Rechtsberatungskosten des Betriebsrats
Betriebsräte bedienen sich bei Betriebsänderungen sehr oft rechtlicher Beratung für alle außergerichtlichen und gerichtlichen Fragen sowie Themen vor und in der Einigungsstelle. Doch Arbeitgeber sollten die Kosten genau prüfen. Und gerade bei Vergütungsvereinbarungen besteht Gestaltungsspielraum.
Aufgrund der Vermögenslosigkeit und der ehrenamtlichen Tätigkeit des Betriebsrats sieht das BetrVG an verschiedenen Stellen vor, dass der Arbeitgeber die Kosten der Betriebsratstätigkeit zu tragen hat. Diese Kostentragungspflicht gilt zum Beispiel nach § 37 Abs. 2 BetrVG für die Entgeltfortzahlung während der Betriebsratstätigkeit, nach § 37 Abs. 6 BetrVG für die Vermittlung von für die Betriebsratstätigkeit notwendigen Kenntnissen sowie nach § 40 Abs. 2 BetrVG für Sachmittel des Betriebsrats. Sofern Betriebsräte Kenntnisse zur Wahrnehmung konkreter Aufgaben, zum Beispiel bei einer Betriebsänderung benötigen, sieht § 80 Abs. 3 BetrVG die Möglichkeit der Beauftragung eines Sachverständigen vor. Zudem unterfällt § 40 Abs. 1 BetrVG die arbeitgeberseitige Verpflichtung zur Tragung von Rechtsanwaltskosten des Betriebsrats und § 76 a Abs. 3 S. 1 BetrVG regelt die Vergütung von betriebsexternen Beisitzern einer Einigungsstelle.
1. AUSWAHLENTSCHEIDUNG DES BETRIEBSRATS UND BESCHLUSSFASSUNG
Auch bei der Hinzuziehung eines Anwalts als Sachverständigen hat der Betriebsrat die Grundsätze der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit zu beachten. So hat er zunächst zu prüfen, ob er die Aufgaben auch mit bei ihm vorhandenen Kenntnissen wahrnehmen oder nach einer zeitlich nahen Schulung durchführen kann. Zudem ist zu prüfen, ob eine schwierige Frage zu klären oder zu beurteilen ist, die eine spezielle, gründliche Ausbildung voraussetzt. Gleichwohl handelt es sich bei der Beurteilung der Erforderlichkeit nicht um eine Ermessens-, sondern um eine Rechtsfrage, die im vollen Umfang der gerichtlichen Überprüfung unterliegt. Als Ausfluss des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes hat der Betriebsrat zwar nicht stets den billigsten Sachverständigen zu wählen; in der Regel genügt aber nur die Auswahl eines ortsansässigen Anwalts diesem Grundsatz.
2. ANFORDERUNGEN AN DIE PERSON DES RECHTSBEISTANDS
Sachverständige sind Personen, die dem Betriebsrat die ihm fehlenden fachlichen und rechtlichen Kenntnisse vermitteln können, damit der Betriebsrat seine Aufgaben sachgemäß erfüllen kann. Sachverständiger kann jede Person sein, die über die im Rahmen der Betriebsratstätigkeit erforderlichen Kenntnisse verfügt. Auch ein Rechtsanwalt kann ein Sachverständiger sein, wobei sicherlich
3. RECHTLICHE GRUNDLAGE FÜR DIE RECHTSBERATUNG UND VERTRETUNG
Berücksichtigt man den Gang von Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen sowie die diese Verhandlungen immer wieder flankierenden oder nachgeschalteten gerichtlichen Verfahren, so ist hinsichtlich der rechtlichen Grundlagen für die Rechtsberatung und Vertretung eines Betriebsrats zu differenzieren:
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Sofern ein Rechtsanwalt als Sachverständiger einem Betriebsrat in den Freiverhandlungen zum Interessenausgleich und Sozialplan erforderliche und spezielle Rechtskenntnisse vermitteln soll, bedarf es zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber einer speziellen Vereinbarung nach § 80 Abs. 3 BetrVG. Diese Verpflichtung gilt unabhängig von der Größe des Arbeitgebers (vgl. § 111 Abs. 1 S. 2 3. HS BetrVG). In dieser Vereinbarung sind die Modalitäten der Hinzuziehung des Anwalts, insbesondere der Inhalt der Beauftragung und die anfallenden Kosten – in der Regel Stundensätze – zu vereinbaren.
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Wird ein Rechtsanwalt mit der Führung von arbeitsgerichtlichen Beschlussverfahren im Vorfeld, während oder nach den Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen seitens eines Betriebsrats mandatiert, richtet sich die Kostentragungspflicht des Arbeitgebers grundsätzlich nach § 40 Abs. 1 BetrVG in Verbindung mit dem Rechtsanwaltsvergütungsgesetz – nachfolgend RVG. Als derartige Verfahren kommen Unterlassungsanträge gegen die Umsetzung der Betriebsänderung zur Absicherung des betriebsratsseitigen Verhandlungsspruchs, das Einigungsstelleneinsetzungsverfahren nach § 100 ArbGG und letztlich auch die Anfechtung des Spruchs der Einigungsstelle nach § 76 Abs. 5 S. 4 BetrVG in Betracht.
Nur die Kostentragungspflicht nach § 40 Abs. 1 BetrVG greift auch grundsätzlich dann, wenn ein Rechtsanwalt als betriebsexterner Beisitzer in der Einigungsstelle gemeinsam mit dem Betriebsrat als Beisitzer tätig ist. Die Höhe der Vergütung ist gedeckelt und bestimmt sich nach § 76 a Abs. 3 S. 1 BetrVG. Sie beträgt in der Regel 7/10 des Honorars des Einigungsstellenvorsitzenden.
4. VERTEIDIGUNGS- UND GESTALTUNGSMÖGLICHKEITEN DES ARBEITGEBERS GEGEN RECHTSANWALTSKOSTEN DES BETRIEBSRATS
Da Betriebsräte gerichtliche Verfahren im Zusammenhang mit Betriebsänderungen sehr oft auch zur Verzögerung der Verhandlungen nutzen und Betriebsräte beratende Rechtsanwälte ihre Tätigkeiten sehr gerne honoraroptimiert abrechnen wollen, sollten Arbeitgeber auf Folgendes achten:
a) Überprüfen der formellen Anforderungen
Sowohl die Einleitung eines Beschlussverfahrens als auch die zweitinstanzliche Führung eines Beschlussverfahrens und die jeweilige Beauftragung eines Rechtsanwalts bedürfen eines entsprechenden Betriebsratsbeschlusses. Nach dessen Vorlage sollte daher immer gefragt werden.
Auch sollte immer geprüft werden, ob die gerichtlichen Verfahren erforderlich und die verursachten Kosten verhältnismäßig sind. Diese Voraussetzungen sind zum Beispiel dann zu verneinen, wenn ein Verfahren offensichtlich aussichtslos ist, zum Beispiel wenn ein Betriebsrat einen Unterlassungsanspruch gegen eine Betriebsänderung bei einem Arbeitsgericht geltend macht, das in ständiger Rechtsprechung einen derartigen Anspruch dem Grunde nach schon ablehnt.
b) Inhalt der Vergütungsvereinbarung nach § 80 Abs. 3 BetrVG
Die Ausführungen unter Ziffer 3 haben gezeigt, dass verschiedene Rechtsgrundlagen für die Rechtsanwaltsvergütung im Rahmen der Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan in Betracht kommen. Betriebsräte beratende und vertretende Rechtsanwälte versuchen daher, sämtliche Tätigkeiten von der Vergütungsvereinbarung nach § 80 Abs. 3 BetrVG zu umfassen, um so die sich nach RVG und in der Regel nach dem Hilfswert des § 23 Abs. 3 S. 2 RVG zu bestimmenden Honorare oder die Kappung des Honorars für die Tätigkeit innerhalb der Einigungsstelle nach § 76a Abs. 3 S. 1 BetrVG zu vermeiden.
In der Vereinbarung nach § 80 Abs. 3 BetrVG sollte daher klar geregelt werden, dass die Vergütung nur für die Beratung des Betriebsrats in den Freiverhandlungen der Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen gilt und dass auch vereinbarte Stundenkontingente nicht automatisch orientiert am vermeintlichen Beratungsbedarf erhöht werden. Damit wird vermieden, dass der Rechtsanwalt des Betriebsrats die gerichtlichen Verfahren und die Rechtsberatung des Betriebsrats in der Einigungsstelle als Verfahrensbeteiligter und nicht als Besitzer weitaus teurer, als die gesetzlichen Regelungen es vorsehen, abrechnen kann.
Späteren Hinweisen des Rechtsbeistands des Betriebsrats, dass auch die Vertretung in Beschlussverfahren beziehungsweise die Rechtsberatung in der Einigungsstelle üblicherweise zu den in der Vereinbarung nach § 80 Abs. 3 BetrVG geregelten Modalitäten abgerechnet werden, können Arbeitgeber mit dem Hinweis darauf, dass nur konkrete Mandats- und Vergütungsregelungen für sie verbindlich sind, erfolgreich entgegentreten.
Autor Dr. Dietmar Müller-Boruttau Rechtsanwalt, Fachanwalt für Arbeitsrecht und Partner, BEITEN BURKHARDT Rechtsanwaltsgesellschaft, Berlin |