Das steuerliche Investitionssofortprogramm
Investitionsbooster – Volumen für nennenswerte Effekte zu gering
Das Bundeskabinett hat am 5.6.2025 das “Gesetz für ein steuerliches Investitionssofortprogramm zur Stärkung des Wirtschaftsstandorts Deutschland” beschlossen. Mit diesem will die Bundesregierung unter der Führung des selbsternannten “Investitionsministers” Bundesfinanzminister Lars Klingbeil Investitionsanreize schaffen. So soll die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts Deutschland gesteigert werden. Die jetzt Gesetz werden sollenden Maßnahmen sind der erste Schritt. Was ist von diesen zu halten?
Kern der Maßnahmen ist die Wiedereinführung und Aufstockung der degressiven AfA für bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens als sog. “Investitionsbooster” (§ 7 Abs. 2 EStG-E), die nach dem 30.6.2025 und vor dem 1.1.2028 angeschafft oder hergestellt worden sind (vgl. dazu ausführlich Althoff, BB 2025, 1519 ff., in diesem Heft). Profitieren werden hiervon ertragsstarke Unternehmen, die so ihre Steuerlast mindern können. Wie viele es sind, wird niemand sagen können. Ob durch diese Maßnahmen Ansiedlungen am Wirtschaftsstandort Deutschland erreicht werden? Zweifel sind angebracht. Bleibt zu hoffen, dass nicht nur die Unternehmen profitieren, die den “Booster” gar nicht benötigten.
Weiterhin sollen “die Unternehmenssteuern deutlich gesenkt” werden. Ab 2028 soll die Körperschaftsteuer jeweils um einen Prozentpunkt pro Jahr von 15 % auf 10 % gesenkt werden. Bei Lichte betrachtet wäre etwas weniger Superlativ angebracht. Das Körperschaftsteueraufkommen betrug 2024 ca. 38 Mrd. Euro. Die Absenkung bringt, gleichbleibendes Aufkommen unterstellt, 3,8 Mrd. Euro pro Jahr! Ist das eine deutliche Senkung von Unternehmenssteuern? Dies vor allem auch vor dem Hintergrund, dass die Hauptlast der Unternehmen nicht die Körperschaftsteuer, sondern die Gewerbesteuer ist. Gerade bei letzterer ist, aufgrund der Überforderung der Gemeinden und der dadurch fehlenden finanziellen Mittel, mit keiner Entlastung zu rechnen.
Um die Belastungsneutralität zwischen Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften weiter zu gewährleisten, wird der Thesaurierungsbegünstigungssteuersatz über drei Stufen von 27 % für 2028 und 2029, 26 % für 2030 und 2031 und 25 % für 2032 abgesenkt. Mit der Thesaurierungsbegünstigung nach § 34e EStG soll es Einzelunternehmern und Mitunternehmern (Personenunternehmern) mit ihren Gewinneinkünften (Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft, Gewerbebetrieb und selbständiger Arbeit) möglich sein, in vergleichbarer Weise wie Kapitalgesellschaften besteuert zu werden.
Als weitere Maßnahme ist der Ausbau der E-Mobilität durch den Gesetzentwurf vorgesehen. Neben dem Investitionsbooster wird der Investitionsbooster für E-Mobilität eingeführt. Dahinter verbirgt sich eine degressive Abschreibung für zwischen dem 30.6.2025 und vor dem 1.1.2028 neu angeschaffte Elektrofahrzeuge, § 7 Abs. 2 Buchst. b EStG-E (vgl. dazu auch Althoff, a. a. O.). Damit soll die Elektromobilität in Deutschland vorangebracht werden. Dies sei ohne weitreichende steuerliche Maßnahmen nicht möglich. Die Kummulierung von Sonderabschreibungen, d. h. Investitionsbooster und Investitionsbooster für E-Mobilität soll nicht möglich sein. Zweifelsohne ist die Abschreibung von 75 % im Jahr der Anschaffung fast schon revolutionär. Aber ist es sinnvoll, die weltweite Elektroproduktion mit deutschem Steuergeld zu fördern oder wäre die Beschränkung auf die EU sinnvoller gewesen?
Geändert wird auch das Forschungszulagengesetz. Nach diesem erfolgt die Förderung bisher nur in Bezug auf die dem Lohnsteuerabzug unterliegenden Arbeitslöhne von im Forschungs- und Entwicklungsvorhaben beschäftigten Arbeitnehmern, die Eigenleistung eines Einzelunternehmers in Höhe von 70 Euro je Arbeitsstunde bei maximal 40 Arbeitsstunden pro Woche sowie anteilig (60 bzw. 70 %) in Bezug auf das Entgelt für Auftragsforschung. Investive Aufwendungen eines Forschungs- und Entwicklungsvorhabens werden seit dem Wachstumschancengesetz im Rahmen der Forschungszulage berücksichtigt. Nun soll die Forschungszulage auf zusätzliche Gemein- und sonstige Betriebskosten ausgeweitet werden, wenn diese förderfähigen Aufwendungen im Rahmen eines begünstigten Forschungs- und Entwicklungsvorhabens, welches nach dem 31.12.2025 begonnen hat, entstanden sind. Die zeitliche Eingrenzung wird als notwendig angesehen, um die für Steuervergünstigungen nötige Anreizwirkung sicherzustellen. Der Entwurfsverfasser hat sich gegen einen individuellen Kostenansatz entschieden. Stattdessen werden die Gemein- und sonstigen Betriebskosten ausschließlich in Form eines pauschalen Betrages von 20 % der im Wirtschaftsjahr entstandenen förderfähigen Aufwendungen erfasst.
Die finanzielle Auswirkung, mithin weniger Steuereinnahmen, soll im Jahr 2025 ./. 1,01 Mrd. Euro, 2026 ./. 3,08 Mrd. Euro, 2027 ./. 4,7 Mrd. Euro, 2028 ./. 2,5 Mrd. Euro und 2029 ./. 336 Mio. Euro betragen. Der Staat verzichtet damit in fünf Jahren auf ca. 11,6 Mrd. Euro Steuern. Bei Gesamtsteuereinnahmen von 1 Bio. Euro verbietet sich die Berechnung eines %-Satzes. So ist zu befürchten, dass die Steuermindereinnahmen zu gering sind, um nennenswerte Effekte zu entfalten, gleichwohl zu groß, um von den Bundesländern geschultert zu werden. Aus diesen ist zu hören, dass der, der die Musik bestellt, diese auch bezahlen solle, was so viel heißt, dass die Bundesländer für die Mindereinnahmen vom Bund eine Kompensation fordern. Ob eine schnelle Einigung möglich sein wird?
Bleibt zu hoffen, dass den “Wachstumsbooster” nicht das gleiche Schicksal ereilt wie das Wachstumschancengesetz. Dies wurde durch die Bundesländer auch arg gerupft!
Prof. Dr. iur. Michael Stahlschmidt lehrt an der FHDW Paderborn Steuerrecht, Rechnungswesen, Controlling und Compliance und ist Ressortleiter des Ressorts Steuerrecht des Betriebs-Berater und Schriftleiter Der SteuerBerater.