beweist dieses Beispiel aber genau das Gegenteil, nämlich die Wirksamkeit der Checksummen. Im konkreten Fall, auf den Bezug genommen wird, war es zu einer fehlerhaften Auslieferung von Spielgeräten mit einer marginal veränderten Hilfssoftware gekommen. Das war gemäß Vorschrift nicht korrekt, hatte aber inhaltlich keine Auswirkungen. Die Softwareänderung führte tatsächlich zu einer veränderten Checksumme und wurde dadurch erst entdeckt. Das Checksummenverfahren hatte also funktioniert. Der Hersteller stellte daraufhin den bauartkonformen Zustand der aufgestellten Geräte her, indem er die zugelassene Software in die betroffenen Geräte einbrachte. Insofern bestand kein Anlass für die im Positionspapier angemahnte Veröffentlichung einer neuen Checksumme.

Bei der im Positionspapier angezogenen Frage der angeblich spielverordnungswidrig zugelassenen Einsatzautomatik gibt es Unterschiede in der subjektiven Bewertung durch Experten der PTB und durch einige Sachverständige. Es handelt sich dabei allerdings um eine Frage vernachlässigbarer Bedeutung. Es geht darum, ob ein Spieler vor dem Ersteinwurf von Geld in den Geldspeicher die Einzeleinsatzoption wählen kann oder erst unmittelbar nach der Abbuchung des ersten Einsatzes. In beiden Fällen bleibt ihm die in der Spielverordnung vorgeschriebene Option erhalten, über jeden einzelnen Einsatz entscheiden zu können.

Manipulationen

Die Autoren kritisieren und lasten es der PTB an, dass es Aufstellunternehmern nicht möglich sei, Manipulationen und Fehlfunktionen der Geräte nachzuweisen. Sie haben zunächst mit der Aussage zur Nachweisfähigkeit grundsätzlich Recht. Aber das ist kein Alleinstellungsmerkmal von Spielgeräten. Es ist oft der Fall, dass Nutzer oder Betreiber moderner Geräte kaum selbst die Fähigkeit zur Fehleranalyse bzw. zum Fehlernachweis haben. Und mit Bezug auf die PTB bleibt festzustellen, dass der Prüfauftrag von den spielrechtlichen Anforderungen bestimmt ist und nicht vom Ziel einer allgemeinen Qualitätskontrolle. Qualitätsfragen müssen die Vertragspartner, Hersteller und Aufsteller, miteinander klären.

Manipulationen an aufgestellten Spielgeräten hat es trotz eines inzwischen hohen Sicherheitsstandards gegeben. Sie sind leider nicht nur bei Spielgeräten ein Phänomen. Die der PTB in den letzten Jahren bekannt gewordenen Manipulationen waren von hoher Professionalität und krimineller Energie geprägt. Entsprechende Gruppen scheuen immer weniger den hohen Aufwand zur Überwindung von Sicherheitsmaßnahmen, weil die Ausbeute aufgrund vereinheitlichter technischer Plattformen immer lukrativer geworden ist. Bisher konnten die Hersteller solche Gegenmaßnahmen bei den bekannt gewordenen Fällen ergreifen, die die jeweiligen Manipulationen unterbinden.

Organisatorische und juristische Fragen

Im Positionspapier wird das Verfahren der Bekanntmachung von Zulassungen über das Internet kritisiert. Allerdings bleibt unklar, was zu der Bewertung geführt hat, die ZfWG 2012, S. 103 (105)PTB behindere „eine rechtskonforme Überprüfung von Geldspielgeräten im Sinne der Spielverordnung“.

§ 7 SpielV fordert die Überprüfung der Überstimmung der aufgestellten Spielgeräte mit der zugelassenen Bauart. Zur Unterstützung veröffentlicht die PTB monatlich die neu in Verkehr gebrachten Bauarten und tagesaktuell die Nachträge zu bereits in Verkehr befindlichen Bauarten. Die Daten sind über Internet abrufbar und können heruntergeladen werden. Ein (IT-) Ingenieur sollte damit umgehen und sich bei Bedarf auch weitere eigene Hilfsmittel schaffen können.

Unwahr ist die als juristische Unklarheit deklarierte Behauptung, die PTB habe „unter der Hand“ zugestanden, dass Software, die in einem Zulassungsnachtrag zu einem bestimmten Stichtag für ungültig erklärt worden ist, nach dem Stichtag weiter betrieben werden dürfe. Die Autoren konnten hier offenbar nicht zwischen Zulassungsnachträgen mit Ungültigkeitserklärungen von Software und der Aktion der Spielgerätebranche zum freiwilligen Ausstausch der Spielgeräte zum 31.12.2010 unterscheiden. Letztere war politisch gewünscht, aber rechtlich nicht zwingend.

Gegenmaßnahmen

Im Positionspapier werden Vorschläge zur Überwindung der so genannten Missstände gemacht. Sie werden hier nicht im Einzelnen bewertet, da sie von nicht zutreffenden Voraussetzungen ausgehen. Lediglich der Vorschlag zur (Wieder-) Einführung einer rechtlich verbindlichen Auszahlquote soll kurz kommentiert werden. Die Auszahlquote ist eine Größe, die den Aufstellunternehmer aus wirtschaftlichen Gründen interessiert. Aus Spielerschutzgründen hat der Verordnungsgeber mit der letzten Novellierung die näher liegende Größe des durchschnittlichen Verlustes je Stunde eingeführt. Es muss auch beachtet werden, dass die nachträgliche Überprüfung einer Durchschnittsgröße bei einer inzwischen in den Millionenbereich reichenden Anzahl von Spielkombinationen praktisch unmöglich geworden ist.

Zusammenfassung

Die Begründungen des Positionspapiers für die Ursachen der angeblichen Missstände halten einer Überprüfung nicht stand. Die herangezogenen Beispiele sind teilweise fehlerhaft. Sie eignen sich nicht als Beleg für Fehlhandlungen. Die fundamental kritischen Schlussfolgerungen entbehren jeder Grundlage.

Quellenangaben

[1] Auslöser und Ursachen für die aktuelle Entwicklung des Marktes für Geldspielgeräte nach Novellierung der Spielverordnung im Jahre 2006 – Probleme und Lösungsvorschläge, Ein Positionspapier maßgeblich an der Überprüfung von Geldspielgeräten beteiligter öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger vom 18.04.2011, ZfWG 2011, S. 393 – 403;

[2] Technische Richtlinie zur Sicherung der Prüfbarkeit und Durchführung der Bauartprüfung von Geldspielgeräten, Version 4.1 vom 21. April 2009, www.ptb.de/spielgeraete;

[3] Bericht zur Evaluierung der Fünften Novelle der Spielverordnung, insbesondere im Hinblick auf die Problematik des pathologischen Glücksspiels, Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie, 8. Dezember 2010, Unterrichtung des Bundesrates, Drucksache 881/10.

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Bei dem Beitrag handelt es sich um die persönliche Stellungnahme des Autors. Der Verlag enthält sich – wie auch beim Abdruck des Positionspapiers, ZfWG 2011, 393 ff. – ausdrücklich jeder Positionierung.

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Leiter des Fachbereiches „Metrologische Informationstechnik“ in der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt, auch zuständig für die Zulassung von Geldspielgeräten.

 
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