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RdZ-News
25.02.2021
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OLG Düsseldorf: Erlaubnispflicht nach § 8 Abs. 1 S. 1 ZAG a.F. bei Rechtsanwälten

OLG Düsseldorf, Beschluss vom 1.9.2020 – 24 U 137/19

ECLI:DE:OLGD:2020:0901.24U137.19.00

Volltext des Beschlusses: RdZL2021-62-1

Leitsätze

Ein Rechtsanwalt handelt als „Unternehmen“ i.S. dieser Vorschrift, wenn er als natürliche Person gem. § 1 Abs. 1 Nr. 5 ZAG a.F. bei der Ausführung von Zahlungsdiensten selbständig beruflich handelt. Es ist nicht erforderlich, dass die Zahlungsdienste Hauptzweck der Tätigkeit sind.

Sachverhalt

A.

Die zulässige Berufung der Beklagten zu 1. hat keinen Erfolg. Zur Begründung verweist der Senat auf seinen Beschluss vom 21. Juli 2020, an dem er festhält.

In diesem Beschluss hat der Senat im Wesentlichen folgendes ausgeführt:

„I.

Der Kläger macht gegen die Beklagte zu 1. Schadensersatzansprüche wegen der Verletzung eines behaupteten Treuhandvertrages geltend. Gegen die Beklagte zu 2. hat er Ansprüche aus Vertragsrückabwicklung verfolgt.

Am 23. Dezember 2014 unterzeichnete der Kläger einen „Kaufvertrag über den Kauf (eines Teils) einer Erdöl- und/oder Erdgasquelle“. Dort war angegeben, dass der Kaufpreis iHv EUR 10.000,-- auf ein “neutrales Treuhandkonto“ zu überweisen sei. Angegeben war die Kontoverbindung der Beklagten. Sie lautete auf „Rechtsanwältin … R.“. Als Verwendungszweck sollte der Projektname und der Name des Käufers angegeben werden. Vertragspartner des Klägers war die „N… USA bzw. deren Projektvermittlungsbevollmächtigte, die „N. P.“ mit dem Sitz in M.. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Kaufvertrag (Anl. K1, GA 11-13) verwiesen.

Die Verpflichtung zur Eröffnung des Treuhandkontos/Anderkontos für die Beklagte zu 2. übernahm die Beklagte zu 1. in Kenntnis dessen, dass gegenüber dem Geschäftsführer der Beklagten zu 2. eine Gewerbeuntersagung ausgesprochen worden war.

Der Kläger überwies den Kaufpreis am Folgetag des Vertragsschlusses. Die Verbuchung erfolgte am 24. Dezember 2014 auf dem im Vertrag benannten Treuhandkonto der Beklagten zu 1.. Die Beklagte zu 2. bestätigte nachfolgend den Geldeingang auf dem Treuhandkonto der Beklagten zu 1. und gab als Verwendungszweck „M. F., USA“ an.

In der Folgezeit kam die Beklagte zu 2. ihren Verpflichtungen aus dem Kaufvertrag nicht nach. Das Erdölförderprojekt, so wie es in dem Vertrag benannt ist, existierte nicht.

Am 11. September 2015 teilte der Geschäftsführer der Beklagten zu 2. mit, dass das Projekt eingestellt wurde und die Kaufverträge rückabgewickelt werden sollten. Der von den Kunden eingezahlte Kaufpreis solle zzgl. 10 % Zinsen zurückerstattet werden (Anl. K4, GA 17). Eine Rückzahlung an den Kläger erfolgte nicht.

Im Zuge staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen trat zutage, dass die Beklagte zu 1. für die Beklagte zu 2. mehrere Millionen EUR aus derartigen Vertragsabschlüssen vereinnahmt hatte. Die von der Beklagten zu 1. vereinnahmte Vergütung belief sich auf mehr als EUR 50.000,--.

Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 6. Juli 2017 forderte der Kläger die Beklagte zu 1. zur Auskunft und Rechenschaftslegung auf. Mit Schreiben vom 12. Juli 2017 erteilte die Beklagte zu 1. Auskünfte (Anl. K 6, GA 19-20). Sie berief sich darauf, die ihr erteilten Anweisungen der Beklagten zu 2. befolgt und die Gelder am 2. Januar 2015 weitergeleitet zu haben. Weiter teilte sie mit, eine Mittelverwendungskontrolle durch sie sei mit der Beklagten zu 2. als ihrer Mandantin nicht vereinbart gewesen. Mit anwaltlichem Schriftsatz vom 5. September 2017 teilte sie zudem mit, dass sie sich vor Einrichtung des Kontos sorgfältig mit dem Geschäftsmodell befasst habe (Anl. K8, GA 23-26).

Nachdem der Kläger vorgerichtlich beide Beklagten erfolglos zur Zahlung aufgefordert hatte, erhob er Klage. Am 13. April 2018 erließ das Landgericht gegen die Beklagte zu 2. antragsgemäß Versäumnisurteil (GA 83-84). Hinsichtlich der erstinstanzlich verfolgten Anträge wird auf das Schlussurteil des Landgerichts vom 2. April 2019 Bezug genommen (S. 6, GA 139).

Mit Schriftsatz vom 27. April 2020 ließ die Beklagte zu 1. mitteilen, dass sie ihre Zulassung zur Rechtsanwaltschaft im Mai vergangenen Jahres „vorsorglich“ zurückgegeben habe.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten, ihm stünden Schadensersatzansprüche aus einem mit der Beklagten zu 1. geschlossenen Treuhandvertrag, jedenfalls aus einem Vertragsverhältnis eigener Art zu. Sein Klageantrag sei auch unter dem Gesichtspunkt deliktischer Haftung begründet.

Die Beklagte zu 1. hat sich darauf berufen, sie habe sich lediglich im Verhältnis zur Beklagten zu 2. zur Einrichtung eines Treuhandkontos/Anderkontos verpflichtet. Es sei vereinbart gewesen, dass sie nicht als Treuhänderin in Erscheinung treten solle. Auch habe ihr keine Mittelverwendungskontrolle oblegen. Sie habe lediglich als Zahlstelle fungiert. Es sei ihr nicht bekannt gewesen, dass sie in dem Kaufvertragsformular namentlich genannt wurde, weil sie den Vertrag inhaltlich nicht zur Kenntnis genommen habe. Aus dem dem Projekt zugehörigen Prospekt ergibt sich - dies ist insoweit unstreitig -, dass der Geldfluss durch einen staatlich eingesetzten Operator kontrolliert werden solle. Die von ihr, der Beklagten zu 1., eingeräumte Befassung mit dem Geschäftsmodell habe sich auf die Geschäftsidee der Beklagten zu 2. und deren Plausibilität (z.B. Gewinnmöglichkeiten) beschränkt.

Das Landgericht hat mit Schlussurteil vom 2. April 2019 der gegen die Beklagte zu 1. gerichteten Klage hinsichtlich der Hauptsache stattgegeben und sie hinsichtlich der außergerichtlichen Anwaltskosten abgewiesen. Auf das angefochtene Urteil (GA 134-148) wird verwiesen. Das Urteil wurde der Beklagten zu 1. am 8. April 2019 zugestellt (GA 151). Hiergegen richtet sich ihre am 6. Mai 2019 eingegangene Berufung (GA 154-155). Diese hat sie nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 11. Juli 2019 (GA 164) mit einem am Tag des Fristablaufs eingegangenen Schriftsatz begründet.

Sie wiederholt und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Sie rügt, das Landgericht sei verfahrensfehlerhaft ihren Beweisantritten nicht nachgekommen, wonach sie keine Kenntnis davon gehabt habe, in dem Vertrag als Treuhänderin genannt zu werden. Sie habe lediglich als Zahlstelle fungiert. Die Entgegennahme des Kaufpreises begründe kein Treuhandverhältnis. Die Vorschrift des § 151 S. 1 BGB habe das Landgericht falsch angewandt. Im Übrigen sei US-amerikanisches Recht anwendbar, nicht nur hinsichtlich des Kaufvertrags, sondern auch hinsichtlich des damit verbundenen Treuhandvertrags.

Sie beantragt,

das angefochtene Schlussurteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und tritt dem Vorbringen der Beklagten zu 1. entgegen.

Wegen aller Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen sowie den gesamten Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.

Aus den Gründen

II.

Die Berufung der Beklagten zu 1. hat nach einstimmiger Auffassung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg (§ 522 Abs. 2 Nr. 1 ZPO). Die Sache hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung; auch erfordert weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung durch Urteil des Berufungsgerichts. Schließlich ist nach den Umständen des Falls auch sonst keine mündliche Verhandlung geboten (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 bis 4 ZPO).

Die Berufung kann gemäß §§ 513 Abs. 1, 520 Abs. 3 Nr. 2 ZPO nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) beruht oder nach § 529 ZPO zu Grunde zulegende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen. Solche Umstände zeigt die Berufungsbegründung nicht in verfahrensrechtlich erheblicher Weise auf. Vielmehr hat das Landgericht der Klage, wenn auch aus anderen Erwägungen, im Ergebnis zu Recht stattgegeben.

Die Beklagte zu 1., welche für die Beklagte zu 2. als „Finanzagentin“ agiert hat, haftet dem Kläger aus § 823 Abs. 2 BGB iVm § 8 Abs. 1 Zahlungsdiensteaufsichtsgesetz (ZAG, in der Fassung vom 9. April 2013 bis 12. Januar 2018; im Folgenden: a.F.) auf Schadensersatz in der vom Landgericht ausgeurteilten Höhe.

1.

Die Voraussetzungen des deliktischen Schadensersatzanspruchs sind gegeben:

a.

Die hier einschlägigen Vorschriften des §§ 8 Abs. 1 S. 1, 31 Abs. 1 Nr. 2 ZAG (in der Fassung vom 9. April 2013 - § 8 ZAG – bzw. 30. April 2011 - § 31 ZAG - bis 12. Januar 2018 = a.F.) stellen ein (zusammengesetztes) Schutzgesetz i.S. § 823 Abs. 2 BGB dar.

§ 8 Abs. 1 S. 1 ZAG a.F. formuliert ebenso wie (die ab 13. Januar 2018 geltende, im Wesentlichen gleichlautende Vorschrift des) § 10 Abs. 1 S. 1 ZAG für die tatbestandsmäßige Erbringung von Zahlungsdiensten, ohne zugleich Zahlungsdienstleister im Sinne des § 1 Abs. 1 S. 1 Nr. 2-5 ZAG zu sein, eine Erlaubnispflicht. Damit vergleichbar ist das Kreditwesengesetz (KWG), welches die Erbringung von Bankgeschäften und Finanzdienstleistungen unter den Vorbehalt der Erlaubnis stellt. Es ist in ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs anerkannt, dass § 32 KWG ein Schutzgesetz im Sinne § 823 Abs. 2 BGB darstellt (BGH, Urteile vom 13. April 1994 – II ZR 16/93, Rz. 29, jetzt und im Folgenden zitiert nach juris; vom 19. Januar 2006 – III ZR 105/05, Rz. 17; vom 19. März 2013 – VI ZR 56/12, Rz. 11 mwN; OLG Celle, Urteil vom 14. Oktober 2004 - 4 U 147/04, Rz. 34; siehe auch MünchKomm/Wagner, BGB, 7. Aufl. 2017, § 823 Rn. 505; Janßen, zur Schutzgesetzqualität der §§ 10, 11 ZAG (§§ 8, 8a ZAG a.F.) im Lichte der Argumentation zum aufsichtsrechtlichen Verbot mit Erlaubnisvorbehalt nach §§ 32 KWG, VuR 2018, 54ff.). Während der Bundesgerichtshof die Frage, ob § 8 ZAG a.F. bzw. § 10 ZAG Schutzgesetze i.S. § 823 Abs. 2 BGB sind, bislang nicht entschieden hat (vgl. Urteil vom 16. Januar 2018 – VI ZR 474/16 Rz. 9 und Beschluss vom 11. Juni 2015 – 1 StR 368/14, Rz. 64), werden im Schrifttum die entsprechenden Erlaubnisnormen der §§ 8, 8a ZAG a.F. i.V.m. der strafbewehrten Absicherung des § 31 ZAG a.F. einhellig als zusammengesetztes Schutzgesetz nach § 823 Abs. 2 BGB bewertet (vgl. die Nachweise unter Rn. 72 bei Janßen, aaO, S. 59; BeckOGK/BGB/Spindler, aaO, § 823 Rn. 294; Casper/Terlau, ZAG, 2. Aufl. 2020, § 31 Rn. 4). Denn § 31 ZAG a.F. stellte sicher, dass nur regulierte Unternehmen Kundengelder entgegennehmen dürfen. Dieser Auffassung schließt der Senat sich an, denn die Voraussetzungen, welche vom Bundesgerichtshof zur Schutzgesetzqualität des § 32 KWG entwickelt worden sind, gelten für die genannten Vorschriften des ZAG in vergleichbarer Weise.

§ 8 ZAG a.F. (§ 10 ZAG) dient auch dem Verbraucherschutz, indem nur Zahlungsinstitute zugelassen werden, die mit genügend Anfangskapital ausgestattet sind und über ein System zur Ermittlung, Steuerung und Meidung von Risiken verfügen (BeckOGK/BGB/Spindler, aaO, § 823 Rn. 294). Gleiches gilt für § 31 KWG, der entsprechend der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – auch - dem Schutz des Publikums dient. Wesentlich ist, dass die Rechtsnorm - sei es auch neben dem Schutz der Allgemeinheit - gerade dazu dienen soll, den einzelnen oder einen bestimmten Personenkreis gegen die Verletzung eines Rechtsguts zu schützen. Dabei kommt es nicht auf die Wirkung, sondern auf Inhalt und Zweck des Gesetzes sowie darauf an, ob der Gesetzgeber bei Erlass des Gesetzes gerade einen Rechtsschutz, wie er wegen der behaupteten Verletzung in Anspruch genommen wird, zu Gunsten von Einzelpersonen oder bestimmten Personenkreisen gewollt oder jedenfalls „mit gewollt“ hat. Es genügt, dass die Norm auch das Interesse des Einzelnen schützen soll, mag sie auch in erster Linie das Interesse der Allgemeinheit im Auge haben (vgl. nur BGH, Urteil vom 27. November 1963 – V ZR 201/61 Rz. 10; OLG Celle, aaO, Rz. 35).

Das Erfordernis der Erlaubnis zum Betrieb von Bankgeschäften ermöglicht es, das Eindringen ungeeigneter Personen oder unzulänglich fundierter Unternehmen in das Kreditgewerbe zu verhindern. Danach dient das Verbot des Betriebs von Bankgeschäften ohne die erforderliche Erlaubnis zwar auch der Volkswirtschaft insgesamt oder insbesondere der gewährten Leistung eines funktionierenden Kreditbetriebes. Es ist aber seiner Intention nach zugleich auf den Schutz von Gläubigern der Kreditinstitute gerichtet (vgl. nur OLG Celle, aaO, Rz. 35). Sowohl das aufsichtsrechtliche Verbot mit Erlaubnisvorbehalt nach dem KWG als auch nach dem ZAG bezwecken einen ausgeprägten Individualschutz für Nutzer und Verbraucher (vgl. Janßen, aaO, S. 61; BeckOGK/BGB/Spindler, aaO, § 823 Rn. 294; BeckOGK/BGB/Spindler, aaO, § 823 Rn. 294 mwN). § 8 Abs. 1 ZAG a.F. dient im Interesse der Verbraucher zur Sicherstellung einer bestimmten Qualität, Sicherheit oder Unbedenklichkeit der angebotenen Dienstleistung und soll ihn vor unzuverlässigen Zahlungsinstituten schützen. Er dient gerade deshalb auch dem Verbraucherschutz (vgl. LG Köln, Urteil vom 29. September 2011 – 81 O 91/11, Rz. 17 mwN).

b.

Die Beklagte zu 1. handelte auch als Zahlungsdienstleister im Sinne § 1 Abs. 1 Nr. 5 ZAG (in der Fassung vom 1. Januar 2014 bis 2. Januar 2018; im Folgenden: a.F.). Danach handelt als Zahlungsdienstleister, wer gewerbsmäßig oder in einem Umfang, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Geschäftsbetrieb erfordert, Zahlungsdienste erbringt, ohne unter die Nr. 1-4 zu fallen (Zahlungsinstitute).

Die Beklagte zu 1. handelte auch als „Unternehmen“ i.S. dieser Vorschrift. Denn ein solches wird als organisatorisch-wirtschaftliche Einheit begriffen, durch welche der Unternehmer als Träger des Unternehmens seine meist wirtschaftlichen Zwecke verfolgt. Kennzeichnend für den Unternehmer ist dabei, dass er sein Unternehmen auf eigene Kosten und Gefahr selbstständig leitet (vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 2018, aaO, Rz. 12 mwN). Unternehmer ist jedoch ebenfalls, wer im Rahmen seiner selbständigen beruflichen Tätigkeit, wie dies bei der Beklagten zu 1. als Rechtsanwältin der Fall war, handelt.

Unter § 1 Abs. 1 Nr. 5 ZAG a.F. fallen nämlich auch natürliche Personen, jedenfalls sofern sie unternehmerisch handeln (vgl. BGH, Urteil vom 16. Januar 2018 – VI ZR 474/16, Rz. 11 in Abgrenzung zum Beschluss des 5. Strafsenats vom 28. Oktober 2015 – 5 StR 189/15, Rz. 5). Unternehmerisches Handeln kann auch durch Selbstständige erfolgen. Selbstständiges berufliches Handeln ist in erster Linie bei den Angehörigen der freien Berufe gegeben, die man traditionell nicht als Gewerbe einordnet. Hierzu gehören auch Rechtsanwälte (vgl. nur BeckOK/BGB/Bamberger, Stand: 1. Februar 2020, § 14 Rn. 21), die demgemäß im Rahmen ihrer beruflichen Tätigkeit auch als Unternehmer gem. § 14 BGB anzusehen sind (vgl. nur MünchKomm/Micklitz, 8. Auflage 2018, § 14 Rn. 21; BeckOK/BGB/Bamberger, Stand: 1. Februar 2020, § 14 Rn. 9).

§ 1 Abs. 1 Nr. 5 ZAG a.F. fordert nicht, dass es dem Unternehmen gerade um die Zahlungsdienste gehen muss. Vielmehr werden auch Zahlungsdienste als Nebendienst für ein Hauptgeschäft erfasst. Es genügt, dass die Zahlungsdienste im Rahmen der gewerblichen/unternehmerischen Tätigkeit erbracht werden (vgl. LG Köln, aaO, Rz. 19), sie müssen nicht Hauptzweck der Tätigkeit sein (vgl. LG Köln, aaO, Rz. 22).

Die Beklagte zu 1. hat hier Zahlungsdienste in Form von Finanztransfergeschäften nach § 1 Abs. 2 Nr. 6 ZAG a.F. vorgenommen. Diese liegen unter anderem bei Diensten vor, bei denen – wie hier - ohne Einrichtung eines Kontos auf den Namen des Zahlers (hier der Kläger) ein Geldbetrag ausschließlich zur Übermittlung eines entsprechenden Betrags an den Zahlungsempfänger entgegengenommen wird (vgl. LG Krefeld, Urteil vom 30. September 2016 – 1 S 30/16, Rz. 35). Bei diesen Finanztransferdiensten steht der Zahlungsdienstleister (hier die Beklagte zu 1.) „im Lager“ des Zahlungsempfängers (hier die Beklagte zu 2.; vgl. hierzu LG Krefeld, aaO, Rz. 36 unter Hinweis auf das BaFin-Merkblatt ZAG vom 22. November 2011). Dies war hier auch der Fall, denn die Beklagte zu 1. handelte nach ihrem Vorbringen aufgrund eines Anwaltsdienstvertrags mit der Beklagten zu 2..

Diese Zahlungsdienste hat die Beklagte zu 1. in Ausübung ihrer selbständigen Tätigkeit vorgenommen. Gemäß ihrem Vorbringen ist davon auszugehen, dass sie in Ausübung ihrer seinerzeitigen Tätigkeit als Rechtsanwältin aufgrund eines anwaltlichen Dienstvertragsverhältnisses mit der Beklagten zu 2. für diese ein Anderkonto/Treuhandkonto einrichtete und gemäß deren Weisungen die eingenommenen Zahlungen an diese weiterleitete. Sie hat, dies steht nicht im Streit, für die Beklagte zu 2. mehrere Mio. Euro von deren Kunden entgegengenommen (vgl. das unwidersprochen gebliebene Vorbringen des Klägers im Schriftsatz vom 9. April 2018, S. 2, GA 79 und in der Berufungserwiderung vom 2. September 2019, S. 2, GA 181). Die Beklagte zu 1. hat in diesem Zusammenhang ausdrücklich angegeben, sie habe als „Zahlstelle“ für die Beklagte zu 2. fungiert (Schriftsätze vom 25. Januar 2019, S. 2, GA 109 und vom 12. März 2019, S. 4, GA 130). Zudem hat sie, auch dies hat der Kläger unwidersprochen vorgetragen, von dem vereinnahmten Geld einen Betrag von mehr als EUR 50.000,00 direkt für sich entnommen (vgl. Schriftsatz vom 9. April 2018, S. 4, GA 81), ist für ihre Tätigkeit also mit einem erheblichen Betrag vergütet worden.

c.

Auch ein Zurechnungszusammenhang ist gegeben. Der Schaden wurde durch die Verletzung des Schutzgesetzes verursacht, wobei im Sinne eines Anscheinsbeweises ausreichend ist, wenn die Befolgung des Schutzgesetzes eine größere Sicherheit gegen den Schadenseintritt geboten hätte (vgl. BGH, Urteil vom 9. Mai 1961 – VI ZR 197/60 unter III.; Palandt/Sprau, BGB, 79. Auflage 2020, § 823 Rn. 59). Hätte die Beklagte zu 1. die schriftliche Erlaubnis der BaFin eingeholt, hätte diese das Geschäftsmodell geprüft (§ 10 Abs. 3 Nr. 1 ZAG in der Fassung vom 9. April 2013 bis 12. Januar 2018). Es muss davon ausgegangen werden, dass die Transaktion vor diesem Hintergrund nicht wie erfolgt hätte durchgeführt werden können und der Kläger der Beklagten zu 1. nicht den eingezahlten Betrag überlassen hätte. Der Verstoß der Beklagten zu 1. gegen das Schutzgesetz war somit auch schadensursächlich. Denn hätte sie von der unerlaubten Entgegennahme und dem Transfer an die Beklagte zu 2. abgesehen, wäre es nicht zum Verlust des vom Kläger eingezahlten Kapitals gekommen (vgl. hierzu auch BGH, Urteil vom 19. März 2013 – VI ZR 56/12, Rz. 31).

d.

Die Beklagte zu 1. handelte schuldhaft, nämlich jedenfalls (grob) fahrlässig. Nach § 31 ZAG ist auch ein fahrlässiges Handeln strafbewehrt. Die Beklagte zu 1. hat zu Gunsten der Beklagten zu 2. ein Treuhandkonto/Anderkonto eröffnet und für diese Zahlungen in Millionenhöhe vereinnahmt, obwohl sie wusste, dass gegen den Geschäftsführer der Beklagten zu 2. eine Gewerbeuntersagung ausgesprochen worden war. Dies steht zwischen den Parteien nicht im Streit, das Landgericht hat es in seinem Tatbestand als unstreitig festgehalten. Sie hat erkannt, dass Geldbeträge in Millionenhöhe auf dieses Konto von unterschiedlichen Kunden eingezahlt werden und hat diese Gelder unbesehen (so ihr Vorbringen) und allein auf Weisung der Beklagten zu 2. weitergeleitet. Zudem wäre sie als Rechtsanwältin gehalten gewesen, sich über etwaige Erlaubnisvorbehalte zu unterrichten (vgl. hierzu nur BGH, Urteil vom 19. März 2013 – VI ZR 56/12, Rz. 30 mwN), was sie pflichtwidrig unterlassen hat.

e.

Dem Kläger ist durch die verbotswidrige Tätigkeit der Beklagten zu 1. ein Schaden iHv EUR 10.000,-- entstanden, den er zur Zahlung verlangen kann.

2.

Die Beklagte zu 1. ist somit jedenfalls der deliktischen Haftung unterworfen, weshalb offenbleiben kann, ob der vom Landgericht angenommene konkludente Treuhandvertrag mit dem Kläger zustande gekommen ist, ein Vertragsverhältnis eigener Art begründet wurde, die Grundsätze der Anscheinsvollmacht auf das Verhalten der Beklagten zu 1. anwendbar sind und sich ein etwaiges Vertragsverhältnis nach deutschem oder US-amerikanischen Recht richten würde.

Für die hier gegebene deliktische Haftung der Beklagten zu 1. stellt sich die letztgenannte Frage ohnehin nicht, denn die unerlaubte Handlung hat die Beklagte zu 1. in Deutschland begangen.“

B.

Der Schriftsatz der Beklagten zu 1. vom 13. August 2020 gibt keinen Anlass zu einer anderen Beurteilung, weil er gegenüber der Berufungsbegründung, die der Senat vollständig berücksichtigt hat, keine neuen Gesichtspunkte enthält.

Gründe für eine Revisionszulassung liegen entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1. nicht vor, denn eine Divergenz zu der von ihr vorgelegten, im Rahmen einer Beschwerde in einem Prozesskostenhilfeprüfungsverfahren getroffenen Entscheidung des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 15. April 2020 zu der Entscheidung vom 21. Juli 2020 liegt nicht vor. Der 14. Zivilsenat hat lediglich darauf erkannt, dass das Prozesskostenhilfegesuch der Beklagten zu 2. (hier Beklagte zu 1.) nicht mit der Begründung zurückgewiesen werden könne, sie hafte nach den Grundsätzen einer Anscheinsvollmacht.

Auf diesen rechtlichen Gesichtspunkt wird in dem Beschluss des hier erkennenden Senats vom 21. Juli 2020 jedoch nicht abgestellt, denn diese Frage wurde ausdrücklich offengelassen (vgl. unter II. 2., S. 10-11, GA 210). Demgemäß widersprechen sich die Begründungen nicht.

Die von der Beklagten gezogene Schlussfolgerung, das Ausscheiden einer Haftung nach den Grundsätzen der Anscheinsvollmacht schließe eine deliktische Haftung aus, ist unrichtig. Die Haftung aus Anscheinsvollmacht beruht auf einem Verhalten, welches zurechenbar einen Rechtsschein begründet hat. Die hier angenommene deliktische Haftung der Beklagten zu 1. beruht jedoch nicht auf Rechtsscheingründen, sondern auf einem Verstoß gegen ein Schutzgesetz nach § 823 Abs. 2 BGB iVm § 8 Abs. 1 ZAG a.F.. Auf ein betrügerisches Verhalten der Beklagten zu 1. wird insoweit nicht abgestellt, sondern auf den ihr vorzuwerfenden (fahrlässigen) Verstoß gegen die Durchführung erlaubnispflichtiger Zahlungsdienste.

C.

Die Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Nrn. 2 und 3 ZPO liegen ebenfalls vor. Die Rechtssache hat weder grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 ZPO) noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Senats im Urteilsverfahren (§ 522 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Eine mündliche Verhandlung ist ebenfalls nicht geboten (§ 522 Abs. 2 Nr. 4 ZPO).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Die Entscheidungen zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergehen gemäß §§ 708 Nr. 10 S. 2, 713 ZPO.

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