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RdZ-News
26.10.2023
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OLG Hamm: Keine teleologische Reduktion des § 817 S. 2 BGB bei Spielerklagen

OLG Hamm, Urteil vom 21.03.2023 – 21 U 116/21

ECLI:DE:OLGHAM:2023:0321.21U116.21.00

Volltext des Urteils: RdZL2023-205-1

Leitsätze

1. Bis zum 30.6.2021 war gem. § 4 IV und V GlüStV 2012 das Veranstalten von Online-Casinospielen und virtuellen Automatenspielen im Internet verboten und auch nicht erlaubnisfähig, so dass darüber geschlossene Verträge gem. § 134 BGB nichtig sind. Dass die in Zusammenhang mit verbotenen Online-Glücksspielen an Zahlungsdienstleister erteilte Anweisungen nicht gem. § 134 BGB nichtig sind (BGH VuR 2013, 18, 20) steht dem nicht entgegen.

2. Aus dem Zusammenhang zwischen § 4 GlüStV einerseits und §§ 284, 285 StGB andererseits ergibt sich, dass das gesetzliche Verbot jedenfalls im Ergebnis an beide Vertragsparteien gerichtet ist.

3. Soweit Spieleinsätze aufgrund der nichtigen Verträge ohne Rechtsgrund geleistet wurden, besteht ein Kondiktionsanspruch des Spielers aus § 812 Abs. 1 S. 1 BGB, der ausnahmsweise gem. § 817 S. 2 BGB ausgeschlossen sein kann, wenn die Leistung in Kenntnis des gesetzlichen Verbots erbracht wurde; eine teleologische Reduktion von § 817 S. 2 BGB ist in diesem Zusammenhang aufgrund ähnlicher Erwägungen wie bei wegen Verstoßes gegen § 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwArbG nichtigen Verträgen nicht angezeigt.

4. Die Darlegungs- und Beweislast für die Voraussetzungen der rechtshindernden Einwendung aus § 817 S. 2 BGB, also für einen bewussten oder zumindest leichtfertigen Verstoß gegen das gesetzliche Verbot durch den Spielteilnehmer, liegen beim sich darauf berufenden Bereicherungsschuldner, so dass verbleibende Zweifel zu seinen Lasten gehen.

Sachverhalt

I. Die Beklagte betreibt ein Unternehmen mit Sitz in A, zu dessen Gegenstand der Betrieb einer über die URL „webadresse01“ erreichbaren Website gehört, auf der Nutzer online an Glücksspielen wie Roulette, Blackjack etc. teilnehmen sowie virtuelle Spielautomaten („Slots“) betätigen können. Spielinhalte, Kundensupport und Kontaktangaben der Beklagten sind in deutscher Sprache formuliert. Sie verfügt über eine Lizenz aus A, nicht hingegen über eine Glücksspiellizenz deutscher Behörden.

Die Klägerin macht gegen die Beklagte Rückzahlungsansprüche im Hinblick auf Geldbeträge geltend, die sie im Rahmen von solchen Online-Glücksspielen an die Beklagte entrichtete. Die Klägerin nahm an Spielen der Variante Videopoker teil, bei denen sie nicht gegen andere menschliche, sondern virtuelle Spieler antrat. Die Nutzung des Angebots der Beklagten durch die Klägerin erfolgte, nachdem sie sich auf der Website der Beklagten unter Angabe des Wohnsitzes registriert hatte, von der Wohnung der Klägerin in B aus. Die Klägerin, die tagsüber einer geregelten Arbeit als kaufmännische Angestellte nachging, spielte abends und an den Wochenenden.

Insgesamt erlitt die Klägerin in Form von an die Beklagte im Zeitraum vom 18.9.2018 bis zum 25.11.2019 mittels Online-Überweisung oder Kreditkartenbuchung geleisteter Zahlungen über 385.205,00 € (K2) – abzüglich ausgezahlter Gewinne in Höhe von 252.354,45 € – einen Verlust in Höhe von 132.850,55 €. Dieser Betrag, dessen Rückzahlung die Klägerin außergerichtlich mit Anwaltsschreiben vom 3.12.2019 von der Beklagten bis zum 17.12.2019 gefordert hatte, ist Gegenstand der Klageforderung.

Die Klägerin hat erstinstanzlich geltend gemacht, das Angebot der Beklagten als Verbraucherin wahrgenommen zu haben. Das im Internet frei abrufbare Angebot der Beklagten sei auf den deutschen Markt ausgerichtet und gem. § 4 IV GlüStV verboten gewesen, so dass die zwischen den Parteien geschlossenen Verträge gem. § 134 BGB nichtig seien. Daher könne sie die geleisteten Zahlungen gem. § 812 I S. 1 BGB zurückfordern, ohne dass dem § 762 I BGB oder § 817 S. 2 BGB entgegenstehen, denn ihr sei die Illegalität der angebotenen Glücksspiele nicht bewusst gewesen. Schließlich bestehe auch ein Anspruch auf Schadensersatz gem. § 823 II BGB in Verbindung mit § 4 IV GlüStV sowie § 284 StGB.

Die Beklagte hat unter Bezugnahme auf ihre AGB die Zuständigkeit des Landgerichts sowie die Anwendung deutschen Rechts gerügt. Sie hat gemeint, die von ihr angebotenen Glücksspiele seien nicht unzulässig, § 4 IV GlüStV könne als europarechtswidrige Norm nicht zur Anwendung kommen. Anderslautende Rechtsprechung des BVerwG sei insbesondere aufgrund der Änderung des Glücksspielstaatsvertrags als überholt anzusehen. Jedenfalls stehe einem etwaigen Rückzahlungsanspruch der Klägerin ein Ausschluss gem. § 242 BGB bzw. § 817 S. 2 BGB entgegen, denn die Klägerin sei, da sie seit Jahren im Online-Glücksspiel als Spielerin aktiv sei und zeitweise in diesem Bereich auch beruflich aktiv gewesen sei, nicht von der Legalität des Angebots der Beklagten ausgegangen. Durch ihre Teilnahme am Glücksspiel habe die Klägerin, wenn dieses verboten gewesen sei, selbst den Tatbestand des § 285 StGB verwirklicht.

Die Gerichtskosten für das erstinstanzliche Verfahren wurden aufgrund eines Prozessfinanzierungsvertrags vom 26.8.2020 durch eine C GmbH eingezahlt. Darin ist in § 6 vereinbart, dass die streitgegenständlichen Ansprüche an die C GmbH abgetreten, jedoch ausschließlich durch die Klägerin in eigenem Namen geltend gemacht werden.

Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens sowie der gestellten Anträge im ersten Rechtszug wird auf die Darstellung im Urteil des Landgerichts Paderborn Bezug genommen.

Mit am 8.7.2021 verkündetem Urteil hat das Landgericht Paderborn nach persönlicher Anhörung der Klägerin (Bl. 185-186) die Beklagte antragsgemäß zur Zahlung von 132.850,55 € nebst Zinsen seit dem 18.12.2019 verurteilt. Es hat seine internationale Zuständigkeit gem. Art. 18, 17 I c) EuGVVO angenommen. Die Klägerin sei als Verbraucherin anzusehen, und die Beklagte habe ihre gewerbliche Tätigkeit in Deutschland ausgeübt, indem sie ihre Dienste auf der Website in deutscher Sprache angeboten habe. Hinsichtlich der mit der Klage geltend gemachten Bereicherungsansprüche ergebe sich zudem eine Zuständigkeit gem. Art. 7 Nr. 1 EuGVVO, während entgegenstehende AGB unwirksam seien. Gem. Art. 6 I Rom I finde deutsches Recht Anwendung, weil die Klägerin Verbraucherin und die Beklagte Unternehmerin sei. Ziff. 8 der englischsprachigen AGB der Beklagten, wonach Asches Recht gelten sollte, sei unwirksam, da sie nicht hinreichend kenntlich mache, welche zwingenden Normen des deutschen Rechts bei Wirksamkeit der Rechtswahl gem. Art. 6 II S. 2 Rom I anwendbar bleiben würden.

Zur Begründetheit der Klage ist im Wesentlichen ausgeführt worden, der Rückzahlungsanspruch der Klägerin ergebe sich aus § 812 I S. 1 BGB, weil es an einem Rechtsgrund für die geleisteten Zahlungen fehle. Zwischen den Parteien geschlossene Verträge über das Online-Glücksspiel seien gem. §§ 134 BGB, 4 IV GlüStV nichtig. Das Verbot, Glücksspiele im Internet anzubieten oder zu vermitteln, sei verfassungskonform und stehe mit dem Recht der europäischen Union in Einklang. Die Einschränkung der durch Art. 56 f. AEUV geschützten Niederlassungsfreiheit sei durch die Ziele des Verbraucherschutzes und der Suchtprävention gerechtfertigt. Das höhere Suchtpotenzial von Online-Casinospielen gegenüber staatlich zugelassenen Glücksspielen sei nachgewiesen, so dass die Bestimmungen als kohärent anzusehen seien. Da die Verträge unwirksam seien, gelte § 762 II BGB nicht. Die Rückforderung sei auch nicht gem. § 817 S. 2 BGB ausgeschlossen, denn die Klägerin habe glaubhaft erklärt, angenommen zu haben, dass die Beklagte auf Grundlage einer gültigen und einschlägigen Lizenz legales Glücksspiel angeboten habe. Sie habe sich der Einsicht in die Illegalität nicht leichtfertig verschlossen. Diese nachvollziehbaren Angaben habe die Beklagte nicht widerlegt. Jedenfalls sei der Ausschluss gem. § 817 S. 2 BGB teleologisch dahingehend zu reduzieren, dass sich daraus kein Anreiz zur Fortsetzung eines gesetzwidrigen Handelns ergeben dürfe. Die von der Beklagten angebotenen Online-Spiele seien insofern einem sittenwidrigen Schneeballsystem vergleichbar. Der an einem unerlaubten Glücksspiel teilnehmende Spieler sei besonders schutzwürdig.

Dagegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, indem sie u.a. weiterhin die internationale Zuständigkeit – u.a. auch mit Blick auf den nun von der Klägerin vorgelegten Prozessfinanzierungsvertrag - rügt und geltend macht, das Internetverbot in § 4 IV GlüStV in der Fassung von 2012 sei wegen Inkohärenz, und weil es geeignetere und mildere Mittel zur Erreichung der gesetzgeberischen Zwecke gegeben habe, unwirksam. Die vom Landgericht in Bezug genommene Rechtsprechung des BVerwG sei insofern überholt, da neue Erkenntnisse, die zur Liberalisierung des Onlineangebots von Glücksspielen in der Fassung des GlüStV von 2021 geführt hätten, im Jahr 2017 noch nicht vorgelegen hätten. Daher seien Ansprüche der Klägerin, deren Aktivlegitimation die Beklagte bestreitet, aus §§ 812 I S. 1 in Verbindung mit § 134 BGB oder aus § 823 II BGB ausgeschlossen. Die Beklagte macht unter Hinweis auf eine Entscheidung des BGH, wonach die Anweisung an einen Zahlungsdienstleister zur Zahlung an den Anbieter unerlaubten Online-Glücksspiels nicht gem. § 134 BGB nichtig ist, geltend, die Nichtigkeitsfolge sei auch im hiesigen Rechtsstreit nicht angemessen. Zudem sei eine Rückforderung gem. § 817 S. 2 BGB gesperrt, weil sich die Klägerin vor dem Hintergrund umfassender öffentlicher Diskussionen zur umstrittenen Legalität von Online-Glücksspielen (BK2) der Einsicht in die Gesetzwidrigkeit leichtfertig verschlossen haben müsse. Das Landgericht habe insofern die vorgelegten Ausdrucke von Forumsbeiträgen der Klägerin sowie deren Angaben fehlerhaft gewürdigt. Eine nur ausnahmsweise mögliche teleologische Reduktion von § 817 BGB komme nicht in Betracht und sei insbesondere nicht aus Gründen der Generalprävention angezeigt. Deliktische Ansprüche seien nicht gegeben, weil § 4 IV GlüStV 2012 und § 284 StGB keine Schutzgesetze seien und der Klägerin hinsichtlich der freiwillig geleisteten Spieleinsätze kein Schaden entstanden sei. Jedenfalls liege ein überragendes Mitverschulden der Klägerin vor und seien Ansprüche wegen unzulässiger Rechtsausübung im wirtschaftlichen Interesse des Prozessfinanzierers und der Klägervertreter sowie wegen widersprüchlichen Verhaltens der Klägerin gem. § 242 BGB ausgeschlossen.

Die Beklagte beantragt,

das am 8.7.2021 verkündete Urteil des Landgerichts Paderborn, Az. 4 O 323/20, abzuändern und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres bisherigen Vorbringens. Sie meint, angesichts des umfassenden Vortrags der Beklagten zur Unwirksamkeit des Internetverbots in § 4 IV GlüStV könne nicht auf der Hand gelegen haben, dass Online-Glücksspiel, für das auch öffentlich geworben worden sei, illegal wäre. Die Klägerin sei auch im Rahmen ihrer früheren beruflichen Tätigkeit bei einem Anbieter solcher Glücksspiele von deren Rechtmäßigkeit ausgegangen und nie anders lautend informiert worden. Dabei nimmt sie Bezug auf weitere seit Urteilsverkündung ergangene Rechtsprechung und meint, aus dem Schutzzweck von § 4 IV GlüStV 2012 ergebe sich, dass ein Verstoß des Anbieters gegen dieses Verbot zur Nichtigkeit gem. § 134 BGB führen und § 817 S. 2 BGB teleologisch eingeschränkt werden müsse. Außerdem ergebe sich ihr Zahlungsanspruch auch aus § 823 II BGB in Verbindung mit § 4 IV GlüStV 2012.

Im Übrigen wird hinsichtlich des Vortrags der Parteien auf den Inhalt der zur Akte gereichten Schriftsätze verwiesen.

Der Senat hat anlässlich der mündlichen Verhandlung vom 9.2.2023 die Klägerin nochmals persönlich angehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Sachaufklärung insoweit wird auf den Berichterstattervermerk Bezug genommen.

II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat keinen Erfolg. Eine unvollständige oder unrichtige Tatsachenfeststellung durch das Landgericht ist im Ergebnis nicht festzustellen. Die auf Grundlage der festgestellten Tatsachen getroffene rechtliche Würdigung ist nicht zu beanstanden. Die Klage ist zulässig und begründet.

Aus den Gründen

1. Die Klage ist zulässig. Das Landgericht hat sowohl seine internationale Zuständigkeit als auch die Anwendbarkeit deutschen Rechts zu Recht und mit zutreffender Begründung bejaht. Wenn ein Verbraucher mit Wohnsitz in Deutschland Wetteinsätze zurückverlangt, die er beim (verbotenen) Online-Glücksspiel eines im europäischen Ausland ansässigen gewerblichen Anbieters verloren hat, dann sind für die Klage gem. Art. 18 I EuGVVO die deutschen Gerichte international zuständig, und in dem Prozess ist gem. Art. 6 I Rom I deutsches Recht anzuwenden; die Rechtswahlklausel in den AGB der Beklagten ist aus den vom Landgericht zutreffend angeführten Gründen unwirksam (OLG Frankfurt, Beschluss v. 8.4.2022, 23 U 55/21, BeckRS 2022, 12872 [Rz. 42-43]; OLG Hamm, Beschluss v. 12.11.2021, 12 W 13/21, BeckRS 2021, 37639 [Rz. 12-13]; BeckOGK/Haertlein, BGB, Stand 1.7.2022, § 762 Rn. 114).

a) Als Verbraucher ist in diesem Zusammenhang jede natürliche Person anzusehen, die Verträge zur Deckung ihres privaten Eigenbedarfs schließt, sofern diese nicht ihrer gegenwärtigen oder zukünftigen beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden können. Verbraucher ist daher auch die Person, die einen Vertrag über die Teilnahme am Online-Poker-Spiel mit dem Ziel abschließt, daraus erhebliche Gewinne zu erwirtschaften. Die Klägerin ist Verbraucherin, denn sie ging unstreitig während des gesamten hier streitgegenständlichen Zeitraums einer in Vollschicht ausgeübten Erwerbstätigkeit als kaufmännische Angestellte nach, die mit der Glücksspielteilnahme nicht in Zusammenhang stand. Eine unternehmerische oder gewerbliche Tätigkeit ist nicht konkret vorgetragen oder aus den Umständen erkennbar.

Die im Prozessfinanzierungsvertrag getroffenen Vereinbarungen haben keinen Einfluss auf die internationale Zuständigkeit. Der Begriff des Verbrauchers im Sinne der Art. 15 und 16 VO Nr. 44/2001 (a.F.) ist anhand der Stellung dieser Person innerhalb des konkreten Vertrags in Verbindung mit dessen Natur und Zielsetzung und nicht anhand ihrer subjektiven Stellung zu bestimmen. Deshalb fallen nur Verträge, die eine Einzelperson ohne Bezug zu einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit oder Zielsetzung und unabhängig von einer solchen allein zu dem Zweck schließt, ihren Eigenbedarf beim privaten Verbrauch zu decken, unter die Sonderregelung, welche die VO zum Schutz des Verbrauchers vorsieht, wohingegen dieser Schutz nicht gerechtfertigt ist bei Verträgen, deren Zweck in einer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit besteht (EuGH NJW 2018, 1003, 1004). Diese Grundsätze gelten gleichermaßen für die wortgleichen Bestimmungen in Art. 17 und 18 EuGVVO n.F. (Paulus, NJW 2018, 987, 989). Maßgeblich für die Bestimmung der Verbrauchereigenschaft ist mithin nicht die Art der Geltendmachung der sich aus einem Vertrag ergebenden Ansprüche – hier im Wege der Prozessstandschaft,- sondern die Zielsetzung des Vertrags bei Abschluss und Durchführung. Eine Forderungsabtretung kann für sich allein keinen Einfluss auf die Bestimmung des zuständigen Gerichts haben (EuGH NJW 2018, 1003, 1005).

b) Auch richtet die Beklagte ihre Tätigkeit auf Deutschland aus. So waren ihre Glücksspielangebote gerade auch in deutscher Sprache verfügbar. Wird den Verbrauchern auf der Website die Verwendung einer anderen Sprache als derjenigen ermöglicht, die in dem Mitgliedstaat des Gewerbetreibenden üblicherweise verwendet wird, so kann dies einen Anhaltspunkt bilden, der die Annahme erlaubt, dass die Tätigkeit des Gewerbetreibenden auf andere Mitgliedstaaten ausgerichtet ist. Gem. Art. 6 I lit b) Rom I unterliegt ein Verbrauchervertrag dem Recht des Staates, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, sofern der Unternehmer seine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit auf diesen Staat ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt (OLG Köln, Urteil v. 31.10.2022, 19 U 51/22, BeckRS 2022, 37044 [Rz. 38, 43]).

2. Die Klägerin kann die Klageforderung auch im eigenen Namen geltend machen, obwohl sie ihre streitgegenständlichen Ansprüche im Rahmen des Prozessfinanzierungsvertrags zur Sicherung an die C GmbH abgetreten hat. Bei der Sicherungszession können nämlich die Voraussetzungen für eine gewillkürte Prozessstandschaft vorliegen. Das dafür erforderliche schutzwürdige Eigeninteresse des Klägers und des Rechtsinhabers ist bei einer Sicherungszession - wie sie hier vorliegt - grundsätzlich gegeben (BGH NJW 2022, 1959, 1961). Die Klägerin muss darüber hinaus nachweisen, dass der Prozessfinanzierer als Rechtsinhaber sie zur aktiven Prozessführung ermächtigt hat, und das ist hier ausweislich § 6 Ziff. 2 des vorgelegten Vertrags der Fall. Aus dem Umstand, dass die Abtretung mittlerweile offengelegt wurde, folgt nicht, dass die Klägerin nicht mehr zum Einzug der Forderungen ermächtigt wäre (vgl. OLG Stuttgart, Urteil v. 16.12.2021, 2 U 4/20, GRUR-RS 2022, 6379 [Rz. 76, 83]), denn § 6 Ziff. 4 setzt systematisch eine Offenlegung der Abtretung durch die C GmbH gem. § 6 Ziff. 3 voraus, zu der es hier nicht gekommen ist.

3. Die Voraussetzungen eines Kondiktionsanspruchs gem. § 812 I S. 1 BGB sind aus den vom Landgericht angeführten Gründen erfüllt. Die seitens der Klägerin überwiegend mittels Kreditkartenbuchungen und Überweisungen an die Beklagte geleisteten Zahlungen als solche sind schriftlich dokumentiert und unstreitig. Die Beklagte erlangte dadurch entsprechende Forderungen.

Die zwischen den Parteien über die Teilnahme der Klägerin an den Online-Glücksspielen geschlossenen Verträge sind wegen eines Verstoßes gegen das in § 4 IV GlüStV 2012 konstituierte Internetverbot gem. § 134 BGB nichtig, so dass sie keinen Rechtsgrund für die geleisteten Zahlungen und das Behalten der dadurch erlangten Gutschriften bieten können (OLG Frankfurt, Beschluss v. 8.4.2022, 23 U 55/21, BeckRS 2022, 12872 [Rz. 44-47]; OLG Hamm, Beschluss v. 12.11.2021, 12 W 13/21, BeckRS 2021, 37639 [Rz. 14-16]).

a) Das Veranstalten öffentlicher Glücksspiele ohne Erlaubnis der zuständigen Landesbehörde war nach § 4 I S. 1 und S. 2 GlüStV 2012 und ist gem. § 4 I S. 1 und S. 2 GlüStV 2021 verboten. Bis zum 30.6.2021 war gem. § 4 IV und V GlüStV 2012 das Veranstalten von Online-Casinospielen und virtuellen Automatenspielen im Internet verboten und auch nicht erlaubnisfähig. Durch den Umlaufbeschluss vom 8.9.2020 sind die unerlaubten Online-Angebote von Casino- und Automatenspielen nicht im Wege eines Verwaltungsakts legalisiert worden. Die Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder haben sich lediglich auf ein koordiniertes Vorgehen in der Glücksspielaufsicht verständigt, ohne verbindlich vorzugeben, dass gegen bestimmte unerlaubte Glücksspielangebote nicht mehr vorgegangen werden soll (BGH GRUR 2021, 1534, 1539). Dabei ist unstreitig, dass die Beklagte über eine Konzession zur Veranstaltung von Glücksspiel für das Land Nordrhein-Westfalen im streitbefangenen Zeitraum nicht verfügte. Selbst im Fall der nachträglichen Aufhebung eines Verbotsgesetzes ist anerkannt, dass die Nichtigkeit eines Rechtsgeschäfts, das zuvor unter Verstoß gegen das aufgehobene Gesetz abgeschlossen wurde, hiervon grundsätzlich unberührt bleibt (BGH NJW 2008, 3069; OLG Hamm Beschluss v. 12.11.2021, 12 W 13/21, BeckRS 2021, 37639 [Rz. 16]). Hier ist von einer vollständigen Aufhebung des Verbots nicht einmal auszugehen, sondern es gilt unter Erlaubnisvorbehalt weiterhin. Nach § 22 a I S. 2 GlüStV 2021 dürfen virtuelle Automatenspiele nur angeboten werden, wenn diese zuvor auf Antrag von der zuständigen Behörde erlaubt worden sind. Dasselbe gilt auch für die Varianten des Online-Pokers gem. § 22 b I S. 1 GlüStV (Brüning/Thomsen, NVwZ 2021, 11, 12). Auch nach der Neuregelung dürfen, damit eine Erlaubnis erteilt werden kann, zunächst keine Versagungsgründe gem. § 4 II GlüStV 2021 vorliegen; das Glücksspiel darf also nicht den Zielen des § 1 GlüStV, zu denen u.a. die Suchtprävention und -bekämpfung, die Gewährleistung von Jugend- und Spielerschutz sowie die Sicherstellung ordnungsgemäßer Durchführung von Glücksspielen gehören, zuwiderlaufen. Daneben müssen die Voraussetzungen des § 4 V GlüStV 2021 gegeben sein (Brüning/Thomsen, NVwZ 2021, 11). Beim Online-Poker dürfen gem. § 22 b III S. 1 GlüStV 2021 ausschließlich natürliche Personen gegeneinander spielen. Werden Programme eingesetzt, die automatisiert in ihrem Namen spielen, handelt es sich für diese Personen nach § 22 b III S. 3 um unerlaubtes Glücksspiel (Brüning/Thomsen, NVwZ 2021, 11, 13).

Dementsprechend wäre das Spielkonzept der Beklagten, das Gegenstand der Teilnahme durch die Klägerin war, auch nach der aktuellen Rechtslage als verbotswidrig anzusehen, denn sie verfügt nicht über die erforderliche behördliche Erlaubnis und könnte diese auch ohne tiefgreifende strukturelle Änderungen im Hinblick auf Höchsteinsätze und Layout nicht erlangen. Suchtpräventive Mechanismen zur Begrenzung von Spielwiederholungen und –einsätzen sind weder dargelegt noch erkennbar. Aus den Änderungen im GlüStV 2021 ergibt sich daher keineswegs ein Rückschluss, dass die frühere, hier einschlägige Regelung (unions-) rechtswidrig gewesen wäre (OLG Dresden, Urteil v. 27.10.2022, 10 U 736/22, BeckRS 2022, 30706 [Rz. 36]). Vor diesem Hintergrund ist die vom Landgericht angeführte und in Bezug genommene Rechtsprechung des BVerwG nicht als überholt anzusehen. Insbesondere die Entscheidungen vom 25.2.2015 (8 B 36.14, ZfWG 2015, 227) und vom 26.10.2017 (8 C 18/16, NVwZ 2018, 895), wonach die Bestimmungen in § 4 I, IV GlüStV 2012 sowohl verfassungsmäßig als auch mit den Bestimmungen des EU-Rechts vereinbar und deshalb wirksam gewesen sind, treffen weiterhin zu und müssen der Beklagten zu Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums bereits bekannt gewesen sein.

b) Etwas anderes folgt auch nicht aus dem Umstand, dass der Verstoß eines Zahlungsdienstleisters gegen das Verbot des § 4 I S. 2 Fall 2 GlüStV 2012 nicht zur Nichtigkeit der dem Zahlungsvorgang zugrunde liegenden Autorisierung gem. § 134 BGB führt.

Aufgrund des Zusammenhangs mit der Norm des § 9 I S. 3 Nr. 4 GlüStV 2012 ist der gesetzgeberische Wille anzunehmen, dass durch § 4 I S. 2 Fall 2 GlüStV 2012 nicht in das zivilrechtliche Schuldverhältnis zwischen Zahlungsdienstleister und Zahlungsdienstnutzer eingegriffen werden sollte (BGH VuR 2023, 18, 20). Diese Überlegung ist indes auf die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen das grundsätzliche Verbot, Glücksspiel ohne behördliche Erlaubnis zu veranstalten oder zu vermitteln, nicht zu übertragen. Die Autorisierung der Zahlung ist nicht auf die Erfüllung einer schlechthin unerlaubten Tätigkeit gerichtet (BGH a.a.O.), denn die Veranlassung der Zahlung ist – wie die Beteiligung am Glücksspiel selbst – durch § 4 I, IV GlüStV 2012 nicht verboten. Die Verbotsnorm richtet sich allein an die gewerblichen Anbieter von Glücksspielen (vgl. OLG Köln, Urteil v. 31.10.2022, 19 U 51/22, BeckRS 2022, 37044 [Rz. 49]) und Zahlungsdienstleistungen. Für die Veranstaltung und Vermittlung von Glücksspiel ohne behördliche Erlaubnis gilt das Verbot absolut und dient den in § 1 S. 1 GlüStV genannten Interessen des Gemeinwohls. Deshalb gebieten es die Interessen des einzelnen Spielers möglicherweise nicht, ihn durch die Nichtigkeit der von ihm bewirkten Zahlungsautorisierung vor den wirtschaftlichen Folgen des Glücksspiels zu schützen (BGH a.a.O.), während sie gleichwohl eine Nichtigkeit des über das verbotene Glücksspiel selbst geschlossenen Vertrags erfordern können. Den Gesetzesmaterialien lässt sich nämlich entnehmen, dass hinsichtlich der Zahlungsdienstleister nur eine subsidiäre Inanspruchnahme nach § 9 I S. 3 Nr. 4 GlüStV 2012 ermöglicht werden sollte, denn diese setzte neben der vorherigen Bekanntgabe unerlaubter Glücksspielangebote zusätzlich eine erfolglos gebliebene Inanspruchnahme des vom Online-Glücksspielverbot in § 4 IV GlüStV 2012 adressierten Veranstalters bzw. Vermittlers voraus. Bei der Betrachtung von § 4 I S. 2 und § 9 I S. 3 Nr. 4 GlüStV 2012 im Zusammenhang ergibt sich, dass § 4 I S. 2 Fall 2 GlüStV 2012 lediglich die gesetzliche Grundlage dafür schafft, dass die Glücksspielaufsicht die Mitwirkung gemäß § 9 I S. 3 Nr. 4 GlüStV 2012 untersagt und so das Verbot aus § 4 I S. 2 Fall 2 GlüStV 2012 konkretisiert. Zweck dieser Verknüpfung ist es ersichtlich, auf diesem mittelbaren Weg die Glücksspielveranstalter zu treffen, die ihren Sitz regelmäßig im Ausland haben und deshalb für deutsche Verwaltungsbehörden nicht erreichbar sind (OLG Köln, Urteil v. 23.6.2022, 18 U 8/21, BeckRS 2022, 17622 [Rz. 50-51]). Insbesondere dieser Umstand lässt im Verhältnis der Spieler, denen typischerweise keine effektiveren Zugriffsmöglichkeiten zu Gebote stehen als den Verwaltungsbehörden, zu ausländischen Anbietern oder Vermittlern unerlaubter Glücksspiele im Internet eine Nichtigkeit gem. § 134 BGB notwendig erscheinen, um den durch das Verbot beabsichtigten Schutz der Spieler und der Allgemeinheit wirksam umzusetzen. Denn selbst wenn eine Untersagung gem. § 9 I S. 3 Nr. 3 GlüStV auch einem ausländischen Glücksspielanbieter gegenüber wirksam durchgesetzt werden kann, wirkt sie als solche nur ex-nunc und lässt die Teilnehmer an bis dahin bereits abgewickelten Glücksspielen ungeschützt.

c) Der Nichtigkeit gemäß § 134 BGB steht vor diesem Hintergrund nicht entgegen, dass sich die Verbotsnorm des § 4 IV GlüStV 2012 nur an die Beklagte, nicht jedoch an die Klägerin richtete. Betrifft das gesetzliche Verbot nur einen Vertragspartner, so hat ein Verstoß dagegen zwar im Regelfall nicht die Unwirksamkeit des Rechtsgeschäfts zur Folge; etwas anderes gilt aber, wenn es mit dem Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes nicht vereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene rechtliche Regelung hinzunehmen und bestehen zu lassen, und hieraus die Nichtigkeit des Rechtsgeschäfts gefolgert werden muss. Dementsprechend wird hier die Nichtigkeitsfolge vom Gesetzeszweck gefordert, denn es liefe dem Sinn und Zweck, insbesondere der Bekämpfung der Spielsucht und dem Spieler- und Jugendschutz, aber auch dem Ziel, das Glücksspielangebot in geordnete und überwachte Bahnen zu lenken, zuwider, geschlossene Verträge über Online-Glücksspiele trotz des Verbots als wirksam anzusehen (vgl. OLG Köln, Urteil v. 31.10.2022, 19 U 51/22, BeckRS 2022, 37044 [Rz. 49]).

aa) Das ergibt sich nicht nur aus den vorgenannten Gesichtspunkten, sondern auch als Rückschluss insbesondere aus den in § 4 V GlüStV 2012 geforderten Voraussetzungen einer vom absoluten Verbot des § 4 IV GlüStV 2012 abweichenden Regelung der Länder, denn dort wurden u.a. eine grundsätzliche Begrenzung des Höchsteinsatzes je Spieler auf 1.000 € monatlich sowie ein Ausschluss von Suchtanreizen durch schnelle Wiederholungen gefordert, um die Ziele der Suchtprävention und des Spielerschutzes zu realisieren. Bereits aus dem hier als unstreitig feststehenden Sachverhalt ergibt sich, dass die Spielangebote der Beklagten, die in Deutschland uneingeschränkt in deutscher Sprache über das Internet erreichbar waren, derartige Schutzmechanismen nicht beinhalteten, ohne dass die Spielaufsicht innerhalb des hier maßgeblichen Zeitraums von ca. 14 Monaten in erkennbarer Weise wirksame Maßnahmen dagegen ergriffen hätte. Die Klägerin tätigte deutlich über die Grenze von 1.000,00 € monatlich hinausgehende Einsätze, teilweise sogar deutlich mehr als 1.000,00 € täglich – z.B. am 21.11. und 26.12.2018, 22.3., 1.5., 6.5., 15.5., 9.9., 16.10. und 24.10.2019 (K2).

bb) Außerdem ist zu berücksichtigen, dass durch § 285 StGB die Teilnahme an einem nicht behördlich erlaubten Glücksspiel unter dem Gesichtspunkt einer staatlichen Kanalisierung der Spielsucht unter Strafe gestellt ist (Heine/Hecker in Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl., § 285 Rn. 1, 3). Die Norm baut tatbestandlich auf § 284 StGB auf, wonach die Veranstaltung eines Glücksspiels ohne behördliche Erlaubnis strafbar ist. Dadurch ergibt sich eine logische Verknüpfung mit den Bestimmungen in § 4 I, IV GlüStV 2012, aufgrund derer mittelbar über § 285 StGB das Verbot auch an die Klägerin als Spielteilnehmerin gerichtet wurde.

4. Der klägerischen Forderung steht ein Kondiktionsausschluss gem. § 817 S. 2 BGB nicht entgegen, denn dessen tatbestandliche Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Die Rückforderung einer rechtsgrundlosen Leistung ist ausgeschlossen, wenn der Leistende gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen hat. Die Bestimmung dient maßgeblich der Generalprävention. Der Gesetzgeber setzt für gesetzes- oder sittenwidrige Leistungen einen adversen ökonomischen Anreiz. Die Botschaft der Norm lautet schlicht: Wer sich an gesetzes- oder sittenwidrigen Transaktionen beteiligt, muss wissen, dass seine Leistung selbst dann unwiederbringlich und ersatzlos verloren ist, wenn im Rahmen solcher Transaktionen Störungen auftreten (MüKo/Schwab, BGB, 8. Aufl., § 817 Rn. 10).

a) Die Vorschrift ist grundsätzlich hier anwendbar, denn sie ist nicht in ihrem Anwendungsbereich über den Wortlaut hinaus ausnahmsweise im Wege der teleologischen Reduktion beschränkt.

aa) Teilweise wird vertreten, in der gegebenen Konstellation sei die Norm nicht anwendbar, weil die Kondiktionssperre dem Schutzzweck der Verbotsnorm und der Nichtigkeitssanktion nicht zuwiderlaufen dürfe (Maier, VuR 2021, 231, 232). Innerhalb der Leistungskondiktion dürfe der Schutzzweck der jeweiligen nichtigkeitsbegründenden Norm nicht dadurch konterkariert werden, dass der durch sie zu verhindernde sittenwidrige Zustand perpetuiert oder weiterem sitten- und verbotswidrigen Handeln Vorschub geleistet wird, und dies gelte auch für den Fall, dass sich der Leistende der Einsicht der Sittenwidrigkeit möglicherweise leichtfertig verschlossen hat. Die Regelungen des GlüStV seien dazu bestimmt, die Spielteilnehmer vor suchtfördernden, ruinösen und/oder betrügerischen Erscheinungsformen des Glücksspiels zu schützen. Auch die Verbotsnorm gem. § 4 IV GlüStV 2012 verfolge jedenfalls unter anderem den Zweck des Spielerschutzes. Diese Intention würde unterlaufen, wenn die Spieleinsätze, die ein Spieler tätigt, in zivilrechtlicher Hinsicht kondiktionsfest wären, also dem Anbieter des verbotenen Glücksspiels dauerhaft verblieben (OLG Köln, Urteil v. 31.10.2022, 19 U 51/22, BeckRS 2022, 37044 [Rz. 61-62]; OLG Koblenz, Urteil v. 15.12.2022, 1 U 1281/22, BeckRS 2022, 40470 [Rz. 23]).

Dem Leistenden kann trotz § 817 S. 2 BGB ein Bereicherungsanspruch zustehen, wenn Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes die Gewährung eines solchen Anspruchs zwingend erfordern, etwa wenn das Verbotsgesetz vor allem zum Schutz des Leistenden erlassen worden ist. Die Norm ist darüber hinaus auch dann einschränkend auszulegen, wenn die Aufrechterhaltung des verbotswidrig geschaffenen Zustandes mit Sinn und Zweck des Verbotsgesetzes unvereinbar ist und deshalb von der Rechtsordnung nicht hingenommen werden kann (BGH NJW 2014, 1805, 1806; OLG Dresden, Urteil v. 27.10.2022, 10 U 736/22, BeckRS 2022, 30706 [Rz. 51-52]).

bb) Andererseits wird eine teleologische Reduktion abgelehnt, weil offen sei, ob nicht eine solche die Hoffnung auf ein scheinbar risikoloses Spiel begründen und so die Bereitschaft zur Teilnahme am Glücksspiel fördern kann (Hendricks/Lüder, VuR 2021, 333, 337; Engels/Stulz-Herrnstadt/Engelmann, GRUR-Prax 2021, 424). In diesem Zusammenhang sind Parallelen zwischen Systematik und Ratio von § 4 IV GlüStV einerseits und § 1 II Nr. 2 SchwArbG andererseits zu beachten, denn auch das im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz statuierte Verbot richtet sich vorrangig an den Unternehmer. Ein die Anwendung der gesetzlichen Regel des § 817 S. 2 BGB ausschließender Ausnahmefall liegt nur dann vor, wenn der verbotswidrig geschaffene Zustand selbst gegen das Verbotsgesetz verstößt, und das ist nicht der Fall, wenn lediglich die Ausführung von Arbeiten verboten ist, nicht aber der mittels dieser Arbeiten herbeigeführte Werkerfolg (BGH NJW 2014, 1805, 1806). Ausgehend vom Wortlaut der Regelung ist der hinter § 817 S. 2 BGB stehenden Ratio (nämlich: Generalprävention) zum Durchbruch zu verhelfen und auf dieser Grundlage über die (Nicht-)Anwendung der Norm zu entscheiden (Thöne, JuS 2019, 193, 200). Eine einschränkende Auslegung des § 817 S. 2 BGB kommt deshalb im Hinblick auf ohne entsprechende, die Umsatzsteuer ausweisende Rechnung schwarz gezahlten Werklohn nicht in Betracht. Zwischen den Vertragsparteien erfolgt in einem solchen Fall kein Wertausgleich. Wer bewusst das im Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz enthaltene Verbot missachtet, soll nach der Intention des Gesetzgebers schutzlos bleiben und veranlasst werden, das verbotene Geschäft nicht abzuschließen. Der Ausschluss eines bereicherungsrechtlichen Anspruchs mit der ihm zukommenden abschreckenden Wirkung ist ein geeignetes Mittel, die in der Gesetzesbegründung zum Ausdruck kommende Zielsetzung des Gesetzgebers mit den Mitteln des Zivilrechts zu fördern. Dies gilt für bereicherungsrechtliche Ansprüche sowohl des Werkunternehmers als auch des Bestellers, der sich auf den Abschluss eines gegen das Verbot des § 1 II Nr. 2 SchwArbG verstoßenden Werkvertrags eingelassen hat (NJW 2015, 2406, 2407).

cc) Diese Überlegungen sind nach Auffassung des Senats auf die Fallkonstellation der Teilnahme an einem verbotenen Glücksspiel zu übertragen, denn auch insofern kann die Verwirklichung des Gesetzeszwecks, welcher auch dem Straftatbestand des § 285 StGB zugrunde liegt, am wirksamsten erreicht werden, wenn auf beiden Seiten Rückforderungen wirksam ausgeschlossen sein können (Sarafi, ZfWG 2022, 149, 152). Dabei reichen die tatbestandlichen Einschränkungen, die sowohl § 285 StGB als auch § 817 S. 2 BGB vorsehen, aus, um unbillige und von der Intention des Gesetzgebers nicht umfasste Ergebnisse zu verhindern, da hinsichtlich des Verstoßes gegen das Verbotsgesetz mindestens bedingter Vorsatz erforderlich ist (Heine/Hecker in Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl., § 285 Rn. 4). Ein Ausschluss des Bereicherungsanspruchs durch § 817 S. 2 BGB ist auch und gerade unter dem Aspekt der Generalprävention nur dann zu rechtfertigen, wenn sich der Leistende bewusst außerhalb der Rechtsordnung gestellt, wenn er die Rechts- oder Sittenordnung vorsätzlich verletzt hat. Denn nur dann konnte ihn die Abschreckungswirkung, welche der Gesetzgeber der Kondiktionssperre zugedacht hat, in vollem Umfang erreichen (MüKo/Schwab, BGB, 8. Aufl., § 817 Rn. 85). Dieselben Überlegungen gelten bezüglich der Anwendung von § 134 BGB auf Fälle der Ohne-Rechnung-Abrede, denn der Verstoß gegen das allein an den Unternehmer gerichtete Verbot der Schwarzarbeit führt nur dann zur Nichtigkeit des Vertrags, wenn der Besteller davon weiß und ihn zu seinem Vorteil ausnutzen will (BGH NJW 2013, 3167, 3169).

Liegen aber diese Voraussetzungen vor, weil ein Spieler sich an einem öffentlichen Glücksspiel in Kenntnis der Illegalität beteiligte und dabei die Verwirklichung einer Tat gem. § 285 StGB wenigstens billigend in Kauf genommen hat, stellt es sich als sachgerecht auch im Sinne der in § 1 GlüStV formulierten Ziele dar, die Rückforderung der in Kenntnis des Verbots geleisteten Einsätze auszuschließen (vgl. OLG Braunschweig, Urteil v. 23.2.2023, 9 U 3/22, BeckRS 2023, 2622 [Rz. 144-146]). Denn in solchen Fällen resultiert ein drohender Vermögensschaden tatsächlich gerade nicht aus dem Verbot unerlaubten Glücksspiels, an das § 4 I GlüStV 2012 tatbestandlich anknüpft, sondern aus dem jedem Glücksspiel immanenten Risiko, dass Gewinne oder Verluste ungewiss und rein zufällig sind, worin das Wesen des Glücksspiels liegt (BGH VuR 2023, 18, 20).

b) Darauf kommt es allerdings für die Entscheidung des hiesigen Falls nicht an, weil – wie schon vom Landgericht angenommen – die Tatbestandsmerkmale des § 817 S. 2 BGB nicht erfüllt sind. Die Klägerin als Leistende hatte bei Leistung der Spieleinsätze keine Kenntnis von der Illegalität des durch die Beklagte angebotenen Glücksspiels und verschloss sich dieser Einsicht auch nicht derart leichtfertig, dass ihr Verhalten als bewusst außerhalb der Rechtsordnung zu würdigen wäre.

aa) Die Anwendung der Bestimmung des § 817 S. 2 BGB setzt voraus, dass der Leistende vorsätzlich gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen hat. Dem steht es regelmäßig gleich, wenn er sich der Einsicht in das Verbotswidrige seines Handelns leichtfertig verschlossen hat. Denn wer vor den Folgen seines Tuns oder vor dessen Bewertung geradezu die Augen verschließt, muss es sich gefallen lassen, wie ein bewusst Handelnder behandelt zu werden (vgl. OLG Braunschweig, Urteil v. 23.2.2023, 9 U 3/22, BeckRS 2023, 2622 [Rz. 121] m.w.N.). Erforderlich ist insoweit nur ein bewusster oder zumindest leichtfertiger Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot, nicht aber das Bewusstsein der Vertragsnichtigkeit oder ein leichtfertiges Sich-Verschließen vor der Erkenntnis dieser Rechtsfolge des Verstoßes (BGH NJW 2019, 1147, 1150). Dabei hat der Bereicherungsschuldner, der sich auf die Kondiktionssperre des § 817 S. 2 BGB beruft, die Voraussetzungen der rechtshindernden Einwendung darzulegen und ggf. zu beweisen, mithin einen bewussten Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot (OLG Braunschweig, a.a.O. [Rz. 123]; OLG Köln, Urteil v. 31.10.2022, 19 U 51/22, BeckRS 2022, 37044 [Rz. 51]; OLG Frankfurt, a.a.O. [Rz. 50]; OLG Hamm, a.a.O. [Rz. 19]; OLG Braunschweig, Beschluss v. 3.12.2021, 8 W 20/21, BeckRS 2021, 55956 [Rz. 14]).

bb) Was Gesetzesverstöße anbelangt, so kann die Existenz der verschiedenartigsten, oft eher rechtstechnisch zu verstehenden Verbotsgesetze nicht ohne weiteres als bekannt vorausgesetzt werden. Folglich kann auch der Schluss von der Kenntnis der Umstände auf die Kenntnis der Gesetzeswidrigkeit nicht immer gezogen werden. Im Regelfall wird man daher – unbeschadet eventueller Beweiserleichterungen – die Kenntnis gerade des Verbotsgesetzes verlangen müssen, soweit es nicht um gesetzliche Verbote geht, die – ähnlich wie die Sittenordnung als Inbegriff der unerlässlichen Grundregeln menschlichen Zusammenlebens – als allgemein bekannt angesehen werden dürfen (MüKo/Schwab, a.a.O. § 817 Rn. 87). Kenntnis des Inhalts von § 4 I, IV GlüStV 2012 kann nicht ohne weiteres und generell als bekannt vorausgesetzt werden, und Leichtfertigkeit ergibt sich jedenfalls nicht aus einer möglichen Bestätigung der AGB der Beklagten, wenn darin – wie hier - ein ausdrücklicher Hinweis auf die Rechtswidrigkeit von Online-Glücksspielen in allen deutschen Bundesländern außer Schleswig-Holstein nicht enthalten war (OLG Braunschweig, a.a.O. [Rz. 128]; OLG Köln, Urteil v. 31.10.2022, 19 U 51/22, BeckRS 2022, 37044 [Rz. 55]; OLG Frankfurt, a.a.O. [Rz. 52-53]). Dementsprechend kann nicht ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass die Klägerin Kenntnis davon hatte, dass die Spielangebote der Beklagten in Nordrhein-Westfalen als verbotenes Glücksspiel zu werten waren. Vielmehr kann regelmäßig, wenn nicht konkrete Anhaltspunkte für die Illegalität des Glücksspiels feststellbar sind, angenommen werden, dass ein durchschnittlicher Verbraucher eine Legitimationswirkung einer durch den Anbieter ausdrücklich erwähnten Lizenz eines europäischen Staates unterstellt (vgl. OLG Koblenz Urteil v. 15.12.2022, 1 U 1281/22, BeckRS 2022, 40470 [Rz. 21]).

Die Verwirklichung des subjektiven Tatbestands von § 285 StGB erfordert wenigstens bedingten Vorsatz hinsichtlich der Beteiligung an einem nicht behördlich erlaubten Glücksspiel (s.o.). Ob von EU-Mitgliedsstaaten erteilte Genehmigungen eine Legalisierungswirkung im Sinne von § 284 StGB entfalten, ist umstritten (Heine/Hecker in Schönke/Schröder, StGB, 30. Aufl., § 284 Rn. 29). Soweit insofern eine funktionale Äquivalenz als Entscheidungskriterium derart bezeichnet wird, dass Erlaubnisse ausländischer EU-Mitgliedstaaten nicht unbesehen zu akzeptieren seien, sondern nur dann, wenn sie den wesentlichen (unionsrechtskonformen) Kontrollstandards des Inlands entsprechen (Heine/Hecker in Schönke/Schröder, a.a.O. Rn. 30), kann eine derartige Beurteilung von einem durchschnittlichen Verbraucher als Teilnehmer des Glücksspiels nicht erwartet werden. Da die irrige Annahme eines Veranstalters, eine behördliche Erlaubnis zu besitzen, einen Tatbestandsirrtum im Sinne von § 16 I StGB begründen kann, muss ein entsprechender Irrtum des Spielteilnehmers nach der maßgeblichen Parallelwertung in der Laiensphäre erst Recht geeignet sein, den Vorsatz auszuschließen.

cc) Die Klägerin hat anlässlich ihrer Anhörung durch den Senat erklärt, sie habe keine Kenntnis vom Verbot des Online-Glücksspiels gehabt und sich keine Gedanken darüber gemacht, ob das Angebot der Beklagten rechtmäßig sei. Das entspricht ihrer Darstellung im Rahmen ihrer Anhörung vor dem Landgericht am 8.7.2021. Seinerzeit hatte sie angegeben, keine Zweifel an der Legalität des Online-Glücksspiels gehabt zu haben, weil man sich ohne weiteres unter Angabe des Wohnsitzes habe registrieren können und sogar Werbung dafür gemacht worden sei.

Die Beklagte hat demgegenüber behauptet, die Klägerin habe sich jedenfalls der Einsicht in die Rechtswidrigkeit des Online-Glücksspiels leichtfertig verschlossen, und tatsächliche Umstände vorgetragen, die grundsätzlich als Indizien geeignet sind, den erforderlichen Beweis subjektiver Tatbestandsmerkmale zu führen. Dass die Klägerin im Jahr 2015 die von der Beklagten im vorgelegten Ausdruck aus einem Internetforum der Schuldnerberatung (B5) wiedergegebenen Erklärungen abgab, nachdem sie früher für einen Zeitraum von ca. zwei Jahren bei dem Unternehmen D in F gearbeitet hatte, welches u.a. Online-Glücksspiel anbot, ist unstreitig. Unstreitig ist außerdem der Umstand, dass die Klägerin auch noch nach rechtlicher Beratung und Klageerhebung Online-Glücksspiel in Kenntnis des Verbots betrieb und anschließend die Spieleinsätze vor dem AG Essen einklagte. Die im Parallelverfahren (21 U 169/21) unstreitigen Umstände sind auch hier zu berücksichtigen, weil sie in einem vor dem Senat anhängigen Parallelverfahren als unstreitig feststehen und damit dienstlich gerichtsbekannt und deshalb offenkundig im Sinne von § 291 ZPO sind (vgl. BGH NJW 1998, 3498, 3499). Zu den offenkundigen Tatsachen im Sinne von § 291 ZPO gehören sogar solche Tatsachen, die das Gericht aufgrund eigener Recherche – z.B. im Internet – ermittelt hat, und diese können zur Grundlage eines Urteils gemacht werden, wenn und soweit das Ergebnis der Ermittlungen den Parteien zugänglich gemacht und ihnen Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden ist (BGH NJW-RR 2022, 499, 500). Hier sind die aus beiden Berufungsverfahren bekannten Tatsachen mit den Parteien eingehend erörtert worden, und sie hatten Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen.

aaa) Aus den genannten Umständen ergibt sich, dass es sich bei der Klägerin, die über eine abgeschlossene Hochschulausbildung verfügt und in der Lage war, ihren Lebensmittelpunkt ins fremdsprachige Ausland zu verlagern, nicht um eine durchschnittliche Kundin des beklagten Glücksspielanbieters handelt und dass sie sich durch die Kenntnis des geltenden Verbots nach anwaltlicher Beratung von einer späteren Teilnahme am Online-Glücksspiel nicht abhalten ließ.

Dementsprechend bestehen angesichts der Kenntnisse der Klägerin, ihrer bereits im Jahr 2015 dokumentierten Recherchen im Internet sowie der Erklärung, an der Rückforderung von Spieleinsätzen vom Anbieter nichts verwerfliches zu finden, durchaus erhebliche Anhaltspunkte, dass sie sich der Erkenntnis, dass Online-Glücksspiel im maßgeblichen Zeitraum in Deutschland generell verboten und nur in Schleswig-Holstein ausnahmsweise erlaubt war, wenigstens leichtfertig verschloss. Diese Gesichtspunkte reichen indes für eine dahingehende Überzeugungsbildung gem. § 286 ZPO nicht aus.

bbb) Nach § 286 ZPO hat das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer Beweisaufnahme nach freier Überzeugung zu entscheiden, ob eine tatsächliche Behauptung für wahr oder für nicht wahr zu erachten ist. Es bedarf keines naturwissenschaftlichen Kausalitätsnachweises und auch keiner an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit, vielmehr genügt ein für das praktische Leben brauchbarer Grad von Gewissheit, der verbleibenden Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (BGH NJW 2020, 1072, 1073; NJW 2014, 71, 72). Ob die erreichte Beweisstärke im gegebenen Fall ausreicht, um den Beweis als erbracht anzusehen, ist nicht nur objektiv nach einem bestimmten (hohen) Wahrscheinlichkeitsgrad messbar, sondern es bedarf stets der subjektiven persönlichen Entscheidung des Tatrichters, der allerdings nachprüfbare objektive Tatsachen zu Grunde liegen müssen. Bei der Beurteilung sind die allgemeinen Erfahrungssätze sowie die Natur- und Denkgesetze zu beachten. Objektive Wahrscheinlichkeitserwägungen können dabei eine sachgerechte Grundlage und ein Hilfsmittel für die Überzeugungsbildung sein. Auf dieser Grundlage hat der Richter zu prüfen, ob er als erfahrener und gewissenhafter Beurteiler von der Wahrheit oder Unwahrheit einer Tatsachenbehauptung auszugehen hat (BGH NJW 2014, 71, 72).

ccc) Auf Grundlage der in beiden Instanzen konstanten, in sich widerspruchsfreien Angaben der Klägerin hat der Senat eine derartige Überzeugung nicht gewinnen können. Vielmehr verbleiben nicht unerhebliche Zweifel daran, dass tatsächlich die Klägerin praktisch die Augen vor der Erkenntnis der Illegalität des Glücksspielangebots der Beklagten verschlossen hätte.

Aus ihrer Tätigkeit bei dem („F“)schen Unternehmen D folgt insofern eine Kenntnis oder auch nur ein Verdacht nicht, zumal die Klägerin glaubhaft berichtet hat, nur im Bereich der Sportwetten und dort nur im Kundensupport tätig gewesen zu sein. Sie hat – wie schon beim Landgericht – erklärt, in einem Gespräch mit ihrem damaligen Vorgesetzten bei D habe dieser ihr glaubhaft versichert, das angebotene Glücksspiel sei auch in Deutschland legal (Bl. 185-186), und diese Äußerung habe sie wegen des Hinweises auf die Dienstleistungsfreiheit überzeugt. Diese als solche schlüssige Erklärung ist nicht widerlegt, zumal die Beklagte selbst nachhaltig den Standpunkt vertritt, das Verbot des § 4 IV GlüStV 2012 sei mit Europarecht unvereinbar.

Zweifel an einer Kenntnis oder leichtfertigen Unkenntnis von dem einschlägigen Verbot werden nach Ansicht des Senats maßgeblich auch durch den Umstand begründet, dass die Klägerin nach Erhalt der sog. „Finanzspritze“ ihres Onkels die zur Finanzierung ihrer Spielschulden dienenden Darlehen ablöste oder umschichtete, jedoch keinerlei Maßnahmen ergriff, um die Spielschulden als solche anzugreifen oder die Spieleinsätze zurückzufordern. Ihren nachvollziehbaren und mit den vorgelegten Urkunden ohne weiteres in Einklang zu bringenden Angaben zufolge verspielte sie bei einem anderen Anbieter, der Beklagten im Parallelverfahren 21 U 169/21, allein im Zeitraum zwischen dem 29.9. und dem 7.12.2018 einen Betrag von mehr als 115.000 €. Danach spielte sie dort nicht mehr, unternahm jedoch gleichwohl keinen Versuch, die verlorenen Spieleinsätze dort zurückzufordern. Dieser Umstand lässt sich nicht damit erklären, dass ihr die für eine etwaige gerichtliche Durchsetzung ihrer Forderung benötigten finanziellen Mittel gefehlt hätten, denn im Verhältnis zur hiesigen Beklagten spielte sie auch im Jahr 2019 weiterhin noch mit erheblichen Einsätzen.

dd) Auf die Frage der Schuldfähigkeit der Klägerin kommt es in diesem Zusammenhang, obwohl das Bestehen einer pathologischen Spielsucht die Anwendbarkeit von § 817 S. 2 BGB ausschließen könnte (vgl. Hendricks/Lüder, VuR 2021, 333, 337), nicht mehr an, weil schon dessen tatbestandliche Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Eine beachtliche Einschränkung ihrer Steuerungsfähigkeit hat die Klägerin allerdings nicht substantiiert vorgetragen, sondern lediglich im Rahmen ihrer Anhörung pauschal behauptet, spielsüchtig zu sein. Ein diesbezüglicher Beweisantritt fehlt.

c) Entreicherung gem. § 818 III BGB ist seitens der Beklagten schon nicht konkret vorgetragen worden und kann im Übrigen schon gem. §§ 819 I, II 818 IV BGB nicht mit Erfolg geltend gemacht werden. Die Beklagte trifft die verschärfte Haftung nach § 819 II BGB, da sie durch die Annahme der Leistung gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen hat (OLG Koblenz, Urteil v. 15.12.2022, 1 U 1281/22, BeckRS 2022, 40470 [Rz. 24]). Außerdem ist aufgrund deren Vortrags zur umfassenden Presseberichterstattung davon auszugehen, dass die Beklagte zum jeweiligen Leistungszeitpunkt Kenntnis vom Fehlen des Rechtsgrunds hatte (vgl. OLG Frankfurt, NJW-RR 2022, 1280, 1284; OLG Köln Urteil v. 31.10.2022, 19 U 51/22, BeckRS 2022, 37044 [Rz. 65]; siehe dazu unter Ziff. 3. b).

d) Ein Ausschluss der Rückforderung gem. § 762 BGB ist aus den vom Landgericht zutreffend dargelegten Gründen nicht anzunehmen. Die Norm ist im Fall der Nichtigkeit des geschlossenen Vertrags gem. § 134 BGB nicht anwendbar.

5. Der Rückzahlungsanspruch der Klägerin ist nicht gem. § 242 BGB als treuwidrig ausgeschlossen. Ein Vertrauenstatbestand zugunsten der Beklagten kann schon aufgrund ihres eigenen gesetzeswidrigen Handelns nicht angenommen werden. Vor diesem Hintergrund sind ihre Interessen auch nicht vorrangig schutzwürdig im Sinne von § 242 BGB. Indem die Beklagte einen ihr ohne weiteres möglichen Hinweis unterlassen hat, dass die Online-Glücksspiele in Deutschland nicht zulässig waren, ist sie zum einen bewusst die Gefahr eingegangen, Gelder ohne Rechtsgrund einzunehmen. Dass das Behalten von Geldern, die die Beklagte durch die rechtswidrige Veranstaltung von Glücksspiel eingenommen hat, besonders schutzwürdig wäre, ist nicht ersichtlich. Zum anderen hat die Klägerin für die von ihr geleisteten Spieleinsätze aber auch keine einklagbaren Forderungen erhalten, so dass es sich nicht als treuwidrig darstellt, die Spieleinsätze zurückzufordern (OLG Köln, Urteil v. 31.10.2022, 19 U 51/22, BeckRS 2022, 37044 [Rz. 67]; OLG Frankfurt, NJW-RR 2022, 1280, 1284).

An dieser Wertung ändert sich durch den Prozessfinanzierungsvertrag und die diesem inhärente Gewinnerzielungsabsicht des Prozessfinanzierers nichts. Die Klägerin hat ein eigenes rechtliches und wirtschaftliches Interesse an der Rückforderung der rechtsgrundlos geleisteten Spieleinsätze. Insbesondere die Ungewissheit, ob die Forderung - auch auf Grundlage eines stattgebenden Urteils - gegen die im Ausland sitzende Beklagte mit Erfolg und ohne erhebliche zeitliche Verzögerungen vollstreckt werden kann, begründet ein legitimes Interesse der Klägerin daran, die Bedingungen des Vertrags zu akzeptieren, um nicht das Prozess- und das Vollstreckungsrisiko allein tragen zu müssen. Insofern besteht keine systematische Vergleichbarkeit zu einer auf § 10 UWG gestützten Klage, die nicht durch eine natürliche Person, sondern nur von den in § 8 III Nr. 2-4 UWG genannten Verbänden, Einrichtungen und Kammern erhoben werden kann.

6. Die Zinsforderung der Klägerin folgt aus §§ 280 I, II, 286 I, 288 I BGB. Die Beklagte geriet, wie vom Landgericht angenommen, mit Ablauf der im Anwaltsschreiben vom 3.12.2019 gesetzten Frist in Verzug.

III. Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 97 I, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen einer Zulassung der Revision liegen nicht vor, denn die Sache hat als solche keine grundsätzliche Bedeutung und stimmt mit der obergerichtlichen Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen überein. Insbesondere zu den tragenden Erwägungen der aktuellen Entscheidung des OLG Braunschweig, welches die Revision zugelassen hat (OLG Braunschweig, Urteil v. 23.2.2023, 9 U 3/22, BeckRS 2023, 2622 [Rz. 158-163]) ergeben sich keine Diskrepanzen.

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