Grunderwerbsteuer
Die Erhöhung der Grunderwerbsteuer schadet dem Standort
Über Deutschland schwappt eine Welle von Grunderwerbsteuererhöhungen. Ausgehend von Berlin hat sie über die Mitte Deutschlands jetzt auch Baden-Württemberg erreicht. Keine fünf Jahre hat es damit gedauert, dass die Bundesländer die ihnen erst seit 2006 eingeräumte Autonomie bei der Festlegung des Steuersatzes dazu genutzt haben, sich kräftig aus dem Steuertopf zu bedienen. Dabei sind die Begründungen im Einzelnen phantasievoll und am Ende doch letztlich alle gleich: Die öffentlichen Kassen sind klamm, das Sparpotenzial angeblich ausgeschöpft, daher muss der Steuersatz rauf. Wenn, wie zuletzt in Baden-Württemberg, eine verbesserte Kleinkindbetreuung zur Begründung angeführt wird, steckt dahinter der Wunsch, die öffentliche Kritik von vornherein zu unterbinden. Denn wer möchte sich schon öffentlich gegen dieses Ziel wenden? Niemand. Und das ist auch gar nicht nötig. Für Steuern gilt das Nonaffektationsprinzip. Das sieht ein Zweckbindungsverbot von öffentlichen Einnahmen des Staats vor. Alle Einnahmen dienen insgesamt zur Deckung aller Ausgaben. Ein Leistungszusammenhang zwischen der Grunderwerbsteuer und einer bestimmten öffentlichen Leistung ist damit ausgeschlossen. Kritik an der Erhöhung der Grunderwerbsteuer ist damit frei von den seitens der Politik hergestellten Verwendungszusammenhängen.
Und Kritik ist angebracht. Eine vom Rheinisch-Westfälischen Institut für Wirtschaftsforschung (RWI) im Auftrag der IHK Region Stuttgart erstellte Studie zu den Wirkungen der Erhöhung der Grunderwerbsteuer untermauert dies. Die Erhöhung belastet vor allem kleine und mittelständische Betriebe sowie Familien mit Kindern. Beides Ergebnisse, die den Widerstand der Wirtschaft mobilisieren.
Rund 70 bis 80 Prozent der Betriebsimmobilien sind im Unternehmensbesitz. Proportional stärkste Bedeutung am Unternehmensvermögen haben Immobilien dabei für kleine und mittlere Unternehmen. Nach Berechnung des RWI beträgt der Immobilienwert dort im Schnitt 16,3 Prozent der Bilanzsumme, während er bei Großunternehmen nur bei 8,1 Prozent liegt. Die Erhöhung der Grunderwerbsteuer verteuert damit insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen alle grundstücksrelevanten Geschäftstransaktionen. Dies gilt für Geschäftserweiterungen, Neuansiedelungen oder Sitzverlagerungen. Besonders hervorzuheben ist der Reflex, der sich hieraus für die Vielzahl der anstehenden Unternehmensnachfolgen ergibt. Allein in Baden-Württemberg stehen nach dem Institut für Mittelstandsforschung bis 2014 rund 15 000 Unternehmensübergaben an. Auch hier wirkt die Steuererhöhung belastend.
Nicht zu unterschätzen sind aber auch die Auswirkungen auf unternehmensinterne Umstrukturierungsvorgänge. Trotz der teilweisen Steuerbefreiung von Umwandlungsvorgängen durch das Wachstumsbeschleunigungsgesetz 2009 löst nach wie vor eine Vielzahl von Umstrukturierungen Grunderwerbsteuer aus. Verantwortlich hierfür sind unter anderem die im damaligen Gesetzgebungsverfahren kritisierten Regelungen zu Vor- und Nachbesitzzeiten.
Es sind aber nicht nur diese unmittelbar betriebsbezogenen Auswirkungen, die der Wirtschaft Sorge machen. Die Erhöhung der Grunderwerbsteuer verteuert den privaten Immobilienerwerb und ist dadurch transaktionshemmend. Dies wirkt unmittelbar als Mobilitätsbremse für Arbeitnehmer mit Wohneigentum, trifft über gesteigerte Mietpreise mittelbar aber auch alle anderen Personen. Die Steuererhöhung hemmt damit die Arbeitnehmermobilität. Besonders nachteilig dürfte sich dies für den Zuzug von Fachkräften in Regionen mit einem ohnehin hohen Immobilienpreisniveau, wie beispielsweise Baden-Württemberg, auswirken. Für die Wirtschaft eröffnet dies ein enormes Problemfeld, denn bereits heute sind gute Fachkräfte Mangelware. Die demographische Entwicklung spitzt die Problematik absehbar weiter zu.
Die Schaffung von arbeitnehmerfreundlichen Standortbedingungen ist damit ein wichtiges Anliegen, um qualifizierte Fachkräfte am Standort zu halten und neue anzuziehen. Die Grunderwerbsteuererhöhung setzt in dem Zusammenhang ein völlig falsches Signal. Dies gilt vor allem in Richtung junger Familien mit Kindern. Dieser Haushaltstyp liegt nicht nur bei der Bildung von Wohneigentum ganz vorne, sondern die Steuerbelastung wirkt sich bei ihm auch am stärksten aus. Nach den Berechnungen des RWI weisen Familien mit Kindern die durchschnittlich schwächste Eigenkapitalquote beim Eigenheimerwerb auf, bei Neuerwerb nur 33 Prozent. Die Grunderwerbsteuererhöhung reduziert diese ohnehin niedrige Eigenkapitalquote um weitere 4,5 Prozent, verteuert also und belastet zusätzlich.
Deutlich wird an diesem Beispiel zugleich einer der finanzpolitischen Zielkonflikte, die der Grunderwerbsteuererhöhung innewohnen. Die staatliche Förderung von Wohneigentum ist auch nach Abschaffung der Eigenheimzulage gewollt. Seit 2008 wird sie unter dem Stichwort "Wohn-Riester" gefördert. Ein Haushalt mit zwei Kindern könnte danach laut Berechnungen des RWI 793 Euro jährlich an staatlichen Zulagen erhalten. Eine Anhebung der Grunderwerbsteuer von 3,5 auf 5 Prozent schöpft diese staatlichen Zulagen in der Größenordnung von etwa fünf Jahren wieder ab.
Die Gründe, die gegen die Erhöhung der Grunderwerbsteuer sprechen, sind vielfältig. Sie reiht sich überdies in eine Reihe von Plänen der von SPD und Grünen geführten Länder zu weiteren Steuererhöhungen ein, wie der Einkommen- und Erbschaftsteuer, der Wiedereinführung der Vermögensteuer und der Ausweitung der Gewerbesteuer. Dies alles sind Pläne, die gegen das verstoßen, was man unter guter Wirtschaftspolitik versteht. Daher: Finger weg von Steuererhöhungen!