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Wirtschaftsrecht
12.12.2013
Wirtschaftsrecht
EuGH: Auslegung der RL über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen - Unterlassungsklage eines Verbraucherschutzvereins

EuGH, Urteil vom 5.12.2013 - Rs. C-413/12


Urteil



1        Das Vorabentscheidungsersuchen betrifft die Auslegung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. L 95, S. 29).



2        Dieses Ersuchen ergeht im Rahmen eines Rechtsstreits zwischen der Asociación de Consumidores Independientes de Castilla y León (im Folgenden: ACICL) und der Anuntis Segundamano España SL (im Folgenden: ASE) über eine Unterlassungsklage, die auf Nichtigerklärung einiger der im Internetportal von ASE wiedergegebenen Nutzungsbedingungen gerichtet ist.



 Rechtlicher Rahmen



 Unionsrecht



3        Die Erwägungsgründe 23 und 24 der Richtlinie 93/13 lauten:



„Personen und Organisationen, die nach dem Recht eines Mitgliedstaats ein berechtigtes Interesse geltend machen können, den Verbraucher zu schützen, müssen Verfahren, die Vertragsklauseln im Hinblick auf eine allgemeine Verwendung in Verbraucherverträgen, insbesondere missbräuchliche Klauseln, zum Gegenstand haben, bei Gerichten oder Verwaltungsbehörden, die für die Entscheidung über Klagen bzw. Beschwerden oder die Eröffnung von Gerichtsverfahren zuständig sind, einleiten können. Diese Möglichkeit bedeutet jedoch keine Vorabkontrolle der in einem beliebigen Wirtschaftssektor verwendeten allgemeinen Bedingungen.



Die Gerichte oder Verwaltungsbehörden der Mitgliedstaaten müssen über angemessene und wirksame Mittel verfügen, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln in Verbraucherverträgen ein Ende gesetzt wird -".



4        Art. 7 Abs. 1 und 2 der Richtlinie lautet:



„(1)      Die Mitgliedstaaten sorgen dafür, dass im Interesse der Verbraucher und der gewerbetreibenden Wettbewerber angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit Verbrauchern schließt, ein Ende gesetzt wird.



(2)      Die in Absatz 1 genannten Mittel müssen auch Rechtsvorschriften einschließen, wonach Personen oder Organisationen, die nach dem innerstaatlichen Recht ein berechtigtes Interesse am Schutz der Verbraucher haben, im Einklang mit den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften die Gerichte oder die zuständigen Verwaltungsbehörden anrufen können, damit diese darüber entscheiden, ob Vertragsklauseln, die im Hinblick auf eine allgemeine Verwendung abgefasst wurden, missbräuchlich sind, und angemessene und wirksame Mittel anwenden, um der Verwendung solcher Klauseln ein Ende zu setzen."



 Spanisches Recht



5        Art. 52 Abs. 1 Nrn. 14 und 16 der Ley de Enjuiciamiento Civil (Zivilprozessgesetz, im Folgenden: LEC), der sich in Kapitel II („Zuständigkeitsregeln") Abschnitt 2 („örtliche Zuständigkeit") von Titel II über die Gerichtsbarkeit und die Zuständigkeit befindet, bestimmt:



„In folgenden Fällen finden die in den vorstehenden Artikeln vorgesehenen Gerichtsstände keine Anwendung und richtet sich die Zuständigkeit nach diesem Artikel:



...



14.       In Verfahren über Klagen zur Feststellung der Unwirksamkeit oder Nichtigkeit allgemeiner Geschäftsbedingungen ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem der Kläger seinen (Wohn‑)Sitz hat. Wird auf demselben Gebiet eine Klage auf Feststellung, Unterlassung oder Widerruf erhoben, ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem der Beklagte seine Niederlassung hat, und in Ermangelung einer solchen Niederlassung das Gericht des Ortes, an dem er seinen (Wohn‑)Sitz hat; hat der Beklagte keinen (Wohn‑)Sitz im spanischen Hoheitsgebiet, ist die Zuständigkeit am Ort des Vertragsschlusses begründet.



...



16.       Für Unterlassungsklagen zur Verteidigung kollektiver oder diffuser Interessen von Verbrauchern und Nutzern ist das Gericht des Ortes zuständig, an dem der Beklagte seine Niederlassung hat, und in Ermangelung einer solchen Niederlassung das Gericht des Ortes, an dem er seinen (Wohn‑)Sitz hat; hat der Beklagte keinen (Wohn‑)Sitz im spanischen Hoheitsgebiet, ist die Zuständigkeit am Ort des (Wohn‑)Sitzes des Klägers begründet."



6        Art. 60 Abs. 1 LEC, der den negativen Konflikt über die örtliche Zuständigkeit betrifft, lautet:



„Erklärt sich ein Gericht auf eine Zuständigkeitsrüge hin oder nach Anhörung sämtlicher Parteien für örtlich unzuständig, ist das Gericht, an das die Sache verwiesen wird, an diese Entscheidung gebunden und kann sich nicht von Amts wegen für örtlich unzuständig erklären."



7        Art. 67 LEC über die Rechtsmittel gegen Entscheidungen über die örtliche Zuständigkeit sieht vor:



„1.       Gegen Beschlüsse, mit denen über die örtliche Zuständigkeit entschieden wird, ist kein Rechtsmittel gegeben.



2. Im Rahmen der Berufung und des außerordentlichen Rechtsmittels wegen Verletzung von Verfahrensvorschriften wird die Rüge der fehlenden örtlichen Zuständigkeit nur zugelassen, wenn im betreffenden Fall zwingende Rechtsvorschriften anwendbar waren."



8        Im spanischen Recht ist die Unterlassungsklage im Bereich des Schutzes von Verbraucherinteressen in den Art. 53 bis 56 des Real Decreto Legislativo 1/2007 por el que se aprueba el texto refundido de la Ley General para la Defensa de los Consumidores y Usuarios y otras leyes complementarias (Real Decreto Legislativo 1/2007 zur Billigung der Neufassung des Allgemeinen Gesetzes über den Schutz der Verbraucher und Benutzer mit Nebengesetzen) vom 16. November 2007 (BOE Nr. 287 vom 30. November 2007, S. 49181, im Folgenden: Real Decreto Legislativo 1/2007) geregelt.



9        Art. 53 des Real Decreto Legislativo 1/2007 über die Unterlassungsklage bestimmt:



„Die Unterlassungsklage ist darauf gerichtet, ein Urteil zu erwirken, mit dem der Beklagte zur Unterlassung seines Verhaltens verurteilt wird, und dessen künftige Wiederholung verbieten zu lassen. Außerdem kann die Klage erhoben werden, um ein Verhalten verbieten zu lassen, das zum Zeitpunkt der Klageerhebung beendet ist, sofern hinreichende Anzeichen bestehen, aufgrund deren zu befürchten ist, dass sich das Verhalten sofort wiederholen wird.



Für die Zwecke der Bestimmungen dieses Kapitels wird auch die Empfehlung der Verwendung missbräuchlicher Klauseln als gegen das vorliegende Gesetz im Bereich missbräuchlicher Klauseln verstoßendes Verhalten angesehen."



10      Art. 54 Abs. 1 Buchst. b des Real Decreto Legislativo 1/2007 sieht vor:



„Die Unterlassungsklage gegen Verhaltensweisen, die gegen die Bestimmungen des vorliegenden Gesetzes im Bereich missbräuchlicher Klauseln verstoßen, außerhalb der Geschäftsräume geschlossene Verträge, Fernabsatzgeschäfte, Garantien beim Verkauf kombinierter Waren und Reisen kann erhoben werden von:



...



b)       Verbraucher- und Nutzervereinen, die die im vorliegenden Gesetz oder gegebenenfalls in den regionalen Rechtsvorschriften im Bereich des Verbraucher- und Nutzerschutzes vorgesehenen Voraussetzungen erfüllen;



..."



 Ausgangsverfahren und Vorlagefragen



11      Die ACICL ist ein Verbraucherschutzverein, der im Register der Verbraucher- und Nutzerorganisationen der Autonomen Gemeinschaft Kastilien und León eingetragen ist. Sie hat ihren Sitz in Salamanca (Spanien) und zählt 110 Mitglieder. Der Tätigkeitsbereich von ACICL beschränkt sich auf das Gebiet dieser Autonomen Gemeinschaft, und sie gehört weder einem regionalen noch einem nationalen Verbraucherschutzverband oder ‑dachverband an.



12      ASE ist eine Handelsgesellschaft mit Sitz in Barcelona (Spanien), die ein Internetportal betreibt, in dem Privatpersonen und Gewerbetreibende Anzeigen für Immobilien oder Gebrauchtwaren sowie Stellenangebote veröffentlichen können.



13      Die Nutzungsbedingungen der Website, die in dem Internetportal verfügbar sind, sind in zwei Kategorien aufgeteilt, und zwar die „allgemeinen Nutzungsbedingungen" und die „besonderen Bedingungen für Verträge über Anzeigendienste" (im Folgenden: besondere Bedingungen).



14      Zu den besonderen Bedingungen gehörten zum Zeitpunkt der Erhebung der Unterlassungsklage des Ausgangsverfahrens vor den nationalen Gerichten Art. 6 über die Haftungsbeschränkung und Art. 7 („Erklärungen und Garantien des Anzeigenkunden/Entschädigungen").



15      Die ACICL erhob auf der Grundlage von Art. 54 des Real Decreto Legislativo 1/2007 beim Juzgado de Primera Instancia n° 4 y de lo Mercantil de Salamanca eine Unterlassungsklage gegen ASE. Diese Klage war zum einen auf Feststellung der Nichtigkeit der Art. 6 und 7 Abs. 7 der besonderen Bedingungen und zum anderen auf Verurteilung von ASE zur Streichung dieser Bestimmungen und zur Unterlassung ihrer zukünftigen Verwendung gerichtet.



16      Mit Beschluss vom 6. April 2011 erklärte sich der Juzgado de Primera Instancia n° 4 y de lo Mercantil de Salamanca für nicht zuständig, über die Klage der ACICL zu entscheiden. Nach Art. 52 Abs. 1 Nr. 14 LEC sei nämlich für die Entscheidung über zum Schutz kollektiver Verbraucherinteressen erhobene Unterlassungsklagen das Gericht des Ortes zuständig, an dem der Beklagte seine Niederlassung oder seinen (Wohn-)Sitz habe. In dem Beschluss wurde darauf hingewiesen, dass bei der Audiencia Provincial de Salamanca Berufung eingelegt werden könne.



17      Die ACICL legte gegen diese Entscheidung bei der Audiencia Provincial de Salamanca Berufung ein und machte geltend, die Tatsache, dass das Gericht des Sitzes des Verbraucherschutzvereins seine örtliche Zuständigkeit für die Entscheidung über Klagen eines solchen Vereins auf Unterlassung der Verwendung missbräuchlicher Klauseln verneint habe, laufe dem mit der Richtlinie 93/13 verfolgten Ziel zuwider.



18      In ihrer Vorlageentscheidung führt die Audiencia Provincial de Salamanca aus, dass insbesondere zwei Punkte Fragen aufwürfen.



19      Zum einen sei nach den nationalen Verfahrensregeln, genauer gesagt nach Art. 52 Abs. 1 Nr. 16 und Art. 67 LEC, gegen Beschlüsse, mit denen erstinstanzliche Gerichte sich für örtlich unzuständig erklärten, kein Rechtsmittel gegeben, was zur Folge habe, dass in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens die ACICL verpflichtet sei, ausschließlich das Gericht des Ortes anzurufen, an dem die Beklagte ihre Niederlassung oder ihren Sitz habe, nämlich Barcelona. Das vorlegende Gericht bezweifelt, dass diese Vorschriften des spanischen Rechts über die örtliche Zuständigkeit und Rechtsmittel gegen Entscheidungen, mit denen erstinstanzliche Gerichte sich im Rahmen der genannten Unterlassungsklagen für örtlich unzuständig erklärten, mit dem Erfordernis eines hohen Verbraucherschutzniveaus, wie es die Richtlinie 93/13 verlange, vereinbar seien.



20      Zum anderen ist sich das vorlegende Gericht nicht sicher, ob die Zuständigkeitsregel, wonach eine Unterlassungsklage eines Verbraucherschutzvereins beim Gericht am Ort der Niederlassung oder des Wohnsitzes des Gewerbetreibenden erhoben werden muss, mit dem Ziel eines hohen Verbraucherschutzniveaus und mit den Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität vereinbar ist. Unter diesen Umständen könne nämlich ein Verbraucherschutzverein wie die ACICL de facto gezwungen sein, auf die Erhebung einer solchen Klage wegen seines begrenzten Budgets und seines begrenzten räumlichen Tätigkeitsbereichs zu verzichten.



21      Hierzu führt das vorlegende Gericht an, dass der Gerichtshof in seiner Rechtsprechung zu den Bestimmungen des Übereinkommens vom 27. September 1968 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Vollstreckung gerichtlicher Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. 1972, L 299, S. 32, im Folgenden: Brüsseler Übereinkommen) entschieden habe, dass die Wirksamkeit der in Art. 7 der Richtlinie 93/13 vorgesehenen Klagen auf Unterlassung der Verwendung unzulässiger Klauseln erheblich beeinträchtigt wäre, wenn diese Klagen nur im Staat der Niederlassung des Gewerbetreibenden erhoben werden könnten (Urteil vom 1. Oktober 2002, Henkel, C‑167/00, Slg. 2002, I‑8111, Randnr. 43). Es schließt daraus, dass dieselben Grundsätze in einem Fall wie dem des Ausgangsverfahrens anzuwenden sein könnten, was bedeute, dass die Gerichte am Ort des Sitzes eines Verbraucherschutzvereins, der gegen einen Gewerbetreibenden vorgehe, der in seine Verträge missbräuchliche Klauseln aufgenommen habe, für zuständig erklärt werden müssten.



22      Unter diesen Umständen hat die Audiencia Provincial de Salamanca beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:



1.      Kann die Audiencia Provincial de Salamanca als nationales Berufungsgericht aufgrund des durch die Richtlinie 93/13 gewährleisteten Verbraucherschutzes über ein Rechtsmittel gegen eine Entscheidung des Juzgado de Primera Instancia n° 4 y de lo Mercantil de Salamanca, mit der die örtliche Zuständigkeit für die Entscheidung über eine Unterlassungsklage eines Verbraucherschutzvereins mit beschränktem räumlichen Tätigkeitsbereich, der nicht mit anderen Vereinen in einem Verband oder Dachverband zusammengeschlossen ist und der nur über ein geringes Budget und eine geringe Anzahl von Mitgliedern verfügt, einem Gericht am Ort des Sitzes der Beklagten zugewiesen wird, entscheiden, obwohl hierfür keine innerstaatliche Rechtsgrundlage vorhanden ist?



2.      Sind die Art. 4 AEUV, 12 AEUV, 114 AEUV und 169 AEUV sowie Art. 38 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union in Verbindung mit der Richtlinie 93/13 und der Rechtsprechung des Gerichtshofs zum hohen Niveau des Schutzes der Interessen der Verbraucher sowie zur praktischen Wirksamkeit der Richtlinien und den Grundsätzen der Äquivalenz und der Effektivität dahin auszulegen, dass für die Entscheidung über eine zum Schutz der kollektiven oder diffusen Interessen der Verbraucher und Nutzer von einem Verbraucherschutzverein mit beschränktem räumlichen Tätigkeitsbereich, der nicht mit anderen Vereinen in einem Verband oder Dachverband zusammengeschlossen ist und nur über ein geringes Budget und eine geringe Anzahl von Mitgliedern verfügt, erhobene Klage auf Unterlassung der Verwendung missbräuchlicher Klauseln das Gericht des Ortes des Sitzes dieses Vereins und nicht das des Ortes, an dem die Beklagte ihren Sitz hat, zuständig ist?



 Zu den Vorlagefragen



23      Mit seinen beiden Fragen, die zusammen zu prüfen sind, möchte das vorlegende Gericht wissen, ob die Richtlinie 93/13 und die Grundsätze der Äquivalenz und der Effektivität dahin auszulegen sind, dass sie einer nationalen Verfahrensregelung entgegenstehen, wonach im Bereich der Unterlassungsklagen von Verbraucherschutzvereinen zum einen eine solche Klage bei den Gerichten am Ort der Niederlassung oder des Wohnsitzes des Beklagten erhoben werden muss und zum anderen gegen eine Entscheidung, mit der ein erstinstanzliches Gericht sich für örtlich unzuständig erklärt, kein Rechtsmittel gegeben ist.



24      Die spanische Regierung hat geltend gemacht, die Vorlagefrage zur fehlenden Möglichkeit einer Anfechtung der Entscheidung, mit der ein mit einer Unterlassungsklage wie der des Ausgangsverfahrens in erster Instanz befasstes Gericht sich für unzuständig erklärt, sei unzulässig, weil sie keinen Grundsatz des Unionsrechts betreffe. Diese Frage betreffe das Recht auf einen effektiven gerichtlichen Rechtsschutz, wie er von der spanischen Verfassung garantiert werde.



25      Hierzu genügt die Feststellung, dass die Klage des Ausgangsverfahrens von einem Verbraucherschutzverein erhoben wurde und mit ihr das Verbot der von einem Gewerbetreibenden verwendeten Vertragsklauseln begehrt wird. Daraus folgt, dass im Rahmen des Ausgangsverfahrens die Frage des Fehlens von Rechtsmitteln gegen die Entscheidung, mit der das mit einer Unterlassungsklage befasste Gericht sich für unzuständig erklärt, die Effektivität einer Verfahrensmodalität betrifft, die den Schutz eines dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechts zum Ziel hat, im vorliegenden Fall das Recht von Verbraucherschutzvereinen, zu handeln, damit der Verwendung von missbräuchlichen Klauseln ein Ende gesetzt wird, wie es u. a. in Art. 7 der Richtlinie 93/13 vorgesehen ist, und zwar „im Interesse der Verbraucher und der gewerbetreibenden Wettbewerber".



26      Daher muss der Gerichtshof über die ihm vorgelegten Fragen befinden, da sie die Auslegung des Unionsrechts betreffen (vgl. in diesem Sinne Urteil vom 14. Juni 2012, Banco Español de Crédito, C‑618/10, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 76).



27      In der Sache ist darauf hinzuweisen, dass Art. 7 Abs. 1 und 2 der Richtlinie 93/13 den Mitgliedstaaten die Pflicht auferlegt, dafür zu sorgen, dass in ihren nationalen Rechtsordnungen angemessene und wirksame Mittel vorhanden sind, damit der Verwendung missbräuchlicher Klauseln durch einen Gewerbetreibenden in den Verträgen, die er mit Verbrauchern schließt, ein Ende gesetzt wird. Diese Mittel müssen auch Rechtsvorschriften einschließen, wonach Organisationen, die nach dem innerstaatlichen Recht ein berechtigtes Interesse am Schutz der Verbraucher haben, zu diesem Zweck im Einklang mit den einzelstaatlichen Rechtsvorschriften die Gerichte oder die dafür zuständigen Verwaltungsbehörden anrufen können.



28      Die Richtlinie 93/13 enthält allerdings keine Bestimmungen, anhand deren das Gericht bestimmt werden kann, das für die Entscheidung über von Verbraucherschutzvereinen im Interesse der Verbraucher und der gewerbetreibenden Wettbewerber erhobene Klagen auf Unterlassung der Verwendung missbräuchlicher Klauseln örtlich zuständig ist. Die Richtlinie regelt auch nicht die Frage, wie viele Rechtszüge es in Bezug auf Entscheidungen, mit denen die örtliche Unzuständigkeit festgestellt wird, in einem solchen Fall geben muss.



29      Wie der Generalanwalt in Nr. 28 seiner Schlussanträge ausgeführt hat, regeln auch weder die Richtlinie 98/27/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Mai 1998 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 166, S. 51) noch ihre Nachfolgerin, die Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110, S. 30), die Frage, wie viele Rechtszüge die Mitgliedstaaten in Bezug auf Entscheidungen, mit denen die örtliche Unzuständigkeit festgestellt wird, im Bereich der den Verbraucherschutzvereinen zur Verfügung stehenden Unterlassungsklagen vorsehen müssen. Außerdem enthalten diese Richtlinien auch keine Regeln über die Verteilung der örtlichen Zuständigkeit für Unterlassungsklagen im Bereich des Schutzes der Verbraucherinteressen.



30      Da die prozessualen Rechtsbehelfe, die Verbraucherschutzvereinen zur Verfügung stehen, um der Verwendung missbräuchlicher Klauseln sowohl im Interesse der Verbraucher als auch der gewerbetreibenden Wettbewerber ein Ende zu setzen, nicht harmonisiert worden sind, ist es nach dem Grundsatz der Verfahrensautonomie Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung jedes Mitgliedstaats, entsprechende Regeln festzulegen, vorausgesetzt allerdings, dass sie nicht ungünstiger sind als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte regeln, die dem innerstaatlichen Recht unterliegen (Äquivalenzgrundsatz), und dass sie die Ausübung der den Verbraucherschutzvereinen durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Effektivitätsgrundsatz) (vgl. entsprechend Urteile vom 14. März 2013, Aziz, C‑415/11, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 50, sowie vom 18. April 2013, Irimie, C‑565/11, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 23 und die dort angeführte Rechtsprechung).



31      Hinsichtlich des Äquivalenzgrundsatzes ist festzustellen, dass der Gerichtshof über keine Anhaltspunkte verfügt, die Zweifel an der Vereinbarkeit der im Ausgangsverfahren fraglichen Verfahrensregeln mit diesem Grundsatz hervorrufen könnten.



32      Vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Prüfungen geht nämlich aus Art. 52 Abs. 1 Nrn. 14 und 16 LEC hervor, dass die Regel, wonach das Gericht am Ort der Niederlassung oder des (Wohn‑)Sitzes des Beklagten örtlich zuständig ist, für alle Unterlassungsklagen gilt, sowohl für diejenigen, mit denen der Verwendung von in Standardverträgen vorgesehenen allgemeinen Geschäftsbedingungen ein Ende gesetzt werden soll, als auch für diejenigen, die von Verbraucherschutzvereinen zur Verteidigung der kollektiven Interessen der Verbraucher erhoben werden.



33      Was die nationale Vorschrift anbelangt, wonach kein Rechtsmittel gegen die Feststellung des erstinstanzlichen Gerichts, dass es örtlich unzuständig sei, gegeben ist, und zwar Art. 67 Abs. 1 LEC, geht aus der Vorlageentscheidung hervor, dass dies eine allgemeingültige Regel des spanischen Verfahrensrechts ist.



34      Hinsichtlich des Effektivitätsgrundsatzes ist zu beachten, dass der Gerichtshof bereits entschieden hat, dass jeder Fall, in dem sich die Frage stellt, ob eine nationale Verfahrensvorschrift die Anwendung des Unionrechts unmöglich macht oder übermäßig erschwert, unter Berücksichtigung der Stellung dieser Vorschrift im gesamten Verfahren, des Verfahrensablaufs und der Besonderheiten des Verfahrens vor den verschiedenen nationalen Stellen zu prüfen ist. Dabei sind gegebenenfalls die Grundsätze zu berücksichtigen, die dem nationalen Rechtsschutzsystem zugrunde liegen, wie z. B. der Schutz der Verteidigungsrechte, der Grundsatz der Rechtssicherheit und der ordnungsgemäße Ablauf des Verfahrens (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 6. Oktober 2009, Asturcom Telecomunicaciones, C‑40/08, Slg. 2009, I‑9579, Randnr. 39 und die dort angeführte Rechtsprechung, sowie Aziz, Randnr. 53).



35      Im vorliegenden Fall wurde vorgetragen, dass die Verweisung der Unterlassungsklage des Ausgangsverfahrens an ein anderes, vom Sitz der ACICL weiter entferntes Gericht beträchtliche Nachteile für diese Vereinigung haben könnte, weil sie wegen der geografischen Entfernung von dem für die Entscheidung über ihre Klage zuständigen Gericht Gefahr liefe, aus finanziellen Gründen auf diese Klage verzichten zu müssen.



36      Die von der ACICL geltend gemachten Schwierigkeiten sind offenkundig weder die Folge der Regel, wonach die Unterlassungsklage eines Verbraucherschutzvereins in die örtliche Zuständigkeit des Gerichts am Ort der Niederlassung oder des (Wohn‑)Sitzes des Beklagten fällt, noch die Folge des Fehlens eines Rechtsmittels gegen die Feststellung des erstinstanzlichen Gerichts, dass es örtlich unzuständig sei.



37      Es sind nämlich nicht diese Verfahrensregeln selbst, die der ACICL die Erhebung der Unterlassungsklage beim Gericht der Niederlassung der Beklagten erschweren, sondern ihre wirtschaftliche Situation.



38      Wie der Generalanwalt in Nr. 36 seiner Schlussanträge hervorgehoben hat, müssen die Verfahrensregeln über die Struktur der innerstaatlichen Rechtswege und die Zahl der Rechtszüge, die ein allgemeines Interesse der geordneten Rechtspflege und der Vorhersehbarkeit verfolgen, in dem Sinne Vorrang vor Einzelinteressen haben, dass sie nicht entsprechend der besonderen wirtschaftlichen Situation einer Partei geändert werden können.



39      Gewiss setzt die Beachtung des Effektivitätsgrundsatzes voraus, dass die Organisation der innerstaatlichen Rechtswege und die Zahl der Rechtszüge die Ausübung der Rechte, die dem Einzelnen aus dem Unionsrecht erwachsen, nicht übermäßig erschweren oder unmöglich machen.



40      Erstens ist aber darauf hinzuweisen, dass, wie aus der Vorlageentscheidung hervorgeht, nach Art. 60 Abs. 1 LEC das Gericht am Ort der Niederlassung des Beklagten, das mit der Unterlassungsklage befasst ist, weil sich das Gericht am Ort der Niederlassung des Klägers für unzuständig erklärt hat, seine Zuständigkeit nicht in Frage stellen kann und somit verpflichtet ist, über diese Klage in der Sache zu entscheiden.



41      Zweitens kann, auch wenn nicht ausgeschlossen ist, dass die Fortführung der Klage vor dem Gericht am Ort der Niederlassung des Beklagten zusätzliche Kosten für die ACICL mit sich bringen kann, aus der dem Gerichtshof vorgelegten Akte vorbehaltlich der vom vorlegenden Gericht vorzunehmenden Überprüfungen nicht festgestellt werden, dass der ordnungsgemäße Ablauf des Prozesses das persönliche Erscheinen dieser Vereinigung in allen Verfahrensstadien erfordert (vgl. entsprechend Urteil vom 27. Juni 2013, Agrokonsulting‑04, C‑93/12, noch nicht in der amtlichen Sammlung veröffentlicht, Randnr. 50).



42      Drittens können die Schwierigkeiten, denen die ACICL ausgesetzt wäre, durch andere Mechanismen zum Ausgleich ihrer finanziellen Schwierigkeiten wie z. B. die Gewährung von Prozesskostenhilfe bewältigt werden (vgl. in diesem Sinne Urteile vom 22. Dezember 2010, DEB, C‑279/09, Slg. 2010, I‑13849, Randnrn. 59 und 60, sowie entsprechend Urteil Agrokonsulting-04, Randnr. 50).



43      Außerdem hat die spanische Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen darauf hingewiesen, dass Verbraucherschutzvereine, wenn sie eine Unterlassungsklage erheben, von der Sicherheitsleistung befreit werden könnten, was zu prüfen Sache des vorlegenden Gerichts ist.



44      Zudem ist zu bemerken, dass im Ausgangsrechtsstreit die Diskussion über die Zuständigkeit wegen des Fehlens eines Rechtsmittels gegen den Beschluss vom 6. April 2011, in dem der Juzgado de Primera Instancia n° 4 y de lo Mercantil de Salamanca sich für die Entscheidung über die Unterlassungsklage der ACICL für örtlich unzuständig erklärt hat, nicht endgültig beendet ist. Wie aus der Vorlageentscheidung hervorgeht, könnte die Diskussion wieder eröffnet werden, wenn ein Rechtsmittel gegen die Entscheidung in der Sache selbst eingelegt wird.



45      Viertens soll, wie die spanische Regierung in ihren schriftlichen Erklärungen hervorgehoben hat, Art. 60 Abs. 1 LEC durch die Zuweisung der Zuständigkeit an ein einziges Gericht insbesondere widersprüchliche Entscheidungen verhindern. Eine solche Regel könnte somit geeignet sein, eine einheitliche Praxis im gesamten Staatsgebiet zu gewährleisten, und so zur Rechtssicherheit beitragen (vgl. entsprechend Urteil Agrokonsulting‑04, Randnr. 56).



46      Zur Rechtsprechung des Gerichtshofs, die sich aus dem Urteil Henkel ergibt und auf die sich das vorlegende Gericht berufen hat, ist zunächst darauf hinzuweisen, dass die Bestimmungen des Brüsseler Übereinkommens sowie diejenigen seiner Nachfolgerin, der Verordnung (EG) Nr. 44/2001 des Rates vom 22. Dezember 2000 über die gerichtliche Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Zivil- und Handelssachen (ABl. L 12, S. 1), nur grenzüberschreitende Rechtsstreitigkeiten betreffen.



47      Daraus folgt, dass die Aussage im Urteil Henkel, insbesondere in seiner Randnr. 43, in der der Gerichtshof in Bezug auf die Auslegung des Brüsseler Übereinkommens festgestellt hat, dass die Wirksamkeit der in Art. 7 der Richtlinie 93/13 vorgesehenen Klagen auf Unterlassung der Verwendung unzulässiger Klauseln erheblich beeinträchtigt wäre, wenn diese Klagen nur im Staat der Niederlassung des Gewerbetreibenden erhoben werden könnten, nicht auf Umstände wie die des Ausgangsverfahrens übertragen werden kann, die die Auslegung innerstaatlicher Verfahrensvorschriften eines einzigen Mitgliedstaats betreffen.



48      Was die vom vorlegenden Gericht vorgeschlagene Gleichstellung von Verbraucherschutzvereinen mit Verbrauchern im Sinne der Richtlinie 93/13 anbelangt, ist daran zu erinnern, wie dies auch der Generalanwalt in Nr. 51 seiner Schlussanträge getan hat, dass nach ständiger Rechtsprechung des Gerichtshofs das mit der Richtlinie 93/13 geschaffene Schutzsystem davon ausgeht, dass der Verbraucher sich gegenüber dem Gewerbetreibenden in einer schwächeren Verhandlungsposition befindet und einen geringeren Informationsstand besitzt (vgl. u. a. Urteile vom 4. Juni 2009, Pannon GSM, C‑243/08, Slg. 2009, I‑4713, Randnr. 22, Banco Español de Crédito, Randnr. 39, und Aziz, Randnr. 44).



49      In Bezug auf die prozessualen Mittel, die Verbraucherschutzvereinen zur Verfügung stehen, um der Verwendung missbräuchlicher Klauseln ein Ende zu setzen, ist jedoch festzustellen, dass diese Vereinigungen sich nicht in einer solchen schwächeren Position gegenüber dem Gewerbetreibenden befinden.



50      Ohne die Bedeutung der zentralen Rolle zu verneinen, die sie spielen können müssen, um ein hohes Verbraucherschutzniveau in der Europäischen Union zu erreichen, ist nämlich festzustellen, dass eine Unterlassungsklage einer solchen Vereinigung gegen einen Gewerbetreibenden nicht durch das Ungleichgewicht gekennzeichnet ist, das im Rahmen einer Individualklage zwischen einem Verbraucher und seinem gewerbetreibenden Vertragspartner besteht.



51      Ein solcher differenzierter Ansatz wird außerdem durch Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 98/27 und Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 2009/22 bestätigt, wonach im Fall eines innergemeinschaftlichen Verstoßes gegen das Verbraucherschutzrecht der Union die Gerichte des Mitgliedstaats des Ortes der Niederlassung oder des (Wohn‑)Sitzes des Beklagten zuständig sind, über Unterlassungsklagen zu entscheiden, die von Verbraucherschutzvereinen anderer Mitgliedstaaten erhoben werden.



52      Nach alledem ist festzustellen, dass die im Ausgangsverfahren fraglichen Verfahrensregeln die Erhebung einer Unterlassungsklage durch einen Verbraucherschutzverein wie die ACICL weder praktisch unmöglich machen noch übermäßig erschweren und die Erreichung des mit der Richtlinie 93/13 verfolgten Ziels nicht gefährden.



53      Daher ist auf die Fragen zu antworten, dass die Richtlinie 93/13 und die Grundsätze der Effektivität und der Äquivalenz dahin auszulegen sind, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegenstehen, wonach im Bereich der Unterlassungsklagen von Verbraucherschutzvereinen zum einen eine solche Klage bei den Gerichten am Ort der Niederlassung oder des (Wohn‑)Sitzes des Beklagten erhoben werden muss und zum anderen gegen die Entscheidung, mit der ein erstinstanzliches Gericht sich für örtlich unzuständig erklärt, kein Rechtsmittel gegeben ist.



 Kosten



54      Für die Parteien des Ausgangsverfahrens ist das Verfahren ein Zwischenstreit in dem bei dem vorlegenden Gericht anhängigen Rechtsstreit; die Kostenentscheidung ist daher Sache dieses Gerichts. Die Auslagen anderer Beteiligter für die Abgabe von Erklärungen vor dem Gerichtshof sind nicht erstattungsfähig.



Aus diesen Gründen hat der Gerichtshof (Dritte Kammer) für Recht erkannt:



Die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen und die Grundsätze der Effektivität und der Äquivalenz sind dahin auszulegen, dass sie einer Regelung eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren fraglichen nicht entgegenstehen, wonach im Bereich der Unterlassungsklagen von Verbraucherschutzvereinen zum einen eine solche Klage bei den Gerichten am Ort der Niederlassung oder des (Wohn‑)Sitzes des Beklagten erhoben werden muss und zum anderen gegen die Entscheidung, mit der ein erstinstanzliches Gericht sich für örtlich unzuständig erklärt, kein Rechtsmittel gegeben ist.



Unterschriften



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