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BB 2018, I
Schienke-Ohletz 

Die Stiftungsrechtsreform – ein Erfolgsmodell wird neu aufgelegt

Abbildung 1

Das Stiftungswesen erlebt in Deutschland einen wahren Boom. Derzeit gibt es rund 22 000 rechtsfähige Stiftungen in Deutschland. Die rechtlichen Rahmenbedingungen für rechtsfähige Stiftungen sind aber komplex und uneinheitlich. Das Bürgerliche Gesetzbuch enthält in den §§ 80–88 BGB nur wenige Regelungen zur rechtsfähigen Stiftung. Daneben hat jedes Bundesland ein eigenes Landesstiftungsgesetz, das ebenfalls Regelungen zur rechtsfähigen Stiftung beinhaltet. Neben den kompetenzrechtlichen Abgrenzungsfragen, ob nun das BGB oder das entsprechende Landesstiftungsgesetz im Einzelfall anwendbar ist, ist auch die Verwaltungspraxis der einzelnen Stiftungsbehörden in jedem Bundesland unterschiedlich. Um den Erwartungen von potenziellen Stiftern gerecht zu werden und ein einheitliches, transparentes Rechtssystem zu begründen, war der Bedarf einer Stiftungsrechtsreform recht hoch. So hat sich seit 2015 eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe mit einer Reform des Stiftungsrechts befasst. Seit Februar 2018 gibt es den Diskussionsentwurf mit konkreten Änderungsvorschlägen. Im Wesentlichen ging es bei der Reform um die Regelung der folgenden Aspekte: Darf ein Stifter nach Anerkennung der Stiftung noch Änderungen an der Satzung vornehmen? Unter welchen Bedingungen können Stiftungen zusammengelegt werden? Ist es sinnvoll, aus Gründen der Publizität ein Stiftungsregister einzurichten – so wie bei gemeinnützigen Kapitalgesellschaften das Handelsregister und bei Vereinen das Vereinsregister Publizitätswirkung herstellt?

Wichtiger Schritt bei der Stiftungsreform ist, einheitliche Regelungen für alle rechtsfähigen Stiftungen im Bundesrecht zu verankern, so dass nicht jedes Bundesland sein individuelles Stiftungsrecht hat. Dies führt dann auch zu einer einheitlichen Auslegung. Im derzeitigen Entwurf wird zunächst im BGB die Stiftung als Ewigkeitsstiftung definiert. Des Weiteren wird es auch die Verbrauchsstiftung geben, die allerdings für einen bestimmten Zeitraum gegründet werden muss und nach Ablauf dieses Zeitraums endet. Keine Erwähnung wird die “Stiftung auf Zeit” finden, obwohl für diese Form der Stiftung ein praktisches Bedürfnis erkennbar ist. Geregelt wird in dem Gesetzesentwurf aber die sog. Hybridstiftung, die sog. Teilverbrauchsstiftung. Begrüßenswert ist, dass nunmehr eine klare Regelung zur Satzungsänderung bei einer Stiftung gefasst wurde. Es werden drei Arten einer Satzungsänderung vorgesehen. Eine grundlegende Änderung des Stiftungszwecks setzt die Unmöglichkeit der Erfüllung des Stiftungszwecks oder eine Gefährdung des Gemeinwohls voraus. Bei anderen Zweckänderungen und Änderungen sog. prägender Bestimmungen ist lediglich eine wesentliche Änderung der Verhältnisse erforderlich – so wie es heute schon nach vielen Landesstiftungsgesetzen ebenfalls erforderlich ist. Bei sonstigen Satzungsänderungen reicht als Voraussetzung aus, dass die angestrebte Satzungsänderung die Erfüllung des Stiftungszwecks erleichtert. Lange diskutiert worden ist die Frage, ob der Stifter ggf. einige Jahre nach Anerkennung der Stiftung noch die Möglichkeit einer Satzungsänderung ohne Erfüllung besonderer materieller Voraussetzungen haben sollte, so dass er nochmal nachjustieren kann. Dies hat sich allerdings in der Bund-Länder-Kommission nicht durchgesetzt. Ein praktisches Bedürfnis ist in der Praxis sicherlich vorhanden. Der Stifter muss seinen Stifterwillen in der Satzung “für die Ewigkeit” festlegen. Da liegt es nahe, dass ihm zumindest zu Lebzeiten noch ein Änderungsrecht zusteht. Bisher ist es von jedem Bundesland bzw. der jeweiligen zuständigen Stiftungsbehörde abhängig, ob eine Zusammenlegung von zwei rechtsfähigen Stiftungen oder eine Zulegung einer Stiftung auf eine andere möglich ist. Das Bedürfnis ist allerdings in der Praxis als hoch einzuschätzen, denn ca. 75 % aller Stiftungen in Deutschland haben ein Grundstockvermögen von weniger als einer Mio. Euro und dürften aufgrund der Niedrigzinsphase nur geringe Erträge erzielen, so dass dies für die Förderung ihrer gemeinnützigen Zwecke ggf. kaum noch ausreicht. Im neuen Recht werden einheitlich die Voraussetzungen für eine Zusammenlegung/Zulegung von Stiftungen geregelt. Voraussetzung für eine Zusammenlegung oder Zulegung ist, dass sich die wesentlichen Verhältnisse nach Errichtung der Stiftung geändert haben. Die Regelungen sind zwingend, so dass es auch keine Abweichung durch die zuständige Stiftungsbehörde geben kann. Daneben ist auch die Umwandlung einer Ewigkeitsstiftung in eine Verbrauchsstiftung normiert worden. Sie wird einer Zweckänderung gleichgesetzt und setzt voraus, dass eine Erfüllung des Stiftungszwecks der Ewigkeitsstiftung unmöglich geworden sein muss. Ob eine Unmöglichkeit bejaht wird, wenn die jeweilige Ewigkeitsstiftung lediglich zu geringe Erträge erwirtschaftet, ist fraglich. Bedauerlich ist, dass kein Stiftungsregister geplant ist. Dies hätte eine erhebliche Erleichterung im Rechtsverkehr für die rechtsfähigen Stiftungen dargestellt, insbesondere für die Vertretung der Stiftung nach außen. Man darf auf den Referentenentwurf gespannt sein. Rechtsfähige (gemeinnützige) Stiftungen haben sich in den letzten Jahren als Erfolgsmodell in Deutschland herausgestellt, so dass auch die rechtlichen Rahmenbedingungen anwenderfreundlich sein müssen. Die Stiftungsreform ist auf einem guten Weg und wird hoffentlich das Stiftungswesen in Deutschland weiter beflügeln.

Dr. Tanja Schienke-Ohletz, RAin/StBin, ist assoziierte Partnerin der Kanzlei Flick Gocke Schaumburg am Standort Frankfurt a. M. Ihre Tätigkeitsschwerpunkte bilden neben der Unternehmensnachfolge sowie der Erbschaft- und Schenkungsteuer auch Stiftungen und NPO. Sie ist regelmäßig Referentin im Rahmen der seit 2013 jährlich vom BB veranstalteten BB-Fachkonferenz Stiftungen.

 
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