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BB 2019, I
Adrian 

Das Jahressteuergesetz 2019 – Umfangreiche Änderungswünsche des Bundesrats

Abbildung 1

Der “Entwurf eines Gesetzes zur weiteren steuerlichen Förderung der Elektromobilität und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften” ist ein typisches Jahressteuergesetz – ein Konvolut von nicht zusammenhängenden Einzeländerungen und Neuregelungen, deren Hintergründe häufig BFH-Rechtsprechung, aber auch europarechtliche Vorgaben sind. Eine Ausnahme bilden die zahlreichen steuerlichen Vergünstigungen im Bereich der Elektromobilität, womit sich der Gesetzgeber eine umweltpolitische Lenkungswirkung zu Gunsten klimafreundlicherer Mobilität verspricht.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung enthält auf 242 Seiten insgesamt 35 Artikel, mit denen 19 Gesetze und mehrere Verordnungen geändert werden sollen. Die Antwort des Bundesrats steht diesem beeindruckenden Umfang kaum zurück: Die Stellungnahme des Bundesrats umfasst insgesamt 126 Seiten mit 92 Änderungswünschen und Prüfbitten.

Mehrere Vorschläge des Bundesrats zielen auf weniger Bürokratie und mehr Steuervereinfachungen ab. Dies betrifft zum Beispiel den Vorschlag des Bundesrats die vorhandene Grenze für die Sofortabschreibung von geringwertigen Wirtschaftsgütern (GWG) von derzeit 800 Euro auf 1000 Euro anzuheben. Im Gegenzug soll die Sammelpostenmethode abgeschafft werden. Derzeit ist es als Alternative zum Sofortabzug möglich, geringwertige Wirtschaftsgüter bis zu 1000 Euro in einen Sammelposten einzustellen, der über fünf Jahre linear abgeschrieben wird.

Die Länder möchten das Ehrenamt stärken. Daher soll die steuerfreie Übungsleiterpauschale nach den Vorstellungen des Bundesrats um 600 Euro auf 3000 Euro erhöht werden (§ 3 Nr. 26 EStG). Bei Betriebsveranstaltungen soll der Arbeitgeber künftig die Möglichkeit zur pauschalen Besteuerung mit 25 % haben – zwar ohne mögliche Inanspruchnahme des Freibetrags von 110 Euro, dafür würde die notwendige Erstellung von Teilnehmerlisten entfallen (§ 40 Abs. 2 EStG). Bei der 44 Euro-Freigrenze für Sachbezüge spricht sich der Bundesrat für eine klare gesetzliche Regelung aus, in welchem Umfang Guthaben-Karten und Gutscheine begünstigt sein sollen.

Im Bereich der Umsatzsteuer wird eine Anhebung der Kleinunternehmergrenze von derzeit 17 500 Euro auf 21 400 Euro vorgeschlagen. Die Umsatzgrenze, um die Steuer noch nach vereinnahmten Entgelten berechnen zu dürfen (§ 20 UStG), soll nach den Vorstellungen des Bundesrats von 500 000 Euro auf 600 000 Euro angehoben werden. Zudem spricht sich der Bundesrat für eine weitergehende Anwendung des reduzierten Umsatzsteuersatzes von 7 % auf elektronische Verlagsangebote aus, die über reine E-Paper-Angebote hinausgehen.

Im Bereich der Immobilienbesteuerung hat der Bundesrat einige Vorschläge. Der Bundesrat bittet, die Bindungswirkung von Bescheinigungen im Rahmen der steuerlichen Sonderabschreibungen zu überprüfen. Dies betrifft zum Beispiel die erhöhten Absetzungen für Baudenkmäler nach § 7i EStG. Nach aktueller BFH-Rechtsprechung entfalten diese Bescheinigungen nämlich auch dann Bindungswirkung, wenn sie offenkundig rechtswidrig sind. Um preisgünstigen Wohnraum zu erhalten schlägt der Bundesrat vor, die Entgeltlichkeitsgrenze des § 21 Abs. 2 EStG von 66 % auf 50 % zu reduzieren. Ist die vereinbarte Miete niedriger, dürfen auch nur anteilig Werbungskosten geltend gemacht werden. Zudem bittet die Länderkammer im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob im Einkommensteuergesetz eine Regelung aufgenommen werden kann, die den spekulativen Leerstand von vermietbarem Wohnraum eindämmt. Eine derartige Regelung könnte beim Werbungskostenabzug ansetzen.

Bei der Körperschaftsteuer sieht der Bundesrat ebenfalls Änderungsbedarf. Zum Beispiel bittet er im Bereich des Korrespondenzprinzips eine periodenübergreifende Betrachtung zu prüfen. Das Korrespondenzprinzip des § 8b KStG macht die Steuerbefreiung einer Gewinnausschüttung davon abhängig, dass korrespondierend keine Einkommensminderung geltend gemacht wird. Der Bundesrat verweist hierbei darauf, dass die entsprechende Einkommenswirkung manchmal nur zeitverschoben erfolgt. Bei Organschaften soll die Bruttomethode des § 15 KStG künftig auch den Fall der Verschmelzung einer Kapitalgesellschaft auf die Organgesellschaft erfassen.

Mit Blick auf die gewerbesteuerliche Behandlung von Dividenden bittet der Bundesrat eine einheitliche Absenkung der Mindestbeteiligungsgrenze auf 10 % zu prüfen. Aktuell sind als Mindestbeteiligungsgrenze für Tochterkapitalgesellschaften in anderen EU-Staaten 10 %, im Übrigen 15 % vorgesehen. Der Bundesrat weist zutreffend darauf hin, dass mit einer gewerbesteuerlichen Grenze von 10 % auch eine Angleichung an die körperschaftsteuerliche Beteiligungshöhe für Streubesitzdividenden erreicht würde. Im Regierungsentwurf ist hingegen eine Anhebung der gewerbesteuerlichen Grenze auf einheitliche 15 % vorgesehen.

Änderungsvorschläge des Bundesrats werden typischerweise nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit im weiteren Gesetzgebungsverfahren übernommen. Der Mehrzahl der vorliegenden Vorschläge des Bundesrats ist jedoch zu wünschen, dass sie diesen Trend durchbrechen. Planmäßig sollte das Gesetzgebungsverfahren in diesem Jahr abgeschlossen werden.

Prof. Dr. Gerrit Adrian, StB, ist Director im Bereich Tax der KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Frankfurt a. M., und Honorarprofessor an der Universität Siegen.

 
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