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BB 2022, I
Pelke 

Globale Mindeststeuer – (wie) wird sie kommen?

Abbildung 1

Globale Mindestbesteuerung – es bleibt noch viel zu tun

Bekanntermaßen tritt Deutschland nicht nur aufgrund des Koalitionsbeschlusses, sondern auch zusammen mit Frankreich, Italien, Spanien und den Niederlanden für die Einführung der globalen Mindeststeuer ein. Die tschechische Ratspräsidentschaft teilte am 12.12.2022 mit, dass der Weg für die globale Mindeststeuer in der EU frei sei. Ungarn verhinderte bis zuletzt die Einigung auf einen gemeinsamen Text zur globalen Mindeststeuer. Aus Delegationskreisen wurde verlautet, dass nicht zuletzt Deutschland erheblichen Druck auf Ungarn ausgeübt hat. Es drohte, im Gegenzug den von Ungarn vorgesehenen Verwendungsplan für EU-Corona-Hilfen zu blockieren. Dies wäre für Ungarn folgenschwer gewesen, da die Gefahr bestand, dass ca. 70 % der zur Verfügung stehenden EU-Mittel von 5,8 Mrd. Euro verfallen wären. Durch diese Vorgehensweise erscheinen zumindest die europäischen Hürden genommen und der Weg für die EU-Richtlinie frei. Die ersten Entwicklungen zeigen, dass von der globalen Mindeststeuer nicht nur branchenunabhängige große Kapitalgesellschaften mit mehr als 750 Mio. Euro Jahresumsatz betroffen sein werden, sondern auch zahlreiche Familienunternehmen. Die dezentral organisierten Unternehmen und Unternehmensgruppen, die mittels globaler Wertschöpfungsketten breit international ausgerichtet sind, werden wegen der damit verbundenen Präsenz in vielen Staaten am stärksten betroffen sein, jedoch nicht einzig. Aber nicht nur Unternehmen, auch die Finanzverwaltung wird erhebliche strukturelle und personelle Anstrengungen unternehmen müssen, damit die globale Mindeststeuer administriert werden kann. Nicht zu vergessen, die IT-Systeme, die für den Besteuerungsprozess erforderlich sein werden. Ist vor diesem Hintergrund der ambitionierte Zeitplan, die Einführung auch erst ab dem Jahr 2024 überhaupt realisierbar? Kann im Hinblick auf die zu erwartenden zeit- und ressourcenraubenden Prozesse eine Einführung in nur fünf Staaten zielführend sein? Aus der EU sind bisher keine Signale zu vernehmen, dass die Einführung in allen EU-Staaten 2024 stattfinden wird.

Aber auch ein Blick über die Grenzen der EU hinaus bereitet eher Kopfschütteln. Geht doch vor allem die US-amerikanische Regierung möglicherweise einen völlig anderen Weg. “GILTI”, das US-Mindestbesteuerungsregime, wird US-amerikanische Unternehmen dadurch bevorteilen, dass diesen durch die Ermittlung ihres Mindeststeuersatzes als weltweiter Durchschnitt im Rahmen des sog. “global blending” die Möglichkeit eröffnet wird, geringbesteuerte Gewinne in Steueroasen mit Hochsteuerländern zu verrechnen. Bei der nach den OECD-Model Rules zur Anwendung kommenden “jurisdictional blending” ist dies nicht möglich. US-amerikanische Unternehmen könnten so aus dem Regelungsbereich herausfallen, in den sie bei einzelstaatlicher Betrachtung einzubeziehen wären. Zudem ist mit dem “Inflation Reduction-Act” vom 16.8.2022 ein US-Mindest-Steuerregime eingeführt worden, dass ebenfalls eine weltweite Durchschnittsbesteuerung vorsieht. Ob die politischen Verhältnisse in den USA die Anpassung bestehender Regelungen noch zulassen, darf bezweifelt werden. Droht damit ein wesentlicher Player aus einem System der Mindestbesteuerung herauszufallen?

Die bisherigen Untersuchungen, die von einem Steueraufkommen von ca. 5–6,5 Mrd. Euro für Deutschland ausgehen, schränken ein, dass dieses Aufkommen nur erreicht werden kann, wenn die Niedrigsteuerländer ihre Steuersätze nicht an den Mindeststeuersatz von 15 % angleichen. Dass dies unterbleibt, darf bezweifelt werden. Warum sollten diese Länder die Mindeststeuer nicht selbst erheben wollen? Damit dürfte sich das Steueraufkommen entgegen der Erwartungen deutlich verringern. Umso wichtiger wäre es, dass Vereinfachungen notwendig sind, damit die sog. “GloBE-Regeln” (globale Mindeststeuer) rechtssicher und verlässlich administrierbar gemacht werden. Eine wesentliche Vereinfachung wäre, die Länder, deren effektive Unternehmensbesteuerung oberhalb von 15 % Mindeststeuersatz liegt, von der globalen Mindeststeuer auszunehmen. Hierzu könnte eine “white-list” erstellt werden. Damit wäre die aufwendige Berechnung des effektiven Steuersatzes jedes einzelnen Landes durch die Unternehmen obsolet. Auf Seiten der Finanzverwaltung entfiele die Berechnung der effektiven Steuerbelastung von Unternehmen. Die wäre für die Finanzverwaltung auch kein Novum, da sie im Rahmen der Lizenzschranke eine BEPS-Nexus-Konformität im BMF-Schreiben (Anwendungsregelungen zu § 4j EStG) aufgestellt hat.

Auf Seiten der Unternehmen ist der mit der komplexen Datenerfassung einhergehende Verwaltungsaufwand sicherlich eine der größten Herausforderungen. Insofern wäre es zu begrüßen, wenn bestehende Berichterstattungspflichten, wie z. B. das Country-by-Contry Reporting (CbCR) nutzbar gemacht werden könnten. Außerdem wäre es hilfreich, wenn nicht konsolidierte Gesellschaften von den Mindeststeuer-Berechnungen ausgenommen wären. Nach derzeitigem Stand müssen auch sog. Bagatellgesellschaften mit kleiner wirtschaftlicher Aktivität in die Berechnung einbezogen werden. Zudem wäre die Betrachtung der Umsatz- und Gewinnschwellen unternehmensbezogen und nicht länderbezogen eine wesentliche Erleichterung und führte zur Senkung der Befolgungskosten.

Prof. Dr. Christian Pelke, LL.M., RA/FAStR/FAHaGesR, lehrt Steuer- und Wirtschaftsrecht an der FHDW Paderborn und ist Ressortleiter beim Betriebs-Berater.

 
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