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BB 2017, I
Immenga/Stopper 

Die UEFA-Regeln zum finanziellen Fairplay im Fokus des Kartellrechts

Abbildung 1

Abbildung 2

Es brodelt fortwährend im europäischen Profifußball. Für Geldgeber haben die großen nationalen Ligen in Europa, voran aus England, Spanien, Deutschland und Italien, und die parallel veranstalteten europäischen Clubwettbewerbe UEFA Champions League und UEFA Europa League eine große Anziehungskraft. Die nationalen Ligen und die europäischen Wettbewerbe stehen dabei auf widerstreitenden Wirtschaftsstufen. Denn die Teilnehmer an europäischen Wettbewerben bringen viel Geld mit in ihre nationalen Ligen und verzerren damit den dortigen Umsatzwettbewerb. Auch deshalb unternehmen viele Clubs große finanzielle Voranstrengungen, um die dicken Prämien aus den europäischen Clubwettbewerben abzugreifen, um mit diesem finanziellen Vorsprung in das Rennen um die nationale Meisterschaft zu gehen.

Die UEFA ist Herrin über die europäischen Clubwettbewerbe und unternimmt verschiedene regulatorische Eingriffe in die Handlungsfreiheit tatsächlicher und potenzieller Geldgeber, damit die wirtschaftliche Dynamik in der immer weiter boomenden Branche nicht außer Kontrolle gerät. Diese Regularien sollen verhindern, dass ein Club durch bestimmte Dritte unbeschränkt finanziell unterstützt wird. Bestimmte Dritte sind nach den UEFA-Regularien so genannte verbundene Parteien (“related parties”). So wird eine Dritte Partei zur verbundenen Partei, wenn diese natürliche oder juristische Person Kontrolle über oder Einfluss auf einen Club hat. Eine signifikante Bedeutung kommt hier der Definition des “maßgeblichen Einflusses” zu. Die UEFA hat dazu eine klare Vorstellung in ihren Regularien verankert: “Maßgeblicher Einfluss bedeutet die Möglichkeit, die finanz- und geschäftspolitischen Entscheidungen eines Unternehmens zu beeinflussen, ohne sie jedoch beherrschen zu können. Ein maßgeblicher Einfluss kann durch Anteilsbesitz, Satzung oder durch vertragliche Vereinbarungen begründet werden. Eine Partei oder mehrere Parteien mit derselben obersten beherrschenden Partei zusammen (ausgeschlossen UEFA, ein UEFA Mitgliedsverband und eine angeschlossene Liga) gelten als einen maßgeblichen Einfluss ausübend, wenn sie mit 30 % oder mehr zu den Gesamteinnahmen des Lizenznehmers während einer Berichtsperiode beitragen.”

Natürlich kann Geld Einfluss bedeuten, muss es aber nicht. Theoretisch kann schon ein Spielertransfer mit einem zweistelligen Millionenvolumen dazu führen, dass der zahlende Club bei dem bezahlten Club für ein Jahr (das ist die Berichtsperiode) maßgeblichen Einfluss hat. Es lassen sich sicher weitere gute Beispiele anführen, bei denen Geld keinen Einfluss nach dem Zweck der UEFA-Vorschrift bedeutet. Jedenfalls dann können derartige Beschränkungen auch einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Wettbewerbsfreiheit und damit einen Verstoß gegen Art. 102 AEUV darstellen.

Die fraglichen Regelungen der UEFA betreffen im Kern einen Regelungsbereich für professionelle Sportveranstaltungen. Nicht erst seit der EuGH-Entscheidung Meca-Medina und Majcen ist es unbestritten, dass Regelungen sportlichen Charakters sich nicht zwangsläufig dem Anwendungsbereich des EU-Vertrags entziehen. In dieser Grundsatzentscheidung hat der EuGH für Art. 101 AEUV einen Verhältnismäßigkeitsmaßstab entwickelt, der für Regelungen im Zusammenhang mit der Durchführung von professionellen Sportveranstaltungen anzuwenden ist. Zwar hat der EuGH diesen Prüfungsmaßstab noch nicht für Art. 102 AEUV herangezogen. Dennoch gibt es laut Dokumenten der Kommission klare Anzeichen dafür, dass dieser Prüfungsmaßstab für die Rechtfertigung von Missbrauchstatbeständen herangezogen werden kann. In diesem Sinne ist die Vereinbarkeit eines Regelwerks mit den gemeinschaftlichen Wettbewerbsregeln nicht abstrakt zu beurteilen, sondern im jeweiligen Gesamtzusammenhang, in dem das fragliche Regelwerk zustande gekommen ist oder seine Wirkungen entfaltet, und insbesondere seine Zielsetzung zu würdigen. Weiter ist dann zu prüfen, ob die mit dem Beschluss verbundenen wettbewerbsbeschränkenden Wirkungen notwendig mit der Verfolgung der genannten Ziele zusammenhingen und ob sie im Hinblick auf diese Ziele verhältnismäßig sind.

Das Verbot eines maßgeblichen Einflusses muss also hinsichtlich legitimer Zielsetzung und Angemessenheit wettbewerbsbeschränkender Wirkungen im besonderen Zusammenhang mit seinen sportorganisatorischen Notwendigkeiten beurteilt werden. Für die rechtliche Beurteilung bedeutet dies, dass die abstrakten Maßstäbe für die Feststellung eines maßgeblichen Einflusses aus der Fusionskontrolle und dem Aktienrecht nicht der Abschluss der rechtlichen Prüfung, sondern eben zuletzt der besondere Maßstab sportorganisatorischer Notwendigkeiten anzulegen ist und dass eine überzogene Anwendung des auslegungsfähigen Begriffs des “maßgeblichen Einflusses” der kartellrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht mehr standhalten kann. Festzuhalten bleibt an dieser Stelle: Die Verbandsautonomie hilft auch der UEFA nicht, wenn die Wirtschaft im Sport die rechtlichen Maßstäbe setzt.

Prof. Dr. Frank A. Immenga (li), LL.M. (Emory), RA und Attorney at Law (N.Y.), Partner der Kanzlei Lachner, Westphalen & Spamer in Frankfurt a. M. und Inhaber einer Professur an der Hochschule Trier am Umwelt-Campus Birkenfeld. Dr. habil. Martin Stopper (re) ist Gründungspartner der auf Sportrecht spezialisierten Kanzlei Lentze Stopper Rechtsanwälte in München. Daneben ist er Lehrbeauftragter an der Universität Bayreuth für den Weiterbildungsstudiengang LL.M. Sportrecht. Nach Promotion im Kartellrecht hat er sich mit einer Schrift zur europäischen Wettbewerbspolitik habilitiert.

 
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