VII Vorwort
Die hier vorgelegte Habilitationsschrift soll eine rechtswissenschaftliche Lücke schließen. Sie beschäftigt sich mit Finanzinstrumenten, die eine neuartige Risikostruktur aufweisen (innovative Finanzinstrumente). Die Verwendung solcher Finanzinstrumente und von wirtschaftlich entsprechenden Transaktionsgestaltungen kann zu Gefahren für aufsichtsrechtliche Schutzgüter führen, ohne dass der bestehende Regelungsrahmen hierfür ein angemessenes Instrumentarium bereitstellt. Das war namentlich beim Einsatz der Finanzinstrumente der Fall, die in der Finanzkrise 2008–2012 im Fokus standen. Eine Erkenntnis dieser Arbeit ist, dass der heutige Regelungsrahmen zwar der Entstehung aufsichtsrechtlicher Gefahren besser vorbeugt, dass aber die betreffenden Finanzinstrumente ihren – bezogen auf die Risiken – innovativen Charakter (noch) nicht völlig verloren haben. Die Schwierigkeit, transaktionsbezogene Risiken regulatorisch angemessen abzudecken, spricht dafür, einen „funktionalen“ Regulierungsansatz anzustreben, der möglichst eng am Risiko der relevanten Transaktionen ausgerichtet ist. Ein derartiger Ansatz ist für sogenannte Schattenbankgeschäfte vorgeschlagen worden. Diese Arbeit soll, ausgehend von einer systematischen Untersuchung, einen Beitrag zur Entwicklung eines solchen Ansatzes leisten.
Die Arbeit konzentriert sich auf den aufsichtsrechtlichen Umgang mit den Risiken, die mit Transaktionen mit Finanzinstrumenten verbunden sind. Die Finanzmärkte entwickeln sich freilich schnell weiter. Aus Sicht von Rechtsanwendern ist die Finanzkrise vorbei. Für sie sind nun neuartige Finanzinstrumente interessant, die Kryptowährungen als Basis- bzw. Referenzwert nutzen. Bisher ist unklar, ob diese neuen Finanzinstrumente auf absehbare Zeit überhaupt zu aufsichtsrechtlichen Gefahren beitragen werden. Zugleich werfen solche Finanzinstrumente Fragen auf, die über das Aufsichtsrecht hinausreichen (Geldpolitik, währungspolitische Souveränität). Aus Sicht von Regulierern stellt hiervon unabhängig der Bedeutungsverlust herkömmlicher regulierter Finanzmarktteilnehmer gegenüber großen Internetplattform-Dienstleistern und Vermögensverwaltern eine neuartige Entwicklung dar. Hier ist fraglich, ob die bestehende Regulierung, die primär an zulassungspflichtige Finanzgeschäfte bzw. die zulassungspflichtige Bereitstellung einer für solche Finanzgeschäfte geeigneten Infrastruktur anknüpft, um regulatorische Instrumente zu ergänzen ist, die sich am Maßstab der Bedeutung einzelner Unternehmen für das gesamte Finanz- und Wirtschaftssystem orientieren. Diese Fragen sind jeweils kein Gegenstand der vorliegenden Arbeit. Dasselbe gilt für alle Sonderrregelungen mit Blick auf den Austritt Großbritanniens aus der Europäischen Union (Brexit).
Die Arbeit wurde von Januar 2014 bis März 2019 verfasst und nach der Annahme als Habilitationsschrift an der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, am 22. November 2019,
Thomas Weck [thomasweck@gmx.net]