Im Blickpunkt
Ein “Update für den deutschen Finanzmarkt” hat Bundesfinanzminister Christian Lindner bei der 50-Jahr-Feier des instituts für kredit- und finanzwirtschaft (ikf) der Ruhr-Universität Bochum am 4.6.2024 gefordert, um die Transformation der Wirtschaft finanzieren zu können. In Deutschland würden unternehmerische Vorhaben vor allem mit Fremdkapital realisiert, Vorsorge werde traditionell in Kategorien der Versicherung betrieben. Zukünftig sollte stärker auch mit Eigenkapital Wachstum finanziert werden. In puncto steuerlicher Abzugsfähigkeit plädiere er sehr dafür, beide Kapitalarten gleichzustellen. Eine größere Wachstumsdynamik in Deutschland und Europa könne nur erreicht werden, wenn die Möglichkeiten der Kapitalmärkte künftig stärker genutzt würden. Neben der Einführung einer kapitalgedeckten Rente will Lindner das Wagnis- und Wachstumskapital in Deutschland fördern. Kapitalsammelstellen in Deutschland würden bestimmte Assetklassen wie Private Equity und Venture Capital meiden, sie konzentrierten sich vor allem auf Immobilien und Staatsanleihen. Das sei in anderen europäischen Volkswirtschaften nicht so. Daher gelte es, den “Risikoappetit” der deutschen Kapitalsammelstellen zu steigern, und auch bei der Aufsicht über Kapitalmarktinstitutionen “könne man besser werden”. Von großer Wichtigkeit sei die Vollendung der Kapitalmarktunion, insbesondere durch die Verbesserung des Verbriefungsmarkts, die Schaffung einer einheitlichen – nicht einer zentralisierten – Banken- und Versicherungsaufsicht sowie Erleichterungen beim Listing (vgl. dazu auch Kaserer, BB 22/2024, Die Erste Seite). Darüber hinaus müsse der Finanzmarkt innovativer werden. Fintechs und Kryptoanbieter hätten einen großen Marktanteil erreicht, die regulatorischen Rahmenbedingungen für den Markteintritt in Deutschland seien jedoch vergleichsweise hoch. Nicht hilfreich sei beispielsweise gewesen, wenn bei der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht bis vor Kurzem noch immer vor allem mit Papier gearbeitet wurde und die Möglichkeit, auf Englisch zu kommunizieren, teilweise limitiert war. Insgesamt sei eine stärkere Orientierung hin zu Risiko, Individualität und Markt anstelle von Sicherheit, Kollektivität und Staat erforderlich.
Gabriele Bourgon, Ressortleiterin Bilanzrecht und Betriebswirtschaft