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BB 2011, 1
Sell, Michael 

Geldwäscheprävention - Deutschland rüstet nach

Unternehmenssanierung

Die Financial Action Task Force (FATF) bei der OECD mit zurzeit 36 Mitgliedsländern haben in ihrem Deutschlandbericht von 19.2.2010 (abrufbar unter: http://www.fatf-gavi.org-dataoecd-44-19-44886008.pdf) ein Geldwäschevolumen aus Vortaten von rund 43 bis 57 Mrd. Euro in Deutschland geschätzt. Zugleich wurden in Deutschland im Jahre 2010 rund 11 000 Geldwäscheverdachtsanzeigen erstattet. Aus der Tatsache, dass es gleichwohl nur zu geringfügigen - zukünftig präziser Verdachtsmeldung genannt - Geldwäscheabschöpfungen (218 Mio. Euro in 2007) bzw. nur zu ca. 700 Verurteilungen kam, wird von den Kritikern des § 261 StGB leichtfertig der Vorwurf der Ineffizienz erhoben.

Aber wo liegt die Opportunität? Soll Deutschland wirklich auf eine Bestrafung der Geldwäsche verzichten? Dann müsste mit den gleichen Gründen bei jedem Missverhältnis zwischen erkannten Taten und anschließender Verurteilungsstatistik in vergleichbarer Weise die Strafbarkeit in Frage gestellt werden (Stichwort Drogenhandel, Diebstahl geringwertiger Sachen, Alkohol am Steuer). Geldwäsche ist aufgrund seines Vorstrafenkatalogs ein Massendelikt. Aus dem gleichen Grunde gibt es wie bei den anderen Massendelikten eben auch ein hohes Dunkelfeld. Zugleich werden Geldwäscheverstöße häufig in Zusammenhang mit den Vortaten angeklagt und dann nach § 154 StPO eingestellt, sodass die erfolgte Geldwäscheverdachtsanzeige sich nicht in der Verurteilungsstatistik niederschlägt. Hinzu kommt, dass die Strafverfolgungsbehörden über die Geldwäscheverdachtsanzeige erste Hinweise auf möglicherweise vorliegende andere Taten und damit einen ersten Ansatzpunkt für Ermittlungen haben. Zur Strafbarkeit der Geldwäsche gibt es kriminalpolitisch daher keine ernsthafte Alternative.

Mit dem jetzigen Gesetzentwurf der Bundesregierung werden die von der FATF im Deutschlandbericht vom 19.2.2010 angesprochenen Defizite im deutschen Rechtssystem identifiziert und bei Umsetzung auf Bundesebene beseitigt. Von besonderer Bedeutung sind:

  • die Definition des "wirtschaftlich Berechtigten" und die Konkretisierung der Sorgfaltspflichten, insbes. zur Identifizierung des "wirtschaftlich Berechtigten";
  • die Ergänzung der Meldepflicht für den Fall, dass eine Identifizierung des Vertragspartners oder des "wirtschaftlich Berechtigten" nicht möglich ist;
  • die Konkretisierung entsprechender Sorgfaltspflichten für Treuhandkonstruktionen;
  • die Ergänzung der verstärkten Sorgfaltspflichten in Bezug auf inländische politisch exponierte Personen (PEPs).

Als untergesetzliche Maßnahme wird die Einrichtung eines Forums für Geldwäscheprävention und Verhinderung der Terrorismusfinanzierung beim Bundesministerium der Finanzen angesiedelt.

Nicht genug betont werden kann, dass nunmehr immer, wenn der Vertragspartner eines Geldwäscheverpflichteten als Treuhänder handelt, er per Definition auf Veranlassung eines anderen handelt, womit dieser andere stets als "wirtschaftlich Berechtigter" festzustellen ist. Flankierend sieht hierzu das Gesetz die Verpflichtung des Vertragspartners vor, offenzulegen, ob er die Geschäftsbeziehung oder Transaktion für einen "wirtschaftlich Berechtigten" begründen, fortsetzen oder durchführen will. Damit nimmt das Gesetz nunmehr den Grundsatz auf, dass es nie anonyme Geschäftsbeziehungen geben darf.

Diese Präventionsmaßnahmen in einen IT-unterstützten Geschäftsprozess umzusetzen, wird nicht nur eine hohe intellektuelle Aufgabe sein, sondern auch bei den Instituten Geld kosten. Gleichwohl gilt auch hier der Grundsatz: Wer die Löcher im Sieb zu groß ansetzt, kann das Filtern gleich ganz lassen.

Mit der Erweiterung der Definition der PEPs auf Ausländer, die in Deutschland ihren Wohnsitz haben, wird eine Überwachungslücke geschlossen.

Aufgrund der zahlreichen mit der Geldwäscheprävention/-verfolgung befassten Behörden (BaFin, Bundeskriminalamt, Zoll, Bundesnachrichtendienst) ist die Abstimmung im Rahmen des Forums für Geldwäscheprävention und Verhinderung der Terrorismusfinanzierung beim Bundesministerium der Finanzen ein echter Meilenstein zur institutionalisierten Koordinierung der Arbeit.

Offen bleibt, ob die Bundesländer, die für die Bekämpfung der Geldwäsche in der Realwirtschaft (Immobilien, Spielbanken, Autohandel) zuständig sind, die von der FATF deutlich festgestellten Defizite beseitigen werden. Hierzu besteht eine begründete Hoffnung, nachdem das Hessische Finanzministerium eine Vorreiter- und Koordinierungsrolle für die Bundesländer übernommen hat.

Gleichwohl gilt: Die nächste FATF-Prüfung nebst Länderbericht wird kommen.

Michael Sell, Ass. iur., ist Exekutivdirektor Querschnittsverwaltung/Innere Verwaltung bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, Bonn/Frankfurt
 
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