BAFA setzt auf Dialog: „Branchenweite Maßnahmen zum LkSG ergreifen“
Nach anderthalb Jahren Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) zauberte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck Anfang Juni 2024 eine Idee aus dem Hut, die in der Compliance-Community – sanft ausgedrückt – für Erstaunen sorgte. Deutschland könne das LkSG „pausieren lassen“ für die nächsten zwei Jahre – also so lange bis die gerade verabschiedete europäische Regelung zu Lieferketten national umgesetzt werde. Und das, nachdem sich deutsche Unternehmen nun seit Monaten intensiv mit der Umsetzung des LkSG befassen und nicht zuletzt Zeit, Aufwand und Geld investiert haben. Richard Wilhelm, Referatsleiter beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), brachte Habecks Ankündigung immerhin nicht aus der Ruhe. In seinem Vortrag zum LkSG anlässlich der Deutschen Compliance Konferenz am 11. und 12. Juni 2024 in Düsseldorf plädierte er für eine intensive Zusammenarbeit von Behörde und Wirtschaft bei der Umsetzung des LkSG.
Richard Wilhelm, Referatsleiter beim Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA), sprach sich für eine intensive Zusammenarbeit bei der Umsetzung des LkSG aus.
„Ich möchte eingangs festhalten: Das LkSG ist fortgesetzt in Kraft“, spielte Wilhelm auf die Diskussion zur Aussetzung des LkSG an. Ein Schwerpunkt seiner Arbeit sei Dialog und Information; Wilhelm zeigte sich entschlossen, beides fortzusetzen und zu intensivieren. Dabei versuche das BAFA „offen zu sein, für die ganz unterschiedlichen Realitäten der Unternehmen in Deutschland“. Denn gerade der deutsche Mittelstand sei enorm vielfältig organisiert.
Zur Berichtsprüfung, die kurzfristig vor Ablauf der Abgabefrist am 30. April 2024 auf Anfang des nächsten Jahres verschoben wurde, erklärte er: „Wir müssen die Berichtsprüfung gemeinsam denken mit der CSRD und der kommenden CS3D und wollten in Abstimmung mit unserer Rechts- und Fachaufsicht darum auch den Unternehmen die Zeit lassen, den für sich besten Weg im Hinblick auf Überschneidungen mit diesen Regulationen zu gehen.“ Das schließe natürlich nicht aus, auch jetzt schon einen Bericht rein nach dem LkSG abzugeben, wenn ein Unternehmen schon so weit sei.
Der Schlüssel für Unternehmen, um sich nicht zu überlasten mit den Anforderungen des LkSG, seien die Ermessensspielräume im Hinblick auf Bemühenspflicht, Wirksamkeit und Angemessenheit. „Die sollten Unternehmen auch auf ihre Lieferanten anwenden. Dazu rufen wir sehr aktiv auf.“ Unternehmen müssten angemessen priorisieren und nach plausiblen Kriterien auf Hochrisiko-Lieferanten zugehen. Ein pauschaler Fragebogen für alle sei untauglich. Unternehmen sollten sich auch fragen, ob nicht im Einkauf ohnehin schon Informationen über Lieferanten vorliegen, mit denen gearbeitet werden könne, ohne dass jeder Zulieferer einen Fragebogen beantworten muss.
Gleiches gelte auch für den Code of Conduct: „Es ist nicht zielführend, den Code of Conduct unterschiedslos an alle Zulieferer auszusenden und um Unterzeichnung zu bitten. Es muss erst eine Risikoanalyse erfolgen, um dann auf die risikoreichen Zulieferer in angemessener Weise zuzugehen und denen auch zu erklären, aufgrund welcher Anhaltspunkte man ausgerechnet von ihnen eine Zusicherung haben will.“ So entwickle sich auch ein gemeinsames Verständnis für die Risiken. Unternehmen sollten Zulieferern darum auch die Möglichkeit geben, an den Abhilfemaßnahmen mitzuarbeiten. Dazu sei das BAFA auch mit dem Bundeskartellamt in Kontakt, um kartellrechtliche Bedenken zu adressieren.
Ziel könne jedenfalls nicht sein, sich ohne vertiefte Auseinandersetzung vom Lieferanten zurückzuziehen, weil das Risiko nicht zu managen ist. „Sollten wir solche Rückmeldungen von Unternehmen bekommen, dann fragen wir nach, welche Maßnahmen zur Abhilfe, denn in Erwägung gezogen wurden“, erklärte Wilhelm. Darum unterstütze das BAFA auch Brancheninitiativen und bespreche mit Verbänden zum Beispiel gemeinsame Business Partner Codes of Conduct, die niemanden überlasten sollen. „Wir versuchen auch jetzt schon mehr und mehr Best Practice in die Unternehmen zurückzuspielen“, versicherte Wilhelm. Codes of Conduct zu verhandeln, sei an sich schon aufwändig, daher könne es weiterhelfen, wenn in einer Branche etwas hierzu vorliegt, das auf breite Akzeptanz trifft. Dies sei allerdings ein Prozess der jetzt erst angelaufen ist. Darum rief Wilhelm die Gäste der Konferenz zum Dialog auf: „Geben Sie uns Rückmeldungen! Wo klappt es nicht, wo hakt es noch und ganz wichtig: Wo brauchen die Verbände noch weitere Unterstützung, um branchenweite Maßnahmen ergreifen zu können.“
Das LkSG habe auf jeden Fall bereits jetzt eine viel größere Akzeptanz der Themen Menschenrechte und Umweltschutz gebracht, zog Wilhelm seine positive Bilanz nach den ersten anderthalb Jahren mit dem Gesetz.
Christina Kahlen-Pappas