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BB 2024, I
Freiherr von Buddenbrock 

De-Risking: “Die reine Beitragszusage als wirksamer Konzeptbaustein”!

Abbildung 1

Die reine Beitragszusage ist damit ein wichtiger De-Risking-Baustein in der betrieblichen Altersversorgung.

Zinsvolatilitäten und starke Teuerungsraten sowie als starr geltende Versorgungssysteme in der betrieblichen Altersversorgung in Unternehmen mit bewegter M&A-Historie bestimmen das Marktumfeld der betrieblichen Altersversorgung und setzen Unternehmen unter Druck.

Aus handelsrechtlicher (“HGB”) sowie internationaler Rechnungslegungssicht (“IFRS”) führt dies oft zu bilanziell kaum planbaren Versorgungssystemen. Mit den sog. “De-Risking”-Ansätzen sucht man dem Herr zu werden. Hierhinter verbergen sich verschiedene Strategien, eine höhere wirtschaftliche und bilanzielle Planbarkeit zu erreichen. Hierzu zählen beispielsweise die inhaltliche Umstellung der nach § 16 Abs. 1 BetrAVG geschuldeten Rentenanpassungsprüfung, der Durchführungswegwechsel auf einen Pensionsfonds zur handelsbilanziellen Entkopplung der Versorgungsverpflichtungen oder auch die umwandlungsrechtliche Ausgliederung von Versorgungsverpflichtungen auf eine “Rentnergesellschaft” mit dem Ziel einer bilanziellen “Entkonsolidierung” nach HGB und IFRS. Dies sind alles, an der richtigen Stelle eingesetzt, sinnvolle und wirksame “De-Risking-Maßnahmen” für bereits erdiente Versorgungsverpflichtungen, dem “Past Service”. Entscheidend ist aber nicht nur der Umgang mit der Vergangenheit, sondern eine nachhaltige Aufstellung für die Zukunft. Hierzu eignet sich die zum 1.1.2018 durch das Betriebsrentenstärkungsgesetz (BRSG) eingeführte Zusageform der reinen Beitragszusage i. S. d § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG.

Bei der reinen Beitragszusage erschöpft sich die Arbeitgeberverpflichtung in der Zahlung eines Beitrags an eine externe Versorgungseinrichtung, an ein Sozialpartnermodell (SPM). Bilanziell führt dies zu einer reinen “DC-Zusage” (Defined Contribution), die weder nach HGB noch nach IFRS zu einem Verpflichtungsausweis führt. Zukünftig werden also gar nicht erst Verpflichtungen in der betrieblichen Altersversorgung aufgebaut, die später zu der Notwendigkeit, der eingangs beschriebenen De-Risking-Strategien führen.

Der Gesetzgeber hat diese Form der betrieblichen Altersversorgung aber nicht nur zur Erreichung einer höheren Akzeptanz bei den Arbeitgebern eingeführt, sondern weil er erkannt hat, dass Garantien, wie den “konventionellen” Zusagearten immanent, teuer sind und zu Lasten der Versorgungsberechtigten die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung schmälern. Es war das Ziel des Gesetzgebers, mit der reinen Beitragszusage eine renditestarke Versorgungsform der betrieblichen Altersversorgung einzuführen, die attraktiv für Arbeitgeber und Arbeitnehmer ist. Dies sollte zur Verbreiterung und Stärkung der betrieblichen Altersversorgung beitragen. Nach der erfolgreichen Einführung der ersten Sozialpartnermodelle deuten die aktuellen politischen Verlautbarungen derzeit und vor der Gesetzesnovelle darauf hin, dass der Gesetzgeber, dieses Ziel weiter verfolgend, auch mit dem erwarteten Betriebsrentenstärkungsgesetz II (BRSG II) die reine Beitragszusage weiter stärken wird.

Aufgrund der Merkmale und Vorteile der reinen Beitragszusage ist der De-Risking-Ansatz der Ablösung bestehender Versorgungssysteme in der betrieblichen Altersversorgung durch diese neue Zusageform nur konsequent.

Die reine Beitragszusage bedarf nach § 1 Abs. 2 Nr. 2a BetrAVG als Rechtsgrundlage stets eines Tarifvertrages. Im Rahmen der arbeitsrechtlichen Normenhierarchie geht dieser kollektiven Regelungen auf betrieblicher Ebene vor und sperrt diese nach §§ 77 Abs. 3 bzw. 87 Abs. 1 BetrVG sogar. Aufgrund dieser tarifvertraglichen Wirkung sah der Gesetzgeber die Notwendigkeit in § 22 Abs. 2 S. 1 BetrAVG zu regeln, dass die Tarifvertragsparteien bereits bestehende Betriebsrentensysteme angemessen berücksichtigen sollen.

Die Änderungskompetenz der Tarifvertragsparteien bezogen auf bestehende Versorgungssysteme in der betrieblichen Altersversorgung ist auch weitergehend als beispielsweise diejenige der Vertragsschließenden auf betrieblicher Ebene. So findet bei verschlechternden Eingriffen u. a. das durch das BAG entwickelte dreistufige Prüfungsschema für Eingriffe in kollektive Versorgungsregelungen keine Anwendung. Diese weitergehende Einschränkung der gerichtlichen Überprüfbarkeit tarifvertraglicher Regelungen ergibt sich aus Art. 9 Abs. 3 GG, der die Koalitionsfreiheit normiert.

Nichtsdestotrotz sind auch die Tarifvertragsparteien über Art. 20 Abs. 3 GG an die Grundsätze von Vertrauensschutz und Verhältnismäßigkeit gebunden.

Wird die reine Beitragszusage nun beispielsweise auf Basis eines Haustarifvertrages eingeführt, eignet sie sich dafür, ein konventionelles, betriebliches Versorgungssystem abzulösen und verdrängt dies sogar, es sei denn der Tarifvertrag ermöglicht seinen Bestand. Insoweit die Ablösung nicht Vertrauensschutzgesichtspunkten widerspricht, ist die Ablösung auch rechtmäßig. Erfolgt die Umstellung ausschließlich für den “Future-Service” und der Dotierungsaufwand des Arbeitgebers bleibt gewahrt, bestehen m. E. keine Zweifel an der den Vertrauensschutz wahrenden Verhältnismäßigkeit. Auch verschlechternde tarifvertragliche Gestaltungen können bei Wahrung der Verhältnismäßigkeitsgrundsätze gerechtfertigt sein. Schließlich können rechtliche Unsicherheiten ausgeschlossen werden, wenn die reine Beitragszusage für neueintretende Arbeitnehmer eingeführt wird und für Bestandsarbeitsverhältnisse ein Wahlrecht zum Verbleib im Altsystem vereinbart wird. Die Erfahrung zeigt, dass bei richtiger Kommunikation und Ausgestaltung eine sehr hohe Akzeptanz und “Umstellunsgsquote” in der Belegschaft erreicht werden kann.

Damit eignet sich die reine Beitragszusage im Rahmen der steuerlichen Restriktionen dazu, eine Vielzahl im Unternehmen gewachsener Versorgungssysteme zunächst für die Zukunft zu vereinheitlichen und in ein “DC-System” ohne Bilanzberührung zu überführen.

Christian Freiherr von Buddenbrock, RA, ist Partner und Mitglied der Praxisgruppe Arbeitsrecht bei DLA Piper UK LLP. Sein Tätigkeitsschwerpunkt liegt in der Beratung von Arbeitgebern, Versorgungseinrichtungen und Produktanbietern in betriebsrentenrechtlichen Fragestellungen gerade auch unter Berücksichtigung von bilanziellen und aufsichtsrechtlichen Anforderungen.

 
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