BaFin haftet nicht für „Wirecard-Bilanzskandal“
Mit Beschluss vom 10. Januar 2024 (Az.: III ZR 57/23) hat der BGH zur Haftung der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) im Zusammenhang mit dem sogenannten „Wirecard-Bilanzskandal“ entschieden, dass die Maßnahmen der BaFin im Rahmen der Marktmissbrauchsüberwachung und der Bilanzkontrolle bezüglich der Wirecard AG im Zeitraum von April 2015 bis Juni 2020 vertretbar waren.
Wirecard steht für einen der größten Bilanzskandale, der auch die BaFin in ein schlechtes Licht rückte.
Der Kläger, ein Anleger, hatte die beklagte Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unter dem Gesichtspunkt der Amtshaftung und der unionsrechtlichen Staatshaftung auf Schadensersatz in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die auf Zahlung von 64.833,75 Euro nebst Zinsen gerichtete Klage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat die Berufung des Klägers zurückgewiesen. Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Nichtzulassungsbeschwerde, die keinen Erfolg hat, weil die Zulassungsvoraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht vorliegen, so der BGH.
Das Berufungsgericht habe einen Schadensersatzanspruch des Klägers aus Amtshaftung (§ 839 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. Art. 34 GG) beziehungsweise unter dem Gesichtspunkt des unionsrechtlichen Staathaftungsanspruchs zu Recht verneint. Die Maßnahmen der Beklagten im Rahmen der Marktmissbrauchsüberwachung und der Bilanzkontrolle bezüglich der Wirecard AG im Zeitraum von April 2015 bis Juni 2020 seien weder nach § 6 oder §§ 106 ff. WpHG a.F. noch im Hinblick auf die Regelungen der Transparenz-Richtlinie oder der Marktmissbrauchsverordnung zu beanstanden und seien bei voller Wahrung der Belange einer effektiven Bilanzkontrolle jedenfalls vertretbar gewesen. Von einer weiteren Begründung hat der Senat gemäß § 544 Abs. 6 Satz 2 Halbsatz 2 ZPO abgesehen. Zum Hintergrund: Als Emittent von Aktien unterlag die Wirecard AG der Finanzmarktaufsicht und der Bilanzkontrolle durch die BaFin. Die Jahres- und Konzernabschlüsse sowie Lageberichte der Wirecard AG hatte der Abschlussprüfer bis einschließlich für das Geschäftsjahr 2018 jeweils mit einem uneingeschränkten Bestätigungsvermerk testiert.
Am 18. Juni 2020 veröffentlichte die Wirecard AG eine Ad-hoc-Mitteilung, wonach der Abschlussprüfer mitgeteilt habe, dass über die Existenz von Bankguthaben auf Treuhandkonten in Höhe von insgesamt 1,9 Milliarden Euro (etwa ein Viertel der Konzernbilanzsumme) noch keine ausreichenden Prüfungsnachweise vorlägen. Am 22. Juni 2020 gab der Vorstand der Wirecard AG mittels einer weiteren Ad-hoc-Mitteilung bekannt, dass vermeintliches Vermögen in Höhe von 1,9 Milliarden Euro bei zwei Banken auf den Philippinen mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht bestehe. Drei Tage darauf beantragte die Wirecard AG die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen, das am 25. August 2020 durch das Amtsgericht München eröffnet wurde. Bereits in den Jahren zuvor hatte es immer wieder Medienberichte, insbesondere in der „Financial Times“, über (bilanzielle) Unregelmäßigkeiten im Wirecard-Konzern gegeben.
chk