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CNL 2022, 8
 

BaFin: „Finanzstabilität ist kein Selbstläufer“

Zur Jahrespressekonferenz der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) am 3. Mai 2022 stellte ihr Präsident, Mark Branson, insbesondere die Risiken für das deutsche Finanzsystem und dessen Stabilität heraus. Der Krieg in der Ukraine habe ins Gedächtnis gerufen, dass Finanzstabilität kein Selbstläufer ist.

Abbildung 11

Marc Branson, Präsident der BaFin, betonte zur Jahrespressekonferenz der Behörde insbesondere Risiken, die infolge des Kriegs in der Ukraine für die Finanzbranche bestehen.

„Die direkten Auswirkungen des Kriegs und der gegen Russland und Belarus verhängten Sanktionen dürften – Stand jetzt – für das deutsche Finanzsystem verkraftbar sein“, schätzte Branson die Lage ein. Die unmittelbaren Verflechtungen mit diesen Ländern und der Ukraine seien begrenzt.

Problematisch könnten allerdings die schwer einschätzbaren Zweit- und Drittrundeneffekte werden, warnte der BaFin-Präsident. Der Krieg bremse weltweit das Wirtschaftswachstum, störe Handelsbeziehungen, treibe die Preise von Gas, Öl und anderen Rohstoffen in die Höhe und verschärfe das Problem der Lieferengpässe. Infolgedessen steige die Inflation, was Zinsanhebungen immer wahrscheinlicher mache, auch in der Eurozone. „Und wir wissen, dass die militärische, handelspolitische oder energiepolitische Lage jederzeit stark eskalieren könnte, woraufhin es unweigerlich zu Marktturbulenzen käme“, so Branson. Die Finanzaufsicht müsse risikoorientiert agieren und versuchen, im Vorhinein zu erkennen, an welchen Stellen und unter welchen Bedingungen das Finanzsystem besonders verwundbar ist.

Das seit langem niedrige Zinsniveau sei nach wie vor eine der größten Herausforderungen für die deutsche Finanzbranche. Das Dauerzinstief habe auch den deutschen Banken, Sparkassen und Bausparkassen zugesetzt, denn der Zinsüberschuss mache traditionell einen wesentlichen Teil ihrer Erträge aus. Hinzu komme das inflationsbedingt wachsende Zinsänderungsrisiko: Ein abrupter und kräftiger Zinsanstieg könne die Banken in Schwierigkeiten bringen. Ihre kurzfristig angelegten Refinanzierungen würden plötzlich teurer, während ihre Zinseinkünfte aufgrund langer Zinsbindungen langsamer stiegen. Welche deutschen Banken in diesem Szenario besonders gefordert wären, prüfe die BaFin gerade. Gemeinsam mit der Deutschen Bundesbank unterzieht die BaFin seit Anfang April Institute, die unter ihrer direkten Aufsicht stehen einem Stresstest und spielt dabei verschiedene Zinsszenarien durch.

Der wirtschaftliche Abschwung durch den Krieg und zuvor durch Corona ist ein zusätzliches Problem, das ein steigendes Risiko für Kreditausfälle mit sich bringe. Die BaFin sehe sich weiterhin die Kreditrisiken von Banken und Sparkassen sehr genau an. Diesmal aber mit Blick auf die energieintensiven oder rohstoffabhängigen Sektoren.

Die Verschuldung von Unternehmen, so Branson, sei in den vergangenen Jahren gestiegen – vor allem die über komplexe Produkte des Kapitalmarkts. Auf diese Weise seien Kreditrisiken in intransparenten Segmenten des Finanzsystems gelandet, die wenig bis gar nicht reguliert sind. Dass Banken hieran bislang weniger direkt beteiligt seien, sei auch der Re-Regulierung nach der Finanzkrise 2007/2008 zu verdanken. Und doch gebe es Schnittstellen zwischen dem regulierten Bankensektor und dem „non-banking financial institution“ (NBFI)-Sektor.

An dieser „Schnittstelle mit der Welt der Schattenbanken“ gehe die BaFin konsequent gegen Konzentrationsrisiken vor.

Sehr groß und sehr präsent sei zudem die Gefahr, dass Unternehmen des Finanzsektors Opfer von Cyberangriffen werden oder dass es dort zu internen IT-Sicherheitsvorfällen komme. Solche Vorfälle könnten im Extremfall der Stabilität des Finanzsystems schaden. Niemand wisse, ob Deutschland wirklich auf einen schwerwiegenden Sicherheitsvorfall vorbereitet sei, räumte Branson ein. Der Krieg habe indes Cyberangriffe auch auf den deutschen Finanzsektor wahrscheinlicher gemacht. Seit Kriegsbeginn analysieren die Finanzaufseher täglich unter anderem die Informationen aus dem nationalen Cyber-Abwehrzentrum und informieren die Finanzindustrie über mögliche Angriffsmuster. „Und wir nehmen weiterhin dezidierte IT-Prüfungen bei den Instituten und Unternehmen vor“, sagte Branson.

Ein weiteres Risiko sei das der Geldwäsche. Die finanziellen Folgen und die Reputationsschäden für Unternehmen könnten immens sein, „wenn nicht gar existenzgefährdend“, warnte Branson. Ihm sei bewusst, dass die BaFin hier eine sehr hohe Verantwortung trage. „Wir sind daher gerade dabei, die Abteilung Geldwäscheprävention personell zu stärken. Wir wollen mehr Ressourcen in die operative Geldwäscheaufsicht stecken und die Unternehmen besonders eng beaufsichtigen, bei denen wir die größten Probleme sehen. Wo nötig, werden wir eingreifen.“

chk

 
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