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CB 2017, I
 

Mehr Licht als Schatten: Das Gesetz zur Einführung eines Wettbewerbsregisters

Mit dem Korruptionsregister beginnt eine neue Zeit

Anfang Juni hat der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Einführung eines Wettbewerbsregisters (WRegG) verabschiedet. Es wird in Kürze, nämlich am Tag nach seiner Verkündung im Bundesgesetzblatt, in Kraft treten. Damit geht ein mehr als zwanzig Jahre dauerndes rechtspolitisches Ringen um das früher sog. “Korruptionsregister” zu Ende. Für die Unternehmen beginnt damit eine neue Zeit: Künftig müssen sie in deutlich stärkerem Ausmaß als bisher damit rechnen, dass der von den §§ 123 ff. GWB vorgesehene Ausschluss von Vergabeverfahren auch tatsächlich umgesetzt wird. Dem stand bislang häufig der Umstand entgegen, dass die örtlichen Auftraggeber von dem Vorliegen eines Ausschlussgrundes keine Kenntnis hatten. Denn Register, in denen vergaberechtsrelevante Verfehlungen eines Unternehmens bzw. seiner leitenden Mitarbeiter eingetragen werden, existieren bisher nur auf Landesebene, wobei sich die in den einzelnen Bundesländern geltenden Regeln über Eintragung und Löschung nicht unerheblich voneinander unterscheiden.

Diese Rechtszersplitterung ist in jeder Hinsicht ungünstig, da einerseits die mit der Vergabesperre verfolgten Ziele nur unzureichend erreicht werden und andererseits für die Unternehmen keine einheitlichen Wettbewerbsbedingungen gelten. Es ist daher auch i. S. d. Unternehmen, wenn die rechtlichen und faktischen Bedingungen für einen Ausschluss von Vergabeverfahren deutschlandweit vereinheitlicht werden. Der erste Schritt auf dem Weg zu gleichen Wettbewerbsbedingungen ist bereits im Vorjahr gegangen worden, als die bis dato auf verschiedene Verordnungen verteilten Ausschlussgründe vereinheitlicht und in das GWB “hochgezont” worden sind. Das WRegG setzt diesen Weg fort, indem es die wesentlichen Bedingungen für eine Operationalisierung der §§ 123 ff. GWB schafft: Es erleichtert die landesgrenzenüberschreitende Kenntnisnahme der Auftraggeber von Ausschlussgründen und harmonisiert die Regeln über die Eintragung und Löschung solcher Gründe, kurz: sorgt für gleiche und präzise(re) Wettbewerbsbedingungen in Deutschland. Der Name “Wettbewerbsregister” ist in dieser Hinsicht gut gewählt.

In einer anderen Hinsicht ist er jedoch irreführend, werden doch nicht nur wettbewerbsbezogene Straftaten wie die Bestechung im geschäftlichen Verkehr eingetragen, sondern auch Staatsschutztatbestände (§§ 89c, 129 StGB) oder Vorschriften gegen Menschenhandel und Zwangsprostitution. Deutlich wird daran, dass das Gesetz keineswegs nur gewährleisten will, dass derjenige, “der sich wegen Wirtschaftsdelikten – insbesondere im Zusammenhang mit Korruption – strafbar gemacht hat, nicht zum Nachteil von rechtstreuen Unternehmen von öffentlichen Aufträgen und Konzessionen profitieren (soll)”, wie es in der Begründung heißt. Vielmehr führen die §§ 123 ff. GWB und das WRegG ein “Unternehmensstrafrecht durch die Hintertür” ein (Verf./Dust, jurisPR-StrafR 9/2017). Dieses reagiert auf betriebsbezogene Straftaten mit dem – wirtschaftlich gesehen – schärfsten Schwert: der Sperrung eines beträchtlichen Teils des Marktes, auf dem die betroffenen Unternehmen aktiv sind. Gerade Unternehmen, die durch eine von strafrechtlichen Ermittlungen ausgelöste Krise und einen sich anschließenden Prozess der Erneuerung gehen, kann dieser (partielle) Marktausschluss hart treffen. Letzterer fördert sicher nicht die Resozialisierung des Unternehmens, sondern bezweckt v. a. die Abschreckung anderer. Diese Zielsetzung ist, wie die Straftheorie lehrt, verfassungsrechtlich problematisch.

Daher sollten die §§ 123 ff. GWB und das WRegG eng ausgelegt werden; v. a. aber sollte von einem weiteren Ausbau des Katalogs “sperrender” Straftaten abgesehen werden. Immerhin – und das ist ein Vorzug des WRegG – wird das bereits im GWB vorgesehene Procedere für die Löschung einer Eintragung präzisiert. So können nach § 8 Abs. 2 WRegG vom Unternehmen vorgelegte Gutachten bei der Beurteilung des von einem Unternehmen vollzogenen Selbstreinigungsprozesses berücksichtigt werden. Erkennt das Bundeskartellamt den Erfolg dieses Selbstreinigungsprozesses an, löscht es die Eintragung. Das Ergreifen von Compliance-Maßnahmen lohnt sich also. Diese Regelung sollte Vorbild für eine Reform des Allgemeinen Unternehmenssanktionenrechts sein, dessen im OWiG befindlichen Regeln bislang recht dünn formuliert sind und dem Anwender damit erhebliche Ermessensspielräume eröffnen. Auch nach der Einführung des WRegG warten mithin weitere Aufgaben auf den Gesetzgeber, wenn er in dem wirtschaftlich höchst bedeutsamen Bereich des Verbandssanktionenrechts für gleiche, rationale und vorhersehbare Wettbewerbsbedingungen sorgen will.

Autor:

Abbildung 1

Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Kubiciel, Lehrstuhl für Deutsches, Europäisches und Internationales Straf- und Strafprozessrecht, Wirtschafts- und Medizinstrafrecht sowie Leiter der Forschungsstelle Verbandssanktionenrecht an der Universität Augsburg.

 
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