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Geistiges Eigentum
25.04.2012
Geistiges Eigentum
LG Nürnberg-Fürth: Anforderungen an Rechteeinräumung zur Nutzung von Produktbildern auf Online-Marktplatz

LG Nürnberg-Fürth, Urteil vom 14. 1. 2011 - 4 HK O 9301/10

§§ 305 c Abs. 1, 307 BGB; § 97 Abs. 1 UrhG


Der Kläger kann vom Beklagten Unterlassung der Verwendung des von ihm auf der Online-Handelsplattform eingestellten Produktfotos mit Firmenbezeichnung verlangen. Insofern liegt keine wirksame Einräumung der Nutzungsrechte des Klägers an den Plattformbetreiber vor. Dem Beklagten steht auf der Plattform nur Nutzungsrechte für die Produktfotos des Beklagten zu, die weder Namenszusätze noch sonstige namensmäßige Kennzeichnungen enthalten. (Leitsatz der Redaktion)

Sachverhalt

Die Parteien streiten um urheberrechtliche Unterlassungs- und Auskunftsansprüche. Beide Parteien betreiben auf der Verkaufsplattform A. Händlershops. Sie stehen jedenfalls im Segment des Süßwasserfischehandels und hinsichtlich Tierfutterbedarf im Wettbewerb. Der Beklagte verwendete in seinem A.-Händler-Shop für einen Artikel das Produktbild mit der mittigen Aufschrift „Aquaristik W...". Dieses Bild wurde dem Beklagten von A. zur Verfügung gestellt. Er musste sich an den Artikel anhängen, dessen EAN sein Artikel auch hat. Der Kläger hatte dieses Bild bei A. eingestellt.

In den Teilnahmebedingungen A. Services Europe findet sich im Abschnitt A folgende Regelung: „XIII. Urheberrecht; Lizenz, Nutzungsrechte: Die Teilnehmer übertragen A. ein vergütungsfreies, zeitlich unbefristetes, umfassendes Nutzungsrecht, insbesondere zur Vervielfältigung, Verbreitung, Bearbeitung an allen Werken oder Werkteilen sowie Datenbanken oder jedem anderen: Katalog oder jeder anderen Produktinformation, die Teilnehmer im Rahmen des Online-Angebotes von A. an A. übermitteln (mit Ausnahme jedes Firmenzeichens, jeder Schutzmarke oder anderen ähnlichen Brandings); einschließlich des Rechts, diese Inhalte in Printmedien, online, auf CD-Rom etc. zu publizieren, auch zu Werbezwecken."

Mit dem vom Kläger weiterhin mit seiner Anmeldung bei A. abgeschlossenen „Vertrag zur Einstellung von Bildern oder Inhalten bei A." hat der Kläger die nachfolgend wiedergegebenen Bedingungen akzeptiert: „3) Lizenzgewährung für Material. Hiermit gewähren Sie A. und seinen verbundenen Unternehmen weltweit, nicht-exclusiv, gebührenfrei und unbefristet das Recht und die Lizenz, (a) Material ganz oder teilweise auf beliebige Art und auf beliebigen Medien zu reproduzieren, zu verteilen, zu übertragen, öffentlich bereitzustellen und öffentlich anzuzeigen, (b) Material ganz oder teilweise auf beliebige Art und auf beliebigen Medien zu ändern, anzupassen, zu übersetzen und abgeleitete Arbeiten aus diesem Material zu erstellen und (c) eine Unterlizenz der vorhergehenden Rechte ganz oder teilweise an einen Dritten zu übergeben, mit oder ohne Zahlung einer entsprechenden Gebühr. ... 5) Lizenz für Namen, eingetragene Marken und Darstellungen. Hiermit gewähren Sie A., seinen verbundenen Unternehmen und Lizenznehmern die nicht-exclusive, weltweite und gebührenfreie Lizenz zur Verwendung aller eingetragenen Markenzeichen; Handelsnamen und der Namen und Darstellungen aller im Material auftretenden Personen. Sie gewähren A., seinen verbundenen Unternehmen und Lizenznehmern das Recht zur Verwendung des Namens, den Sie in Verbindung mit dem Material übergeben haben."

Der Kläger hatte den Beklagten unter dem 22. 7. 2010 abmahnen lassen. Gegen die auf Antrag des Klägers vom 5. 8. 2010 am 6. 8. 2010 erlassene Beschlussverfügung des LG Bamberg ließ der Beklagte mit Schriftsatz vom 12. 8. 2010 Widerspruch einlegen (Az. nach Verweisung an das LG Nürnberg-Fürth: 4 HKO 7772/10). Unter dem 30. 7. 2010 ließ der Beklagte zum LG Bochum eine negative Feststellungsklage erheben, die dem Kläger am 9. 8. 2010 zugestellt wurde.

Aus den Gründen

Die Klage ist hinsichtlich des konkreten streitgegenständlichen Bildes mit dem Eindruck „Aquaristik W..." begründet. Der weitergehende Antrag hinsichtlich sonstiger Produktbilder des Klägers - ohne Namenseindruck - ist unbegründet. ...

3. Der Unterlassungsantrag ist nicht zu beanstanden. Grundsätzlich kann der Kläger im Kernbereich der Verletzung liegendes Verhalten in den Tenor es Unterlassungsantrags aufnehmen, da sich sein Unterlassungsanspruch über den konkreten Verletzungsfall hinaus erstreckt. Bei Verwendung eines Produktbildes mit der Inschrift des Handelsnamens ist eine Antragserweiterung auf Produktbilder schlechthin - also auf solche ohne Handelsname - in diesem Sinne nicht zu beanstanden. Schwierigkeiten oder Auslegungsprobleme im Vollstreckungsverfahren sind nicht zu erwarten.

4. Der Kläger ist als Urheber des streitgegenständlichen Lichtbildes anzusehen. Wer auf den Vervielfältigungsstücken eines erschienenen Werkes oder auf dem Original eines Werkes der bildenden Künste in der üblichen Weise als Urheber bezeichnet ist; wird bis zum Beweis des Gegenteils als Urheber des Werkes angesehen, § 10 Abs. 1 UrhG. Die Urheberschaftsvermutung des § 10 Abs. 1 UrhG findet gemäß § 72 Abs. 1 UrhG auf Lichtbilder uneingeschränkt Anwendung (Wandtke/Bullinger, Urheberrecht; 3. Auflage, § 72 UrhG, Rn. 59).

Das streitgegenständliche Lichtbild des Klägers ist erschienen - es wurde auf der Internetplattform A. vom Kläger veröffentlicht - und der Kläger ist auf diesem Bild in üblicher Weise als Lichtbildner bezeichnet; inmitten des Lichtbildes findet sich die Bezeichnung „Aquaristik W...". Mangels besonderer Rechtsform bezeichnet diese Einzelfirmierung den Kläger. Im Übrigen beruft sich der Beklagte selbst darauf, dass ihm die Firma A. Nutzungsrechte an diesem Lichtbild übertragen habe, die sie aus einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Kläger erhalten habe. Die Bezeichnung als Urheber ist an jedem nicht ganz versteckten oder außergewöhnlichen Ort „üblich" angebracht, aus dem der Urheber ohne Schwierigkeiten und eindeutig erkennbar ist (LG Kiel, NJOZ 2005, 126). Hieran bestehen vorliegend keine Zweifel.

Der Kläger kann vom Beklagten Unterlassung der Verwendung des streitgegenständlichen Fotos verlangen, § 97 Abs. 1 UrhG. Lichtbilder und Erzeugnisse, die ähnlich wie Lichtbilder hergestellt werden, werden in entsprechender Anwendung der für Lichtbildwerke geltenden Vorschriften des Teils 1 geschützt, § 72 Abs. 1 UrhG. Eine Verletzung der Rechte des Klägers liegt hinsichtlich des streitgegenständlichen konkreten Bildes vor, nicht aber hinsichtlich von Produktbildern ohne den aufgedruckten Namen des Klägers.

a) Da der Beklagte behauptet, die Firma A. habe ihm ein Nutzungsrecht am konkreten Bild des Klägers eingeräumt, das sie aus einer vertraglichen Vereinbarung mit dem Kläger herleiten könne, ist diese vertragliche Vereinbarung zwischen dem Kläger und der Firma A. an Hand der §§ 305 ff. BGB nach Maßgabe des § 310 Abs. 1 BGB zu überprüfen. Der Kläger kann sich auf diese Normen berufen, da er Vertragspartner der Vereinbarung mit Firma A. ist, auf der die behauptete Nutzungsrechtseinräumung durch Firma A. an den Beklagten beruht. Auf den Grundsatz, dass in den Schutz des § 307 BGB auch die Interessen solcher Dritter einbezogen sind, die Rechte aus dem Vertrag herleiten können oder durch diesen unmittelbar berechtigt sind (BGH NJW-RR 2003, 1444), kommt es demnach gar nicht an.

Der Kläger ist Unternehmer i.S.d. § 14 BGB. An den vom Kläger auf der Internetplattform A. eingestellten Produktbildern steht dem Beklagten ein Nutzungsrecht auf der Internetplattform A. zu, wenn diese Bilder weder Namenszusätze noch sonstige namensmäßige Kennzeichnungen enthalten.

Die Berechtigung der Firma A., ihr vom Kläger eingeräumte urheberrechtliche Nutzungsrechte ganz oder teilweise auf Dritte zu übertragen oder Dritten Nutzungsrechte einzuräumen, ist mit dem Urhebervertragsrecht vereinbar (KG Berlin, GRUR 1984, 509, 513; BGH GRUR 1984, 45, 52). Evtl. Bedenken deswegen, da der Kläger kein Entgelt für die von Firma A. Dritten, eingeräumten Nutzungsrechte erhält (vgl. Schricker, Urheberrecht, 4. Auflage, § 34 UrhG, Rn. 34; Fromm/Nordemann, § 34 UrhG, Rn. 19; KG Berlin, GRUR 1984, 509, 514) greifen vorliegend nicht durch, da ein „einfaches" Produktbild keinen besonderen Marktwert besitzt und schlecht vorstellbar ist, dass Firma A. durch die Einräumung von Nutzungsrechten hieran ins Gewicht fallende Summen verdienen könnte. Die Nutzungsrechtseinräumung durch den Teilnehmer auf der Internetplattform an Firma A. in den Teilnahmebedingungen, dort Abschnitt A. Allgemeine Bedingungen, XIII. ... ist daher als wirksam anzusehen. Firmenzeichen, Schutzmarken oder ähnliche „Brandings" werden ausdrücklich von der Nutzungsrechtsübertragung ausgenommen A. hat dem Beklagten durch Überlassung des Fotos - jedenfalls konkludent - ein Nutzungsrecht eingeräumt. Auf die Frage, ob ein Verkäufer Artikel nur über eine EAN-Nummer einstellen kann, kommt es vorliegend nicht an.

Die Wirksamkeit der Lizenzgewährung für Fotos nach Ziff. 2 und 3 der Bedingungen des Vertrages zur Einstellung von Bildern oder Inhalten bei A. ... ist angesichts der vorstehenden Ausführungen und der Wirkungsprinzipien der A.-Internetplattform zu bejahen. Dabei ist, zu berücksichtigen, dass es sich bei den einzustellenden Texten um i. d. R. einfache Beschreibungen und bei den übermittelten Bildern i. d. R. um Produktfotos handeln wird. Jedenfalls aber ist die Lizenzeinräumung in Ziff. 5 dieser Bedingungen ... für Namen, eingetragene Marken und Darstellungen nach §§ 305 c Abs. 1, 307 BGB unwirksam.

(1) Mit Ziff. 5 dieser Bedingungen gewährt der Vertragspartner der Firma A. dieser, ihren verbundenen - Unternehmen und Lizenznehmern die nicht-exclusive, weltweite und gebührenfreie Lizenz zur Verwendung aller eingetragenen Markenzeichen, Handelsnamen und der Namen und Darstellungen aller im Material auftretenden Personen sowie das Recht zur Verwendung des Namens, der in Verbindung mit Material übergeben worden ist.

(2) Diese Bestimmung ist so ungewöhnlich, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihr nicht zu rechnen braucht; sie wird nicht Vertragsbestandteil. Die Verwendung der Marken, Handelsnamen sowie der Namen und Darstellungen der Personen, die sich an der A.-Internetplattform beteiligen, durch Firma A. ist nicht vertragstypspezifisch. Ein Bedürfnis nach einer derartigen Verwendung ist nicht ersichtlich. Daher unterfiele die Klausel dem § 305 c Abs. 1 BGB auch dann, falls auf dem Markt Verträge des streitgegenständlichen Typs wie zwischen dem Kläger und der Firma A. so gut wie ausschließlich auf der Grundlage solcher AGB bzw. Klauseln geschlossen zu werden pflegen. Bestimmungen in AGB werden nicht schon dadurch zu üblichen Klauseln, dass das Klauselwerk, in dem sie stehen, sehr weit verbreitet ist (Staudinger-Schlosser, Neubearbeitung 2006, § 305 c BGB, Rn. 7 f.).

Auch Bestimmungen in monopolartig den Markt beherrschenden Bedingungswerken können überraschend sein und sind es dann, wenn sie Ausnahmeregelungen darstellen, die dem von der .Regel geprägten Erwartungshorizont des Vertragspartners zuwiderlaufen. Vorliegend erwartet der Vertragspartner von A. auch nach der Bestimmung A) XIII. ..., die Firmenzeichen, Schutzmarken o. ä. ausdrücklich von der Nutzungsrechteinräumung ausnimmt, keine derartige Nutzungsrechtseinräumung für Namen, Marken und Darstellungen von Personen in einem weiteren Klauselwerk. Auch die Überschrift „Vertrag zur Einstellung von Bildern oder Inhalten bei A." lässt eine derart weite Rechtseinräumung nicht erwarten.

Angesichts des Vertragszwecks - Teilnahme auf der Internetplattform der Firma A. - erwartet der Teilnehmer eine derartige Klausel grundsätzlich ebenfalls nicht. Er wird durch diese Bestimmung „überrumpelt". Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Klausel keinerlei Einschränkungen hinsichtlich Art und Umfang der Verwendung enthält und den Einsteller von Inhalten/den Namensträger auch von Lizenzeinnahmen der Firma A. vollständig ausschließt. Dem Namensträger ist es nicht zumutbar, dass sein Name für Konkurrenzangebote oder beliebige Personen verwendet wird, ohne dass ihm die Entscheidung hierüber verbleibt.

Aus den genannten Gründen, insbesondere angesichts des Widerspruchs zu Ziff. XIII. der Teilnahmebedingungen und zur Überschrift der Anlage ..., verstößt die Klausel auch gegen das Transparenzgebot. Sie ist schließlich auch deswegen unwirksam, da sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt. Sie greift erheblich in das Namensrecht des Vertragspartners ein, ohne dass hierzu eine erkennbare Notwendigkeit besteht und ohne dass dafür auch nur ansatzweise ein Ausgleich gewährt wird. Der Beklagte besitzt daher kein Nutzungsrecht am streitgegenständlichen mit dem Namen des Klägers versehenen Bild. Ein gutgläubiger Erwerb eines derartigen Nutzungsrechts ist ausgeschlossen (Schricker, Urheberrecht, 4. Auflage, § 34 UrhG, Rn. 29).

6. Der Auskunftsanspruch ergibt sich aus § 101 UrhG. Der Beklagte hat jedenfalls fahrlässig gehandelt. An die Sorgfaltspflicht eines Werknutzers ist grundsätzlich ein strenger Maßstab anzulegen. Wer ein fremdes Werk nutzen will, muss sich sorgfältig. Gewissheit über seine Befugnis dazu verschaffen. Vor einer Übernahme eines Lichtbildes mit dem Namen des Verletzten in das eigene Angebot hätte sich der Beklagte selbst unmittelbar der erforderlichen Rechte vergewissern müssen (OLG Hamburg, GRUR-RR, 2008, 230, 233), zumal das streitgegenständliche Bild deutlich mit dem Handelsnamen des Klägers gekennzeichnet ist. Die Auskunft umfasst den Zeitraum der Nutzung (Schricker, a.a.O., § 97 UrhG, Rn. 189).

7. Der Klage kann im Umfang des konkreten streitgegenständlichen Bildes stattgegeben wer, den, da dieses eindeutig abtrennbar im Gesamt-Klageantrag enthalten ist.

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