BaFin-Chef stellt Sustainable-Finance-Strategie vor
Mark Branson, Präsident der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin), plädierte beim Bundesbank-Symposium am 5. Juli 2023 in Frankfurt a. M. für einen Strukturwandel hin zu einer nachhaltigen Wirtschaft – auch in der Finanzbranche. Die BaFin hat hierzu ihre Sustainable-Finance-Strategie vorgestellt.
Nachhaltige Finanzstrategie: Die BaFin sieht auch die Finanzindustrie in der Pflicht.
Der Strukturwandel von einer CO2-intensiven Wirtschaft hin zu einer Wirtschaft, die deutlich weniger CO2 verbraucht, habe Folgen für alle Unternehmen. Dabei sei die Finanzindustrie ein entscheidender Treiber: „Kapital sollte vor allem in aussichtsreiche Projekte fließen. Projekte, die sehr unsicher sind oder nur wenige Erträge versprechen, sollten dagegen nur gegen hohe Risikoaufschläge finanziert werden“, mahnte Branson und ergänzte, dass dieser Mechanismus aber nur funktioniere, wenn alle Beteiligten – Kreditinstitute, Investoren und private Anleger – zutreffende Informationen über die Projekte erhalten. Transparenz sei also wichtiger denn je.
Welche Herausforderungen die Finanzaufsicht bei der anstehenden Transformation hin zu mehr Nachhaltigkeit sieht und welche Rolle sie dabei einnehme, hat die BaFin in ihrer im Juli veröffentlichten Sustainable-Finance-Strategie festgehalten.
Dabei seien drei Punkte entscheidend, wie Branson erläuterte:
1. Robuste Institute, die langfristig ihre volkswirtschaftliche Rolle wahrnehmen können, und dafür auch ihre umweltbezogenen Risiken im Griff haben müssen.
2. Mehr Klarheit: Nur wenn die beaufsichtigten Unternehmen die Möglichkeit hätten, auf verlässliche Daten von Unternehmen aller Wirtschaftssektoren zurückgreifen, könnten sie Transitions- und physische Risiken in der eigenen Bilanz oder bei von ihnen angebotenen Finanzinstrumenten und Dienstleistungen effektiv steuern.
3. Kein Greenwashing: Es dürften nur Produkte und Dienstleistungen als nachhaltig gelabelt und verkauft werden, die es auch wirklich sind. Greenwashing zerstöre Vertrauen. Es sei eines der größten Risiken der Transformationsfinanzierung.
Zur Rolle der Institute führte Branson aus: „Wir wissen, dass nicht alle Innovationen und Projekte für eine klimaneutrale Wirtschaft erfolgreich sein werden. Viele werden scheitern. Das liegt in der Natur der Sache. Wir brauchen Banken, die das aushalten und weiterhin in der Lage sind, erfolgsversprechende Projekte zu finanzieren. Und zwar auch, wenn der konjunkturelle Gegenwind mal stärker ist und vermehrt Kredite ausfallen.“
Für die BaFin bedeute dies entsprechend gegenzusteuern, wenn die Risiken für die Wirtschaft wachsen, wie es durch den Klimawandel der Fall sei mit physischen Risiken wie Extremwetter, also Hochwasser und Dürren. Die Institute müssten daher daran arbeiten, Umweltrisiken besser zu erkennen, zu messen und zu managen. Die Sustainable-Finance-Strategie der BaFin betone dies. Daher habe die Bundesanstalt in ihren aktualisierten Mindestanforderungen an das Risikomanagement der Banken (MaRisk) auch das Thema Nachhaltigkeit adressiert.
Dabei müsse jedoch klar sein, so Branson: „Wir als Aufsicht machen keine Umweltpolitik. Uns geht es nicht darum, welche Projekte eine Bank oder ein Versicherer finanziert oder versichert. Aufsichtsrecht soll ausschließlich den Zielen der Solvenz-, Verhaltens- und Marktaufsicht dienen.“
Branson warnte zudem davor, dass die politische Einflussnahme durch Erleichterungen für Kredite und Anlagen das Finanzsystem schwächen und die Transformation in Richtung einer nachhaltigen Gesellschaft langfristig sogar gefährden könne: „Grüne Kredite und grüne Anlagen sind nicht per se risikoärmer. Entscheidend sollte immer das jeweilige Finanzrisiko sein. Wir lehnen daher bei den Eigenkapitalanforderungen Penalising- und Supporting-Faktoren ausdrücklich ab.“
Die größten Schwierigkeiten sah Branson beim Thema „zuverlässige Daten“. Die BaFin sehe dabei nicht nur die Institute in der Pflicht, sondern auch die Wirtschaftsunternehmen. Als hilfreich bewertete Branson die Veröffentlichung des International Sustainability Standards Board (ISSB) zu den ersten beiden Standards für die Berichterstattung über klima- und nachhaltigkeitsbezogene Risiken. Eine Verbesserung versprach sich Branson zudem insbesondere von der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) und den konkretisierenden European Sustainability Reporting Standards (ESRS). Die BaFin werde überwachen, ob die von ihr beaufsichtigten Unternehmen diese Verpflichtungen auch einhalten.
Im Kampf gegen Greenwashing stelle die BaFin zudem sicher, dass Beaufsichtigte ihre Transparenzpflichten einhalten und die Nachhaltigkeits-Präferenzen ihrer Kundinnen und Kunden bei deren Anlage-Entscheidungen berücksichtigen: „Und wir achten sehr genau darauf, dass kein deutsches Fondsprodukt als nachhaltig gelabelt wird, dass dieses Attribut nicht wirklich verdient.“
Branson gestand jedoch ein, dass die Finanzaufsicht hierbei in der Praxis noch nicht weit genug sei: „Anleger können immer noch nicht klar und schnell genug erkennen, wie nachhaltig ein Produkt wirklich ist. Sie bekommen zu viele und zu komplexe Informationen, die sie überfordern.“ Zwar gebe es ausreichend Nachfrage nach nachhaltigen Anlageprodukten und auch ausreichend privates Kapital, das mobilisiert werden könne. Aber das Geld lande nicht immer dort, wo es eine effiziente Transformation ermöglicht. Ein großes Hindernis sei aktuell die Definition und Vermarktung nachhaltiger Produkte.
chk