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BB 2022, 2163
 

Im Blickpunkt

Abbildung 26

Das LAG Berlin-Brandenburg verkündete mit Urteil vom 5.9.2022 – 21 Sa 1900/19 (s. PM Nr. 22/22) eine insbesondere unter Berücksichtigung der demographischen sowie arbeitsmarktrelevanten Entwicklungen beachtenswerte Entscheidung. Eine im Rahmen einer “24-Stunden-Pflege zu Hause”-Vereinbarung eingesetzte Pflegekraft hat Anspruch auf Zahlung von Mindestlohn für die gesamten 24 Stunden. Die Klägerin, eine bulgarische Staatsbürgerin, war als Pflegekraft von einer deutschen Agentur, die mit dem Angebot einer “24-Stunden-Pflege zu Hause” wirbt, vermittelt und von ihrem bulgarischen Arbeitsgeber als Pflegekraft nach Deutschland entsandt worden. Hier pflegte sie eine ältere, alleinlebende Dame in deren Wohnung in einer Seniorenwohnanlage. Sie wohnte bei der Frau und betreute sie umfänglich. Dafür war ein Betreuungsentgelt für 30 Stunden pro Woche vereinbart. Die Klägerin forderte nun Vergütung nicht nur für die 30 Stunden pro Woche, sondern für die jeweils ganzen 24 Stunden pro Tag, denn sie habe jeden Tag von 6:00 morgens bis 22:00 oder 23:00 Uhr abends arbeiten und auch nachts jederzeit bereit sein müssen. Ihr stehe daher der Mindestlohn für 24 Stunden an sieben Tagen die Woche, also 168 Wochenstunden, zu. Der Arbeitgeber bestritt diese Arbeitszeiten jedoch und verwies auf die vereinbarte Arbeitszeit von 30 Wochenstunden. Das LAG gab der Klage im Wesentlichen statt. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme musste die Klägerin neben ihren vergüteten Arbeitszeiten in erheblichem Umfang vergütungspflichtige Bereitschaftszeiten zur Sicherstellung der Betreuung erbringen. In den Zeiten, zu denen sich keine andere Person zur Betreuung in der Wohnung der älteren Dame aufgehalten hat, war die Klägerin verpflichtet, die Betreuung für rund 24 Stunden am Tag – und damit für deutlich mehr als die vertraglich vereinbarten 30 Stunden in der Woche – sicherzustellen, da sie ständig in Bereitschaft hatte sein müssen. Damit stehe ihr für diesen Zeitraum der Mindestlohn zu. Die Entscheidung des LAG – welches nach vorheriger Revision beim BAG und Rückverweisung eine solche hier nicht zugelassen hatte – ist wesentlich für eine Vielzahl bestehender Sachverhalte im Pflegebereich und selbstredend ebenso für die künftig zahlreich zu erwartenden Vereinbarungen in diesem Bereich.

Prof. Dr. Christian Pelke, Ressortleiter Arbeitsrecht

 
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