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RdZ-News
29.02.2024
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BGH: Wirksame Autorisierung des Zahlers bei Zahlung im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel

BGH, Urteil vom 19.9.2023 – XI ZR 343/22

ECLI:DE:BGH:2023:190923UXIZR343.22.0

Volltext:RdZ-ONLINE RdZL2024-61-1

Amtlicher Leitsatz

Ein Verstoß des Zahlungsdienstleisters gegen das Verbot der Mitwirkung an einer Zahlung im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 des Glücksspielstaatsvertrags 2011 lässt die Wirksamkeit der Autorisierung des Zahlers unberührt.

BGB § 675u

Sachverhalt

Die Parteien streiten um Zahlungsansprüche aus der Erbringung von Zahlungsdienstleistungen.

Die Klägerin ist ein in England eingetragenes E-Geld- und Zahlungsinstitut, das Zahlungsdienste online anbietet. Der Beklagte eröffnete am 28. Februar 2009 bei der Klägerin ein Konto und hinterlegte bei seiner Registrierung als Referenzkonto eines deutschen Kreditinstituts sein Konto bei der U.          AG. Das Konto des Beklagten bei der Klägerin wies am 26. Juni 2018 einen Saldo in Höhe von 0 € auf, bevor es der Beklagte am selben Tag dreimal mit 250 € und einmal mit 500 € sowie am 29. Juni 2018 neunmal mit 500 € per Online-Überweisung auflud. Der Beklagte nutzte hierzu 13 individuelle TANs im sogenannten PIN/TAN-Verfahren. Sobald die jeweils bestätigte Zahlungsanweisung an die Hausbank erfolgte, leitete dazu ein Zahlungsauslösedienst eine Nachricht an die Klägerin mit dem Inhalt weiter, dass der Kunde eine unwiderrufliche Zahlungsanweisung an seine Hausbank übermittelt habe. Nachdem diese Nachricht bei der Klägerin eingegangen war, schrieb sie den Aufladungsbetrag gut, ohne jedoch das Geld von der Hausbank des Kunden - hier der U.         AG - bereits erhalten zu haben; dies dauerte in der Regel einige Bankwerktage. Gemäß Nummer 1.7 ihrer Allgemeinen Geschäftsbedingungen behielt sich die U.          AG vor, die Ausführung der Überweisung abzulehnen, wenn etwa keine ausreichende Kontodeckung vorhanden war.

Der Beklagte loggte sich mit seinem Benutzernamen und Passwort in sein Konto bei der Klägerin ein und erteilte ihr Zahlungsaufträge. Am 29. Juni 2018 wies sein Konto wieder einen Saldo von 0 € auf. Am 6. Juli 2018 wurden die letzten fünf Online-Überweisungen vom 29. Juni 2018 über jeweils 500 € storniert.

Mit der Klage begehrt die Klägerin die Erstattung des stornierten Aufladungsbetrags in Höhe von 2.500 € sowie die Zahlung einer Rückbuchungsgebühr von 10 € und die Erstattung der Auslagen für eine Einwohnermeldeamtsanfrage von 8,20 €, von Inkassokosten von 321,50 € und von vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren von 281,30 € jeweils nebst Zinsen. Insoweit behauptet sie, der Beklagte habe die sofortige Zurverfügungstellung des Aufladungsbetrags zu seinen Gunsten ausgenutzt, indem entweder er die U.          AG angewiesen habe, die Online-Überweisungen zu stornieren, oder die U.           AG die Ausführung der Online-Überweisungen mangels ausreichender Kontodeckung abgelehnt habe. Der Beklagte wendet ein, die von der Klägerin durchgeführten Zahlungen hätten im Zusammenhang mit seiner Beteiligung an einem unerlaubten Online-Glücksspiel gestanden, bei dem er den streitgegenständlichen Betrag verspielt habe, weshalb die Klägerin keine Erstattung verlangen könne. Hilfsweise hat er die Aufrechnung mit einem Schadensersatzanspruch in Höhe von 2.500 € erklärt, weil die Klägerin jedenfalls eine entsprechende Warnpflicht verletzt habe.

Das Amtsgericht hat der Klage bis auf einen Teil der Nebenforderungen im Wesentlichen stattgegeben. Auf die Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht das amtsgerichtliche Urteil unter Zurückweisung der Anschlussberufung der Klägerin, mit der sie ihren Anspruch auf die Nebenforderungen in vollem Umfang weiterverfolgt hat, abgeändert und die Klage abgewiesen. Hiergegen richtet sich die - vom Berufungsgericht zugelassene - Revision der Klägerin, mit der sie ihr Klagebegehren weiterverfolgt.

Aus den Gründen

6          Die Revision der Klägerin hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.

 

I.

7          Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt:

 

8          Der Klägerin stehe unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zahlung von 2.500 € zu. Ein vertraglicher Anspruch bestehe nicht. Zwischen den Parteien sei ein Zahlungsdiensterahmenvertrag im Sinne von § 675f Abs. 1 BGB zustande gekommen. Danach sei der Kreditunternehmer verpflichtet, die Verbindlichkeiten des Kunden bei Vertragsunternehmen zu tilgen. Komme er dieser Verpflichtung nach, stehe ihm unter den Voraussetzungen des § 675c Abs. 1, §§ 670, 675 BGB ein Aufwendungsersatzanspruch gegen seinen Vertragspartner zu. Vorliegend habe die Klägerin keinen Anspruch auf Ersatz der getätigten Aufwendungen. Sie habe die Aufwendungen nicht für erforderlich halten dürfen, weil ihre Zahlungen an das Onlinecasino M.        gegen das gesetzliche Verbot der Mitwirkung an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 3 des Glücksspielstaatsvertrags in der Fassung des Ersten Staatsvertrags zur Änderung des Staatsvertrags zum Glücksspielwesen in Deutschland vom 15. Dezember 2011 (nachfolgend: GlüStV 2011) verstießen. Die Klägerin habe mit dem Onlinecasino aufgrund eines Bewerbungsverfahrens sogenannte Akzeptanz- bzw. Kooperationsverträge geschlossen.

 

9          Unerheblich sei, ob der Beklagte mit dem an den Zahlungsempfänger geleisteten Geld unerlaubtes Glücksspiel betrieben habe. Der hier maßgebliche Verstoß gegen ein gesetzliches Verbot liege nicht etwa darin, dass das Angebot des Zahlungsempfängers an den Beklagten als unerlaubtes Glücksspiel zu qualifizieren sei. Vielmehr folge die Nichtigkeit daraus, dass sich das gesetzliche Verbot ausdrücklich gegen die Mitwirkung an Zahlungen "im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel" richte. Damit sollten bereits die vorbereitenden Geldbewegungen zum Anbieter unerlaubten Glücksspiels verhindert werden. Der gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 3 GlüStV 2011 erforderliche Zusammenhang mit dem Glücksspiel ergebe sich daraus, dass die Zahlungen an einen Zahlungsempfänger erfolgten, dessen gesamtes Angebot als unerlaubtes Glücksspiel zu bewerten sei.

 

10        Bei § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2011 handele es sich auch um eine zivilrechtliche Verbotsnorm, die keine weiteren Voraussetzungen aufgrund der öffentlich-rechtlichen Regelung in § 9 GlüStV 2011 habe. Soweit dem Tatbestandsmerkmal der Mitwirkung im Sinne von § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 3 GlüStV 2011 ein subjektives Element der Kenntnis innewohne, sei davon auszugehen, dass es für die Klägerin offensichtlich gewesen sei, dass das Geld vom Beklagten an einen Anbieter unerlaubten Glücksspiels gezahlt worden sei.

 

11        Ein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung i.S.d. §§ 812 ff. BGB sei gemäß § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Die Klägerin könne ihren Zahlungsanspruch auch nicht auf § 823 Abs. 2 BGB stützen. Dies gelte selbst dann, wenn das Verhalten des Beklagten gemäß § 285 StGB strafbar wäre.

 

12        Schließlich stehe der Klägerin mangels einer Hauptforderung kein Anspruch auf Zahlung der geltend gemachten Nebenforderungen zu. Aufgrund dessen sei auch ihre Anschlussberufung unbegründet.

 

II.

13        Diese Ausführungen halten einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht der Klägerin gegen den Beklagten der in der Hauptsache geltend gemachte Zahlungsanspruch in Höhe von 2.500 € aus § 675c Abs. 1, § 670 BGB zu.

 

14        1. Das Berufungsgericht hat allerdings zutreffend angenommen, dass zwischen den Parteien ein Zahlungsdiensterahmenvertrag nach § 675f Abs. 2 BGB zustande gekommen ist. Der Aufladung des Kontos des Beklagten bei der Klägerin und der anschließenden Verwendung des Aufladungsbetrags lag rechtsgeschäftlich die Ausgabe und Nutzung von E-Geld im Sinne von § 675c Abs. 2 BGB, § 1 Abs. 2 Satz 3 und 4 ZAG zugrunde (vgl. EBJS/Keßler, HGB, 4. Aufl., § 675j BGB Rn. 18; Staudinger/Omlor, BGB, Neubearbeitung 2020, Updatestand: 23. März 2022, § 675i Rn. 32, 36; Walz/Ahmedi in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Böger, Kommentar zum Zahlungsverkehrsrecht, 3. Aufl., § 675c BGB Rn. 7).

 

15        2. Aufgrund dessen steht der Klägerin infolge der Ausführung der Zahlungsvorgänge ein Anspruch auf Erstattung ihrer Aufwendungen aus § 675c Abs. 1, Abs. 2, § 670 BGB gegen den Beklagten zu.

 

16        Dieser Anspruch ist - was das Berufungsgericht allerdings nicht geprüft hat - nicht gemäß § 675u Satz 1 BGB ausgeschlossen, weil es sich bei den zugrundeliegenden Zahlungsaufträgen um autorisierte Zahlungsvorgänge handelte. Der Beklagte hat die einzelnen E-Geld-Zahlungen von seinem Konto bei der Klägerin an das Onlinecasino unstreitig autorisiert. Die Autorisierungen sind nicht gemäß § 134 BGB i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011 nichtig. Wie der Senat mit Beschluss vom 13. September 2022 (XIZR 515/21, BKR 2022, 811) entschieden und eingehend begründet hat, beinhaltet die Vorschrift des § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011 zwar ein - hier an die Klägerin gerichtetes - Verbot, an Zahlungen im Zusammenhang mit unerlaubtem Glücksspiel mitzuwirken (Senatsbeschluss aaO Rn. 9). Ein solcher - hier vom Berufungsgericht allerdings nicht festgestellter - Verstoß zieht aber nicht die Nichtigkeit der Autorisierungen nach sich, weil die Vorschrift kein gesetzliches Verbot mit Nichtigkeitsfolge i.S.d. § 134 BGB enthält (Senatsbeschluss aaO Rn. 10 ff. mwN). Dagegen bringt die Revisionserwiderung keine neuen Argumente vor.

 

17        Soweit die Revisionserwiderung aus dem vom Berufungsgericht festgestellten Umstand, dass die Klägerin mit dem Onlinecasino sogenannte Akzeptanz- bzw. Kooperationsverträge abgeschlossen hat, und den weiteren Annahmen des Berufungsgerichts, nach dem Internetauftritt der Klägerin sei davon auszugehen, dass sich die Klägerin auf Online-Glücksspiele spezialisiert habe, mit einer Vielzahl von Onlinecasinos verlinkt sei und diese Geschäftsverbindung gegenüber ihren Kunden in deutscher Sprache bewerbe, ableitet, dass die Klägerin eine exponierte Stellung bei der Förderung von ausländischen Online-Glücksspielen innegehabt habe und aus diesem Grund die Nichtigkeit des Spielvertrags auf das Deckungsverhältnis zwischen den Parteien durchschlage, trifft dies nicht zu. Bei den sogenannten Akzeptanz- bzw. Kooperationsverträgen handelt es sich lediglich um den sogenannten Akquisitionsvertrag i.S.d. § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 ZAG, der als Rahmenvertrag das Zuwendungs- oder Vollzugsverhältnis zwischen Zahlungsdienstleister und Zahlungsempfänger regelt (vgl. Findeisen in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Böger, Kommentar zum Zahlungsverkehrsrecht, 3. Aufl., § 1 ZAG Rn. 354). Für die vom Berufungsgericht geäußerte Annahme eines darüberhinausgehenden Zusammenwirkens der Klägerin mit dem Onlinecasino bei der Glücksspielveranstaltung als solcher fehlt es dagegen an einer tatsächlichen Grundlage. Insoweit zeigt auch die Revisionserwiderung keinen entsprechenden Tatsachenvortrag des Beklagten in den Vorinstanzen auf.

 

18        3. Soweit das Berufungsgericht einen Anspruch der Klägerin auf Erstattung ihrer Aufwendungen aus § 675c Abs. 1, Abs. 2, § 670 BGB mit der Begründung verneint hat, die Klägerin habe ihre Aufwendungen den Umständen nach nicht für erforderlich halten dürfen, weil die von ihr durchgeführten "Zahlungen" gegen das Verbot nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011 verstießen, ist dies rechtfehlerhaft.

 

19        a) Die vom Berufungsgericht für seine Auffassung herangezogene Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zum Bestehen eines Aufwendungsersatzanspruchs aus § 683 Satz 1, §§ 670, 677 BGB bei Führung eines von der Rechtsordnung missbilligten Geschäfts sind nicht einschlägig. Diese Entscheidungen befassen sich lediglich mit der Frage, ob Aufwendungen, die aufgrund eines nach § 134 BGB nichtigen Rechtsgeschäfts gemacht wurden, von dem Geschäftsführer gemäß § 683 Satz 1, §§ 670, 677 BGB den Umständen nach für erforderlich gehalten werden dürfen (vgl. BGH, Urteile vom 25. Juni 1962 - VII ZR 120/61, BGHZ 37, 258, 263 f., vom 30. April 1992 - III ZR 151/91, BGHZ 118, 142, 150 und vom 10. Oktober 1996 - III ZR 205/95, NJW 1997, 47, 49). Darum geht es hier jedoch nicht. Die vom Beklagten erteilten Zahlungsaufträge waren - wie oben dargelegt - trotz des Verstoßes gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011 wirksam und mussten von der Klägerin ausgeführt werden. Aus diesem Grund, und nicht wie das Berufungsgericht unter Verweis auf den von ihm missverstandenen Sinn und Zweck des § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011 angenommen hat, kommt es revisionsrechtlich nicht darauf an, ob sich der Beklagte überhaupt an einem unerlaubten Glücksspiel beteiligt hat.

 

20        b) Soweit das Berufungsgericht im Hinblick auf ein von ihm unterstelltes subjektives Tatbestandsmerkmal des § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011 davon ausgegangen ist, es sei für die Klägerin "offensichtlich" gewesen, dass "das Geld vom Beklagten an einen Anbieter unerlaubten Glücksspiels gezahlt wurde", rechtfertigt dies nicht die Annahme, die Klägerin müsse sich Einwendungen aus dem Valutaverhältnis - wie hier eine Nichtigkeit des Spielvertrags nach § 134 BGB i.V.m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 1 GlüStV 2011 - im Deckungsverhältnis entgegenhalten lassen. Hierfür hat das Berufungsgericht bereits keine Feststellungen zu den Vertragsbeziehungen zwischen der Klägerin, dem Beklagten und dem Glücksspielanbieter getroffen, die hier womöglich den Schluss auf eine auf § 242 BGB gestützte Einwendung zuließen. Sie im vorliegenden Fall anzunehmen, liegt mit Rücksicht auf die grundsätzlich bestehende Verpflichtung eines Zahlungsdienstleisters zur Ausführung eines autorisierten Zahlungsauftrags nach § 675o Abs. 2, § 675f Abs. 1 BGB auch fern.

 

21        Dabei kann dahinstehen, ob die noch vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht vom 29. Juli 2009 (BGBl. I 2009, 2355) ergangene Rechtsprechung des Senats zum Aufwendungsersatzanspruch eines Kreditkartenunternehmens aus § 675 Abs. 1, § 670 BGB, wonach dessen Zahlung an das Vertragsunternehmen ausnahmsweise dann keine Aufwendung ist, die das Kreditkartenunternehmen den Umständen nach für erforderlich halten darf, wenn es vom Vertragsunternehmen rechtsmissbräuchlich in Anspruch genommen wird, weil offensichtlich oder liquide beweisbar ist, dass dem Vertragsunternehmen eine Forderung gegen den Kreditkarteninhaber nicht zusteht (Senatsurteile vom 16. April 2002 - XI ZR 375/00, BGHZ 150, 286, 299 und vom 24. September 2002 - XI ZR 420/01, BGHZ 152, 75, 81 f.), auf den vorliegenden Fall des Aufwendungserstattungsanspruchs eines E-Geld-Instituts aus § 675c Abs. 1, Abs. 2, § 670 BGB entsprechende Anwendung findet. Abgesehen von der hier nicht zu beantwortenden Rechtsfrage, ob daran unter Geltung der §§ 675c ff. BGB festzuhalten ist (vgl. Senatsbeschluss vom 13. September 2022 - XI ZR 515/21, BKR 2022, 811 Rn. 19 f.), beruht die Senatsrechtsprechung auf dem Grundsatz, dass mit der Unterzeichnung des Belastungsbelegs durch den Kreditkarteninhaber das Vertragsunternehmen einen abstrakten Zahlungsanspruch aus § 780 BGB gegen das Kreditkartenunternehmen erlangt, dem Einwendungen aus dem Valutaverhältnis zwischen Kreditkarteninhaber und Vertragsunternehmen - vorbehaltlich abweichender vertraglicher Vereinbarungen - nicht entgegengehalten werden können. Ob dies auch auf die vorliegende "Verfügung" über E-Geld zutrifft, kann offenbleiben, weil das Berufungsgericht hierzu keine tragfähigen Feststellungen getroffen hat.

 

III.

22        Das Berufungsurteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 561 ZPO).

 

23        1. Die Hauptforderung der Klägerin ist nicht nach § 389 BGB untergegangen, soweit der Beklagte dem Klagebegehren mit einer Hilfsaufrechnung wegen eines Schadensersatzanspruchs nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB in nämlicher Höhe entgegengetreten ist. Hierzu hat das Berufungsgericht von seinem Rechtsstandpunkt aus folgerichtig keine Feststellungen getroffen. Der Beklagte hat insoweit vorgetragen, dass er sich am unerlaubten Glücksspiel beteiligt und dabei den streitgegenständlichen Betrag in Höhe von 2.500 € verspielt habe. Daraus folgt aber entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung nicht, dass für die Klägerin wegen des an sie gerichteten Verbots nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011 eine schadensersatzbewehrte Warnpflicht bestanden hat. Dabei kann dahinstehen, ob § 675z Satz 1 BGB mit Rücksicht auf einen möglichen Erstattungsanspruch des Zahlers für den Fall eines nicht autorisierten Zahlungsvorgangs gemäß § 675u Satz 2 BGB einen auf die Verletzung einer Nebenpflicht gestützten Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2 BGB ausschließt (vgl. Ellenberger in: Ellenberger/Findeisen/Nobbe/Böger, Kommentar zum Zahlungsverkehrsrecht, 3. Aufl., § 675z BGB Rn. 3 ff.; zweifelnd Staudinger/Omlor, BGB, Neubearbeitung 2020, § 675u Rn. 23).

 

24        Nach der Rechtsprechung des Senats muss sich im bargeldlosen Zahlungsverkehr ein Zahlungsdienstleister grundsätzlich nicht um die beteiligten Interessen seiner Kunden kümmern, weil er nur zum Zweck der technisch einwandfreien, einfachen und schnellen Abwicklung tätig wird (vgl. Senatsurteil vom 6. Mai 2008 - XI ZR 56/07, BGHZ 176, 281 Rn. 14 und Senatsbeschluss vom 13. September 2022 - XI ZR 515/21, BKR 2022, 811 Rn. 22). Nur ausnahmsweise gilt etwas anderes, wenn Treu und Glauben es nach den Umständen des Falles gebieten, den Zahlungsauftrag nicht ohne vorherige Rückfrage beim Kunden auszuführen, um diesen vor einem möglicherweise drohenden Schaden zu bewahren (vgl. Senatsbeschluss vom 13. September 2022 aaO mwN). Einen solchen Ausnahmefall hat der Senat angenommen, wenn eine Bank aufgrund massiver Anhaltspunkte den Verdacht hegt, dass ein Kunde bei der Teilnahme am bargeldlosen Zahlungsverkehr durch eine Straftat einen anderen schädigen will (Senatsurteil vom 6. Mai 2008 aaO Rn. 15). Die Bank oder ein anderer Zahlungsdienstleister muss aber weder generell prüfen, ob die Abwicklung eines Zahlungsverkehrsvorgangs Risiken für einen Beteiligten begründet, noch Kontobewegungen allgemein und ohne besondere Anhaltspunkte überwachen. Eine Warnpflicht besteht erst dann, wenn die Bank ohne nähere Prüfung im Rahmen der normalen Bearbeitung eines Zahlungsverkehrsvorgangs aufgrund einer auf massiven Verdachtsmomenten beruhenden objektiven Evidenz den Verdacht einer Veruntreuung schöpft (Senatsurteile vom 6. Mai 2008 aaO Rn. 16 und vom 24. April 2012 - XI ZR 96/11, NJW 2012, 2422 Rn. 32; Senatsbeschluss vom 13. September 2022 aaO).

 

25        Gemessen an diesen Grundsätzen ist eine Warnpflicht der Klägerin schon deshalb zu verneinen, weil sich der Beklagte selbst am unerlaubten Glücksspiel beteiligt hat. Damit waren ihm die eine Warnpflicht begründenden tatsächlichen Umstände bekannt und es fehlte der Klägerin an einer überlegenen Sachkunde, die kennzeichnend für das Bestehen einer Warnpflicht ist (vgl. Senatsurteil vom 22. Juni 2004 - XI ZR 90/03, WM 2004, 1625, 1626; Senatsbeschluss vom 13. September 2022 - XI ZR 515/21, BKR 2022, 811 Rn. 23 mwN). Ein Spieler weiß, dass ihm durch seine Teilnahme am Glücksspiel ein Vermögensschaden droht. Auf die Kenntnis oder das Kennenmüssen auch darüber, dass es sich um unerlaubtes Glücksspiel handelt, kommt es entgegen der Ansicht der Revisionserwiderung nicht an. Denn ein drohender Vermögensschaden resultiert gerade nicht aus dem Verbot unerlaubten Glücksspiels, an das § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011 anknüpft, sondern aus dem jedem Glücksspiel immanenten Risiko, dass Gewinne oder Verluste ungewiss und rein zufällig sind. Darin liegt das Wesen des Glücksspiels (BGH, Urteile vom 18. April 1952 - 1 StR 739/51, BGHSt 2, 274, 276 und vom 8. August 2017 - 1 StR 519/16, ZfWG 2017, 502 Rn. 11 mwN). Einer Warnung durch die Klägerin bedurfte es deshalb auch mit Rücksicht auf die vom Berufungsgericht ansonsten für maßgeblich erachteten Umstände zu einem für sie "offensichtlichen" Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011 nicht.

 

26        2. Der Beklagte kann den geltend gemachten Gegenanspruch auch nicht auf einen Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 4 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GlüStV 2011 oder auf einen bereicherungsrechtlichen Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB stützen. Solche Ansprüche stehen ihm gegen die Klägerin nicht zu. Dabei kann dahinstehen, ob für diese Anspruchsgrundlagen die Tatbestandsvoraussetzungen vorliegen. Durch §§ 675u, 675z Satz 1 BGB werden solche Ansprüche abschließend geregelt, die auf den Ersatz des gleichen Anspruchsinhalts gerichtet sind (Senatsbeschluss vom 13. September 2022 - XI ZR 515/21, BKR 2022, 811 Rn. 25 mwN).

 

IV.

27        Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben (§ 562 ZPO) und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Eine eigene Sachentscheidung kann der Senat nicht treffen, weil die Sache hinsichtlich der Nebenforderungen nach den bisher getroffenen Feststellungen nicht zur Endentscheidung reif ist (§ 563 Abs. 3 ZPO). Denn insoweit ist das Sachverhältnis bisher nur vom erstinstanzlichen Gericht festgestellt worden und hat das Berufungsgericht noch nicht gemäß § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO geprüft, ob konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des erstinstanzlichen Gerichts begründen. Diese Prüfung kann nicht vom Revisionsgericht vorgenommen werden (vgl. BGH, Urteil vom 30. Oktober 2007 - X ZR 101/06, WM 2008, 656 Rn. 27).

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