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BB 2011, 1
Borges, Georg 

Gesetz gegen Internet-Kostenfallen - ein Button als Allheilmittel gegen "Abzocke"?

Internetrecht

Abo- und andere Kostenfallen im Internet sind ein gravierendes Problem in der digitalen Gesellschaft. Laut Bundesjustizminsterium sind bereits über fünf Mio. Betroffene Opfer einer solchen Täuschung geworden, deren materieller Schaden jeweils zwischen 50 und 500 Euro beträgt. Das Geschäft mit den Abofallen beruht wesentlich auf der Unkenntnis der Internetnutzer, auf die durch aggressive Verfolgung angeblicher Zahlungsansprüche Druck ausgeübt wird. Die Täter betreiben Websites mit üblicherweise kostenlosen Inhalten - wie Intelligenztests, Gedichte, Gewinnspiele - und verlangen dabei eine "Registrierung" der Internetnutzer, die erst mit dem Eingang von Rechnungen Kenntnis von ihrer angeblichen Kostenpflicht erhalten. Häufig beugen sich die Betroffenen dem durch Mahnungen und Vollstreckungsandrohungen erzeugten massiven Druck und bezahlen die geltend gemachten Forderungen für das "Abonnement" der Website.

Das neue Gesetz soll die Unsicherheit des Internetnutzers und damit die Möglichkeit der Druckausübung bekämpfen. Durch den neuen § 312g Abs. 2 BGB werden die Anbieter von Leistungen verpflichtet, die Kosten des Angebots klar und deutlich unmittelbar vor Absendung der Bestellung anzugeben. Ein Vertrag kommt nur zustande, wenn der Verbraucher ausdrücklich bestätigt, dass die Bestellung für ihn eine Zahlungspflicht auslöst. Sofern die Bestellung über eine Schaltfläche erfolgt, muss der typische Button "bestellen" mit den Worten "zahlungspflichtig bestellen" beschriftet sein. Fehlt diese Beschriftung des Buttons, könnte der Verbraucher den Mahn- und Droh-E-Mails gelassen entgegen sehen - vorausgesetzt, er ist aufgeklärt und informiert.

Genau an diesem Punkt zeigt sich das eigentliche Dilemma des Schutzes vor Abofallen im Internet. Denn auch schon bisher mussten Verbraucher klar und verständlich vor der Online-Bestellung auf die Entgeltlichkeit hingewiesen werden (Art. 246 § 1 EGBGB), und auch früher schon haben Verbraucherzentralen und andere Stellen vor Kostenfallen gewarnt, ohne dass diese verschwunden wären. Die neue Informationspflicht hilft nur, wenn der Betroffene so umfassend und klar über die Rechtsfolgen des fehlenden Wortes "zahlungspflichtig" auf dem Bestellbutton informiert ist, dass er dem Druck durch Mahnungen, Vollstreckungsandrohungen etc. standhält. Dies mag eintreten, ist aber nicht gesichert.

Problematisch ist weiter, dass das Gesetz den Schutz auf Verbraucher beschränkt. Das ist im Grundsatz wohl richtig, führt aber dazu, dass von der Neuregelung nur einfache Kostenfallen erfasst werden. Die viel gefährlicheren Fallen, die dem Nutzer eine Unternehmereigenschaft unterschieben, bleiben jedoch unangetastet. Ein Beispiel: Der Verbraucher sucht im Internet nach günstigen i-Phones und wird auf einer Seite wie melango.de o. ä. fündig. Zur Ansicht der Angebote ist eine Registrierung erforderlich, bei der die Angabe des "Untenehmens" verlangt wird. Wenige Tage später kommt die Rechnung für einen Vertrag über die Nutzung der Website (Laufzeit: 2 Jahre) und eine Registrierungsgebühr. Dem Hinweis auf ein Widerrufsrecht erwidert der Betreiber, es handele sich um eine gewerbliche Seite. Der Betroffene habe sich bei der Registrierung ausdrücklich als Unternehmer bezeichnet und müsse sich folglich als solcher behandeln lassen. Beigefügt werden Aktenzeichen zweier Urteile, in denen das Vorgehen der Täter als rechtmäßig und die Forderung als wirksam bezeichnet wird.

Im Ergebnis kann das Problem der Kostenfallen nur durch die Praxis gelöst werden. Die rechtliche Grundlage besteht schon nach geltendem Recht: Durch die Registrierung auf einer Website mit Kostenfalle entsteht kein vertraglicher Anspruch. Die Erklärung des Nutzers ist auf bloße kostenlose Nutzung der Website, nicht aber auf den Abschluss eines entgeltlichen Vertrags gerichtet. Wehrt sich der Betroffene gegen den vermeintlichen Kostenanspruch mit anwaltlicher Unterstützung, schuldet der Betreiber den Ersatz der Anwaltskosten (LG Mannheim, MMR 2010, 241). Der Betreiber der Kostenfalle macht sich wegen Betrugs strafbar (z. B. OLG Frankfurt, NJW 2011, 398), der Rechtsanwalt, der den Tätern beim Eintreiben der angeblichen Vertragsentgelte hilft, begeht Beihilfe zum Betrug (AG Karlsruhe, NJW-RR 2010, 68). Leider gab es auch abweichende Urteile, die die Täter begünstigten.

Diese (inzwischen) eindeutige Rechtslage allein entfaltet aus sich heraus aber noch keine abschreckende Wirkung. Notwendig ist vielmehr, dass Gerichtsurteile gegen die Betreiber von Kostenfallen veröffentlicht und die Verbraucher informiert werden! Nur dann werden sie auch vermehrt ihre Rechte geltend machen. An dieser Information hat es bislang oft gefehlt.

Ein wirksamer Verbraucherschutz erfordert die Zusammenarbeit von Richtern, Staatsanwälten sowie Rechtsanwälten. Denn häufig entziehen sich die Betreiber der Kostenfallen ihrer zivilrechtlichen Haftung, indem sie die Websites über wechselnde Scheinfirmen führen und dadurch die Ermittlungen für Verbraucher faktisch undurchführbar machen. Umso mehr ist dieser Kriminalitätsform durch entschlossene Strafverfolgung entgegenzutreten.

Fazit: Das Problem der Kostenfallen ist mit dem neuen Gesetz allein noch nicht gelöst. Es kann nur bewältigt werden, wenn sich ihm alle Beteiligten in Staat und Gesellschaft entschlossen stellen.

Prof. Dr. Georg Borges ist Inhaber des Lehrstuhls für Bürgerliches Recht, deutsches und internationales Wirtschaftsrecht, insb. IT-Recht an der Ruhr-Universität Bochum. Er ist Sprecher des Vorstands der Arbeitsgruppe Identitätsschutz im Internet e. V. (a-i3), und Vorstandsmitglied des Horst-Görtz-Instituts für IT-Sicherheit (HGI). Prof. Borges ist Herausgeber der Schriftenreihe "Internet und Recht" (Nomos).
 
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