Zum Stand der Investmentsteuerreform 2018
Die Investmentsteuerreform tritt am 1.1.2018 in Kraft. Kapitalverwaltungsgesellschaften, Fondsmanager und Anleger, ebenso wie ihre Berater und die Finanzverwaltung, arbeiten derzeit mit Hochdruck an der Umstellung.
Kern der Reform ist die Abschaffung der jahrzehntelang geltenden semi-transparenten Besteuerung bei Publikumsfonds. Die Idee, den Fonds vollständig steuerfrei zu stellen und die Erträge auf Ebene der Anleger unabhängig davon zu besteuern, ob der Fonds die Erträge ausschüttet oder nicht, wird aufgegeben. Sie wird ersetzt durch ein intransparentes Besteuerungssystem, bei dem inländische Einkünfte auf Fondsebene und sämtliche Einkünfte bei Ausschüttung durch den Fonds (nochmals) auf Anlegerebene besteuert werden. Um die zweifache Besteuerung inländischer Einkünfte abzumildern, werden den Anlegern unter bestimmten Voraussetzungen Teilfreistellungen gewährt. Bei den Spezialfonds wird hingegen das semi-transparente System mit einigen Modifikationen fortgeführt.
Die Reform war aus mehreren Gründen notwendig geworden. Zum einen ist das aktuelle Investmentsteuerrecht komplex und fehleranfällig. Ausschlaggebend war aber, dass das derzeitige System den europarechtlichen Anforderungen nicht gerecht wird. Es wäre eine Frage der Zeit gewesen, bis der EuGH, wie schon in anderen Mitgliedstaaten geschehen, auch die deutschen Regelungen kippt.
Die Finanzverwaltung hat frühzeitig auf die Systemänderung reagiert und bereits den zweiten Entwurf eines neuen Investmentsteuererlasses veröffentlicht. Der Entwurf regelt im Wesentlichen die Besteuerung von Investmentfonds (Kapitel 2 des InvStG 2018) sowie die Anwendungs- und Übergangsvorschriften. Dem Vernehmen nach soll es einen dritten Erlassentwurf geben. Mit einem Schreiben zu den Spezial-Investmentfonds (Kapitel 3 des InvStG 2018) ist wohl erst im Sommer 2018 zu rechnen. Wichtige Einzelfragen werden ggf. vorab geregelt.
Auch wenn sich viele Anwendungsfragen und Problemfelder erst mit der Zeit zeigen werden, wage ich ein erstes Zwischenfazit: Für die Beteiligten ist der Umstellungsprozess auf das neue Recht zweifellos zeit- und kostenintensiv und verursacht aufgrund der Komplexität entsprechenden Beratungsbedarf. Sobald diese Anfangshürden erst einmal überwunden sind, wird das neue System bei den Investmentfonds aber einfacher zu administrieren sein als das aktuelle. Auch die europarechtlichen Anforderungen scheinen nach erster Analyse erfüllt zu werden. Was das neue Recht äußerst komplex machen wird, ist die Fortgeltung der semi-transparenten Besteuerung bei den Spezial-Investmentfonds. Dies wird insbesondere bei den Kapitalverwaltungsgesellschaften einen hohen administrativen Aufwand verursachen. Das Nebeneinander der beiden unterschiedlichen Besteuerungssysteme eröffnet aber auch interessante Wahlrechte und Optimierungsmöglichkeiten, um die Investmentstruktur je nach Anlegerkreis, Asset-Allokation und Anlagestrategie möglichst steuereffizient auszugestalten.
Es wäre keine echte Reform, wenn nicht einige oder vielleicht sogar zahlreiche Punkte nachgebessert werden müssten. Viel wichtiger erscheint mir jedoch, einige grundlegende Handlungsfelder anzusprechen:
Die Anlagebestimmungen des § 26 InvStG 2018 für Spezial-Investmentfonds sollten kritisch überprüft werden. Was investmentrechtlich zulässig ist, sollte steuerrechtlich nur mit guten Gründen beschränkt werden. Unnötig ist insbesondere die Nicht-Erwerbbarkeit von Anteilen an Mitunternehmerschaften. Diese wurde erst 2013 eingeführt und seinerzeit im Wesentlichen damit begründet, dass natürliche Personen ihre Unternehmen nicht in Fonds einbringen und somit systemwidrig von der Abgeltungsteuer profitieren sollen. Mit dem künftigen Verbot der Beteiligung natürlicher Personen an Spezial-Investmentfonds hat sich dies erledigt. Es ist daher nicht nachvollziehbar, weshalb an der Nicht-Erwerbbarkeit festgehalten wird. Sie schafft Ausweichreaktionen (z. B. Verpackungsstrukturen) und damit unnötige Folgeprobleme wie z. B. die Unsicherheiten bei der Auslegung des Wertpapierbegriffs des § 26 Nr. 4 Buchst. a) InvStG 2018.
Offene wie geschlossene Fonds sollten im Wege einer Bereichsausnahme von der Gewerbesteuer befreit werden. Solange das Damoklesschwert der Gewerbesteuerpflicht im Raum hängt, werden ausländische Fondsstandorte wie z. B. Luxemburg zumindest bei geschlossenen Alternativen Investment Fonds (Private Equity, Infrastruktur, Debt etc.) die Nase vorn haben. Deutschland sollte sich hier zu einem wettbewerbsfähigen Besteuerungsregime durchringen. Im Zweifel dürften die Steuereinnahmen (Stichwort: Lohnsteuer) eher steigen als sinken. Es ist völlig unverständlich, weshalb dieses Feld anderen überlassen wird.
Gleiches gilt für die Umsatzsteuerbefreiung von Fondsverwaltungsleistungen. Bereits jetzt deutet sich an, dass die Finanzverwaltung § 4 Nr. 8 Buchst. h) UStG 2018 eher restriktiv auslegen wird. Weitere Verfahren vor dem EuGH und in deren Folge weitere Gesetzesänderungen sind abzusehen. Dies sollten wir uns sparen und stattdessen gleich sachgerechte Lösungen suchen.
Die Investmentsteuerreform 2018 ist ein Schritt in die richtige Richtung. Weitere sollten aber folgen.
Dr. Elmar Bindl, StB, ist Managing Associate im Münchener Büro der internationalen Anwaltssozietät Linklaters LLP. Er ist u. a. spezialisiert auf die steuerliche Beratung von Initiatoren, Kapitalverwaltungsgesellschaften und Investoren bei Fondsstrukturierungen und Fondsinvestments. Er ist ferner Lehrbeauftragter für Steuerrecht an der Universität Passau.