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ZNER 2020, 485
Becker 
ZNER 2020, Heft 06, Umschlagteil S. 485 (IV)

Editorial

Wer die Wärmewende will, muss für den „Zugang für Wärme aus Erneuerbaren Energien zu Wärmenetzen“ fechten; so Philipp Boos und Jean-Claude Schmiedle im Kopfaufsatz der ZNER. Und das nicht ohne Hintergedanken: Der Co-Autor Schmiedle arbeitet in Stuttgart für die dortigen Stadtwerke. Sein Unternehmen profitiert vielleicht von Verhandlungen zwischen der EnBW und der Stadt Stuttgart über den Kauf des Fernwärmenetzes (wenn sich der prozessuale Pulverdampf über den Kontrahenten verzogen hat). Egal, was herauskommt: Der von den Autoren behandelten Frage müssen sich Beide stellen; und Beide treffen auf unzureichende gesetzliche Regulierungsvorgaben. Von einer Verdichtung im Sinne der Autoren würden alle profitieren; auch die Freie und Hansestadt Hamburg, die das Fernwärmenetz vor einem Jahr gekauft hat, aber mit der Umstellung auf Erneuerbare Wärme kämpft. Sie plant eine Konferenz, in der auch die unzureichenden Regulierungsvorgaben behandelt werden sollen. Das Thema von Boos/Schmiedle ist also allenthalben virulent.

Auch die Themen, die sich Prof. Frenz, „Umsiedlungen und Enteignungen für die Kohleverstromung: Verfassungsbeschwerde gegen das KVBG“ und Prof. Gröne „Die Abgrenzung weitergeleiteter Strommengen im EEG – Weitere Klarheit durch den neuen Leitfaden der Bundesnetzagentur?“ vorgenommen haben, sind spannend.

Im Entscheidungsteil ist das Urteil der Großen Kammer des EuGH vom 22. 09. 2020 über „Staatliche Beihilfe zugunsten des Kernkraftwerks Hinkley Point“ abgedruckt. Das war keine Pioniertat: Das EuG hatte mit Urteil vom 12. 07. 208 (ZNER 2019, 20) staatliche Beihilfen für das Kernkraftwerk Hinkley Point C gebilligt; trotz ihrer stolzen Höhe. Der Verfasser dieser Zeilen hat in demselben Heft die „Rettungsversuche für die Kernkraft“, nämlich in Hinkley Point C, Flammanville, Olkiluoto, kritisch betrachtet (ZNER 2019, 15). Aber der EuGH hat sich die Kritik nicht zu eigen gemacht:

Er hat vor allem aufgeführt, dass „der EURATOM-Vertrag und der AEU-Vertrag rechtlich gleichrangig“ seien, wie LS 3 der Leitsätze der Redaktion zeigt. Das bedeutet, dass auch ein (wesentlich teurerer) Rettungsversuch für die Kernkraft, wie er in Hinkley Point vorliegt, wegen seiner CO2-vermeidenden Wirkung hinzunehmen ist. Das bedeutet weiter, dass die Mitgliedstaaten des EURATOM-Vertrags (endlich) dieses Vertragswerk anpacken müssten, denn es ist „ein sektoraler, auf die Förderung der Kernenergie gerichteter Vertrag“. Der AEU-Vertrag habe viel weiterreichende Ziele. Der EURATOM-Vertrag ist eben vom 25. März 1957. Die sich rasch entwickelnden EU-Verträge sind demgegenüber viel moderner. Aber trotzdem ist fraglich, ob alle Mitgliedstaaten die Förderung von Atomkraftwerken abschaffen wollen.

Peter Becker

 
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