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CNL 2023, 6
Horcher 

Barrierefreiheitsstärkungsgesetz: Neue Compliance-Anforderung für digitale Barrierefreiheit

Der European Accessibility Act, in Deutschland als Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) umgesetzt, verpflichtet erstmals auch private Wirtschaftsakteure zu mehr digitaler Barrierefreiheit – bisher standen nur öffentliche Einrichtungen im Fokus des Gesetzgebers.

Abbildung 7

Barrierefrei durch die digitale Welt: Private Wirtschaftsakteure müssen hierfür die Voraussetzungen schaffen.

Produkte und Dienstleistungen, die typischerweise für den Zugang zum Internet und die Anbahnung und den Abschluss von Verträgen mit Verbrauchern über das Internet genutzt werden, müssen vom 29. Juni 2025 an barrierefrei(er) sein. Zu den Produkten gehören bspw. Computer und Smartphones. Zu den Dienstleistungen zählen z.B. Telekommunikations- und Bankdienstleistungen. Doch nicht nur Hersteller und Anbieter sind betroffen: Alle Unternehmen und sogar Vereine müssen – unter Umständen – als sogenannte Leistungserbringer bis zum Stichtag Apps, Online-Shops und Dokumente sowie Webseiten barrierefrei gestalten.

Hersteller von Produkten müssen sich besonders intensiv mit den spezifischen Anforderungen der Barrierefreiheit auseinandersetzen. Denn sie sind gefordert, nicht nur das Produkt – bestehend aus Hardware, Betriebssystemsoftware und eventuell Anwendungssoftware – anzupassen. Ebenso sind die Verpackung und die Bedienungsanleitung barrierefrei zu gestalten.

Betroffen sind

– Fernsehgeräte mit Internetzugang, Router

– Computer, Notebooks, Tablets, Smartphones, Mobiltelefone

– E-Book-Reader

– Geld-, Fahrausweis- oder Check-In-Automaten (hierfür gelten längere Übergangsfristen).

Alle Produkte, die nach dem 28. Juni 2025 hergestellt werden, müssen den Barrierefreiheits-Anforderungen entsprechen – ansonsten dürfen sie nirgendwo in der EU verkauft werden. Passiert dies doch, können unterschiedlichste Gruppen dagegen vorgehen. Auch Verbraucher, Verbraucherverbände oder Mitbewerber können solche Fälle bei den Marktüberwachungsbehörden melden. Neben einem Verkaufs-Verbot drohen dann auch noch Bußgelder von bis zu 100.000 Euro.

Dienstleistungs-Anbieter für

– Telefon- oder Messenger-Dienstleistungen (Telemedien)

– Bankdienstleistungen, Leistungen im elektronischen Geschäftsverkehr (E-Commerce)

– Bereitstellung von E-Books,

die nicht unter die folgenden Ausnahme-Regelungen fallen, müssen ihr Frontend gegenüber dem Verbraucher vom 29. Juni 2025 an barrierefrei zur Verfügung stellen. Ansonsten dürfen sie ihre Dienstleistungen in Europa nicht mehr anbieten.

Ausnahmeregelungen gelten,

– für sogenannte „Kleinstunternehmen“ mit weniger als zehn Beschäftigten oder höchstens 2 Mio. Euro Jahresumsatz.

– wenn sich für den Anbieter durch die Barrierefreiheit grundlegende Veränderungen der Wesensmerkmale seiner Dienstleistung ergeben oder

– wenn für den Anbieter die Herstellung von Barrierefreiheit eine unverhältnismäßige (nachweißbar bedrohliche) Belastung darstellt.

Unternehmen, die nicht unter die Ausnahmeregelungen fallen und die wenigstens einen der folgenden Services in der Kommunikation mit Verbrauchern anbieten, gehören ebenfalls zu den verpflichteten Wirtschaftsakteuren:

– App / Online-Shop

Verbraucher können bspw. Produkte per App bewerten oder an Gewinnspielen teilnehmen. Verbraucher können über den Online-Shop Produkte oder Dienstleistungen einkaufen.

– Website

Verbraucher können über die Website Termine vereinbaren, sich in einen Kundenbereich einloggen, über ein Help-Desk-System ein Support-Ticket eröffnen, über ein Kontaktformular, Chat oder Rückrufservice Kontakt herstellen.

Gabriele Horcher


Anforderungen des BFSG

Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz verlangt, dass Produkte, Dienstleistungen, Apps, Online-Shops, Websites, E-Books und digitale Dokumente für Menschen mit Behinderungen ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Dazu müssen diese digitalen Angebote über mehr als nur einen Sinneskanal zugänglich gemacht werden. So reicht es bspw. nicht aus, in einem Online-Shop die zu erwerbenden Produkte und Dienstleistungen in Text und Bild darzustellen. In Zukunft müssen die Inhalte und Bildbeschreibungen z.B. auch über Sprachausgabe hörbar und damit auditiv wahrnehmbar sein.

Abbildung 8

Gabriele Horcher, ist Kommunikations-Wissenschaftlerin und Kommunikations-Strategin. Sie ist Keynote Speakerin, Bestseller-Autorin und Transformational Coach.

 
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