V Vorwort
In den vergangenen zwei Jahrzehnten ist die zunehmende „Ökonomisierung“ – d.h. die Heranziehung moderner wirtschaftswissenschaftlicher Methoden und Konzepte bei der konkreten Anwendung und darüber hinaus bei der Weiterentwicklung des Kartellrechts – eines der beherrschenden Themen dieses Rechtsgebietes geworden. Das vorliegende Werk analysiert diese Entwicklung in systematischer Weise und nimmt zu wichtigen Fragen der zunehmenden Berücksichtigung wirtschaftswissenschaftlicher Erkenntnisse im Wettbewerbsrecht Stellung. Im Fokus der im Jahr 2006 veröffentlichten und schnell vergriffenen ersten Auflage von „Kartellrecht und Ökonomie“ standen vor allem „horizontale“ Fusionen, d.h. solche zwischen Wettbewerbern. Diese Perspektive wurde mit der 2011 publizierten zweiten Auflage um einen umfangreichen Abschnitt zu „vertikalen“ und „konglomeraten“ Fusionen ergänzt, d.h. zu Zusammenschlüssen zwischen Unternehmen, die nicht zueinander in einem Wettbewerbsverhältnis stehen.
Die nun vorgelegte dritte Auflage steht im Zeichen der Digitalisierung: Die durch Fortschritte in der Digitaltechnologie ermöglichte Entwicklung innovativer internetgestützter Dienste und Geschäftsmodelle hat nicht nur ein großes Potential zur Wohlfahrtssteigerung, sondern auch Bedrohungen für den Wettbewerb und neuartige Probleme für die Kartellrechtsanwendung mit sich gebracht. Das Thema der Digitalisierung zieht sich als roter Faden durch das Buch. So finden sich im ersten Teil grundlegende Aussagen zu den Besonderheiten der digitalen Ökonomie: zur Funktionsweise von Plattformen, zu Netzwerkeffekten und zu ihren Auswirkungen auf Konzentration und Wohlfahrt. Im zweiten Teil werden die Grundlagen der Feststellung von Marktmacht auf zwei- und mehrseitigen Märkten, etwa auf Plattformmärkten, erarbeitet und der Vertrieb digitaler Produkte, die Abgrenzung von Online- und Offline-Märkten sowie die Bedeutung von Daten als Marktzutrittsschranke behandelt. Der dritte Teil des Buches enthält Aussagen u.a. zur Wettbewerbsrelevanz von Innovation und Daten in der digitalen Ökonomie, zum Einsatz von Algorithmen als datenbasierte Instrumente zur Preissetzung, zum marktübergreifenden Wachstum in der Digitalwirtschaft, zu wettbewerbsschädlichen „killer acquisitions“ und zum „Platform Envelopment“ sog. digitaler Ökosysteme.
Wie im Untertitel des Werkes zum Ausdruck gebracht, stehen die Entwicklung und Anwendung moderner ökonomischer Ansätze in der euro
An dieser Stelle ist vielfach herzlich Dank zu sagen. Ohne den exzellenten Beitrag wissenschaftlicher Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter hätte auch die dritte Auflage nicht realisiert werden können. Allen voran sind hier die wissenschaftlichen Mitarbeiter Jan-Frederick Göhsl und Johannes Rottmann zu nennen, die von der Phase der Konzeption bis zum Abschluss der Arbeiten an der Neuauflage intensiv mitgewirkt haben. Neben ihnen haben auch die wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Dr. Laura Bolz, Jan Kaufmann, Thomas Pfeffermann, Matthias Schaut und Dr. Kristina Stomper wesentliche Teile der Entscheidungspraxis ausgewertet und eingearbeitet. Schließlich sagen die Verfasser Frau Katharina Klein und Frau Annabell Linder für die Erstellung des Sachregisters und Frau Lara Schäfer für die Setzung der internen Verweise herzlich Dank. Darüber hinaus basiert das Werk noch immer teilweise auf Vorarbeiten, die von wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die erste und die zweite Auflage geleistet und dort gewürdigt wurden.
Die erste Auflage ging auf eine Untersuchung zurück, die die Autoren im Auftrag der Studienvereinigung Kartellrecht durchgeführt hatten. Die von der Studienvereinigung ausgeschriebene Studie zum Thema „Kartellrecht und Ökonomie“ sollte untersuchen, inwieweit neuere Ergebnisse der wirtschaftswissenschaftlichen Forschung Eingang in die kartellrechtliche Gesetzgebung und Rechtsprechung gefunden haben. Dabei waren vor allem Fragen der Marktabgrenzung, der kollektiven Marktbeherrschung sowie der Prognose der Wettbewerbsintensität zu analysieren. Die Verfasser sind der Studienvereinigung für ihre Initiative, das Verhältnis von
Hohenheim und Bonn, im Dezember 2020
Ulrich Schwalbe und Daniel Zimmer