R&W Abo Buch Datenbank Veranstaltungen Betriebs-Berater
Logo ruw-online
Logo ruw-online
Suchmodus: genau  
RdF-News
13.05.2024
RdF-News
FG Köln: Gewinn aus der Veräußerung von Aktien als Arbeitslohn

FG Köln, Urteil vom 27.4.2023 – 11 K 1493/16

ECLI:DE:FGK:2023:0427.11K1493.16.00

Volltext des Urteils: RdFL2024-154-1

Sachverhalt

Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der vom Kläger im Streitjahr 2010 erzielte Gewinn aus der Veräußerung von … Aktien an der M mit Sitz in Z als Arbeitslohn i.S. des § 19 Einkommensteuergesetz - EStG - zu qualifizieren ist.

Die Kläger wurden im Streitjahr 2010 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.

Der Kläger ist britischer Staatsbürger und war bis 2010 leitender Angestellter der F GmbH (im Folgenden: F GmbH) mit Sitz in D. Im Juli 2010 wurde das Arbeitsverhältnis beendet. Bis zu diesem Zeitpunkt unterhielt der Kläger eine doppelte Haushaltsführung. Sein Lebensmittelpunkt befand sich in ... , wo er gemeinsam mit seiner Ehefrau, der Klägerin, lebte und bis heute lebt. In D verfügte der Kläger über eine Zweitwohnung, die er nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgab.

Alleinige Gesellschafterin der F GmbH war - bis zum Verkauf der F GmbH im Januar 2010 - die M. Hauptaktionäre der M waren zwei sog. „Private Equity Fonds“ („L“ und „O“), die insgesamt  % der sog. „ A-Aktien“ besaßen und seit  („L“) bzw.  („O“) an der M bzw. den Vorgängergesellschaften („A“ und „B“) beteiligt waren.

In 2007 wurde den leitenden Angestellten der F GmbH, u.a. dem Kläger, im Rahmen eines Management-Beteiligungsprogramms (sog. „Long Term Investmentplan - LTIP -“) die Möglichkeit eingeräumt, sich an der M - und damit mittelbar an der F GmbH - durch den Erwerb sog. „ B-Aktien“ zu beteiligen. Nach dem Vortrag der Kläger war es Ziel des Management-Beteiligungsprogramms, einen Interessengleichlauf zwischen dem Management und den Private-Equity-Investoren herzustellen. Das Interesse der Private-Equity-Investoren sei darauf gerichtet gewesen, ihr Investment in dem für Private-Equity-Investoren üblichen Zeitraum von fünf bis zehn Jahren durch einen Börsengang oder einen Unternehmensverkauf mit Gewinn zu beenden. Um sicherzustellen, dass das Management der F GmbH zur größtmöglichen Steigerung des Unternehmenswertes beitragen würde, sei von der M das Beteiligungsprogramm initiiert worden.

Neben dem Management erhielten auch  Direktoren der M bzw. Repräsentanten der Investoren die Möglichkeit, in jeweils bis zu   B-Aktien der M zu investieren.

Grundlage für das Management-Beteiligungsprogramm war für den Kläger das von ihm am 00..2007 und von der M am 00..2007 unterzeichnete „ Agreement“ (im Folgenden: Zeichnungsvertrag vom 00..2007, Kopie mit deutscher Übersetzung, GA, S. 154 bis 183).

Mit dem Zeichnungsformular vom 00..2007 (Kopie in englischer Sprache, GA, S. 184 bis 185) zeichnete der Kläger insgesamt 155,57 Stücke B-Aktien an der M im Nennwert von … € je Aktie zu einem Kaufpreis i.H.v. insgesamt … €.

Die Differenz zwischen dem vom Kläger gezahlten Kaufpreis i.H.v. … € je  B-Aktie und dem in einem Gutachten der „P Inc.“ über die „Feststellung des Gesamtwerts und des Eigenkapitalwerts der M zur Bewertung von Aktien der  B zum 00..2007 (im Folgenden: Gutachten P, GA, S. 342 bis 465) ermittelten Zeitwert i.H.v. … € je  B-Aktie wurde in der Lohnabrechnung des Klägers für  2007 als geldwerter Vorteil i.H.v. insgesamt … € erfasst (Kopie der Lohnabrechnung für April 2007, GA, S. 186). Bei der Berechnung des Zeitwerts der  B-Aktien zum 00.4.2007 i.H.v. … € ging das Gutachten P davon aus, dass die  B-Aktien nach den vertraglichen Vereinbarungen nur an dem zukünftigen Wertzuwachs des Eigenkapitalwerts der M teilhaben sollten. Diesen Eigenkapitalwert der M stellte das Gutachten P zum 00..2007 i.H.v. … € bzw. … € pro  A-Aktie fest.

Am 00..2007 wurde der Kläger im Z Handelsregister als Inhaber der 155,57 Namensaktien eingetragen (Kopie des Handelsregisterauszugs, GA, S.187). Als Aktionär standen dem Kläger die nach der Satzung der M bzw. dem Z Aktienrecht vorgesehenen Mitgliedschaftsrechte zu (vgl. hierzu im Einzelnen: Satzung der M vom .2008, im Folgenden Satzung der M, Kopie in deutscher Übersetzung, GA, S. 208 bis 231). Neben den aus der Stellung als Aktionär folgenden Informations- und sonstigen Mitgliedschaftsrechten erlangte der Kläger gemäß Art. 6 Buchst. c) Abs. ii. der Satzung Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung, wobei nach Art. 13 Satz 4 der Satzung jede vom Kläger erworbene  B-Aktie eine Stimme vermittelte. Nach der Stimmrechtsbindungsvereinbarung in Ziffer 6 Buchst. b) des Zeichnungsvertrags war der Kläger dabei jedoch verpflichtet, sein Stimmrecht nach Weisung der persönlich haftenden Gesellschafterin der M so auszuüben wie die Inhaber der Klasse A-Aktien. Im Übrigen waren die Aktien gemäß Art. 9 Buchst. a) der Satzung der M vinkuliert.

Die vom Kläger erworbenen insgesamt 155,57 Stücke B-Aktien unterteilten sich in folgende Kategorien:

38,20 Stücke B-Aktien sog.„Time Shares“,

38,59 Stücke B-Aktien sog. „Performance Shares“ und

78,78 Stücke B-Aktien sog. „S Performance Shares“.

Diesen unterschiedlichen Kategorien der B-Aktien lagen im Jahr der Zeichnung zunächst die folgenden auszugsweisen Bedingungen zur sog. „Unverfallbarkeit“ der Aktien zugrunde. Der anschließende Auszug aus den Bedingungen bezieht sich dabei auf den später im Jahr 2010 durchgeführten Unternehmensverkauf der F GmbH durch die M:

- Gemäß Abschnitt 5 „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ Buchst. (a) „Bezugs-option“ des Zeichnungsvertrags vom 00..2007 sollte im Falle einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses zwischen der M bzw. einem mit ihr verbundenen Unternehmen und dem Kläger aus jeglichem Grund der Eintritt der Unverfallbarkeit der verfallbaren Aktien für alle Zwecke gemäß diesem Vertrag ab dem Kündigungsdatum unverzüglich unmöglich werden (Satz 1, Buchst. (A)). Alle Zeichnerwertpapiere (außer den unverfallbaren Aktien), die der Kläger oder sein zulässiger Übernehmer besitzen, sollten dann von der M, der Komplementärin der M - der F S.A. - oder jeglicher sonstigen von der Komplementärin bestimmten Person erworben werden können (Satz 1, Buchst. (B)). Der Erwerb der Zeichnerwertpapiere (außer den unverfallbaren Aktien) sollte dabei zum Nennwert der Zeichnerwertpapiere erfolgen können (Satz 2).

- Nach Art. 7 „Ausschüttungen“ der Satzung der M sollten, …

  • sofern die Aktionärsversammlung der Gesellschaft und/oder die Geschäftsführerin und Komplementärin der M - die F S.A. -, gemäß Artikel 24 der Satzung (in Form von Dividenden, Rückkäufen oder in anderer Form) Ausschüttungen von Liquidationserlösen oder anderweitigen Erlösen unter Berücksichtigung der in Art. 7 Satz 1 Buchst. a) bis c) der Satzung dargestellten Methode und Rangfolge beschließt (vgl. Art. 7 Satz 1 der Satzung), …
  • B-Anteile, die gemäß den vertraglichen Vereinbarungen zwischen der M und dem Inhaber solcher Anteile Beschränkungen im Hinblick auf Laufzeit und/oder Wertentwicklung unterliegen („Verfallbare  B-Anteile“), erst dann Anspruch auf den Erhalt von Ausschüttungen in Bezug auf solche Anteile haben, wenn diese Anteile gemäß den vertraglichen Vereinbarungen unverfallbar geworden sind (vgl. Art. 7 Satz 2 der Satzung).

- Gemäß Ziffer 1.84 des Zeichnungsvertrags vom 00..2007 und der Laufzeitanlage zum Zeichnungsvertrag vom 00..2007 sollten die „Time  Shares“ mit Ablauf eines jeden Jahres innerhalb der nach Ziffer 1.53 bestimmten sog. „Relevanten Laufzeit“ vom 31.12.2006 bis 31.12.2010 zu einem bestimmten Anteil dieser Aktien (zum 31.12.2006 insgesamt 20 %, zum 31.12.2007 insgesamt 40 %, zum 31.12.2008 insgesamt 60 %, zum 31.12.2009 insgesamt 80% und zum 31.12.2010 insgesamt 100 %) unverfallbar werden. Im Fall eines Unternehmensverkaufs innerhalb der relevanten Laufzeit sollte dieser sog. „Unverfallbarkeitsprozentsatz“ nach Ziffer 1.89 des Zeichnungsvertrags vom 00..2007 - unabhängig von den vorgenannten zeitpunktabhängigen Prozentsätzen - 100 % betragen.

- Gemäß Ziffer 1.85 Abs. (iii.) des Zeichnungsvertrags vom 00..2007 sollten im Falle eines Unternehmensverkaufs alle „Performance Shares“ unverfallbar sein, wenn der sog. „Relevante Leistungswert“ (zur Berechnung im Falle eines Unternehmensverkaufs vgl. Ziffer 150 Abs. (ii.) des Zeichnungsvertrags vom 00..2007) den sog. „Leistungsschwellenwert“ zum Zeitpunkt des Unternehmensverkaufs übersteigt. Dabei bedeutete „Leistungsschwellenwert“ an einem bestimmten Datum - je nachdem welcher Wert höher ist - entweder … € oder die Summe aus … € plus einer 20 %igen internen Rendite darauf ab dem 1. Juli 2005“ (vgl. Ziffer 1.44 des Zeichnungsvertrags vom 00..2007).

Daraus resultierten zu den verschiedenen im Streitfall maßgeblichen Zeitpunkten die folgenden „Leistungsschwellenwerte“ (vgl. Gutachten P, Seite 16, GA, S. 357):

Beginn 00..2005: Nennwert 5.720 € pro  A-Aktie

        

31.12.2006

31.12.2007

31.12.2008

31.12.2009

31.12.2010

Leistungsschwellenwert

… €

       

 

Gemäß Ziffer 1.86 Abs. (iii.) des Zeichnungsvertrags vom 00..2007 sollten im Falle eines Unternehmensverkaufs alle „S Performance Shares“ unverfallbar sein, wenn der sog. „Relevante Hochleistungswert“ (zur Berechnung im Falle eines Unternehmensverkaufs vgl. Ziffer 152 Abs. (ii.) des Zeichnungsvertrags vom 00..2007) den sog. „Hochleistungsschwellenwert“ zum Zeitpunkt des Unternehmensverkaufs übersteigt. Dabei bedeutete „Hochleistungsschwellenwert“ an einem bestimmten Datum - je nachdem welcher Wert höher ist - entweder … € oder die Summe aus … € plus einer 30 %igen internen Rendite darauf ab dem 1. Juli 2005 (vgl. Ziffer 1.69 des Zeichnungsvertrags vom 00..2007).

Daraus resultierten zu den verschiedenen im Streitfall maßgeblichen Zeitpunkten die folgenden „Hochleistungsschwellenwerte“ (vgl. Gutachten P, Seite 16, GA, S. 357):

Beginn 1.7.2005: Nennwert 5.720 € pro  A-Aktie

        

31.12.2006

31.12.2007

31.12.2008

31.12.2009

31.12.2010

Hochleistungsschwellenwert

         
             

 

Im Jahr 2008 scheiterte ein Börsengang der M-Gruppe aufgrund eines fehlenden Marktinteresses infolge der globalen Finanzkrise. Die Private-Equity-Investoren entschlossen sich daher, die vertraglichen Bedingungen für die sog. „Unverfallbarkeit“ der „Performance Shares“ und der „S Performance Shares“ u.a. wie folgt zu ändern:

- Nach Ziffer 1.74 und 1.86 des geänderten und neuformulierten Vertrags über die Zeichnung von Zeichneraktien vom 00.8.2009 (im Folgenden: geänderter Zeichnungsvertrag vom 00.8.2009, Kopie mit deutscher Übersetzung GA, S. 258 bis 284) wurden die „Performance Shares“ in zeitlaufabhängige sog. „Time Earned Vested Class B Performance Shares“ umgewandelt.

- Bei den „S Performance Shares“ wurde nach Ziffer 1.70 des geänderten Zeichnungsvertrags vom 00.8.2009 der für die Unverfallbarkeit maßgebliche Hochleistungsschwellenwert zum 31.12.2009 auf … € reduziert.

Durch die Umwandlung der „Performance Shares" in „Time Earned Vested Class B Performance Shares“ erlangte der Kläger einen geldwerten Vorteil in Höhe von … €, der in der Lohnabrechnung August 2009 als Arbeitslohn berücksichtigt und versteuert wurde.

Im Januar 2010 veräußerte die M sämtliche Anteile an der F GmbH an die amerikanische Liberty Global Inc.. Der Kaufpreis betrug rund … €.

Nach dem Unternehmensverkauf verfügte die M unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Vermögensgegenstände über ein Nettovermögen i.H.v. rund … €, das nach Art. 7 Buchst. a) bis c) ihrer Satzung auf die Inhaber der  A-Aktien und  B-Aktien aufgeteilt wurde. Im Ergebnis ergab sich zwischen den Inhabern der 128.602  A-Aktien und den Inhabern der 10.926  B-Aktien die folgende Aufteilung des Nettovermögens:

 

        

in Mio. €

 A

in €/Aktie

 B

in €/Aktie

verteilbares Nettovermögen gerundet

        

        

 A-Aktien (6.415 € je Anteil),

Art. 7 Buchst. a) der Satzung

-…

        

 B-Aktien (695 € je Anteil),

Art. 7 Buchst. c) der Satzung

-…

 

Zwischensumme gerundet

verteilt auf 139.528  A und B Aktien,

Art. 7 Buchst. c) der Satzung

-…

Summe gerundet

 

Im Rahmen der Aufteilung des Nettovermögens der M veräußerte der Kläger im Streitjahr 2010 seine 155,57 Stück  B-Aktien an die M zu einem Kaufpreis i.H.v. insgesamt … € (… € x 155,57 Stück). Obwohl der für die Berücksichtigung der „S Performance Shares“ erforderliche geänderte Hochleistungsschwellenwert von … € nicht erreicht worden war, wurden auch diese 78,78 Stück  B-Aktien von der M zu einem Kaufpreis i.H.v… € je Aktie zurückerworben.

Nach Abzug der Anschaffungskosten i.H.v. insgesamt … € (Nennwert der 155,57 Stück  B-Aktien i.H.v. … € zzgl. versteuerte geldwerte Vorteile i.H.v. … € und … €) erzielte der Kläger ein Veräußerungsgewinn i.H.v. insgesamt … €.

In ihrer am 00.5.2011 eingereichten Einkommensteuererklärung für 2010 gaben die Kläger bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit des Klägers u.a. eine „Entschädigung / Arbeitslohn für mehrere Jahre“ i.H.v. … € an. Dieser Betrag stellt den anteiligen gerundeten Veräußerungsgewinn für die 78,78 „S Performance Shares“ (… € / 155,57 Stücke  B-Aktien x 78,78 „S Performance Shares“) dar.

Im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr 2010 vom 00.11.2011, der nach § 164 Abs. 1 Abgabenordnung - AO - unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erging, qualifizierte der Beklagte den aus der Veräußerung von 78,78 Stücke  B-Aktien erzielten Veräußerungsgewinn des Klägers erklärungsgemäß als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit, die er bei der Berechnung der Einkommenssteuer gemäß § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 EStG ermäßigt besteuerte.

In Großbritannien versteuerte der Kläger den nicht in der Bundesrepublik Deutschland besteuerten Teil des Veräußerungsgewinns in dem am 00.4.2010 endenden Steuerjahr 2009/2010 sowie in dem am 00.4.2011 endenden Steuerjahr 2010/2011. Die britische Finanzbehörde akzeptierte dabei die vom Kläger vorgenommene Qualifikation des aus der Veräußerung der  B-Aktien erzielten Gewinns als in Großbritannien zu versteuernden Veräußerungsgewinn (sog. „capital gain“).

Im Jahr 2015 fand bei der F GmbH eine Lohnsteueraußenprüfung des Finanzamts D statt. In einer Kontrollmitteilung vom 00.11.2015 an den Beklagten vertrat der Lohnsteueraußenprüfer die Auffassung, dass auch der anteilige Veräußerungsgewinn für die „Time  Shares“ sowie die „Performance Shares“ bzw. „Time Earned Vested Class B Performance Shares“ beim Kläger als Arbeitslohn zu erfassen sei. Insoweit sei für 77,79  B-Aktien ein zusätzlicher Arbeitslohn i.H.v. … € zu berücksichtigen. Bei der Berechnung dieses Betrags unterlief dem Lohnsteueraußenprüfer ein Rechenfehler, da unter Berücksichtigung von 76,79  B-Aktien eigentlich nur noch ein zusätzlicher Arbeitslohn i.H.v. … € anzusetzen gewesen wäre.

Auf der Grundlage der Kontrollmitteilung der Lohnsteueraußenprüfung erließ der Beklagte am 00.12.2015 gegenüber den Klägern einen gemäß § 164 Abs. 2 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für 2010. Hierin erhöhte er die Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit des Klägers um den von der Lohnsteueraußenprüfung ermittelten Betrag i.H.v. … €. Bei der Berechnung der Einkommensteuer wies er weiterhin einen nach § 34 Abs. 1 EStG ermäßigt zu besteuernden Betrag i.H.v. … € aus.

Gegen den geänderten Einkommensteuerbescheid für 2010 legten die Kläger am 6.1.2016 Einspruch ein.

Das Einspruchsverfahren blieb erfolglos. Mit Einspruchsentscheidung vom 12.5.2016 wies der Beklagte den Einspruch als unbegründet zurück. Er vertrat weiterhin die Ansicht, dass die Zahlungen der M im Zusammenhang mit dem Rückkauf der  B-Aktien Arbeitslohn von dritter Seite darstellen.

Mit der hiergegen erhobenen Klage verfolgen die Kläger ihr Begehren weiter. Zur Begründung tragen sie im Wesentlichen Folgendes vor:

Entgegen der vom Beklagten vertretenen Rechtsauffassung handele es sich bei dem aus dem Verkauf der  B-Aktien erzielten Veräußerungsgewinn nicht um Arbeitslohn, sondern vielmehr um einen nicht steuerbaren Vorgang auf der privaten Vermögensebene, da er, der Kläger, mit dem Erwerb der Aktien eine vom Arbeitsverhältnis losgelöste - eigenständige - Erwerbsquelle begründet habe. Die Veräußerung der Aktien sei nicht steuerpflichtig, da er zu weniger als 1 % am gezeichneten Kapital der M beteiligt gewesen und § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG für vor dem 1.1.2009 erworbene Anteile an Kapitalgesellschaften nicht einschlägig sei.

Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs - BFH - seien Einkünfte, die ein Arbeitnehmer im Rahmen eines Management-Beteiligungsprogramms aus einer kapitalmäßigen Beteiligung an seinem Arbeitgeber bzw. dessen Anteilseigner erziele, nicht als solche aus nichtselbstständiger Arbeit i.S. des § 19 EStG zu qualifizieren, wenn der Arbeitnehmer durch die Beteiligung eine „Sonderrechtsbeziehung“ im Sinne einer eigenständigen Einkunftsquelle bzw. Erwerbsgrundlage begründet habe und somit die Einkünfte keine Gegenleistung für die Arbeitskraft darstellten. Der Veranlassungszusammenhang sei dabei aufgrund einer Würdigung aller wesentlichen Umstände des Einzelfalls zu beurteilen (vgl. z.B. BFH-Urteile vom 1.12.2020, VIII R 21/17, BStBl. II 2021, 609; vom 17.6.2009, VI R 69/06, BStBl. II 2010, 69 und vom 5.4.2006, IX R 111/00, BStBl. II 2006, 654).

Dabei gebe es keinen Grundsatz, dass sämtliche Kursgewinne, die durch an Arbeitnehmer verbilligt ausgegebene Aktien oder sonstige Formen der Mitarbeiterbeteiligung erwirtschaftet werden, in vollem Umfang, nämlich über die Verbilligung hinaus, als Vorteile aus dem Dienstverhältnis i.S. des § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG zu qualifizieren seien. Im Streitfall stelle somit allein die Tatsache, dass er, der Kläger, für eine  B-Aktie im Wert von … € lediglich fünf Euro geleistet und den Differenzbetrag i.H.v. … € als geldwerten Vorteil versteuert habe, kein für die Umqualifikation des Veräußerungsgewinns in einen „Vorteil aus dem Dienstverhältnis“ sprechendes Indiz dar.

Auch der Umstand, dass im Streitfall die Private-Equity-Investoren durch das Beteiligungsprogramm das Management zu Höchstleistungen hätten motivieren wollen und das Dienstverhältnis bzw. die Arbeitsleistung kausal für die Möglichkeit der Zeichnung der  B-Aktien gewesen sei, sei für die Einkünftequalifikation nach der o.g. Rechtsprechung des BFH unbeachtlich.

Ferner habe der BFH klargestellt, dass eine überproportionale Renditechance bei Managementbeteiligungen kein Indiz für Arbeitslohn darstelle. Entscheidend sei insoweit lediglich, dass - wie im Streitfall - die Veräußerung der Beteiligung zum Marktwert erfolgt sei. Dabei sei insbesondere zu berücksichtigen, dass ihm, dem Kläger, als Inhaber der  B-Aktien kein überquotaler Anteil am sog. „Exit-Erlös“ zugeteilt worden sei. Vielmehr sei - wie oben dargestellt - der Exit-Erlös entsprechend den Vorgaben der Satzung der M zwischen den  A-Aktien und den  B-Aktien nach Ausgleich des Kapitaleinsatzes der Private-Equity-Investoren sowie der Zuteilung eines Anpassungsbetrags zugunsten der  B-Aktien gleichmäßig auf die Summe der vorhandenen  A-Aktien und  B-Aktien verteilt worden. Diese Erlösverteilung belege, dass er, der Kläger, keine marktunübliche erhöhte Rendite erzielt habe, die als (versteckte) Bonuszahlung für seine Arbeitsleistung qualifiziert werden könne. Vielmehr sei der gesamte beim „Exit“ erzielte Veräußerungserlös nach Rückzahlung des Startkapitals an die Private-Equity-Investoren unter sämtlichen Aktionären der M entsprechend ihren jeweiligen Gewinnberechtigungsquoten verteilt worden. Damit habe er ausschließlich den auf seinen Anteil an der M entfallenden Exit-Erlös, nämlich rund … € (155,57  B-Aktien x … €) erhalten. Aus dieser Berechnung werde zudem erkennbar, dass lediglich 4,96 % des Exit-Erlöses auf die  B-Aktien entfallen seien, obgleich die  B-Aktien 7,83 % der gesamten Aktien der M ausgemacht hätten. Von einer „überquotalen“ Allokation des Exit-Erlöses könne demnach nicht die Rede sein. Dies werde auch bei der Betrachtung der Wertsteigerung je Anteil deutlich: Während die  A-Aktien seit Einrichtung der M im Juni 2005 einen Wertzuwachs i.H.v. …€ (… € ./. … €) erfahren hätten, habe der Wertzuwachs der  B-Aktien lediglich … € (… € ./. … €) betragen.

Eine erhöhte Gewinnbeteiligung sei auch nicht in dem gemäß Art. 7 Buchst. b) der Satzung der M vorgesehenen Anpassungsbetrag i.H.v. … € je  B-Aktie zu sehen. Die M habe bei ihrer Errichtung im Juni 2005 ein Aktienkapital im Wert von … € verteilt auf 100.000  A-Aktien gehabt, was einem Anteilswert i.H.v. … € je Aktie entsprochen habe. Im Rahmen einer Kapitalerhöhung im Dezember 2005 seien weitere 37.181  A-Aktien mit einem Anteilswert von … € ausgegeben worden. Die M habe somit zu diesem Zeitpunkt einen Eigenkapitalwert von rund … € (137.181 Aktien x … €) gehabt. Für den Exit habe die in Art. 7 Buchst. a) der Satzung getroffene Erlösverteilungsregelung vorgesehen, dass von dem Exit-Erlös vorab auf die  A-Aktien ein Betrag i.H.v. … € je Aktie entfallen sollte, was einem Eigenkapitalwert der M von … € entsprochen habe. Den Inhabern der  B-Aktien habe bis zu diesem Eigenkapitalwert somit ein Totalverlust gedroht und erst bei einem Wert von mehr als … € seien die  B-Aktien am Exit-Erlös beteiligt gewesen. Durch den erhöhten Einstandswert sei das Risiko der Private-Equity-Investoren vermindert und spiegelbildlich für die Inhaber der  B-Aktien erhöht worden. Deshalb habe Art. 7 Buchst. b) der Satzung einen Anpassungsbetrag (sog. „Catch-Up-Amount“) i.H.v. 695 € pro  B-Aktie vorgesehen, der dem Delta zwischen dem sog. „Tranche 1-Betrag“ gemäß Art. 7 Buchst. a) i.H.v. … € und dem Einstandskurs von … € je  A-Aktie entsprochen habe. Mithin habe der Anpassungsbetrag eine zusätzliche Risikoprämie für die Inhaber der  B-Aktien und nicht etwa eine Tätigkeitsvergütung „für“ geleistete Dienste dargestellt.

Auch die Repräsentanten der Investoren hätten die  B-Aktien zu identischen Konditionen wie das Management erworben, nämlich zu einem Nennwert i.H.v. 5 Euro je  B-Aktie. Auch dies spreche gegen die Qualifikation des Veräußerungsgewinns als Arbeitseinkommen bei ihm, dem Kläger.

Schließlich sei noch darauf hinzuweisen, dass der geänderte Zeichnungsvertrag vom 00.8.2009 zu einem Zeitpunkt geschlossen worden sei, zu dem die Verkaufsverhandlungen für die F GmbH noch nicht begonnen hätten.

Die Kläger beantragen,

den geänderten Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 11.12.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.5.2016 dahingehend abzuändern,

1.    dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um … € reduziert werden;

2.    hilfsweise, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um … € reduziert werden und ein Betrag i.H.v. … € (statt bisher … €) nach § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 EStG in der für das Streitjahr 2010 geltenden Fassung ermäßigt besteuert wird.

Der Beklagte beantragt,

den geänderten Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 11.12.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.5.2016 dahingehend abzuändern, dass die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit um … € reduziert werden und

im Übrigen, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung trägt der Beklagte im Wesentlichen Folgendes vor:

Im Streitfall handele es sich bei dem Erlös aus dem Rückkauf der  B-Aktien, ähnlich wie bei dem Erwerb einer Aktienoption, um Anreizlohn und damit um Einnahmen aus nichtselbstständiger Arbeit nach § 19 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG. Durch die Beteiligung an der M über die  B-Aktien sei keine sog. „Sonderrechtsbeziehung“ in Gestalt einer gesellschaftsrechtlichen Beteiligung entstanden, die dazu führen könnte, den Erlöszufluss im Jahr 2010 als einen nichteinkommensteuerbaren Vorgang auf der privaten Vermögensebene des Klägers einzuordnen.

Die erforderliche Veranlassung durch das Arbeitsverhältnis des Klägers sei im Hinblick auf die von der M erworbenen und im Streitjahr 2010 an diese zurückveräußerten  B-Aktien zu bejahen. Zwar habe der Kläger nicht in einem Arbeitsverhältnis zur M gestanden. Es habe jedoch ein Dienstverhältnis zu deren Tochtergesellschaft, der F GmbH, bestanden. Der Erwerb der  B-Aktien sei nur möglich gewesen, weil der Kläger Arbeitnehmer einer konzernzugehörigen Gesellschaft gewesen sei. Entsprechende  B-Aktien seien fremden Dritten nicht angeboten worden. Im Gesamtkontext des vorliegenden Management-Beteiligungsprogramms sei daher von Arbeitslohn auszugehen, der von einem Dritten erbracht worden sei.

Im Gegensatz dazu seien Vorteile nur dann durch eine vom Arbeitsverhältnis unabhängige eigenständige Sonderrechtsbeziehung veranlasst, wenn ihnen eine andere Erwerbsgrundlage als die der Nutzung der eigenen Arbeitskraft des Arbeitnehmers zugrunde liege. Bei der Würdigung, ob eine solche Sonderrechtsbeziehung vorliege, seien alle wesentlichen Umstände des Einzelfalls in die Gesamtbetrachtung mit einzubeziehen.

Im Streitfall seien daher insbesondere die folgenden Gesichtspunkte zu berücksichtigen:

Bei dem Management-Beteiligungsprogramm der M habe es sich um ein reines Anreizprogramm gehandelt, das die leitenden Angestellten bei minimalem eigenen Geldeinsatz aber mit Wertzuwachschancen zu einem erhöhten Einsatz mit dem Ziel einer Wertsteigerung des Unternehmens, insbesondere im Hinblick auf einen Börsengang oder einen Unternehmensverkauf der F GmbH, habe motivieren sollen. In dem von der M in Auftrag gegebenen Gutachten seien die  B-Aktien insoweit wirtschaftlich zutreffend als solche mit „Optionscharakter“ bezeichnet worden.

Die M habe bei Ausgabe der  B-Aktien nicht aus Gründen des Kapitalbedarfs gehandelt. Vielmehr sei die Ausgabe der 11.497  B-Aktien im Rahmen einer Kapitalerhöhung der M i.H.v. … € erfolgt, deren Zweck allein die Durchführung des Management-Beteiligungsprogramms gewesen sei. Nach Beendigung des Programms durch den Rückkauf sämtlicher ausgegebener  B-Aktien seien diese Aktien wieder annulliert und das Kapital wieder herabgesetzt worden. Bei einem festgestellten Eigenkapitalwert zum Zeitpunkt der Kapitalerhöhung i.H.v. … Mio. € sei somit offensichtlich, dass die M nicht an einem zusätzlichen Kapital i.H.v. lediglich … € interessiert gewesen sei.

Die  B-Aktien hätten zum Ausgabezeitpunkt auch keinen Anteil am Wert der M vermittelt. Mit den  B-Aktien sei nur eine Beteiligung am künftig entstehenden Wertzuwachs eingeräumt worden. Die Inhaber der neuen  B-Aktien hätten sich daher nicht „in die Gesellschaft hineinkaufen“ müssen. Sie hätten keinen Anteil am Wert der Gesellschaft erhalten, sondern - auch wenn formal eine Beteiligung am Stammkapital eingeräumt worden sei - nur die Chance an einer zukünftigen Wertentwicklung. Daher habe - trotz Kapitalerhöhung und Herausgabe neuer Anteile an neue Gesellschafter - das Vermögen den Altgesellschaftern bis zu einem Wert von … € weiterhin alleine zugeordnet bleiben sollen.

Diese Vorgehensweise sei unter gesellschaftsrechtlichen Gesichtspunkten und unter dem Blickwinkel eines Kapitalanteilseigners zumindest sehr ungewöhnlich. Das Argument für die niedrigen Anschaffungskosten der  B-Aktien, wonach eine Beteiligung eben nur am Wertzuwachs ab dem Eintrittsdatum gegeben sein sollte, sei im Zusammenhang mit einer Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft nicht nachvollziehbar. Jeder Aktienkäufer nehme über seine neu erworbenen Anteile immer nur an der Wertsteigerung - oder auch am Verlust - der Gesellschaft nach seinem Eintrittszeitpunkt teil. Der Wert, den die Gesellschaft vor dem Eintritt eines neuen Anteilseigners habe, werde allerdings typischerweise durch die entsprechenden Anschaffungskosten des neu Eintretenden für seine neu erworbenen Anteile abgedeckt, die seinen „Gewinn“ in der Gesamtbetrachtung sodann entsprechend mindern würden. Von den Anschaffungskosten, die ein neu eintretender Gesellschafter normalerweise hätte aufbringen müssen, um eine entsprechende Beteiligung am Stammkapital zu erhalten, seien die Manager im Streitfall durch die Installation der  B-Aktien indes befreit worden. Im Ergebnis habe man die Manager auf der einen Seite - zumindest nach außen - wegen der intendierten steuerlichen Folgen zu Anteilseignern machen wollen, auf der anderen Seite habe ihnen eine entsprechende Investitionsanstrengung aber erspart bleiben sollen.

Im Zusammenhang mit der Frage, ob eine Zuwendung ihren Grund in Dienstverhältnis habe oder in einer danebenstehenden Sonderrechtsbeziehung, habe gerade die Rechtsprechung der Finanzgerichte wesentlich auch auf die Rendite der jeweiligen Investition abgestellt (vgl. z.B. BFH-Urteil vom 21.10.2014, VIII R 44/11, BStBl. II 2015, 593). Unter Zugrundelegung der Anschaffungskosten des Klägers i.H.v. … € und des Veräußerungsgewinns des Klägers i.H.v. ca. … Mio. € habe die Rendite des Klägers innerhalb von drei Jahren 5.940 % betragen. Dies sei absolut marktunüblich und stehe in krassem Missverhältnis zur Rendite der Private-Equity-Investoren, die - wie z.B. die O - nach einer Pressemitteilung eine jährliche Verzinsung ihres eingesetzten Kapitals i.H.v. 40 % erzielt hätten. Im Ergebnis rechtfertige dieser Vergleich die Schlussfolgerung, dass es sich bei den Zahlungen gegen Rückgabe der  B-Aktien wirtschaftlich um erfolgsabhängige Vergütungen an den Kläger für geleistete erfolgreiche Arbeit gehandelt habe, die formal in den rechtlichen Mantel von Gesellschaftsanteilen gekleidet worden seien, um so eine Besteuerung als Arbeitslohn zu vermeiden.

Den Inhabern der  B-Aktien sei auch nicht die tatsächliche Verfügungsgewalt über die  B-Aktien übertragen worden. Vor Eintritt der sogenannten „Unverfallbarkeit“ der Aktien hätten die Inhaber nicht einmal die theoretische Möglichkeit gehabt, in den Genuss von Ausschüttungen zu gelangen, wenn diese beschlossen worden wären. Ihnen sei vertraglich keine entsprechende Rechtsposition eingeräumt bzw. eine solche ausdrücklich ausgeschlossen worden. Die M habe den Inhabern der  B-Aktien keine Gesellschafter- bzw. Kapitalanteilseignerstellung verschafft, sondern lediglich eine formale zivilrechtliche Rechtsposition.

Schließlich sei festzustellen, dass im Streitfall neben der außergewöhnlichen Rendite der  B-Aktien auch die vorgenommenen Anpassungen der Rückkaufoptionen zugunsten der Inhaber dieser Aktien nach dem gescheiterten Börsengang der M-Gruppe im Jahr 2008 sowie der Rückkauf der „S Performance Shares“ im Jahr 2010 trotz Nichterreichen des erforderlichen Hochleistungsschwellenwerts von … € keinesfalls als marktüblich anzusehen seien.

Aus den Gründen

I. Die Klage ist teilweise begründet.

Der geänderte Einkommensteuerbescheid für 2010 vom 11.12.2015 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 15.5.2016 ist insoweit rechtswidrig und verletzt die Kläger in ihren Rechten (§ 100 Abs. 1 S. 1 Finanzgerichtsordnung - FGO -), als die Einkünfte des Klägers aus nichtselbstständiger Arbeit anstatt i.H.v. … € nur i.H.v. … € zu berücksichtigen und außerdem auch in dieser Höhe anstatt i.H.v. … € gemäß § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 EStG ermäßigt zu besteuern sind. Im Übrigen werden die Kläger durch den angefochtenen Einkommensteuerbescheid nicht in ihren Rechten verletzt.

Der Beklagte hat zu Recht den vom Kläger im Streitjahr 2010 erzielten Überschuss aus der Veräußerung von 155,57 Aktien an der M als Arbeitslohn i.S. des § 19 EStG qualifiziert (vgl. unter II.). Bei der Höhe des im Streitjahr 2010 dem Kläger zugeflossenen Arbeitslohns ist dem Beklagten allerdings zu Ungunsten der Kläger ein zwischen den Beteiligten unstreitiger Rechenfehler i.H.v. … € unterlaufen (vgl. unter III). Außerdem hat er zu Unrecht nicht den gesamten Arbeitslohn bei der ermäßigten Besteuerung nach § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4  EStG berücksichtigt (vgl. unter IV.).

II. Zu den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit gehören nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 8 Abs. 1 EStG alle Güter, die in Geld oder Geldeswert bestehen und die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis für das Zurverfügungstellen seiner individuellen Arbeitskraft zufließen.

1. Vorteile werden "für" eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers veranlasst sind. Das ist der Fall, wenn der Vorteil mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird und sich die Leistung im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist (vgl. BFH-Urteil vom 4. Oktober 2016 IX R 43/15, BFHE 255, 442, BStBl. II 2017, 790, m.w.N.).

Dabei kann Arbeitslohn auch bei der Zuwendung eines Dritten vorliegen, wenn diese Zuwendung ein Entgelt „für“ eine Leistung bildet, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Dienstverhältnisses für seinen Arbeitgeber erbringt, erbracht hat oder erbringen soll. Voraussetzung ist, dass sie sich für den Arbeitnehmer als Frucht seiner Arbeit für den Arbeitgeber darstellt und im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis steht (vgl. ständige Rechtsprechung des BFH, z.B. BFH-Urteil vom 20. Mai 2010 VI R 41/09, BFHE 229, 346, BStBl. II 2010, 1022, m.w.N.).

2. Kein Arbeitslohn liegt nach der ständigen Rechtsprechung des BFH allerdings dann vor, wenn die Zuwendung wegen anderer Rechtsverhältnisse oder aufgrund sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird (BFH-Urteile vom 21. Mai 2014 I R 42/12, BFHE 246, 119, BStBl. II 2015, 4; vom 20. Mai 2010 VI R 12/08, BFHE 230, 136, BStBl. II 2010, 1069; vom 20. November 2008 VI R 25/05, BFHE 223, 419, BStBl. II 2009, 382 und vom 19. Juni 2008 VI R 4/05, BFHE 222, 353, BStBl. II 2008, 826; jeweils m.w.N.). Dem Arbeitnehmer entstandene Vorteile sind demnach durch eigenständige, vom Arbeitsverhältnis unabhängige Sonderrechtsbeziehung veranlasst, wenn ihnen andere Erwerbsgrundlagen als die Nutzung der eigenen Arbeitskraft des Arbeitnehmers zugrunde liegen. Solche Rechtsbeziehungen zeigen ihre Unabhängigkeit und Eigenständigkeit nach der Rechtsprechung des BFH insbesondere dadurch, dass diese auch selbstständig und losgelöst vom Arbeitsverhältnis bestehen können (vgl. BFH-Urteil vom 17. Juni 2009 VI R 69/06, BFHE 226, 47, BStBl. II 2010, 69, m.w.N.).

3. Nach der Rechtsprechung des BFH ist dabei die Frage, ob ein Leistungsaustausch zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit oder aufgrund einer Sonderrechtsbeziehung einer anderen Einkunftsart oder dem nicht steuerbaren Bereich zuzurechnen ist, aufgrund einer in erster Linie der Tatsacheninstanz obliegenden tatsächlichen Würdigung zu entscheiden. In die vom Finanzgericht vorzunehmende tatsächliche Würdigung sind dabei alle wesentlichen Umstände des Einzelfalles einzubeziehen (BFH-Urteile vom 20. November 2008 VI R 25/05, BFHE 223, 419, BStBl II 2009, 382 und vom 1. Februar 2007 VI R 72/05, BFH/NV 2007, 898).

4. Für die demnach erforderliche Würdigung des Einzelfalls hat der BFH in seiner Rechtsprechung verschiedene Gesichtspunkte aufgezeigt, die bei Zuwendungen des Arbeitgebers oder eines Dritten die Annahme rechtfertigen können, dass der betreffende Vorteil durch das Dienstverhältnis veranlasst ist. Da die berufliche Veranlassung aber stets nur unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls zu beurteilen ist, können diese Umstände nur Beweisanzeichen (Indizien) für die im Einzelfall maßgebliche Veranlassung sein (BFH-Beschluss vom 21. Dezember 2006 VI B 24/06, BFH/NV 2007, 699).

5. Allein der Umstand, dass Kapitalbeteiligungen nur den leitenden Angestellten einer Kapitalgesellschaft angeboten wurden, schließt es nach dieser Rechtsprechung des BFH z.B. nicht aus, dass der mit diesen Kapitalbeteiligungen erzielte Überschuss seine Ursache allein in der Kapitalbegebung hat und damit als ein nicht aus dem Arbeitsverhältnis resultierender Vorteil zu qualifizieren ist. Denn jede Form der Mitarbeiterbeteiligung ist naturgemäß auf den Arbeitnehmer bezogen, und zwar auch dann, wenn der Arbeitgeber nur einen Teil seiner Arbeitnehmer an seinem Unternehmen beteiligen möchte. Erforderlich ist jedoch, dass auch bei einer solchen Form der Mitarbeiterbeteiligung ein Sonderrechtsverhältnis begründet wird, das unabhängig vom Arbeitsverhältnis besteht und den gesamten Leistungsaustausch der Vertragspartner abbildet, ohne dass daneben noch dem Arbeitsverhältnis zuzuordnende, lohnsteuerrechtlich erhebliche Leistungen vorliegen (vgl. BFH-Urteil vom 17. Juni 2009 VI R 69/06, BFHE 226, 47, BStBl. II 2010, 69).

Für den Charakter einer Beteiligung als eigenständige und vom Arbeitsverhältnis unabhängige Erwerbsgrundlage spricht es nach Auffassung des BFH dabei insbesondere, wenn der Arbeitsvertrag keinen Anspruch auf den Erwerb der Beteiligung und einen anteiligen Veräußerungserlös als Gegenleistung für die nichtselbstständigen Tätigkeit vorsieht, die Beteiligung vom Arbeitnehmer zum Marktpreis (und nicht etwa verbilligt) erworben und veräußert wird und der Arbeitnehmer das volle Verlustrisiko trägt sowie keine besonderen Umstände aus dem Arbeitsverhältnis erkennbar sind, die Einfluss auf die Veräußerbarkeit und Wertentwicklung der Beteiligung nehmen (BFH-Urteil vom 1. Dezember 2020 VIII R 40/18, BFHE 271, 493, BFH/NV 2021, 970, m.w.N.).

Demgegenüber hat der BFH eine vom Arbeitsverhältnis unabhängige Mitarbeiterbeteiligung in einem Fall verneint, in dem der Arbeitnehmer die von seinem Arbeitgeber erworbenen Genussrechte nur dadurch verwerten konnte, dass er sie nach Ablauf der Laufzeit an diesen veräußerte und in dem die Höhe des Rückkaufswerts der Genussrechte davon abhing, wie das Anstellungsverhältnis endete. Der Vorteil, den der Arbeitnehmer durch den Rückkauf der Genussscheine erhielt, war nach Auffassung des BFH demnach nicht durch eine vom Arbeitsverhältnis unabhängige und eigenständige Sonderrechtsbeziehung veranlasst (vgl. BFH-Urteil vom 5. November 2013 VIII R 20/11, BFHE 243, 481, BStBl. II 2014, 275).

7. Wendet man diese vom erkennenden Senat geteilten Entscheidungskriterien der ständigen Rechtsprechung des BFH im vorliegenden Streitfall an, so ist auch der vom Kläger erzielte Überschuss aus der Veräußerung der 155,57 Stücke  B-Aktien an der M i.H.v. … € nicht durch eine von seinem Arbeitsverhältnis bei der F GmbH unabhängige und eigenständige Sonderrechtsbeziehung veranlasst. Vielmehr stellt sich der erzielte Überschuss aus der Rückveräußerung der  B-Aktien für den Kläger als Frucht seiner Arbeit für die F GmbH dar und steht daher im Zusammenhang mit diesem Dienstverhältnis.

Zwar sah der Arbeitsvertrag des Klägers keinen Anspruch auf den Erwerb der  B-Aktien an der M vor. Jedoch hat der Kläger zum einen die  B-Aktien verbilligt zum Nennwert von 5 € je Aktie erworben. Zum anderen sind im Streitfall auch besondere Umstände aus dem Arbeitsverhältnis des Klägers bei der F GmbH erkennbar, die Einfluss auf die Veräußerbarkeit und insbesondere die Wertentwicklung der 155,57  B-Aktien des Klägers genommen haben.

a) Diese die Wertentwicklung der  B-Aktien des Klägers beeinflussenden Umstände aus dessen Arbeitsverhältnis bei der F GmbH ergaben sich insbesondere aus den verschiedenen vertraglichen Regelungen zur sog. „Unverfallbarkeit“ der  B-Aktien des Klägers.

aa) So sollte der Kläger nach Art. 7 „Ausschüttungen“ Satz 2 der Satzung der M erst dann einen Anspruch auf den Erhalt von Ausschüttungen in Form von u.a. Rückkäufen (vgl. Art. 7 „Ausschüttungen“ Satz 1 der Satzung der M) haben, wenn seine  B-Aktien gemäß den sonstigen vertraglichen Vereinbarungen unverfallbar geworden sind.

bb) Gemäß Abschnitt 5 „Beendigung des Arbeitsverhältnisses“ Buchst. (a) „Bezugs-option“ des Zeichnungsvertrags vom 00..2007 sowie des geänderten Zeichnungsvertrags vom 00..2009 sollte aber im Falle einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses zwischen der M bzw. einem mit ihr verbundenen Unternehmen und dem Kläger aus jeglichem Grund der Eintritt der Unverfallbarkeit der verfallbaren Aktien für alle Zwecke gemäß diesem Vertrag ab dem Kündigungsdatum unverzüglich unmöglich werden (Satz 1, Buchst. (A)) und der Rückerwerb dieser (noch) verfallbaren Aktien sollte dann lediglich zum Nennwert der Aktien erfolgen können (Satz 1, Buchst. (B) und Satz 2).

cc) Die durch den Erwerb der  B-Aktien von der M im April 2007 begründete Rechtsbeziehung des Klägers war somit im Hinblick auf die Höhe des durch die Rückveräußerung der Aktien an die M entstehenden Überschusses in ganz erheblichem Maße von dem Fortbestehen des Arbeitsverhältnisses des Klägers bei der F GmbH bis zu deren Veräußerung im Januar 2010 abhängig. Dies zeigen die vertraglichen Regelungen im Zeichnungsvertrag vom 00.2007 sowie im geänderten Zeichnungsvertrag vom 00..2009 zu den verschiedenen Kategorien der vom Kläger erworbenen  B-Aktien sehr deutlich.

(1) Für den Fall einer kündigungsbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers vor dem Verkauf der F GmbH im Januar 2010 und vor Abschluss des geänderten Zeichnungsvertrags vom 00..2009 hätte der Kläger keinen vertraglichen Anspruch auf anteilige Ausschüttung des Nettovermögens der M durch Rückerwerb seiner „Performance Shares“ und „S Performance Shares“ gehabt, da diese  B-Aktien nach den vertraglichen Regelungen in Ziffer 1.85 Abs. (iii.) und Ziffer 1.86 Abs. (iii.) des Zeichnungsvertrags vom 00..2007 nur dann unverfallbar sein sollten, wenn der sog. „Relevante Leistungswert“ bzw. der sog. „Relevante Hochleistungswert“ den sog. „Leistungsschwellenwert“ bzw. den sog. „Hochleistungsschwellenwert“ zum Zeitpunkt des Unternehmensverkaufs übersteigt. Bei einer Kündigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers vor dem Unternehmensverkauf im Januar 2010 hätte ein solches Übersteigen der zum diesem Zeitpunkt maßgeblichen Schwellenwerte aber überhaupt nicht mehr eintreten können. Der Kläger hätte dann bzgl. dieser Kategorien der  B-Aktien keinen Anspruch auf Beteiligung an der Ausschüttung des Nettovermögens der M gehabt. Es wäre dann bei der Bezugsoption der M, der Komplementärin der M oder jeglicher sonstigen von der Komplementärin bestimmten Person lediglich zum Nennwert dieser  B-Aktien verblieben.

(2) Im Hinblick auf die rein zeitabhängigen sog. „Time  Shares“ und die nach Abschluss des geänderten Zeichnungsvertrags vom 00.2009 durch Umwandlung der „Performance Shares“ entstandenen sog. „Time Earned Vested Class B Performance Shares“ hätte der Kläger, je nach Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses, in unterschiedlicher Höhe einen Anspruch auf anteilige Ausschüttung des Nettovermögens der M gehabt.

Die sog. „Time  Shares“ sollten nach Ziffer 1.84 des Zeichnungsvertrags vom 00.2007 mit Ablauf jeden Jahres innerhalb der sog. „Relevanten Leistungszeit“ zu einem bestimmten Anteil (zum 31.12.2006 insgesamt 20 %, zum 31.12.2007 insgesamt 40 %, zum 31.12.2008 insgesamt 60 %, zum 31.12.2009 insgesamt 80 % und zum 31.12.2010 insgesamt 100 %) bzw. nach Ziffer 1.89 des Zeichnungsvertrags vom 00.2007 im Falle eines Unternehmensverkaufs sofort zu 100 % unverfallbar werden. Eine 100%ige Berücksichtigung dieser „Time  Shares“ bei der Ausschüttung des Nettovermögens der M konnte damit innerhalb der sog. „Relevanten Leistungszeit“ vom 31.12.2006 bis 31.12.2010 nur erfolgen, wenn das Arbeitsverhältnis zum Zeitpunkt des Unternehmensverkaufs - wie im Streitfall - noch bestand. Wäre das Arbeitsverhältnis des Klägers vor dem Unternehmensverkauf im Januar 2010 durch Kündigung beendet worden, hätte er je nach Zeitpunkt der Kündigung nur in Höhe der jeweiligen Anteile der bereits unverfallbaren „Time  Shares“ einen entsprechenden Ausschüttungsanspruch gehabt.

Eine entsprechende Rechtsfolge hätte sich für den Kläger auch im Hinblick auf seine sog. „Time Earned Vested  B Performance Shares“ ergeben. Bei einer kündigungsbedingten Beendigung des Arbeitsverhältnisses des Klägers vor dem Unternehmensverkauf im Januar 2010 hätten nach Ziffer 1.74 des geänderten Zeichnungsvertrags vom 00.2009 nur in Höhe des Prozentsatzes der bis zum jeweiligen Kündigungsdatum verstrichenen „Relevanten Laufzeit“ sog. „Time Earned Vested  B Performance Shares“ vorgelegen (siehe das entsprechende Beispiel in Ziffer 1.74 des geänderten Zeichnungsvertrags vom 00.2009: Wenn das Datum der Kündigung nach Ablauf von 77,78 % der Relevanten Laufzeit eintritt, dann sind 77,78 % der Leistungsaktien der  B des Zeichners „Time Earned Vested  B Performance Shares“). Der Kläger hätte im Hinblick auf diese Kategorie seiner  B-Aktien dann auch nur in Höhe dieses Prozentsatzes einen Anspruch auf Ausschüttung des Nettovermögens der M gehabt.

b) Im Übrigen zeigt auch die von den vertraglichen Regelungen abweichende tatsächliche Behandlung der Beteiligung der „S Performance Shares“ an der Ausschüttung des Nettovermögens der M, dass der insoweit vom Kläger erzielte Überschuss allein durch das Fortbestehen seines Arbeitsverhältnisses bei der F GmbH bis zum Zeitpunkt des Unternehmensverkaufs im Januar 2010 und in keiner Hinsicht durch eine davon unabhängige und eigenständige Sonderrechtsbeziehung veranlasst war. Denn im Hinblick auf diese „S Performance Shares“ hatte der Kläger nach den Regelungen in Art. 7 „Ausschüttungen“ Sätze 1 und 2 der Satzung der M sowie in Ziffer 1.86 Abs. (iii.) des Zeichnungsvertrags vom 00.2007 bzw. Ziffer 1.70 des geänderten Zeichnungsvertrags vom 00.2009 keinen vertraglichen Anspruch auf anteilige Ausschüttung des Nettovermögens der M. Insoweit wurde nämlich auch der in Ziffer 1.70 des geänderten Zeichnungsvertrags vom 00.2009 für die Unverfallbarkeit dieser Anteile zum 31.12.2009 maßgebliche sog. „Hochleistungsschwellenwert“ i.H.v. … € bei dem Unternehmensverkauf im Januar 2010 nicht erreicht. Trotz dieses zwischen den Beteiligten unstreitigen Umstandes wurden auch diese 78,78 noch verfallbaren „S Performance Shares“ bei der Ausschüttung des Nettovermögens der M wie die unverfallbaren  B-Aktien mit … € pro Aktie berücksichtigt. Mangels Erreichen der Unverfallbarkeitsgrenze kann diese Berücksichtigung der „S Performance Shares“ damit allein durch das im Zeitpunkt des Unternehmensverkaufs noch bestehende Arbeitsverhältnis des Klägers bei der F GmbH veranlasst gewesen sein. Dieser Wertung entspricht auch der Umstand, dass die Kläger selbst in ihrer Einkommensteuererklärung für 2010 den durch die Rückveräußerung der „S Performance Shares“ erzielten Überschuss des Klägers i.H.v. … € als „Entschädigung / Arbeitslohn für mehrere Jahre“ deklariert haben.

III. Dem Kläger ist im Streitjahr 2010 durch die Rückveräußerung seiner 155,57 Stück  B-Aktien ein Arbeitslohn i.H.v. von insgesamt … € zugeflossen.

1. Arbeitslohn, der - wie im Streitfall - nicht als laufender Arbeitslohn gezahlt wird (sonstige Bezüge), wird in dem Kalenderjahr bezogen, in dem er dem Arbeitnehmer zufließt (§ 11 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 38a Abs. 1 Satz 3 EStG). Nach ständiger Rechtsprechung des BFH führt dabei das Innehaben von Ansprüchen oder Rechten den Zufluss von Einnahmen regelmäßig noch nicht herbei. Der Anspruch auf die Leistung begründet noch keinen gegenwärtigen Zufluss von Arbeitslohn. Der Zufluss ist grundsätzlich erst mit der Erfüllung des Anspruchs gegeben. Ein Vorteil ist dem Arbeitnehmer erst dann zugeflossen, wenn der Arbeitgeber die geschuldete Leistung tatsächlich erbringt. So ist mit der Zusage des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer künftig Leistungen zu erbringen, der Zufluss eines geldwerten Vorteils in der Regel noch nicht verwirklicht. Folglich fließt bei dem Versprechen des Arbeitgebers, dem Arbeitnehmer einen Gegenstand zuzuwenden, Arbeitslohn nicht bereits mit der wirksamen Zusage, sondern erst in dem Zeitpunkt zu, in dem der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer das wirtschaftliche Eigentum verschafft (BFH-Urteile vom 20. November 2008 VI R 25/05, BFHE 223, 419, BStBl II 2009, 382 und vom 23. Juni 2005 VI R 124/99, BFHE 209, 549, BStBl II 2005, 766, jeweils m.w.N.).

2. Nach diesen vom erkennenden Senat geteilten Grundsätzen des BFH ist dem Kläger allein durch das Versprechen der M, im Falle des angestrebten Börsengangs oder Verkaufs der F GmbH die unverfallbaren  B-Aktien gegen eine anteilige Ausschüttung ihres Nettovermögens zurück zu erwerben, noch kein geldwerter Vorteil als steuerpflichtiger sonstiger Bezug zugeflossen. Der Arbeitslohn ist ihm erst im Streitjahr 2010 zugeflossen, in dem ihm das Entgelt für die Rücknahme der 155,57 Stück  B-Aktien ausgezahlt wurde. Der anzusetzende Arbeitslohn beträgt jedoch nicht - wie vom Beklagten aufgrund eines Rechenfehlers des Lohnsteueraußenprüfers angenommen - … €, sondern … €. Da insoweit zwischen des Beteiligten nach der mündlichen Verhandlung am 27.4.2023 kein Streit mehr besteht, verzichtet der Senat auf weitere Ausführungen.

IV. Der Arbeitslohn i.H.v. … € ist nach § 34 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 4 EStG als Vergütung für eine mehrjährige Tätigkeit des Klägers bei der F GmbH ermäßigt zu besteuern. Auch diese Rechtsfolge wurde vom Beklagten in der mündlichen Verhandlung am 27.4.2023 nicht bestritten, so dass der Senat insoweit ebenfalls auf weitere Ausführungen verzichtet.

Die für diese außerordentlichen Einkünfte anzusetzende Einkommensteuer beträgt nach § 34 Abs. 1 Satz 2 EStG in der für das Streitjahr 2010 gültigen Fassung das Fünffache des Unterschiedsbetrags zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich eines Fünftels dieser Einkünfte.

V. Die Kostenentscheidung folgt aus § 136 Abs. 1 Satz 3 FGO, da der Beklagte nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

VI. Die Revision zum BFH war mangels grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht gemäß § 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO zuzulassen.

stats