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RdZ-News
23.02.2023
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LG Itzehoe: Zur Frage, ob die Kontonummer ein personalisiertes Sicherheitsmerkmal ist

LG Itzehoe, Urteil vom 1.12.2020 – 7 O 275/16

Volltext des Urteils: RdZL2023-60-3

Sachverhalt

Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz.

XXX, - bis zu deren Aufnahme in einem Seniorenheim am 09.12.2012 - unter der Anschrift XXX in XXX zusammen in einer Eigentumswohnung. In diese ist sie nunmehr auch wieder zurückgekehrt. Bis zu seiner Pensionierung im Jahre 2005 war der Kläger im diplomatischen Dienst der Bundesrepublik Deutschland tätig und war jeweils über Jahre auch im Ausland eingesetzt. Auch nach seiner Pensionierung unternahm er viele Auslandsreisen zu den dort gemachten Bekanntschaften. Zu diesen Fernreisen konnte ihn seine Ehefrau seit Jahren nicht mehr begleiten, da diese an einem schwergradigen Parkinson Syndrom mit hochgradiger Bewegungsstörung leidet und sich nur noch mithilfe eines Rollators fortbewegen konnte.

Seit dem 01.08.1996 unterhielt der Kläger bei der Beklagten ein Girokonto nebst Wertpapierdepot sowie ein Tages- und ein Festgeldkonto. Bei der Beklagten handelt es sich um eine Online- Bank ohne Zweigstellennetz. Anrufe wurden seinerzeit von einem Callcenter entgegengenommen, in dem die Beklagte mehrere 100 Mitarbeiter beschäftigt hatte. Zu diesen Konten hatte seine Ehefrau Kontoverfügungsberechtigung. Die zu seinen Konten gehörenden Unterlagen sowie Zugangsdaten, PIN- und TAN- Nummern verwahrte der Kläger in einem Safe, der sich in einem verschlossenen Schrank in seinem Arbeitszimmer befand. Die Schlüssel hierzu befanden sich an einem Schlüsselbund des Klägers.

In den Bankvertrag zwischen den Parteien einbezogen waren die allgemeinen und produktbezogenen Geschäftsbedingungen der Beklagten für dass Online- Bankung (Anlage B  6.1, Blatt 79 f. d.A.) sowie für den Überweisungsverkehr (Anlage B 6.2, Blatt 84 f.d.A.).

Der Kläger nahm nicht am online- banking teil, Abbuchungen seinerseits erfolgten nur unter Einsatz seiner Visa- und EC- Karten nebst dazu erteilter PIN- Nummer.

Ende des Jahres 2012 kündigte der Kläger seine Konten bei der Beklagten.

Im Frühjahr 2012 suchte der Herr XXX den Kläger und seine Ehefrau in dessen Wohnung auf. Dabei erklärte dieser, ein Vertreter der Firma XXX zu sein. Tatsächlich besaßen der Kläger und seine Ehefrau einen Staubsauger dieser Firma. Herr XXX konnte an diesem Gerät auch tatsächlich eine kleine Reparatur durchführen, die der Kläger auch bar bezahlte, ohne von Herrn XXX eine Rechnung zu erhalten. Einige Tage später lieferte Herr XXX ein Zusatzgerät Polsterboy) für den Staubsauger, ohne eine Rechnung vorzulegen und eine Quittung über die Bezahlung auszustellen.

In der Folgezeit suchte Herr XXX die Ehefrau des Klägers immer öfter auf, vorwiegend in Zeiten, in denen der Kläger abwesend war und hinterließ auch seine Telefonnummer. Er bereitete beispielsweise ein gemeinsames Frühstück vor, ging mit ihr gelegentlich einkaufen, schwimmen, in Restaurants, Theater, und Museen.

Am 04.08.2012 kam der Kläger von einer Auslandsreise zurück. Er wurde von seiner Ehefrau in Begleitung des Herrn XXX am Flughafen in XXX mit dessen Pkw abgeholt und man fuhr gemeinsam in die Wohnung des Klägers. Später kam die Zeugin XXX mit ihrem Ehemann hinzu. Dabei kam auch zur Sprache, dass Herr XXX nicht mehr bei der Firma XXX beschäftigt sei. Von der Zeugin XXX erfuhr der Kläger, dass Herr XXX sich in den Besitz der Haustürschlüssel und der klägerischen Autoschlüssel gebracht hatte. Der Kläger forderte diese Schlüssel zurück und wies Herrn XXX mit einem Hausverbot aus der Wohnung. Gegen Abend kam dieser nochmals zur Wohnung des Klägers zurück.

In der Zeit vom 22.08.2012 bis 07.09.2012 befand sich der Kläger auf einer Indienreise. Während seiner Abwesenheit hatte er seinen Schlüsselbund in seiner Schreibtischschublade in seinem Arbeitszimmer zurückgelassen, um seiner Ehefrau dem Zugang zum Safe, in dem sich auch Bargeld für deren Bedarf befand, zu ermöglichen.

Am 23.08.2012 brachte Herr XXX den Schlüsselbund an sich verschaffte sich so Zugang zum Safe und den darin befindlichen Unterlagen zu den Konten des Klägers. Mit einem manipulierten Fax bestellte Herr XXX mit Namen und Anschrift des Klägers neue Zugangsdaten bei der Beklagten. Die Beklagte übersendete die angeforderten Transaktionsnummern.

Am 24.08.2012 versuchte Herr XXX mit der Ehefrau des Klägers, bei der XXX in XXX ein Konto auf ihren Namen zu eröffnen, zu dem er zugleich Kontoverfügungsberechtigter sein sollte. Weil dem Ansprechpartner in dieser Bank, dem Zeugen XXX Bedenken kamen, dass es sich bei dem Vorhaben des Herrn XXX entweder um Steuerhinterziehung oder um Geldwäsche handeln könnte, bedeutete er diesem, dass ein Konto entsprechend seinen Wünschen nicht eröffnet werden könnte.

Am 27.08.2012 begab sich Herr XXX mit der Ehefrau des Klägers zur Zentrale der XXX. Dort wurde gegenüber dem Bankangestellten und Zeugen XXX ein Konto mit der Kontonummer XXX auf den Namen des Beklagten und der Zeugin XXX eröffnet. Dabei gab Herr XXX seine Anschrift mit XXX an. Auf diesem Konto gingen in der Folgezeit fünf Überweisungen in Höhe von insgesamt 324.192,10 Euro von einem Konto des Klägers bei der Beklagten ein:

- am 27.08.2012: 4.200 Euro

- am 29.08.2012: 202.720,03 Euro

- am 31.08.2012/09.09.2012: 107.072,07 Euro

- am 31.08.2012: 9.000 Euro und

- am 04.09.2012: 1.200 Euro

In der Folgezeit wurden an den Kassen der Zentrale der XXX von diesem Konto folgende Barabbuchungen in Höhe von insgesamt 323.200 Euro vorgenommen:

- am 29.08.2012: 4.200 Euro

- am 30.08.2012: 190.000 Euro

- am 04.09.2012: 10.000 Euro

- am 04.09.2012: 11.200 Euro

- am 06.09.2012: 1.300 Euro

- am 10.09.2012: 105.000 Euro

- am 17.09.2012: 1.500 Euro

Außerdem erfolgten von diesem Konto in der Folgezeit folgende EC-Kartenzahlungen in Höhe von insgesamt 878,43 Euro:

- am 10.09.2012: 115,14 Euro (XXX)

- am 10.09.2012: 15,00 Euro (XXX)

- am 17.09.2012: 105,93 Euro (XXX)

- am 18.09.2012: 501,95 Euro (Abbuchung Geldautomat XXX)

- am 18.09.2012: 48,00 Euro (XXX)

- am 19.09.2012: 10,00 Euro (XXX)

- am 20.09.2012: 82,41 Euro (XXX)

Seitens der XXX wurden auf diesem Konto Buchungs- und Rechnungsabschlusskosten in Höhe von 113,67 Euro verrechnet, sodass das Sparkassenkonto am 21.11.2012 auf „Null“ stand. Die auf den Namen der Ehefrau des Klägers ausgestellte EC-Karte der XXX wurde am 13.06.2013 anlässlich einer Wohnungsdurchsuchung bei Herrn XXX sichergestellt.

Am 08.09.2012 wurden Gegenstände und Kleidung der Ehefrau des Klägers aus dem Haus transportiert.

Am 11.09.2012 versuchte der Kläger, mit seiner Maestro- Karte Geld von seinem Girokonto bei der Beklagten abzuheben. Dies war nicht möglich, es erschien die Anzeige „Tages-/ Wochenlimit erreicht“. Der Kläger wandte sich telefonisch an die Beklagte und veranlasste die sofortige Sperrung seines Kontos.

Am 01.10.2012 erteilte die Beklagte dem Kläger einen Rechnungsabschluss (Anlage B7, Blatt 86 d.A.). Gegen diesen erhob der Kläger nicht innerhalb von 6 Wochen Einwände.

Der Kläger forderte die Beklagte mit Schriftsatz vom 08.07.2016 unter Fristsetzung zum 31.07.2016 zur Zahlung auf. Die Beklagte wies die Ansprüche des Klägers mit Schreiben vom 13.07.2016 zurück.

Der Kläger verklagte zunächst Herrn XXX vor dem Landgericht Aachen (11 O 237/15) auf Zahlung von 347.692,10 € nebst Zinsen. Das Landgericht Aachen wies die Klage mit Urteil vom 15.06.2016 ab. Auf die Berufung des Klägers hin wurde durch Versäumnisurteil des Oberlandesgerichtes Köln vom 19.06.2019 das Urteil des Landgerichts Aachen abgeändert und der Beklagte verurteilt, hinsichtlich der zu Lasten des Klägers bei der XXX erfolgten, unrichtigen Belastungen in Höhe von insgesamt 324.192,10 € eine Kontoberichtigung herbeizuführen sowie an den Kläger 23.500,00 € nebst Zinsen zu zahlen. Dieses Urteil ist seit dem 20.12.2019 rechtskräftig.

In dem Zivilverfahren vor dem Landgericht Aachen wurde der hiesigen Beklagten mit Schriftsatz vom 07.09.2015 (Anlage B2, Blatt 50 d.A.) der Streit verkündet. Mit Schriftsatz vom 12.11.2015 erklärte die hiesige Beklagte ihren Beitritt zum Rechtsstreit auf Seiten des Klägers und nahm  diesen Beitritt mit Schriftsatz vom 23.05.2016 zurück.

In einem Strafverfahren vor dem Landgericht Aachen wurde Herr XXX durch Urteil vom 13.10.2017 unter anderem wegen des hier anhängigen Sachverhaltes wegen Diebstahls und Betruges zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 3 Jahren verurteilt.

Der Kläger trägt vor:

Seine Ehefrau habe Herrn XXX nicht den Zugang zu seinem Konto ermöglicht und/ oder geduldet, dass dieser Verfügungen vornehmen konnte. Dies erscheine auch sinnlos, da sie selbst Kontovollmacht gehabt habe.

Am 12.09.2012 habe ihm der Zeuge XXX am Telefon erklärt, dass man versucht habe, die Überweisung von 107.000,00 € von der XXX zurück zu fordern, dies aber nicht gelungen sei. Einer Mitarbeiterin der Beklagten sei aufgefallen, dass der Anrufende, der sich als Kläger ausgegeben habe, sein Geburtsdatum nicht habe nennen können, dies aber später nachgeholt habe.

Der Kläger vertritt die Auffassung,

ihm stehe gegen die Beklagte Schadensersatz wegen nicht autorisierter und damit fehlerhaft ausgeführter Verfügungen von seinen Konten bei der Beklagten zu.

Die Haftung der Beklagten ergebe sich bereits aus ihren Geschäftsbedingungen, den Bedingungen für den Überweisungsverkehr. Sämtliche Abbuchungen von seinen Konten seien ohne sein Wissen und ohne seine Billigung erfolgt. Die Beklagte hätte die Überweisungen nicht nahezu ungeprüft ausführen dürfen, sondern diese bei Einhaltung der gebotenen Sorgfalt nicht vornehmen dürfen. Bei der am 27.08.2012 durch Herrn XXX veranlasste Überweisung unter Benutzung des Namens des Klägers habe dieser sein Geburtsdatum zunächst nicht benennen können. Auch habe Herr XXX die gefälschten Telefaxe von seinem damaligen Wohnsitz aus versendet mit der entsprechenden Vorwahl, die nicht der seinen entsprochen habe; dies hätte der Beklagten auffallen und dazu führen müssen, die Überweisungen nicht auszuführen. Auch die von Herrn XXX angeforderten TAN- Nummern seien nicht an seine Handynummer, sondern an eine der Beklagten bis dahin nicht bekannte Handynummer, ohne dass eine weitere Prüfung der Beklagten dazu erfolgt sei.

Ihm dagegen sei kein Fehlverhalten anzulasten. Für ihn sei es nicht erkennbar gewesen, dass Herr XXX sich in den Besitz der Schlüssel würde bringen wollen, um kriminelle Pläne umzusetzen. Auch ein vorwerfbares Fehlverhalten seiner Ehefrau, das ihm zuzurechnen wäre, sei nicht zu erkennen.

Seine Ansprüche seien weder nach den Bedingungen für den Überweisungsverkehr noch gemäß § 676 c BGB ausgeschlossen, denn die seinen Anspruch begründenden Umstände würden nicht auf einem ungewöhnlichen und unvorhersehbaren Ereignis beruhen. Er habe auch ausreichend Vorsorge getroffen, dass es während seiner erneuten Abwesenheit ab dem 22.08.2012 zu keinem Zugriff durch unberechtigte Personen auf seine Bankunterlagen hätte kommen können. So habe er das Schloss zu seinem Arbeitszimmer vor der Abreise austauschen lassen.

Seinem allenfalls als äußerst gering zu wertendes mögliches Mitverschulden trage er dadurch Rechnung, dass er lediglich 2/3 der möglichen Forderung begehre.

Seine Forderung gegenüber der Beklagten sei nicht verjährt. Die Streitverkündung in dem Zivilverfahren vor dem Landgericht Aachen habe zu einer Hemmung der Verjährung bis zum Abschluss des Verfahrens vor dem OLG Köln geführt. Die Streitverkündung habe auch den Zulässigkeitserfordernissen des § 72 Abs. 1 ZPO genügt und er habe in dem Verfahren vor dem Landgericht Aachen seinen Anspruch gegen die jetzige Beklagte hinreichend dargelegt. Das klassische Alternativverhältnis der Ansprüche zu Herrn XXX und die jetzige Beklagte sei durch das Urteil des Landgerichtes Aachen auch bestätigt worden. Zudem sei die Verjährung auch durch die schriftlichen Verhandlungen mit der Beklagten in der Zeit vom 11.02.2015 bis zum 13.07.2016 gehemmt worden.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte – gegebenenfalls als Gesamtschuldnerin neben dem gesondert im Rechtsstreit vor dem OLG Köln (22 U 100/16) in Anspruch genommenen XXX – zu verurteilen an den Kläger 216.128,06 € nebst Zinsen in Höhe von 5 %- Punkten über dem Basiszins ab dem 01.08.2016 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

 die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor:

Die streitgegenständlichen Verfügungen vom Konto des Klägers in der Zeit vom 27.08. bis 04.09.2012 seien dadurch ermöglicht worden, dass die Ehefrau des Klägers Herrn XXX den Zugang zu den Konten und dem Depot des Klägers ermöglicht und die Verfügungen mindestens geduldet habe.

Die Beklagte meint,

ihr könne keine Pflichtverletzung vorgeworfen werden. Zudem sei der Verantwortungsteil des Klägers jedenfalls so hoch, dass keine Ansprüche gegen sie verbleiben würden.Da der Kläger gegen den Rechnungsabschluss vom 01.10.2012 keine Einwände erhoben habe, gelte diese als genehmigt mit der Folge, dass er nunmehr beweisbelastet dafür sei, dass sein Konto zu Unrecht belastet worden sei.

Sollte es sich doch um nicht autorisierte Verfügungen gehandelt haben, wären etwaige Ansprüche des Klägers sowohl gemäß Ziffer 2.3.4. (3) der Bedingungen für den Überweisungsverkehr (Anlage B6. 2, Blatt 84 f.d.A.) als auch gemäß § 676 c BGB ausgeschlossen. Vorliegend handele es sich zweifelsfrei um ungewöhnliche und unvorhersehbare Ereignisse. Die Beklagte habe nicht damit rechnen müssen, dass ein Kunde wie der Kläger einem unbefugten, der bereits kriminelle Energie gezeigt habe, den Zugang zu seinen Bankunterlagen nebst persönlicher Zugangsdaten dadurch ermögliche, dass er den Schlüssel während seiner Abwesenheit in die Schublade seines Schreibtisches lege. Vielmehr habe die Beklagte davon ausgehen können, dass der Kunde den Zugang zu seinen Konten und Depots sofort sperre und sich neue Bankdaten geben lasse anstatt durch sorgloses Verhalten dem unbefugten auch noch zu ermöglichen, seine Unterschrift zu fälschen und sich unter Angabe der ursprünglichen Kontonummer und des Geburtsdatums neue Zugangsdaten an die Heimatanschrift des Klägers schicken zu lassen.

Die Beklagte habe keine Veranlassung gehabt, die Faxnummer zu prüfen oder ggf. auch eine Handynummer. Um solche Änderungen vornehmen zu können, hätte Herr XXX die persönlichen Kennzahlen bzw. die persönliche Identifikationsnummer des Klägers benötigt, was wiederum von dem Kläger zu verantworten wäre.

Der Kläger habe sich gegenüber der Beklagten jedenfalls schadensersatzpflichtig gemacht, da er gegen seine Pflichten aus dem zugrunde liegenden Bankvertrag verstoßen habe; mit diesem Schadensersatzanspruch erklärt die Beklagte die Aufrechnung. Der Kläger sei seiner Verpflichtung zur Geheimhaltung seiner personalisierte Sicherheitsmerkmale nicht nachgekommen. Die Umstände um den 04.08.2012 hätten den Kläger zu erhöhter Wachsamkeit angehalten und er hätte sicherstellen müssen, dass Herr XXX bei weiteren Besuchen nicht an die maßgeblichen Bankunterlagen hätte gelangen können. Nach den Angaben der Zeugen XXX in dem Ermittlungsverfahren gegen Herrn XXX (Anlage B9, Blatt 95 f.d.A.) habe der Kläger am 04.08.2012 bei einem Blick in den Tresor festgestellt, dass ein Umschlag mit Listen der PIN- und den TAN- Nummern gefehlt und später nach dem Verschwinden des Herrn XXX wieder da gewesen seien. Nach den Angaben des Klägers in dessen Strafanzeige vom 17.09.2012 (Anlage B8, Blatt 88 f.d.A.) habe Herr XXX bereits am 05.08.2012 wieder Kontakt zu der Ehefrau des Klägers aufgenommen und diese gegen 11:00 Uhr an der Wohnung abgeholt sowie sie gegen 18:00 Uhr zurückgebracht. Es könne nur als grob fahrlässig angesehen werden, dass der Kläger während seiner erneuten Reise vom 22.08. bis 10.09.2012 u.a. die Schlüssel zum Safe in seiner Schreibtischschublade zurückgelassen und seine Bankunterlagen weiterhin in diesem belassen habe. Auch habe der Kläger es entgegen Ziffer 8.1 der Bedingungen für das online-Banking unterlassen, unverzüglich eine Sperranzeige zu erteilen, als er am 04.08.2012 das Fehlen der Liste mit den PIN- und TAN- Nummern bemerkt habe.

Dem Kläger würde auch kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte zustehen. Der Beklagten könne nicht vorgeworfen werden, sie hätte die erste Überweisung nicht ausführen dürfen, nachdem der Anrufer im ersten Telefonat sein Geburtsdatum nicht auf Anhieb habe nennen können. Bis zum nachfolgenden Anruf, der von einem anderen Mitarbeiter der Beklagten entgegengenommen worden sei, wäre es schon aufgrund der Kürze der Zeit nicht möglich gewesen, Maßnahmen zur Sicherung der Konten und Depots des Klägers zu ergreifen. Eine Sperrung hätte dem Kläger nicht geholfen, da es Herrn XXX mit dem ihm zur Verfügung stehenden erforderlichen Zugangsdaten und Informationen ohne weiteres möglich gewesen wäre, eine erfolgte Sperre sofort wieder aufheben zu lassen.

Hinsichtlich der nachfolgenden Verfügungen im Wege das online- Banking sei die Beklagte eder in der Lage noch verpflichtet gewesen, diese auf ihre Richtigkeit zu prüfen.

Die Beklagte erhebt die Einrede der Verjährung und meint, eventuell bestehende Forderungen gegen die Beklagte wären seit dem 01.01.2016 verjährt gewesen, da der Kläger von den streitgegenständlichen Verfügungen im August und September 2012 sogleich Kenntnis erlangt hätte.

Etwas anderes ergebe sich auch sind nicht durch die Streitverkündung in dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Aachen zum Aktenzeichen 11 O2 137/15. Eine Streitverkündung sei unzulässig, wenn die Ansprüche gegen den Beklagten und den Dritten nicht alternativ, sondern kumulativ nebeneinander stehen würden, da es dann an der wechselseitigen Ausschließung fehle. Sei die Streitverkündung unzulässig, sei dies in einem Folgeprozess zu prüfen, da von der Zulässigkeit die materiell-rechtliche Wirkung gemäß § 204 Abs. 1 Nr. 6 BGB abhänge, und zwar unabhängig von einem etwaigen Beitritt des Streitverkündungsempfängers (BGH IX ZR 143/06, RN 14, zitiert nach juris).

Selbst wenn die Streitverkündung im Grundsatz zulässig gewesen wäre, hätte sie die Verjährung der nunmehr geltend gemachten Ansprüche gegen die Beklagte dennoch nicht gehemmt, jedenfalls soweit mit der vorliegenden Klage primär der Erstattungsanspruch in Form einer Berichtigungsbuchung geltend gemacht werde. Damit die Verjährung durch die Streitverkündung gehemmt werde, sei es erforderlich, den Rückgriffsanspruch, der gegen denStreitverkündungsempfänger bestehen solle, hinreichend zu individualisieren. In der Streitverkündung vom 07.09.2015 habe der Kläger jedoch nur pauschal einen angeblichen Schadensersatzanspruch behauptet mit der Begründung, die hiesige Beklagte hätte die ihr vorgelegten Dokumente nicht ordnungsgemäß geprüft. Der Erstattungsanspruch gemäß den Bedingungen für den Überweisungsverkehr finde sich in der Begründung nicht.

Auch durch mögliche Verhandlungen zwischen den Parteien sei keine Hemmung der Verjährung eingetreten, denn die Beklagte habe nicht verhandelt, sondern klägerische Zahlungsansprüche stets zurückgewiesen; im übrigen wäre das Verhandeln mit der Streitverkündung durch Schriftsatz vom 07.09.2015 jedenfalls beendet gewesen.

Die erhobene Einrede der Verjährung verstoße auch nicht gegen Treu und Glauben.

Hinsichtlich des weiteren Parteivortrags wird Bezug genommen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen. Die Akten des Landgerichts Aachen zu den Aktenzeichen 11 O 237/15 und 63 KLs-809 Js 2130/12-18/15 wurden beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

Aus den Gründen

Die Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Zahlung von 216.128,06 € (2/3 der 5 Überweisungen von seinem Konto bei der Beklagten) zu.

Ein solcher Anspruch des Klägers ergibt sich nicht aus einem Schadensersatzanspruch der Beklagten gemäß § 280 Abs. 1 BGB.

Der Beklagten kann im Zusammenhang mit den streitigen Überweisungen keine Pflichtverletzung vorgeworfen werden.

Der Beklagten kann nicht vorgeworfen werden, dass - so den Vortrag des Klägers unterstellt - sie die erste Überweisung nicht hätte ausführen dürfen, nachdem der Anrufer sein Geburtsdatum nicht auf Anhieb hat nennen können. Da es sich bei der Beklagten um eine online- Bank handelt, wären Maßnahmen der Beklagten vor dem nächsten Anruf gar nicht möglich gewesen. Zudem hätte der XXX eine von der Beklagten sofort veranlasste Sperrung der Konten des Klägers ohne weiteres wieder aufheben können, da er im Besitz aller dafür erforderlichen Informationen war.

Der Beklagten kann auch nicht vorgeworfen werden, dass diese dem Kläger aufgrund eines von XXX gefälschten Faxes neue Zugangsdaten an dessen Adresse versendet hat oder aber auf dessen von XXX mitgeteilter angeblich neuer Handy-Nummer des Klägers. Angesichts der Mehrheit der für eine Überweisung im online-banking erforderlichenInformationen auf Seiten des Überweisenden würde es den Pflichtenkreis der Beklagten eindeutig überfordern, bei einer einzelnen „Unstimmigkeit“ sofort eine Nachforschung oder Kontensperrung zu veranlassen und im übrigen den möglichen Zahlungsverkehr nahezu lahmlegen. Auch ein Wechsel der Nutzungsmöglichkeit des Online-Kontos musste nicht zwangsläufig Argwohn bei der Beklagten auslösen, denn diese werden dem Kunden ja von vornherein zur Verfügung gestellt. Im übrigen verlaufen die Überweisungen im onlineBankenverkehr automatisiert ohne dass noch eine interne Abzeichnung und/ oder Kontrolle durch die online- Bank erfolgt oder erfolgen muss.

Auch ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagte wegen des Geschäftsbesorgungsvertrages scheidet aus.

Grundsätzlich könnte ein Anspruch des Klägers aus § 675u BGB aF. zu bejahen sein, sein Konto wieder auf den Stand zu bringen, auf dem es sich ohne die Belastungen durch die streitgegenständlichen Zahlungsvorgänge befunden hätte. Im Falle bereits erfolgter Kontoauflösung ist der Antrag auf Zahlung auszulegen.

Erstattungsansprüche beziehen sich auf alle Zahlungsvorgänge, die nicht autorisiert sind, das heißt, bei denen die Zustimmung des Zahlers gemäß § 675 j aF. BGB fehlt. Nach der Legaldefinition des § 675 j Abs. 1 S. 1 aF. BGB ist unter Autorisierung die Zustimmung zu einem Zahlungsvorgang zu verstehen. Zahlungsvorgang in diesem Sinne ist jede Bereitstellung, Übermittlung oder Abholung eines Geldbetrages unabhängig von der zugrunde liegenden Rechtsbeziehung zwischen Zahler und Zahlungsempfänger, § 675 f Abs. 3 BGB aF. Mit Zustimmung in diesem Sinne ist die Erklärung des Einverständnisses mit dem Zahlungsvorgang als tatsächlichem Ereignis, nicht hingegen rechtstechnisch die Zustimmung zu einem Rechtsgeschäft gemeint. Daher liegen bei den 5 streitigen Überweisungen des Herrn XXX keine autorisierten Zahlungsvorgänge vor.

Dennoch sind mögliche Ansprüche des Klägers nach § 676 c Nr. 1 BGB aF. bzw. gemäß Ziffer 2.3.4. (3) der Geschäftsbedingungen für den Überweisungsverkehr ausgeschlossen.

Danach sind Ansprüche (§§ 675j bis 676 a BGB aF.) ausgeschlossen, wenn die einen Anspruch begründenden Umstände auf einem ungewöhnlichen und unvorhergesehenen Ereignis beruhen, auf das diejenige Partei, die sich auf dieses Ereignis beruft, keinen Einfluss hat, und dessen Folgen trotz Anwendung der gebotenen Sorgfalt nicht hätten vermieden werden können. So liegt der Fall hier.

Ungewöhnlich und unvorhersehbar in diesem Sinne ist ein Ereignis, mit dem die betroffene Partei nicht rechnen konnte, dessen Eintritt die betroffene Partei nicht beeinflussen konnte und dessen Folge sie trotz Anwendung der gebotenen (nicht: der größtmöglichen) Sorgfalt nicht vermeiden konnte. Dabei muss das Ereignis im Sinne des § 676 c BGB aF. nicht die Qualität des Begriffes „höhere Gewalt“ im Sinne des § 206 BGB erreichen: Bei einer Unterschriftenfälschung handelt es sich um ein derartig ungewöhnliches Ereignis. Deliktisches Verhalten kommt bei Zahlungsgeschäften wie auch im Rechtsverkehr zwar durchaus vor. Gleichwohl handelt es sich um Ausnahmesituationen und nicht um im Routinegeschäft gewöhnliche Sachverhalte. Derartigen Gefahren kann die Beklagte begegnen, indem sie ihre itarbeiter anweist, regelmäßig vor Durchführung von Überweisungen einen Vergleich der dort vorhandenen Unterschrift mit der von dem Anweiser hinterlegten Originalunterschrift vorzunehmen. Ob eine derartige Überprüfung im vorliegenden Fall stattgefunden hat, wurde zwischen den Parteien nicht erörtert. Diese Frage kann jedoch offen bleiben, weil die Unterschrift auf dem Fax an die Beklagte zur Anforderung der neuen Tan- Liste nur eine Vorbereitungshandlung des Herrn XXX war. Auch bei Vornahme eines Unterschriftenvergleiches hätte eine Fälschung nicht ohne Weiteres erkannt werden können. Demnach käme selbst bei Unterlassen des möglicherweise gebotenen Unterschriftenvergleiches eine Haftung der Beklagten nach den Grundsätzen des rechtmäßigen Alternativverhaltens nicht in Betracht. Schäden, die auch bei rechtmäßigem Verhalten des Schädigers entstanden wären, werden vom Schutzzweck der Haftungsnorm nicht erfasst.

Bei der missbräuchlichen Verwendung von Zugangskennwörtern beim online- Banking muss im Einzelfall mit Blick auf unter Offenlegung der spezifischen Tatsachen unter Beachtung des aktuellen Standes der Technik aufgezeigt werden, dass bei Anwendung des objektiv gebotenen Sicherheitsniveaus das Ereignis unvermeidbar war. Vorliegend waren die Überweisungen durch XXX möglich, weil er im Besitz aller dafür erforderlichen Daten und Informationen war, die er in Abwesenheit des Klägers in dessen Wohnung nahezu ungehindert erlangen konnte. Durch diese Informationen war es Herrn XXX auch möglich, eine neue Tan- Liste zu erhalten. Diese Überweisungen waren in ihrer konkreten Ausgestaltung von der Beklagten nicht vorhersehbar und die Beklagte hätte diese bei Anwendung jeglicher Sorgfalt nicht verhindern können, dies insbesondere, weil Herr XXX durch Zugang zu den Informationen und Unterlagen des Klägers auch jeweils die Zugangsnummer zum Telefonbanking angeben konnte. Denn die Kontonummer des Klägers oder seine individuelle Kundenkennung und seine PIN warnen jeweils zu übermitteln (vgl. Anlage B 6.1. II, 3) sowie jeweils eine Tan von der übersandten Liste. Aus den Unterlagen des Klägers muss Herr XXX damit zumindestens die Kontonummer oder individuelle Kundenkennung sowie die PIN erlangt haben, denn ohne diese hätte er auch mit der neu übersandten Tan- Liste keine Überweisungen durchführen können.

Die Beklagte musste nicht damit rechnen, dass ein Kunde wie der Kläger seine Bankunterlagen nebst persönlicher Zugangsdaten (PIN) an einem Ort belässt, zu dem ein Unbefugter, der in seinem Umfeld schon unlautere oder kriminelle Energie dergstalt an den Tag gelegt hatte, dass der Kläger seine Haus- und Autoschlüssel zurückfordern und ein Hausverbot aussprechen musste, und von dem der Kläger nachfolgend wusste, dass er sich nicht an das Hausverbot halten würde, als er am 22.08.2012 zu seiner nächsten Reise aufbrach.

Vielmehr hätte die Beklagte entsprechend der Bedingungen für das Online- Banking (Anlage B 6.1, Ziff. 7.2, 8.1) davon ausgehen dürfen, dass der Kläger als Kunde bei dem geringsten Verdacht eines unberechtigten Zugangs zu seinen Kontodaten den Zugang sofort sperrt und sich neue Bankdaten geben lässt, dies umso mehr als der Kläger nach eigenen Angaben am Tage der Erteilung des Hausverbotes gegen Herrn XXX (04.08.2012) den Verlust von mindestens 3.000,00 € bemerkt haben will sowie, dass dieser dem erteilten Hausverbot noch nicht einmal am selben Tag Folge leistete.

Im Ergebnis kommt es daher auf einen möglichen Schadensersatzanspruch der Beklagten, der zur Aufrechnung gestellt wurde, nicht an.

Entscheidungserheblich kommt es damit auch auf die von der Beklagten erhobenen Einrede der Verjährung nicht an.

Ein Zinsanspruch ist mangels eines Hauptanspruches ebenfalls zu verneinen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

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