Bargeldobergrenze durch die Hintertür?
Zukünftig könnte es deutlich schwieriger und teurer werden, Bargeschäfte mit Banken abzuwickeln. In einem Entwurf der BaFin zu Auslegungs- und Anwendungshinweisen für Kreditinstitute (sog. Besonderer Teil der Auslegungs- und Anwendungshinweise zum Geldwäschegesetz für Kreditinstitute – kurz: BaFin AuA BT) sind u.a. verschärfte Pflichten für Bartransaktionen vorgesehen.
Gerade die älteren Generationen in Deutschland sitzen auf hohen Bargeldmengen.
So soll bei Bartransaktionen von Gelegenheitskunden von mehr als 2.500 Euro regelmäßig von einem erhöhten Risiko ausgegangen werden. Dies hätte zur Folge, dass gemäß § 15 Abs. 4 Nr. 2 GwG bei derartigen Bartransaktionen Informationen über die Herkunft der eingesetzten Vermögenswerte des Kunden sowie des gegebenenfalls vorliegenden wirtschaftlich Berechtigten vor Ausführung der Transaktion einzuholen sind. Dieser Herkunftsnachweis hat durch die Vorlage eines „aussagekräftigen Belegs“ zu erfolgen, der zu dokumentieren ist. Beispiele für solche Belege sind Barauszahlungsquittungen einer anderen Bank oder Sparbücher, von denen das Geld stammt.
Bei Bestandskunden (also Kunden mit bestehendem Konto) besteht eine Pflicht zum Nachweis der Herkunft bei Bartransaktionen von mehr als 10.000 Euro. Bei Bartransaktionen bis 10.000 Euro haben solche Maßnahmen nur auf risikobasierter Basis zu erfolgen. Zur Erleichterung kann u.a. bei Kunden, die regelmäßig höhere Bartransaktionen vornehmen (z.B. Einzelhandel, der abends seine Tageskasse an Bargeldautomaten einzahlt), unter bestimmten Umständen auf den Herkunftsnachweis verzichtet werden.
Banken und Sparkassen kritisieren diese geplante Änderung und fürchten einen massiv erhöhten Aufwand bei Bartransaktionen. Für Kunden ohne Konto wird es dadurch immer schwieriger, Bargeschäfte zu tätigen. Bei Bargeschäften von Bestandskunden sind noch viele Fragen offen. So ist u.a. nicht klar, wie mit Einzahlungen am Geldautomaten umgegangen werden soll oder inwieweit sich die neuen Vorgaben mit der Pflicht von Banken zur Annahme von Bargeld vertragen. Auch ist zu bezweifeln, dass die BaFin zu einer solchen Regelung überhaupt ermächtigt ist. Die Bestimmung von Fällen des höheren Risikos kann vielmehr nur durch eine Gesetzesänderung oder eine Rechtsverordnung des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) festgelegt werden.
Auch gesellschaftlich werden solche Bestimmungen nur schwer zu vermitteln sein. Die BRD gilt nach wie vor als bargeldintensives Land. Gerade die älteren Generationen zahlen überwiegend in Bar und halten teilweise noch hohe Barbeträge als Vermögen. Häufig können für solche Beträge gar keine Herkunftsnachweise vorgelegt werden. So kommen z.B. Erben schnell in Erklärungsnot, wenn sie Barbeträge ihrer verstorbenen Eltern und Großeltern bei der örtlichen Bank oder Sparkasse einzahlen wollen.
Bemerkenswert ist auch, dass besonders bargeldintensive Kunden, wie Gastronomen und Einzelhändler, von der Verschärfung in der Regel nicht betroffen sein werden. Doch gerade bei solchen Kunden besteht ein erhöhtes Risiko für Geldwäsche, was den Zweck der Verschärfung ad absurdum führt.
Der Entwurf zu den BaFin AuA BT ist rechtlich in dieser Form kaum zu vertreten. Inhaltlich stellt er hohe Hürden für Bargeschäfte mit Kunden auf. Sollten diese Vorgaben auch nach der Konsultation Bestand haben, werden sie die Kreditinstitute mit Sicherheit personell und finanziell zusätzlich belasten.
Andererseits steht Deutschland in Sachen Geldwäschebekämpfung zurzeit stark unter Druck. Seit Herbst 2020 läuft die Deutschland-Prüfung der Financial Action Task Force (FATF), einem internationalen Gremium zur Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung. Die hohe Bargeldverbreitung in Deutschland wurde schon bei der letzten Prüfung der BRD im Jahr 2010 bemängelt. Eine Bestimmung von Bargeldobergrenzen für Geschäfte ist gesetzlich in Deutschland (anders als in vielen anderen EU-Staaten) jedoch nie realisiert worden. Ob der Versuch, eine solche „weiche“ Obergrenze im Kreditbereich „durch die Hintertür“ einzuführen, die Prüfer der FATF beeindrucken wird, erscheint fraglich. Bargeldtransaktionen im Nichtfinanzbereich (Güterhändler, Immobilienmakler, Notare etc.) sind davon nämlich nicht betroffen. Diese Geschäfte gelten aber als eine der großen Baustellen bei der Geldwäschebekämpfung in Deutschland.
Dr. Marcus Sonnenberg
Dr. Marcus Sonnenberg ist Rechtsanwalt im Bereich Compliance und Mitautor des Frankfurter Kommentars zum Geldwäschegesetz. Daneben bildet er seit mehreren Jahren im Rahmen eines Zertifizierungslehrgangs Geldwäschebeauftragte im Finanzbereich aus. Privat betreut er einen Blog für Geldwäschebeauftragte: https://www.hilfssheriff.de/newsletter/