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BBM 2021, 22
Baudere/Fleischer/Schmidt 

Herausforderung für Unternehmen und private Immobilienbesitzer

Infolge der Grundsteuerreform müssen Millionen Immobilien in Deutschland neu bewertet werden, erstmals auf den 1. Januar 2022. Drei Jahre später wird die Grundsteuer dann erstmals auf Basis der neuen Grundsteuerwerte erhoben. Mitte 2022 dürfte die Finanzverwaltung beginnen, entsprechende Erklärungen anzufordern. Insbesondere die Aufarbeitung der erforderlichen Daten stellt Grundstückseigentümer vor zahlreiche Herausforderungen.

Abbildung 26

Dem Gesetzgeber folgend sollte man, ja meinen, dass sich nicht viel ändern dürfte. Grundsätzlich soll im Rahmen der Reform sichergestellt werden, dass das bundesweitre Grundsteueraufkommen in Höhe von rund 14 Milliarden Euro jährlich weiterhin sichergestellt wird. Diese postulierte Aufkommensneutralität soll im Ergebnis dazu führen, dass die grundsteuerliche Belastung insgesamt gleichbleibt. Insofern bestehen aber durchaus Zweifel. In der Praxis wird es aufgrund von Pauschalierungen in jedem Fall zu Belastungsverschiebungen zwischen den Grundstückseigentümern kommen. Somit werden einige zukünftig mehr Grundsteuer zahlen, während bei anderen die Belastung im Vergleich zu heute sinken wird.

Das Bundesmodell beziehungsweise die jeweiligen Ländermodelle können im ersten Schritt durch die Ausgestaltung der Steuermesszahlermittlung auf die Grundsteuer einwirken. Ziel des Gesetzgebers war es, dass das zukünftige Messbetragsvolumen möglichst nah an das heutige heranreicht. Auf Basis der festgesetzten Messbeträge müssen anschließend die Städte und Gemeinden bis Ende 2024 ermitteln, mit welchen möglichen Hebesatzanpassungen die Aufkommensneutralität gewährleistet und das Steuersubstrat sichergestellt werden können. Da vor Mitte 2022 nicht mit einer Anforderung der Feststellungserklärungen durch die Finanzverwaltung zu rechnen ist, bleibt den Städten und Gemeinden nicht mehr viel Zeit für diese Aufgabe. Sie werden dies jedoch leisten müssen, um nicht ab dem 1.1.2025 mit Schätzbescheiden arbeiten zu müssen oder gar keine Grundsteuer erheben zu können.

AUSWIRKUNGEN FÜR IMMOBILIENBESITZER

Die individuellen Auswirkungen der Reform sind insbesondere abhängig vom jeweiligen Grundstücks-beziehungsweise Immobilienbestand der Gesellschaft. Je mehr Grundstücke vorhanden sind, desto zeitintensiver und damit kostspieliger wird es, die zukünftig erforderlichen Daten aufzubereiten und zu konsolidieren. Es ist daher wichtig, dass bereits jetzt mit der Aufbereitung der Daten begonnen wird und der „Dornröschenschlaf“ bei der Grundsteuer vorbei ist (vgl. hierzu auch Fleischer/Beddig in beck.digitax 2/2021, 124 ff). Was oftmals verkannt wird: Die Bewertung für die Grundsteuer ist keine einmalige Sache mehr. Eine Hauptfeststellung der Grundsteuerwerte wird zukünftig alle 7 Jahre stattfinden. Gleichzeitig hat der Gesetzgeber in § 228 Abs. 2 BewG eine Anzeigepflicht eingeführt. Es gilt daher insbesondere bei Unternehmen mit erheblichem Grundbesitz den prozessualen Rahmen zu schaffen, um BBM 2021 S. 22 (23)diesen Anforderungen gerecht werden zu können. Gleichzeitig sollte damit begonnen werden zu prüfen, welche Daten vorhanden sind und ob diese bereits in der erforderlichen Form vorliegen. Bescheide, Grundbuchauszüge, Bau- und Lagepläne et cetera, die heute lediglich in Papierform vorliegen, sollten entsprechend sinnvoll aufbereitet und mit den bereits digital vorhandenen Daten zusammengeführt werden.

BUNDESMODELL UND ÖFFNUNGSKLAUSEL

Die Modelle unterscheiden sich hinsichtlich ihrer unterschiedlichen Komplexität und den Datenerfordernissen. So sind bei dem Bundesmodell deutlich mehr Daten erforderlich als beispielsweise beim baden-württembergischen Ländermodell, das ausschließlich auf Grundstücksfläche und Bodenrichtwerte abstellt. Entscheidend wird aber sein, dass hier Bund und Länder hinsichtlich des Verwaltungsverfahrens zur Erhebung der Grundsteuer abgestimmt sind. Dies beginnt etwa bei der elektronischen Übermittlung der Feststellungserklärungen, die für das Bundesmodell zwingend sein soll. Ob dies für die Ländermodelle ebenfalls vorgeschrieben werden soll, ist bis dato ungewiss. Bayern etwa hat bereits im vorliegenden Gesetzesentwurf dargelegt, dass eine Abgabe der Erklärungen in Papierform weiterhin möglich sein soll. Aber gerade aufgrund des nunmehr vorliegenden Flickenteppichs im Bereich der Grundsteuer, sollten sich Unternehmen frühzeitig die Frage stellen, welchen Weg der Datenbeschaffung sie gehen wollen. Einem Minimalprinzip folgend, könnten etwa nur die in den jeweiligen Ländern erforderlichen Daten erhoben beziehungsweise konsolidiert werden. Dies ist unseres Erachtens jedoch nicht empfehlenswert. Sofern die erforderlichen Daten des Bundesmodells für alle Bundesländer aufbereitet würden, bieten sich weitere Optionen für die Steuerpflichtigen. So bietet die Datengrundlage neben der Grundsteuer auch eine fundierte Basis für spätere Berechnungen etwa im Bereich der Grunderwerbsteuer auf, bei der jedoch noch weitere Daten erforderlich wären.

WIE KÖNNEN SICH EIGENTÜMER AM BESTEN VORBEREITEN?

Eigentümer sollten sich frühzeitig die Frage stellen, in welchem Umfang die Datenaufbereitung erfolgen soll. Um dies kostenseitig zutreffend einordnen zu können muss daher auch überlegt werden, welchen anderen Zwecken die aufbereiteten Daten ebenfalls dienlich sein könnten. Eine gute Vorbereitung sollte damit beginnen, dass sich Eigentümer die Frage stellen, ob sie aus Datensicht schon für die Grundsteuerreform bereit sind. Es stellen sich etwa Fragen wie:

  • Gibt es bereits implementierte Prozesse für die Einheitsbewertung (insbesondere vor dem Hintergrund der Tax Compliance)?

  • Sind die benötigten Daten in der erforderlichen Form bereits vorhanden oder welche Maßnahmen müssen getroffen werden, um die Daten entsprechend aufzubereiten?

  • Welche weiteren Zwecke sollen beziehungsweise könnten mit den aufzubereitenden Daten noch verfolgt werden (beispielsweise Ermittlung Grunderwerbsteuer)?

Neben grundsteuerlicher Expertise sind folglich auch technologische Kenntnisse gefragt. Hinzu kommt die quantitative Dimension: Vor allem die hohe Anzahl an erforderlichen Neubewertungen sowie die Anzeigepflicht machen durchdachte Prozesse für die Grundsteuercompliance erforderlich. Es ist darüber hinaus festzulegen, welches System die Hoheit über die immobilienbezogenen Stammdaten haben soll und welcher Personenkreis die Verantwortung für die laufende Pflege und Anpassung der Daten trägt. Weitere Insellösungen beziehungsweise separate Datenbanken ohne klar geregelte Zuständigkeiten, sollten vermieden werden. Ein solcher zielgerichteter Prozess für die Datenbeschaffung und -aufbereitung stellt den Ausgangspunkt dar, um den zukünftigen Compliance-Anforderungen im Bereich der Grundsteuer gerecht werden zu können. Aufgrund der beschriebenen Komplexität ist daher ein interdisziplinärer Ansatz unabdingbar.

Ist die Datenaufbereitung als Pflicht-Programm erledigt, folgt in der Kür die prozessuale Umsetzung der Reform, d.h. insbesondere die Erstellung und Abgabe der erforderlichen Feststellungserklärungen sowie die Prüfung der ergangenen Bescheide. Hierfür bieten sich entsprechende Toollösungen an. Wir bei EY haben mit unserem Grundsteuertool PropEY eine Lösung entwickelt, mit Hilfe derer die Steuerpflichtigen die Anforderungen der Grundsteuerreform einfach, zielgerichtet und umfassend von der Datenerhebung bis zur Bescheidprüfung umsetzen können. Wichtig ist jedoch im ersten Schritt, keine weitere Zeit mehr zu verlieren und mit der Evaluierung und Umsetzung der Grundsteuerreform zu beginnen.

Abbildung 27 Abbildung 28 Abbildung 29

Autoren

Jürgen Bauderer

Partner, GSA BTS Real Estate Tax Leader, Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Dr. Heinrich Fleischer

Steuerberater, Associate Partner, BTS Real Estate Tax, Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

Christian Schmidt

Steuerberater und Senior Manager, Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft

 
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