V Vorwort
Das Recht der Unternehmensmitbestimmung ist eine in vielerlei Hinsicht interessante Materie an der Schnittstelle zwischen Gesellschaftsrecht und kollektivem Arbeitsrecht. Inhaltlich geht es um die Teilhabe der Arbeitnehmer an den unternehmenspolitischen Entscheidungen durch Einbindung in die Organe des Unternehmens, insbesondere in den Aufsichtsrat von Kapitalgesellschaften (wie GmbH und AG). Dies hat – namentlich in den 60er und 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts – zu großen gesellschaftspolitischen Diskussionen insbesondere zwischen Arbeitgeberseite und Gewerkschaften geführt, die allerdings bis heute andauern und mitunter zu überraschenden Statements führen. So berichtete die FAZ am 13.2.2014 (S. 11), Bundestagspräsident Lammert (CDU) habe auf dem DGB-Mitbestimmungskongress eine erstaunliche politische Vision entwickelt. Er trete dafür ein, dass künftig in den Aufsichtsräten sämtlicher großer Unternehmen Arbeitnehmervertreter dieselbe Stimmenzahl bekommen wie die Eigentümer; das bisherige Doppelstimmrecht, mit dem der Aufsichtsratsvorsitzende ein Patt im Sinne der Eigentümer entscheiden könne, fiele dann weg. Auch der (designierte) DGB-Vorsitzende Hoffmann habe eine bemerkenswerte Analyse beigesteuert. Er vertrete die für Gewerkschafter ungewöhnliche Ansicht, dass das deutsche Modell der Mitbestimmung nicht als „Exportschlager“ für andere Länder in Europa geeignet sei.
In der Tat ist die Idee des Rechts der Unternehmensmitbestimmung, den Ausgleich der gegenläufigen Interessen von Kapital und Arbeit durch die Mitbestimmung der Arbeitnehmer in den Unternehmensorganen anzustreben, eine deutsche Besonderheit. Sie ist – wie die Praxis zeigt – für ausländische Beobachter, insbesondere aus dem anglo-amerikanischen Raum ( vgl. Krause, WM 2013, 762, 767), erklärungs- und gewöhnungsbedürftig. Die Unternehmensmitbestimmung erschließt sich einem nur unter Berücksichtigung der historischen Entwicklung des kollektiven Arbeitsrechts in Deutschland. Immer wichtiger wird aber auch der Blick auf die europäische Dimension der Mitbestimmung. Neue Formen europäischer Gesellschaften und grenzüberschreitende gesellschaftsrechtliche Sachverhalte wie Verschmelzungen werfen die Frage auf, ob und welche Formen der Unternehmensmitbestimmung in den entstehenden Unternehmen gelten sollen.
All dies greift das vorliegende Werk auf und bietet eine komprimierte Einführung in die Unternehmensmitbestimmung auf der Grundlage deutscher sowie europäischer Bestimmungen. Dabei werden die wesentlichen Bezüge zum Gesellschaftsrecht und zum Arbeitsrecht praxisnah erläutert. Das Buch richtet sich sowohl an Studenten als auch an Praktiker, die sich einen ersten Einblick in das Recht der Unternehmensmitbestimmung erarbeiten möchten. Es enthält
Um den Zugriff auf die Gesetzesquellen zu erleichtern, sind im Anhang zahlreiche praxisrelevante Bestimmungen abgedruckt, die nicht in der dtv-Ausgabe der Arbeitsgesetze (Beck-Texte im dtv, 85. Aufl. 2014) enthalten sind.
Anregungen und Kritik zu dem vorliegenden Werk sind unter lembke@greenfort.de oder ludwig@greenfort.de jederzeit willkommen.
Frankfurt am Main, im November 2014 | Dr. Mark Lembke, LL.M. (Cornell) Dr. Pascal M. Ludwig |