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BB 2018, I
Nebeling/Hey 

Risk Management: Vergütung freigestellter Betriebsratsmitglieder

Abbildung 1

Abbildung 2

Das Betriebsratsamt ist betriebsverfassungsrechtlich ein unentgeltliches Ehrenamt. Da freigestellte Betriebsräte ihre Tätigkeit hauptamtlich ausüben, ist ihre Vergütung nach Maßgabe der §§ 37 Abs. 4, 78 S. 2 BetrVG ausschließlich an der Vergütung von Referenzarbeitnehmern zu messen, um die Unabhängigkeit der Betriebsratsmitglieder zu gewährleisten und deren Begünstigung oder Benachteiligung gegenüber ihrer “Peer Group” zu vermeiden.

Nicht selten weichen die Vergütungen von Betriebsratsmitgliedern von der Referenzvergütung ab, wie aktuell im Fall des VW-Betriebsratsvorsitzenden Osterloh behauptet wird. Eine Abweichung der Vergütung von freigestellten Betriebsratsmitgliedern in beide Richtungen kann ggf. strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, z. B. Begünstigung oder Benachteiligung nach §§ 78, 119 BetrVG, Untreue (§ 266 StGB) oder Steuerhinterziehung (§ 370 AO). Zusätzlich schwebt das Damoklesschwert eines Compliance-Verstoßes nach § 130 OWiG über den Verantwortlichen im Unternehmen. Daher ist die Aufstellung und regelmäßige Überprüfung eines transparenten Vergütungskonzepts für freigestellte Betriebsratsmitglieder geboten.

Auch wenn eine nachträgliche Konkretisierung der Peer Group des jeweiligen Betriebsratsmitgliedes möglich ist, schafft eine anfängliche Bestimmung von individuell bestimmten Referenzarbeitnehmern die nötige Transparenz hinsichtlich der Vergütungsentwicklung des Betriebsrates und dessen Peers. Die individuelle Benennung von Referenzarbeitnehmern wurde ferner durch das BAG ausdrücklich als zulässige und konkretisierende Vereinbarung zu §§ 37 Abs. 4, 78 S. 2 BetrVG bestätigt (7 AZR 205/15).

Im Hinblick auf die Compliance-Maßstäbe nach § 130 OWiG und § 91 AktG sind die Verantwortlichen dazu angehalten, die Vergütungsentwicklungen regelmäßig zu prüfen. Eine besondere Herausforderung ist dabei, die Peer Group von Betriebsratsmitgliedern zu erfassen und eine dem typischen Verlauf entsprechende Entwicklungskurve für das Betriebsratsmitglied zu definieren. Dies gestaltet sich besonders bei einer langjährigen Betriebsratszugehörigkeit und entsprechender Fortbildung sowie bei häufigen Umstrukturierungen im Betrieb schwierig. Problematisch ist dies auch bei Betriebsratsmitgliedern, die aus Beschäftigtengruppen kommen, die erhebliche variable Vergütungsbestandteile haben. Ein kürzeres als ein jährliches Prüfungsintervall bzw. eine Prüfung nach erheblichen Veränderungen der Peer Group ist in der Regel nicht erforderlich. Sind deutliche innerbetriebliche Veränderungen, insbesondere in einer nicht namentlich benannten Peer Group, wie bspw. bei einem Betriebsübergang, zu erkennen, ist eine außerplanmäßige Prüfung geboten.

Die Maxime der Gleichbehandlung der Betriebsratsmitglieder erfordert nicht zwingend eine der Höhe nach exakt gleiche Vergütung zu bestimmten Referenzarbeitnehmern, sondern nur eine Vergütungsentwicklung, die der Mehrzahl der Mitglieder seiner Peer Group entspricht. Daraus folgt, dass die Vergütung der Betriebsratsmitglieder nur bei erheblichen Veränderungen in der Vergütungsstruktur der Referenzarbeitnehmer anzupassen ist. Besonderes Augenmerk erfordern zudem Lohnbestandteile, die über die klassische Gehaltszahlung hinausgehen: Auch die Übernahme von Anwaltskosten oder eine Dienstwagengestellung können Begünstigungen darstellen, wenn diese Leistungen den Referenzarbeitnehmern nicht zuteil werden.

Sind Verstöße gegen das Begünstigungs- bzw. Benachteiligungsverbot offensichtlich, sind die Verantwortlichen verpflichtet, eine korrekte Prüfung vorzunehmen und die Vergütung entsprechend anzupassen. Dabei muss bei unzulässiger Begünstigung des Betriebsratsmitglieds eine Herabstufung der Vergütung vorgenommen werden. Einen Anspruch auf die zu hohe Vergütung aus betrieblicher Übung hat der Arbeitnehmer aufgrund des Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot nach §§ 134 BGB, 119 BetrVG nicht. Offen ist bislang, ob begünstigende überzahlte Vergütungen vom Betriebsratsmitglied zurückgefordert werden können oder müssen. Ebenfalls muss bei Benachteiligung des Betriebsratsmitglieds entsprechend nachgebessert werden. Dabei können Nachzahlungen von Sozialabgaben und Steuern anfallen.

Die Verantwortlichen im Unternehmen müssen regelmäßige Überprüfungen der Betriebsratsvergütungen vornehmen lassen, um die Compliance-Maßstäbe des § 130 OWiG zu wahren. Allein die Nichtüberprüfung kann sanktioniert werden. Diesem Risiko kann ein abgestimmtes Risikomanagement vorbeugen. Daher ist die stetige transparente Dokumentation der Vergütungen und Zuwendungen von freigestellten Betriebsratsmitgliedern und der jeweiligen Peer Group essentiell.

Anlass für eine möglicherweise versäumte Nachprüfung bieten die kommenden Betriebsratswahlen im Frühjahr 2018.

Dr. Martin Nebeling, RA/FAArbR, (li.), ist Partner bei Bird & Bird LLP und berät Mandanten in allen Fragen des Individual- und Kollektivarbeitsrechts, des Mitbestimmungsrechts und des Tarifvertragsrechts.

Thomas Hey, RA/FAArbR, (re.), ist Partner bei Bird & Bird LLP und berät Mandanten in allen Fragen des Individual- und Kollektivarbeitsrechts, des Mitbestimmungsrechts und des Tarifvertragsrechts.

 
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