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BBM 2021, 3
Stahlschmidt 

Die Ruhe vor dem Sturm oder nur ein laues Lüftchen

Abbildung 1

Die Bundestagswahl ist gelaufen, der Souverän hat gewählt. Die Durchsicht der Wahlprogramme der nun in die Sondierung eintretenden Parteien zeigt Interessantes, was das Thema Unternehmenssteuern betrifft. Im SPD-Wahlprogramm kommt der Begriff überhaupt nicht vor. Das Wahlprogramm der Partei Bündnis 90/Die Grünen lässt lediglich zwischen den Zeilen Bezug zu Unternehmenssteuern vermuten. So findet sich der Hinweis auf Country-by-Country-Reporting und den europäischen Mindeststeuersatz von 25 Prozent, um den schädlichen Steuerwettbewerb innerhalb der EU zu beenden. Auch die Einführung der Finanztransaktionssteuer, um Spekulationen und die Orientierung an kurzfristigen Zielen an den Finanzmärkten einzudämmen, weist einen gewissen Unternehmenssteuerbezug auf. Das Wahlprogramm der FDP weist die ausführlichsten steuerlichen Inhalte auf, die Bezug auf Unternehmen zulassen. So soll die Abgabenquote unter 40 Prozent gesenkt werden. Die Wirtschaft soll durch zielgerichtete Entlastungen gefördert werden. Es soll keine Substanzbesteuerung eingeführt werden, insbesondere keine Vermögensteuer, die zweifelsohne Unternehmen träfe. Dies ist für Unternehmer insofern von Bedeutung, da aufgrund der drohenden politischen Veränderungen national und international sich die Strategiefrage stellen kann: „Sind wir/ist das Unternehmen noch optimal aufgestellt?“ Damit verbunden kann sich die Standortfrage ebenso stellen wie Maßnahmen zur Unternehmenssicherung und damit auch der Sicherung des Unternehmerfamilienvermögens. Dies vor allem unter dem Damoklesschwert der Einführung einer Vermögensteuer. Die zweifelsohne größte Veränderung der steuerlichen Systematik bei Unternehmen mit Auslandsbezug wird die Einführung von Pillar 1 und Pillar 2, der sogenannten Internationalen Mindeststeuer bedeuten, auch wenn hier die konkrete Umsetzung nur schemenhaft zu erkennen ist. Zwar nicht allein, aber auch in diesem Kontext ist die Freiheit von Mitgliedern von Unternehmerfamilien durch Familienstiftungen mit Unternehmensbeteiligungen zu sehen. Auch dies ist für die Frage der Struktur von Unternehmen von erheblicher Bedeutung. Als letzter Ausweg verbleibt, wenn der Standort Deutschland nicht mehr als adäquat angesehen wird, nur der Wegzug von Unternehmen aus Deutschland. Bei einer Holdingstruktur ließe sich über den Wegzug der Holding nachdenken. In Anbetracht dieser Gründe sind die Sondierungen und die sich anschließenden Koalitionsverhandlungen aufmerksam zu beobachten.

Prof. Michael Stahlschmidt Professor an der FHDW Paderborn, Ressortleiter Steuerrecht beim Betriebs-Berater und Schriftleiter Der Steuerberater

 
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