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Digitale Werbung und das Google Ökosystem (2023), S. V—2 
Vorwort 
Thomas Höppner, Tom Piepenbrock 

V Vorwort

Anything that benefits the Internet ecosystem will benefit Google.

(Peter Greenberger, ehm. Head of Industry Relations bei Google1)

Das Internet hat die Welt grundlegend verändert. Über die letzten dreißig Jahre haben wir uns so sehr an das wachsende, einmalige Angebot an frei verfügbaren, meist kostenlosen Diensten gewöhnt, dass man schnell den wirtschaftlichen Motor dahinter übersieht: Digitale Werbung.

Digitale Werbung hat die Art und Weise revolutioniert, wie auf neue Produkte und Dienstleistungen hingewiesen und Unternehmen effektiv beworben werden können. Personalisierte, interessenbasierte und leicht skalierbare Werbung ohne Streuverluste hat Werbebudgets in einem Umfang ins Internet verlagert, der selbst die kühnsten Gewinnerwartungen überstieg. Der Siegeszug von Digitaler Werbung ist nicht mehr aufzuhalten. Ebenso fest scheint das Unternehmen im Sattel zu sitzen, das wie kein anderes Unternehmen im Zentrum dieser digitalen Revolution steht: Alphabet/Google.

Im Herzen des Tech-Giganten steht seine Suchmaschine. Eine unvergleichbare Erfolgsgeschichte. Aber der Erfolg warf auch einen Schatten. Die hohe Bedeutung von Suchmaschinen für Gesellschaft, Wettbewerb und Meinungsvielfalt sowie die Konzentration des Suchmaschinenmarktes auf einen Anbieter wirft grundsätzliche Fragen auf; für Ökonomen, Juristen und Politiker gleichermaßen. Selten in der Wirtschaftsgeschichte hat ein Unternehmen so viele Kontroversen ausgelöst wie Google. Die Rekord-Geldbußen, die die Europäische Kommission gegen Google in den vergangenen Jahren verhängt hat, sind nur eine Bestätigung der Tragweite der Thematik. Ein erheblicher Teil des Problems ist die von Google bewusst geschaffene Intransparenz.2 Wegen der enormen Informationsasymmetrien zwischen Google, seinen Nutzern und den staatlichen Behörden fällt es nicht immer leicht, den Wert einer Google-Leistung für die Gesellschaft zu beurteilen. Dieses Buch geht dann auch im Detail der Frage nach, warum der Suchmaschinenmarkt auf Google konzentriert ist, ob sich neuer Wettbewerb entfachen kann und ob die Ausgangslage eine regulatorische Intervention erforderlich macht und rechtfertigt.

Das Ökosystem Google beschränkt sich aber längst nicht nur auf die legendäre Suchmaschine. Das Unternehmen ist infolge horizontaler und vertikaler Expansionen allgegenwärtig in der Internetökonomie und agiert in vielen Fällen als Gatekeeper für den Zugang Dritter zu relevanten Absatzmärkten. Nahezu alle Maßnahmen zielen dabei darauf ab, Googles Position im Bereich der Digitalen Werbung noch weiter zu stärken, Konkurrenz auf Abstand zu halten und die Gewinne mit Anzei VI gen zu maximieren – oft zu Last aller übrigen Marktteilnehmer. Vor diesem Hintergrund soll dieses Buch auch einen Überblick über die wichtigsten Google Dienste entlang der gesamten digitalen Wertschöpfungskette geben, insbesondere für Digitale Werbung, sowie das Marktverhalten des Unternehmens beleuchten.

Wegen der bestehenden Informationsasymmetrien kann dieses Buch systembedingt nur einen kleinen, aktuellen Einblick ins Ökosystem Google gewähren. Das System bewegt sich permanent. Für Regulierer und Gesetzgeber ist es ein „fast moving target“. Dies sollte aber nicht von der Befassung mit der Materie abschrecken, sondern im Gegenteil als Teil des regulatorischen Problems erkannt werden. Solange uns Google die wesentlichen Informationen vorenthält, können wir das Unternehmen auch nicht richtig juristisch und gesellschaftlich bewerten. Da Google seit dem 2. Oktober 2015 als Tochterunternehmen zu Alphabet Inc. gehört3, bezieht sich die Statistik in diesem Buch ab diesem Zeitraum auch auf Alphabet.4 Das Gesamtunternehmen wird kollektiv als Google bezeichnet.

Ein Teil des Buches, insbesondere zur (Un-) Angreifbarkeit von Googles Suchdienst, geht bereits auf eine Analyse zurück, die der Erstautor im Rahmen einer Missbrauchsbeschwerde von Presseverlegern im Jahr 2010 bei der Europäischen Kommission einreichte. Mit Unterstützung des Zweitautors hat der Erstautor die Würdigung von Googles Ökosystem um die Schilderung der Online-Werbemärkte ergänzt und alles insgesamt aktualisiert. Das Werk versucht den Stand von Oktober 2022 zu reflektieren. Dank gilt Mariya Serafimova für die Aktualisierung einer früheren Version, Philipp Westerhoff und Fabio Kontny für das Gegenlesen einiger Passagen sowie u.a. Dr. Richard Weber, Dr. Simon Bründl, Dr. Johannes Kotte, Prof. Dr. Christoph Fiedler, Philipp Klöckner, Robert Blanck, Dr. Albrecht von Sonntag, Dr. Philipp Peitsch, Kimon Zorbas, Andreas Reiffen und Dr. Daniel Knapp für Feedback zu technischen Details und erhellenden Diskussionen. Angesichts der Komplexität und Dynamik des Ökosystems wäre jeder Anspruch auf Vollständigkeit oder auch nur Tagesaktualität vermessen. Alle Fehler und verbleibenden Unschärfen sind solche der Autoren (oder Resultat von Googles bewusster Intransparenz).

Im Interesse eigener Transparenz: Neben der erwähnten Missbrauchsbeschwerde hat der Erstautor zahlreiche Unternehmen und Verbände in diversen Verfahren gegen Google vertreten und beraten.5 Dieses Buch gibt die persönliche Meinung 2 der Autoren wieder. Es ist weder Auftragsarbeit noch bezahlt. Bezüge zu laufenden Wettbewerbsverfahren und Gesetzgebungsinitiativen, an denen der Erstautor beteiligt ist, lassen sich nicht vermeiden. Die Arbeit zielt indessen nicht auf laufende Verfahren. Es geht um eine objektive, allgemeine Schilderung der relevanten Faktoren für Digitale Werbung und die Bedeutung, die Googles Diensten in diesem Zusammenhang zukommt.

Thomas Höppner

November 2022

1 Peter Greenberger im Interview mit Joseph DiStefano, “Google: Don’t fear us”, The Philadelphia Inquirer, 1.3.2010, https://www.inquirer.com/philly/blogs/inq-phillydeals/Google_Dont_be_afraid_of_us.html#ixzz10G5UaH1R.
2 Vgl. UdiManber,“IntroductiontoGoogleSearch”, GoogleOfficialBlog,20.5.2008, https://googleblog.blogspot.com/2008/05/introduction-to-google-search-quality.html, “For something that is used so often by so many people, surprisingly little is known about ranking at Google. This is entirely our fault, and it is by design. We are, to be honest, quite secretive about what we do”.
3 Vgl. Alphabet Inc., „Annual Report (Form 10-K)”, 2.2.2017, https://abc.xyz/investor/pdf/20161231_alphabet_10K.pdf.
4 Vgl. zur Unternehmensgeschichte – Robert Simons/Annelena Lobb, “Google to Alphabet: Ten Things We Know to Be True”, Harvard Business School Case 116-029, November 2016, S. 3ff.
5 Dazu gehören: EU Google Search (Shopping) € 2.4 Mrd. Bußgeld-Entscheidung (Case AT.39740) (Vertretung von 5 Beschwerdeführern und 3 Intervenienten vor dem EU-Gericht – Case T-612/17 und C-48/22P – Google Shopping); EU Google Android € 4.3 Mrd. Bußgeld-Entscheidung (Case AT.40099) (Vertretung von 1 Beschwerdeführer, 2 interessierten Dritten und 3 Intervenienten vor dem EU-Gericht Case T-604/18); EU Google Search (AdSense) € 1.2 Mrd. Bußgeld-Entscheidung (Case AT.40411) (Beratung von Presseverlegern); Urteile LG München I, Az. 37 O 15720/20 und 37 O 15721/20 gegen Google und Bundesrepublik Deutschland zur Untersagung der Kooperation zum Nationalen Gesundheitsportal (Beratung von NetDoktor); Deutsches Leistungsschutzrecht für Presseverleger im UrhG und EU Urheberrechtsreform inkl. EU Leistungsschutzrecht für Presseverleger (jeweils Beratung von Presseverlegern); Untersuchung von Googles Compliance mit den Google Shopping & Google Android-Entscheidungen (Beratung von Preisvergleichsdiensten und allgemeinen Suchdiensten); EU Google for Jobs Verfahren (Case AT.40592) (Vertretung der Beschwerdeführer); EU-Untersuchung von YouTube zu Lizenzbedingungen für Musik-Labels (Vertretung von Musik-Verband); Gesetzgebungsverfahren zu § 19a GWB und zum Digital Markets Act (Beratung von Inhalte-Anbietern); Französisches Ad Tech-Verfahren, Autorité de la concurrence, Décision n° 21-D-11 du 7 juin 2021, (Beratung von Publishern); EU Kommissionsverfahren zu Google Ad Tech (Case AT.40670) (Vertretung von 8 Verbänden der Medien- und Werbeindustrie als interessierte Dritte zum Thema Privacy Sandbox und 1 Verbands als interessierter Dritter zum Thema Werbung auf YouTube); Untersuchung der UK Competition & Market Authority (CMA) zu Google Privacy Sandbox/Topics (Vertretung von Medienverbänden); Verfahren des Bundeskartellamts zur Identifizierung von Google als Unternehmen i.S.v. § 19a Abs. 1 GWB (Vertretung von Beschwerdeführern); Bundeskartellamts Google News Showcase-Verfahren (Az. V-043/20) (Vertretung der Presseverbände und (seit 3/2022) der Corint Media); Online Intermediation Platforms Market Inquiry der Competition Commission South Africa (Stellungnahme für Digitalunternehmen zu Google); zahlreiche Schadensersatzverfahren gegen Google in Folge von Behördenverfahren (u.a. von idealo zu Shopping und Ad-Claim.eu zu AdTech). Die Autoren waren nicht an folgenden Entscheidungen (pro Google) beteiligt: BKartA – VG Media/Google, B6-126/14; LG Berlin, VG Media 16 O 546/15.
 
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