Im Blickpunkt
Derzeit beherrscht die Corona-Pandemie und die Berichterstattung darüber die Nachrichtenlage. Gleichwohl sind steuerliche Reformüberlegungen nicht auf Eis gelegt. Hierzu gehört auch die Reform des internationalen Besteuerungssystems durch die OECD. Nach der sog. Säule 1, Pillar 1, soll die Verteilung der Besteuerungsrechte reformiert und nach der sog. Säule 2, Pillar 2, eine Mindestbesteuerung eingeführt werden. Die Bundesregierung hat nun mit der Drs. 19/18317 v. 24.3.2020 veröffentlicht am 15.4.2020 eine Kleine Anfrage der FDP zu diesem Thema beatwortet. Darin ist zu lesen, dass sich die Bundesregierung engagiert und aktiv in die Diskussionen einbringen will, um das übergeordnete Ziel, die Stabilität der internationalen Steuerrechtsordnung und die damit verbundene steuerliche Rechtssicherheit zu erhöhen. Zur Säule 1 finden sich keine weiteren Ausführungen. Zur Säule 2 verfolgt die Bundesregierung das Ziel, verbliebene BEPS-Probleme zu lösen, faire steuerliche Wettbewerbsbedingungen für die Unternehmen zu schaffen und weitere Maßnahmen einzuführen, mit denen das nationale Steuersubstrat der Staaten effizienter geschützt werden kann. Ferner will die Bundesregierung den Befolgungs- und Administrationsaufwand für Steuerpflichtige und Finanzverwaltungen im Blick haben. Nach der derzeitigen Abschätzung sind aber die potenziellen ökonomischen und fiskalischen Auswirkungen für Deutschland noch nicht absehbar. Dies liege daran, dass wichtige Elemente der neu zu schaffenden Regelungen noch in der Diskussion sind und von der OECD derzeit weiter ausgearbeitet werden. Bislang gehe die OECD von weltweiten fiskalischen Mehreinnahmen aus, an denen auch Deutschland partizipieren werde. Eine endgültige Festlegung der deutschen Verhandlungspositionen zu konkreten Einzelaspekten werde erfolgen, wenn die technische Ausarbeitung sowie die ökonomische Wirkungsanalyse der derzeitigen Lösungsansätze weiter vorangeschritten sei. Es wird interessant sein zu beobachten, ob Corona diesen Prozess nicht auch noch durcheinanderwirbelt.
Prof. Dr. Michael Stahlschmidt, Ressortleiter Steuerrecht