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ZNER 2019, 181
Becker 
ZNER 2019, Heft 03, Umschlagteil S. 181 (IV)

Editorial

Manfred Weber, Vorsitzender der EVP-Fraktion im Europaparlament, hat für den Fall seiner Wahl zum nächsten Kommissionspräsidenten angekündigt, er wolle alle rechtlichen Möglichkeiten nutzen, um den Weiterbau der Nord Stream 2 noch zu verhindern. Die Funktion dieser Ansage war klar, da er die Äußerung gegenüber einer polnischen Zeitung machte. Die Polen sind politische Gegner der Pipeline, und Weber ging es wohl um die polnischen Stimmen bei der Wahl. Aber hinter dieser Ansage steckt auch eine interessante Rechtsfrage: Wäre es überhaupt noch rechtlich möglich, den Weiterbau zu verhindern? Wie ist der Stand der erforderlichen Genehmigungen? Da die Pipeline weitgehend fertiggestellt ist, würden bei einem Brüsseler Querschuss möglicherweise in großem Umfang Schadenersatzansprüche entstehen; für den Bau der Pipeline sollen deutlich über 500 Verträge abgeschlossen worden sein. Das nächste Problem: Welche rechtlichen Querschüsse sind denkbar, wie sind die politischen Interessenlagen?

Der Verfasser dieser Zeilen bemüht sich schon seit Jahren um einen Aufsatz zum Thema. Aber alle Angesprochenen winkten bisher ab; und zwar nicht nur wegen möglicherweise konfligierender Interessen. Die rechtlichen und politischen Fragestellungen sind vielmehr so komplex, vieles ist noch wenig transparent, so dass man sich beim Schreiben vorkommt wie beim sprichwörtlichen ‚Ritt über den Bodensee‘...

Marco Portula bearbeitet eine interessante Frage, die sich aus dem Atomausstieg ergibt: Die Risiken aus dem Weiterbetrieb ausländischer KKW bestehen weiter, da der deutsche Staat nicht die Regelungsmacht besitzt, den Betrieb dieser KKW einzustellen. Jedoch reicht seine Regelungsbefugnis so weit, eine Unterstützung des risikobegründenden Betriebs von Deutschland aus zu versagen, beispielsweise durch Urananreicherung und Brennelementelieferungen. Es ist vorstellbar, dass Bürgerinitiativen und wagemutige Rechtsanwälte dieses Thema aufgreifen...

Regionalität ist nicht nur bei Vermarktung von Lebensmitteln wichtig, sondern spielt zunehmend auch bei der Stromvermarktung eine Rolle. Mit dem zum 01. 01. 2019 in Betrieb gegangen Regionalnachweisregister des Umweltbundesamts (UBA) hat das Thema neue Bedeutung gewonnen. Die Möglichkeiten und Grenzen der regionalen (Öko-)Stromvermarktung vor dem Hintergrund des neuen Regionalnachweisregisters loten Wieland Lehnert und Christian in ihrem Aufsatz aus.

Grüner Wasserstoff erfährt als Baustein der Energiewende in der Energiewirtschaft derzeit große Aufmerksamkeit. In der rechtswissenschaftlichen Literatur spielt das Thema bislang aber eine eher untergeordnete Rolle. Wenn überhaupt, beschäftigt sich die rechtliche Diskussion vor allem mit der Erzeugung (und den Erzeugungskosten), weniger aber mit den Rahmenbedingungen für die Vermarktung von grünem Wasserstoff. Vor diesem Hintergrund füllt der Beitrag von Buchmüller, Wilms und Kalis zum „Rechtsrahmen für die Vermarktung von grünem Wasserstoff“ eine Lücke. Die AutorInnen untersuchen umfassend sowohl regulierungs- und wettbewerbsrechtliche Aspekte als auch spezifische rechtliche Vorgaben für die Inanspruchnahme gesetzlicher Privilegien und Anreize für die Vermarktung von grünem Wasserstoff. Sie befassen sich dabei nicht nur mit dem Status Quo, sondern geben auch einen Ausblick auf gesetzgeberischen Handlungsbedarf unter anderem aufgrund der Umsetzung der neuen Erneuerbare-Energien-Richtlinie.

Bereits in ZNER 2018, 124 ff. gingen Maximilian Schmidt und Frank Sailer der Frage nach, welche Auswirkungen die Hinweise der Bund/Länder Arbeitsgemeinschaft Immissionsschutz (LAI) zum Schallimmissionsschutz bei Windkraftanlagen für die Rechtspraxis in den Landesbehörden und vor den Gerichten haben und welche Rechtsfragen sich hierbei stellen. Der aktuelle Beitrag setzt diese Untersuchung fort und befasst sich mit den neuen Anwendungserlassen von Hamburg, Rheinland-Pfalz und Niedersachsen, den Überwachungskonzepten von Hessen und Schleswig-Holstein, sowie der aktuellen Entwicklung der Thematik in der Rechtsprechung.

Dr. Peter Becker

 
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